Neue Daten gibt es zur privaten Verschuldungslage in den Vereinigten Staaten. Wie aus einem vor wenigen Tagen publizierten Bericht der Federal Reserve Bank of New York hervorgeht, hat die Privatverschuldung in den USA im laufenden Jahr ein neues Rekordhoch erreicht – und damit das bislang im Jahr 2008 markierte Allzeithoch eingestellt!

Man höre und staune. Stets ist vom anhaltenden Schuldenabbau in den Vereinigten Staaten die Rede, der den Verbrauchern des Landes die Konsumluft abschnüre und sich nachteilig auf die amerikanische Sparquote auswirke.

Es sind neuerdings gar nicht mehr so sehr die Hypothekenschulden, sondern die ausufernden Fahrzeug- und Studentendarlehen, die einen großen Teil der Konsumenten unter einen teils erheblichen Finanzdruck setzen. Vergessen wir in diesem Zusammenhang bitte nicht, dass die Kreditnehmer niemand zu dieser Kreditaufnahme gezwungen hat.

Privatverschuldung erklimmt Allzeithoch

Und so lernen wir, dass die Privatverschuldung in den USA zum Ende des ersten Quartals ein Niveau von $12,73 Billionen erreicht hat. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum resultiert ein Anstieg von $473 Milliarden, wie die Federal Reserve Bank of New York in einem in der letzten Woche veröffentlichten Bericht zum Besten gab.

In der vergangenen Woche war es auch der ehemalige Fed-Vorsitzende Ben Bernanke, der die amerikanische Wirtschaft bis über den grünen Klee gelobt hatte. In einem Zeitungsessay ließ sich „Heli-Ben“ zu der „berauschenden Lage“ an den amerikanischen Arbeitsmärkten aus, an denen wieder Vollbeschäftigung herrsche.

Dazu sei die Kapazitätsauslastung in der US-Industrie auf einem absolut zufriedenstellenden Niveau angelangt. Ansonsten kein Wort über die miserablen Konjunkturdaten, die im Laufe der vergangenen Wochen aus den USA eingingen. Kein Wort auch über eine viel zu geringe Produktivität, wie sie seit nunmehr zwei Jahren durch Bernankes Vorgänger Alan Greenspan angeprangert wird.

Sonderbare Zeiten

Und kein Wort über ein BIP-Wachstum, das im ersten Quartal in den Stagnationsmodus übergegangen ist. Die Ausführungen Bernankes erinnern mich an dessen Fauxpas-Aussagen im Jahr 2006, als der Ex-Fed-Chef (damals noch ökonomischer Wirtschaftsberater) über eine allseits prosperierende US-Wirtschaft in einem Interview gegenüber CNBC fabulierte und in diesem Zusammenhang von auf ewig kletternden Immobilienpreisen gesprochen hatte.

Was kurz darauf folgte, ist uns heute allen bestens bekannt. Die amerikanische Häuserblase platzte im selben Jahr, Banken und Hedgefonds crashten ab dem Folgejahr, Lehman Brothers und AIG hätten in 2008 beinahe das globale Finanzsystem in den Abgrund geritten und die Steuerzahler wurden durch ihre Regierungen weltweit zu bislang ungesehenen Superbailouts zugunsten der Krisenverursacher verdonnert. 

Und da wundern sich manche Beobachter heutzutage noch immer, wenn ein Kandidat á la Donald Trump, der diese Entwicklungen glasklar beim Namen nennt, eine Kandidatin aus dem Präsidentschaftsrennen schlägt, die wie kein anderes Politikgesicht mit Nepotismus, Vetternwirtschaft und Korruption vom Feinsten in der breiten Bevölkerung in Verbindung gebracht wird.

Sonderbare Zeiten sind das, in denen wir leben. Sonderbare Zeiten allein schon deshalb, da dem Gros des Establishments schlichtweg der Realitätssinn abhanden gekommen zu sein scheint. Unter Umständen ließe sich diese Art der Verblendung auch mit einem ideologischen Glauben der gefährlichsten Art oder schlichtweg Ignoranz erklären.

Kreditvergabestandart verschärft

Kehren wir zurück zur Privatverschuldung in den USA. Der Grad dieser Verschuldung liegt nun 14,1% über dem im Jahr 2013 ausgebildeten Zwischentief. Bis dahin hatte der Abbau von Schulden in der Gesellschaft überwogen, der im Nachklang der großen Rezession zwischen den Jahren 2007 und 2009 sowie der globalen Finanzkrise in den meisten Weltregionen die Überhand gewonnen hatte.

Doch im Angesicht von rekordniedrigen Zinsen respektive der Einführung von Negativzinsen hatte sich diese Entwicklung augenscheinlich wieder ins Gegenteil verkehrt. Das bis zum Ende des ersten Quartals 2017 ausgebildete Verschuldungshoch wurde im Jahr 2008 bei einem Niveau von $12,68 Billionen erreicht.

Die auf Quartalsbasis publizierte Berichtsreihe kam zum Ergebnis, dass die durchschnittliche Säumnis- und Zahlungsausfallquote noch immer bei moderaten 4,8% lag. Im Bericht der Fed of New York hieß es allerdings explizit, dass man sich große Sorgen über Zahlungsausfälle im Bereich der Studentenkredite mache.

Denn die Quote der ernsthaft säumigen Darlehen hat in diesem durch die Bundesregierung garantierten Sektor ein Niveau von 11% erreicht. Doch nicht nur in diesem Sektor dürfte es mit Blick auf die kommenden Monate immer brenzliger werden.

Auch an den Märkten für Fahrzeugkredite und Kreditkartenschulden könnte es zu einem deutlichen Anstieg der Säumnisse und Zahlungsausfälle kommen (ich berichtete mehrfach darüber, dass diese Entwicklung bereits eingesetzt hat).

Wie die Fed of New York mitteilte, haben die Kreditgeber ihre Kreditvergabestandards im Fahrzeug- und Hypothekenkredite bereits deutlich verschärft. Ein gutes Zeichen, dass Banken und Darlehensgeber weitaus vorsichtiger werden als in der Vergangenheit.

Hypothekenkredite vereinten zum Ende des ersten Quartals einen Anteil von $8,63 Billionen an der ausstehenden Gesamtverschuldung im privaten Wirtschaftssektor auf sich. Dieser Betrag ist im Vergleich mit dem Vorjahr um nochmals $258 Milliarden geklettert. Der an den Studentenkreditmärkten ausstehende Darlehensbetrag kletterte um weitere $83 Milliarden auf $1,34 Billionen.

Die Vergabe von Fahrzeugkrediten stieg um knapp $100 Milliarden auf einen Gesamtbetrag von fast $1,4 Billionen an. Trotz der bislang ungesehenen Geldsummen, welche die Federal Reserve in den Jahren seit dem Höhepunkt der Finanzkrise in die Finanzmärkte gepumpt hat, erreichte das amerikanische Wachstum im Durchschnitt nur noch 2% pro Jahr – und lag damit weit, weit unter dem Potenzialwachstum der US-Wirtschaft.

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