In meiner Berichterstattung zu den Ereignissen in Venezuela hatte ich Sie wiederholt darauf aufmerksam gemacht, dass der offiziell festgesetzte Wechselkurs des venezolanischen Bolivars zum US-Dollar schon lange nicht mehr mit der Entwicklung an den Schwarzmärkten mithalten kann.

Abwertung um 95% - 1 Million Prozent Inflationsanstieg erwartet

Und so gab das Büro von Staatspräsident Maduro am Wochenende bekannt, den Bolivar nun auch offiziell um weitere 95 Prozent (!) gegenüber dem US-Dollar abzuwerten. Auf die im Land verbleibende Bevölkerung scheinen weitere schmerzhafte Entwicklungen zuzukommen.

Hoffen wir, dass nicht ein Großteil der Bevölkerung von diesen Entwicklungen überrollt wird. Denn Analysten sind der Ansicht, dass die Inflation in dem südamerikanischen Land nun erst so richtig abheben wird. Dabei sehen aktuelle Prognosen schon bis Ende des laufenden Jahres einen Inflationsanstieg auf 1 Million Prozent (!) vor.

Momentan klettern die durchschnittlichen Preise in Venezuela unter Bezugnahme auf einen Bloomberg-Index mit einer Rate von knapp 110.000 Prozent pro Jahr. Doch was heißt dies schon noch, wenn eine zuvor galoppierende Inflation in eine Hyperinflation übergegangen ist?!!

Viele Bewohner flüchten vor der Hyperinflation nach Brasilien

An den Grenzen zu Kolumbien und Brasilien lassen sich die völlig außer Kontrolle geratenen Probleme mittlerweile tagtäglich beobachten. Denn inzwischen hat ein massiver Exodus unter wirtschaftsgeplagten Venezolanern eingesetzt, die der Heimat vor allem in Richtung Brasilien den Rücken kehren.

Die politischen Spannungen und die Bedrohungslage werden auf dem südamerikanischen Kontinent laut einer zunehmenden Anzahl von Geo-Experten dadurch unter aller Voraussicht deutlich zunehmen. Wie es heißt, könnte die offizielle Wechselkursrate von 285.000 auf bis zu 6 Millionen Bolivares pro US-Dollar nach oben schnellen.

Verzweifelte Gegenmaßnahmen: Mindestlohn soll um 3.500 Prozent steigen

Die Regierung in Caracas gedenkt, diesen Währungsschock zumindest teilweise durch eine Anhebung des Mindestlohns um 3.500 Prozent auf einen Betrag von umgerechnet gerade einmal $30 pro Monat aufzufangen. Am Freitagabend brüstete sich Maduro damit, dass der Internationale Währungsfonds nicht in die Leitlinien seiner Regierung eingebunden sei.

Maduro, Amtsnachfolger des inzwischen verstorbenen „Maximo Leaders“ Hugo Chavez, reagiert auf die ökonomischen Herausforderungen und die sich entwickelnde Tragödie in seinem Land mittels verzweifelter Maßnahmen. Dabei handelte es sich im Falle Venezuelas einst einmal um eine der reichsten Nationen auf dem südamerikanischen Kontinent.

Ein Land am Boden – Einführung des „reformierten“ Bolivars mit Anbindung an den Petro

Davon kann schon seit Langem keine Rede mehr sein. Vielmehr befindet sich die Wirtschaft Venezuelas auf dem Weg in ein großes Finale des mittlerweile über viele Jahre anhaltenden Absturzes. Längst schon hat sich die an Erdöl immens reiche Nation in einen dysfunktionalen Wirtschaftsraum verwandelt.

Resultat ist, dass im Norden des südamerikanischen Kontinents eine kaum zu beziffernde und enorm große Flüchtlingskrise ausgebrochen ist. Trotz allem gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass der nun seit etwas mehr als sechs Jahren im höchsten Staatsamt weilende Maduro und dessen Regierung politische Verantwortung für den unbeschreiblichen Wirtschaftsabsturz zu übernehmen gedenken.

