Auf zahlreiche Fragen, welche Form die amerikanische Außenpolitik unter der neu ins Amt gekommenen Biden-Administration annehmen würde, blieb Präsidentschaftsherausforderer Joe Biden bis dato viele Antworten schuldig. In den ersten Tagen nach seiner Amtsübernahme und einem Erlasshagel von Präsidentendekreten, die sich hauptsächlich auf die Innenpolitik konzentrieren, beginnt sich indes abzuzeichnen, dass sich außenpolitisch erst einmal gar nicht so gravierende Änderungen einzustellen scheinen.

Janet Yellen mit deutlichen Worten

Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Volksrepublik China. Wer geglaubt haben mochte, dass Washington ab sofort eine abrupte Kehrtwende in Bezug auf seine China-Politik vollziehen würde, brauchte in der vergangenen Woche nur den Worten der designierten Finanzministerin Janet Yellen zu lauschen, um Luft aus einer mit augenscheinlich zu hohen Erwartungen gefüllten Blase der Euphorie abzulassen.

Janet Yellen hatte einer baldigen „Normalisierung“ der bilateralen Beziehungen zwischen beiden Nationen am Dienstag letzter Woche nämlich einen herben Dämpfer versetzt. Im Rahmen ihrer kongressionalen Bestätigungsanhörung erklärte Yellen völlig unverhohlen, auf eine adäquate Adressierung von Chinas „auf Missbrauch basierenden Wirtschafts- und Handelspraktiken“ vorbereitet zu sein.

Laut Yellen bediene sich die Volksrepublik China Maßnahmen, in deren Zuge die Interessen von amerikanischen Unternehmen – insbesondere auf Basis des Dumpings von Produkten und Dienstleistungen – unterminiert würden. Ferner bediene sich Peking einer Subventionierung seiner heimischen Konzerne und mache sich des Diebstahls von geistigem Eigentum schuldig.

Härtere Gangart gegenüber Peking wurde bereits vor Jahren beschlossen

Sind Sie jetzt überrascht, weil in diesen Worten das Gedankengut Donald Trumps und dessen gerade aus dem Amt geschiedenen Administration widerhallt? Es handelt sich hierbei gewiss nicht um versöhnliche Worte, die Yellen mit Blick auf China gewählt hat. Doch eine große Überraschung ist damit nicht verbunden, da sich der amerikanische Staatsapparat – und damit der Deep State – bereits vor Jahren zu einer härteren Gangart gegenüber Peking entschieden und festgelegt zu haben scheint.

Ob Trump oder Biden, es macht wohl kaum einen Unterschied, wer an der politischen Spitze des Landes zu stehen scheint. Dass auf China inzwischen nicht nur unter den Anhängern der Republikaner, sondern auch der Demokraten kritisch und voller Misstrauen geblickt wird, geht unter anderem aus einer jüngst publizierten Umfrage der amerikanischen Großbank Morgan Stanley hervor.

 

Die Administration von Joe Biden sieht sich somit auch anhand der aktuellen Einschätzungen unter weitreichenden Teilen der Basis dazu aufgefordert, den durch die Trump-Administration eingeschlagenen Kurs gegenüber der Volksrepublik China fortzuführen, was oberflächlich durch den inzwischen erfolgten Wiedereintritt der USA in die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und eine Rückkehr zum Pariser Klimaabkommen überdeckt werden mag.

China weist Vorwürfe zurück

In China werden die Vorwürfe aus den USA erwartungsgemäß nicht geteilt. So wies Guo Shuqing, Vorsitzender der chinesischen Banken- und Versicherungsregulierungskommission darauf hin, dass die Pekinger Regierungssubventionen zugunsten von Betrieben und Firmen in Staatseigentum negativ seien. Ferner erweise sich die Steuer- und Abgabenlast von Firmen in diesem Sektor im Vergleich mit Privatunternehmen als doppelt so hoch.

Ähnlich wie ausländische Unternehmen erfreuten sich private Betriebe in der Volksrepublik diverser Steuer- und Abgabeprivilegien. Ein intensiver Wettbewerb an den Kreditmärkten des Landes erlaube es chinesischen Banken zudem allerdings nicht, staatseigenen Unternehmen Subventionen zukommen zu lassen.

