<link>Hier noch mal Teil 1

<link>Hier noch mal Teil 2

<link>Hier noch mal Teil 3

<link>Hier noch mal Teil 4

 

Im weiteren Verlauf dieser Serie möchte ich möglichst intensiv die bereits angesprochenen Probleme unserer Geld- und Wirtschaftsordnung, - bedingt durch langfristige Geldanlagen und den damit verbundenen Zinseszinseffekt - weitergehend beleuchten und untersuchen. Es stellt sich die Frage, ob durch eine Golddeckung oder ein freies Marktgeld - ohne gleichzeitige grundlegende Neuerung der bestehenden Geldordnung - sämtliche zwangsläufig entstehenden Probleme in Wirtschaft und Gesellschaft lösbar sind.

Ich hoffe, es wurde in Teil 4 deutlich, dass eine Währungsdeckung mit Edelmetallen unnötig ist, da nicht die Deckung oder Nichtdeckung einer Währung Probleme erzeugt, sondern die langfristige Blockade von Geld und seine sich widersprechenden Funktionen gleichzeitig Wertaufbewahrungs- und Zahlungsmittel sein zu müssen. Im übrigen stellt sich die Frage, ob ein weltweiter Goldstandard nicht gerade jenes Land und deren Finanz- und Machtelite erneut völlig übervorteilen würde, das auch heute noch die (angeblich noch vorhandenen) größten Goldreserven sein Eigen nennt. 

Doch vorerst möchte ich in diesem Artikel auf die sogenannten „Minuszinsen“ und das „Schwundgeld“ der Freiwirtschaft eingehen und diesbezügliche Missverständnisse ausräumen.

 

Die Demurrage beim Warengeld

Schauen wir uns nun einmal an, wie ein Goldstandard nach Oliver Janich (Autor des Buches „Das Kapitalismus-Komplott) funktionieren würde. Dazu möchte ich aus seinem Kommentar „Lassen Sie uns über Gold nachdenken!“, erschienen in Focus Money vom 15.09.2010 (S. 85) zitieren:

 [...] Wie sähe es aus, wenn die Menschen Gold statt Giralgeld verwenden würden? A würde Gold im Gegenwert von 100 Euro zu seiner Bank bringen und für die Aufbewahrung sogar Geld bezahlen. Will er Ertrag aus dem Gold erzielen, muss er es verleihen. Die Bank besorgt A den Kreditnehmer B (Anm.: ein Autohersteller), der wiederum das Gold zu seinem Lieferanten C transferiert. Geht B Pleite, weil niemand seine Autos kauft, verbleibt das Gold bei seinem Lieferanten und A bekäme sein Gold nicht zurück. Die Gold/Geldmenge bleibt gleich. In unserem System wird den Bürgern vorgegaukelt, es gäbe sichere Zinsen und Investments. Die Bank, die Zentralbank und der Staat garantieren scheinbar eine feste Rückzahlung samt Zinsen, obwohl diese Akteure das gar nicht können, weil sie keine Waren produzieren.[...]

Oliver Janichs Darstellung ist an dieser Stelle weitestgehend korrekt, doch beschreibt er, - ohne es anscheinend zu merken - das Ziel des „rostenden Geldes“ aus der freiwirtschaftlichen Theorie von Gesell. Wie man sieht, ist es auch für Herrn Janich zwingend logisch, dass durch die Aufbewahrung einer Ware, - in diesem Fall Gold - Kosten entstehen. Auch die Vertreter der Freiwirtschaft halten eine solche Hortungs- oder Liegegebühr auf G(o)eld für unbedingt nötig, um ein stabiles Geldsystem zu schaffen.

Herr Janich beschreibt den gebührenpflichtigen (upps, ein Minuszins!) Goldverleih an eine Bank. Es ist daher völlig unverständlich, dass er diese notwendige Demurrage als „Minuszinsen“ in seinem Buch ins Lächerliche zieht und sich über die Forderungen von Bernd Senf und seine vielleicht etwas unkonventionelle Art und Weise sich auszudrücken und darzustellen, lustig macht. Zwar seien die Beobachtungen von Bernd Senf hinsichtlich der langfristig zerstörerischen Kraft eines Zinseszins-Systems in Janichs Augen korrekt (Das Kapitalismus-Komplott S. 58), doch sei sein Lösungsansatz der http://www.Monetative.de der völlig falsche Weg, was in meinen Augen wiederum seine eigene Forderung eines freien Marktgeldes nach Österreichischer Schule ad absurdum führt.

 

Das Volk und der Währungsraum

Staatliche Eingriffe werden von der Österreichischen Schule auf der einen Seite strikt abgelehnt, auf der anderen Seite sollen die Menschen die Freiheit haben, ihre Währung selbst festlegen zu dürfen. Wer oder was ist denn eigentlich der Staat? Genau an dieser Stelle wird wieder das Missverständnis offenbar, welches ich schon in Teil 2 angesprochen habe.

Der Staat ist - aus Sicht der Freiwirtschaftler - das aus Menschen bestehende Volk, das gemeinsam in einem Staat zusammen lebt. Was spricht dagegen, wenn sich ein Volk eigenes Geld - welcher Art und Form auch immer - zur Verfügung stellt? Dabei ist es durchaus von Bedeutung, welche Größe der Währungsraum hat. Seine optimale Größe hängt im Wesentlichen von der wirtschaftlichen Leistungskraft der einzelnen Regionen des Währungsraums ab.