Die nun offiziell bekannt gegebene Währungsabwertung kommt just zu einem Zeitpunkt, zu dem die Regierung in Caracas de facto an einer Währungsreform mittels des Streichens von fünf Nullen arbeitet. Aus diesem Grund werden gerade neue Geldscheine bei gleichzeitiger (symbolischer) Umbenennung des Bolivars emittiert.

So sollen die durch die Regierung fest gesetzten Mindestlöhne fortan auf Basis des „reformierten“ Bolivars – und somit anstatt 1,8 Million alten nur 1.800 neue Bolivares pro Monat – ausgezahlt werden. Gleichzeitig wird der Wert des neuen Bolivars an die heimische Kryptowährung Petro gebunden.

Bewertung des alten Bolivars spielt kaum eine Rolle – Schwarzmarkt bestimmt längst die Wechselkurse

In der Geschichte der Währungsmärkte kommt es somit erstmals zu einem solchen Ereignis. Der durch heimische Erdölreserven gedeckte Petro wird durch die Regierung in Caracas zu diesem Zeitpunkt mit $60 pro digitaler Münzeinheit bewertet. Dieser Wert entspricht 3.600 neuen Bolivares.

Gleichzeitig sehen die Planungen der Regierung vor, die Mehrwertsteuer um vier Prozentpunkte anzuheben, während eine Reihe von staatlichen Benzinsubventionen auslaufen soll. Um auf die dramatische Abwertung des (alten) Bolivars zurück zu kommen, so spielt dieses Ereignis im aktuellen Umfeld schon gar keine Rolle mehr.

Denn bereits seit Jahren haben sich venezolanische Unternehmen und Verbraucher daran gewöhnen müssen, keinen Zugang zu US-Dollars zu den durch die Regierung fest gesetzten Wechselkursraten mehr zu haben. Im Angesicht der Krise haben die Schwarzmärkte schon lange die Führung und tragende Rolle übernommen.

Während die venezolanische Erdölproduktion im Lauf der vergangenen zwei Jahrzehnte teils massiv eingebrochen ist, bedient die Regierung in Caracas mittels ihrer stark schrumpfenden Einnahmen aus Erdölexporten größtenteils die einst seitens Chinas und Russlands vergebenen Kredite.

Maduro erhält weiter militärischen Rückhalt – Massenflucht hat begonnen

Auch unter Venezuelas ausländischen Währungsreserven hat sich längst schon eine Falltür geöffnet. Im Angesicht der sich ausweitenden Krise hat die Regierung Maduro ausstehende Auslandsanleihen in Höhe von knapp $ 6,2 Milliarden inzwischen nicht mehr bedient. Kein Wunder, dass Investoren rund um den Globus keine Bereitschaft mehr zeigen, Venezuela frisches Geld zu leihen.

Richtungweisende venezolanische Staatsanleihen mit einer Laufzeit bis zum Jahr 2027 befinden sich im Status eines Zahlungsausfalls und bringen momentan gerade noch knapp 27 Cent pro US-Dollar auf die Waage. Noch immer kann sich Nicolas Maduro allerdings darauf verlassen, dass er durch sein heimisches Militär gestützt wird.

Beobachter erklären, dass sich daran wahrscheinlich nichts ändern wird, solange dem Militär Schlüsselpositionen zuteil werden und eine lukrative Aussicht auf Geschäfte bestehen bleibt. Folge ist, dass es in Venezuela nun zu einer Massenflucht unter der Bevölkerung in Richtung der Nachbarländer kommt.

Mittlerweile haben die Regierungen von Peru und Ecuador verlautbart, dass es zu einer Verhängung von Einreiserestriktionen in ihren Ländern kommen wird. Gleichzeitig verschärfen sich die Spannungen an den brasilianisch-venezolanischen Grenzstationen, an denen die brasilianische Regierung ihre Militärkräfte inzwischen aufgestockt hat.

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