Die Zölle bleiben vorerst bestehen

Wie dem auch sei, so beginnen sich Hoffnungen auf einen baldigen Abbau der Zollschranken in den USA vielerorts zu verflüchtigen. Vielmehr scheint langsam aber sicher die Erkenntnis in viele Köpfe einzuziehen, dass die angespannten Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Volksrepublik China auch unter der Biden-Administration weiter Bestand haben werden.

Es wird zwar sehr wahrscheinlich zu einem etwas gepflogeneren Umgang und Rücksicht auf so manche Wortwahl zwischen beiden politischen Staatsführungen kommen, doch dies sollte nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass die durch Donald Trump eingeführten Zölle auf chinesische Produktimporte erst einmal weiter Bestand haben werden.

Es sieht momentan danach aus, als ob die Ergebnisse des einst zwischen der Trump-Administration und Peking vereinbarten „Phase1“-Abkommens aus Sicht des Weißen Hauses zur primären Grundlage gemacht werden sollen, um weitere zoll- und handelstechnische Entscheidungen im Zeitablauf zu treffen. Und an dieser Front hinkt Peking seinen ehedem getätigten Zusagen zum aktuellen Zeitpunkt deutlich hinterher.

Kampf um die globale Vorherrschaft im Tech-Bereich geht weiter

Absehen lässt sich zudem, dass auch und vor allem der Technologiebereich ein Stein des Anstoßes für sich fortsetzende Spannungen zwischen beiden Nationen sein wird. Denn hier wird zwischen den Vereinigten Staaten und der Volksrepublik China um nichts anderes als die globale Vorherrschaft gerungen.

Und so überraschte es auch keineswegs, dass Yellen die Volksrepublik China im Rahmen ihrer letztwöchigen Anhörung als „größten Strategiekonkurrenten“ der USA bezeichnete, um in diesem Zuge auf die dringende Notwendigkeit einer Stärkung der US-Wirtschaft auf Basis von Investitionen in die heimische Infrastruktur sowie den wichtigen Bereich der Forschung und Entwicklung hinzuweisen.

Kurz vor dem Amtswechsel hatte die Trump-Administration ihre gegenüber chinesischen Konzernen verhängten Sanktionen nochmals verschärft, indem eine Vielzahl von Chinas führenden Technologieunternehmen mit auf die schwarze Liste gesetzt wurde. Den meisten dieser Unternehmen macht die US-Regierung zum Vorwurf, über intensive Verbindungen zur Volksbefreiungsarmee (PLA) zu verfügen.

Messen mit zweierlei Maß

Vorwürfe dieser Art erweisen sich allein deshalb schon als fragwürdig und scheinheilig, weil außer Frage steht, dass auch alle amerikanischen Großkonzerne im Technologiebereich über einschlägige Kontakte zum Pentagon verfügen oder eng in das Netz, das sich um den Bereich der Nationalen Sicherheit in den USA gesponnen hat, verwoben sind.

Die Polaritäten werden weiter zunehmen

Mit Blick auf die kommenden vier Jahre lässt sich allenthalben absehen, dass sich die Bipolarität auf unserer Welt intensivieren wird. Würde jemand noch Russland und Europa mit in die Betrachtungen einbeziehen wollen, so ließe sich auch von zunehmender Multipolarität sprechen, wobei die Musik klar und deutlich zwischen einer jeweils angestrebten Durchsetzung der strategischen Ziele der Vereinigten Staaten und Chinas spielen dürfte.

Außenpolitisch werden sich die Blicke der Amerikaner zudem wohl noch stärker in Richtung der Asien-Pazifik-Region wenden, wo die Volksrepublik China die gerade neu ins Amt gekommene Biden-Administration sogleich einem ersten Test zu unterziehen scheint. Darauf weist unter anderem das im Lauf der letzten Tage wiederholte Eindringen der chinesischen Luftwaffe in den Luftraum Taiwans hin.

Innenpolitische Spannungen benötigen die ganze Aufmerksamkeit…

Es bleibt abzuwarten, mit welcher Entschieden- und Entschlossenheit sich Joe Biden gegen diese Entwicklungen aussprechen wird – oder auch nicht. Gewiss ist die US-Regierung in diesen Tagen verstärkt auf die Innenpolitik fokussiert, um den Versuch zu unternehmen, die in der Heimat allerorten gärenden Spannungen abzukühlen und in den Griff zu bekommen.

Ob diese Versuche im Angesicht eines sich immer stärker aufheizenden innenpolitischen Klimas von Erfolg gekrönt sein werden, steht auf einem anderen Blatt und bleibt abzuwarten. Verwiesen sei unter anderem auf die über die vergangenen Tage zu beobachtenden Krawalle und Ausschreitungen in Portland und Seattle an der amerikanischen Westküste, in deren Zuge unter anderem auch Einrichtungen der Demokratischen Partei durch linksgerichtete Gruppen wie Antifa und Black Lives Matter attackiert und vandaliert wurden.

Wie sich herausstellt, wird es die Biden-Administration nicht nur mit spürbarem Gegenwind aus dem rechtsgerichteten Lager – und insbesondere dem harten Kern der rund 50 Millionen Trump-Unterstützer – zu tun bekommen. Mittlerweile beginnt sich abzuzeichnen, dass Joe Biden auch seitens des extrem linkslastigen Spektrums der Wind ins Gesicht bläst, was unter anderem auch damit zu tun haben könnte, dass sich die Mitglieder der sogenannten „Squad“-Fraktion in der Demokratischen Partei durch das Biden-Kabinett kaum repräsentiert sehen.

Auf den Straßen in Städten an der Westküste des Landes beginnt sich dieser Frust mittels Protesten, die nun abermals in Gewalt münden, Bahn zu brechen. Und während Donald Trump bereits seine Pläne zur Errichtung einer neuen „Patriotic Party“ durchsickern lässt, in deren Zuge die Partei der Republikaner einer massiven Spaltung und vielleicht sogar ihrer Vernichtung entgegensehen könnte, bleibt abzuwarten, wie schlagkräftig die Vereinigten Staaten, die immer mehr mit sich selbst beschäftigt sind, außenpolitisch sein werden.

Abschließend sei darauf aufmerksam gemacht, dass nun auch Bridgewaters Co-Gründer Ray Dalio davor warnt, dass die Vereinigten Staaten innenpolitisch so furchtbar zerrissen sind und sich auf ungeahnten Abwegen befänden, dass dem Land ein fruchtbarer Bürgerkrieg ins Haus stehen könnte.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Aus Perspektive von Investoren heißt das, dass die sich zuspitzende Rivalität und der sich intensivierende Wettbewerb im Wirtschafts-, Handels- und Technologiesektor zwischen den Vereinigten Staaten und der Volksrepublik China mit einer Fokussierung auf beide Welten, die immer stärker auseinanderzudriften drohen, einhergehen muss.

Wie sich in diesen Tagen zeigt, streben die bislang in den USA – und dort mittlerweile sanktionierten – börsengelisteten Unternehmen aus China nun verstärkt an die Börse Hongkong, wo diese Entwicklung einem unübersehbaren Kursschub den Weg bereitet hat. Eine bipolare Welt heißt eben auch, sich nach Chancen in beiden dieser Sphären umzuschauen, um etwaige Währungsrisiken dabei entsprechend abzusichern und zu hedgen.

Inwieweit Peking das innenpolitische Tohuwabohu in den Vereinigten Staaten zugunsten einer Durchsetzung der eigenen außenpolitischen Ziele zu nutzen beabsichtigt, um nach der Kontrollübernahme in Hongkong vielleicht tatsächlich auch eine militärische Offensive zur Kontrolle über die abtrünnige Inselrepublik Taiwan folgen zu lassen, bleibt für den Moment abzuwarten.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts basiert auf einem Bericht auf der Seite des Finanzblogs Zerohedge, der durch Roman Baudzus inhaltlich ergänzt wurde.

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