Zwangsläufig entstehen Probleme, wenn der Gültigkeitsbereich einer Währung zu groß ist und schwächere Regionen und deren Volkswirtschaften keine Möglichkeit haben, eine eigene Währung abzuwerten, um dadurch ihre Produkte und Dienstleistungen wieder konkurrenzfähiger anbieten zu können. Insofern fördern verschiedene Währungen den Wettbewerb und dienen dem Fortschritt, denn durch ständige Re-Nivellierung entsteht durchaus wünschenswerte Rivalität als Antrieb für Verbesserungen und Fortentwicklungen. Am Beispiel des wirtschaftlichen Niedergangs vieler Ostbetriebe aus der ehemaligen DDR konnte gut beobachtet werden, welch zerstörerische Kraft auf die Wirtschaft einer Region einwirken kann, wenn eine zu starke Währung überstürzt und unüberlegt eingeführt wird und vorhandene Konkurrenzfähigkeit vernichtet.

 

Die Freiwirtschaft und der Zins

Janich und viele andere „Österreicher“ und Goldwährungsanhänger ziehen aus der geforderten Demurrage (Aufbewahrungsgebühr) auf Geld, den völlig falschen Schluss, dass Vertreter der Freiwirtschaft den Zins abschaffen wollen. Mit Verlaub, ich bin lang genug in der Szene, um sagen zu können, dass das ein völliger Blödsinn ist. Natürlich gibt es auch heute immer noch die extremen Zinsgegner und Geselljünger, die Zinsen in jeglicher Art verteufeln, die Funktionsweisen des heutigen Geldsystems kaum verstanden haben, die Freiwirtschaft als eine Art Religion ansehen und den lieben Gott in Person von Silvio Gesell anbeten. Doch hat sich gerade in den letzten Jahren eine große Gruppe von „Freiwirten“ gebildet, die nicht im Kreditzins das eigentliche Problem sieht, sondern in der langfristigen Geldhortung, die zu einer exponentiellen Vermehrung von Geldguthaben durch weitestgehend risikolose Guthabenzinsen und andere Kapitalerträge führt. Mittlerweile erkennen diese Problematik erfreulicher Weise auch Vertreter der Wirtschaftswissenschaft, wie z.B. Erhard Glötzl von der Universität Linz:

[...]Erhard Glötzl von der Universität Linz sieht die Hauptursache für die derzeitige Wirtschaftskrise im dramatischen Unterschied zwischen Kapital- und Arbeitseinkommen. Während beim Kapital ein exponentielles Wachstum zu beobachten wäre, gab es nur ein lineares bei den Arbeitseinkommen. Die Schere sei immer weiter auseinander gegangen. "Was wir jetzt mit der Finanzkrise sehen, ist ein unkontrollierter Ausgleichsvorgang, wie zum Beispiel bei einem Erdbeben." [...]

http://derstandard.at/1231153203314/Wirtschaftskrise-Wie-bei-einem-Erdbeben

 

Gibt es „sichere“ Zinsen und Kapitalerträge?

An dieser Stelle möchte ich die Aussage von Oliver Janich in seinem Kommentar aufgreifen und ihm bedingungslos Recht geben: Es ist tatsächlich im heutigen System als überaus problematisch einzustufen, dass das „Erwirtschaften“ risikoloser Zinsen und Kapitalerträge durch die herrschende Politik und dem bestehenden Geldsystem weitestgehend ermöglicht wird. Doch dafür braucht es noch nicht einmal einen Hosenanzug und einen Peer, die alle Spareinlagen garantieren, denn solange ein Anleger sein Depot breit gefächert aufstellt, muss sich schon sehr dämlich angestellt werden, um nicht eine jährliche Rendite von fünf bis zwanzig Prozent per anno zu erzielen. Werden zudem große Vermögen durch seriöse Anlageprofis verwaltet, ist die Wahrscheinlichkeit Verluste einzufahren äußerst gering.

 

Der freie Gleichgewichtszins

Um es nochmals deutlich zu sagen: Die Abschaffung des Zinses ist nicht das Ziel der heutigen „modernen“ Freiwirtschaftler! Vielmehr führt die Demurrage (Ge(o)ldaufbewahrungsgebühr) dazu, dass sich ein freier Gleichgewichtszins einpendeln kann, der von der Kreditnachfrage abhängt. Da für Bar- und Giralgeld (Zahlungsmittel auf Girokonten) eine Liegegebühr fällig wird, besteht eine erhöhte Bereitschaft seitens der Geldbesitzer ihr Geld entweder direkt an einen Schuldner weiter zu verleihen, um die Kosten für die Geldhaltung zu sparen oder auf Sparkonten einzuzahlen, die nicht mit einer Demurrage belastet werden.

Ist die Nachfrage nach Geld groß, so wird der Kreditgeber auch in einem freiwirtschaftlichen System einen Zins für Kredite verlangen können und dürfen. Die Zinshöhe richtet sich nach Angebot und Nachfrage. Ist die Nachfrage nach Geld allerdings gering, kann der Zins auch gegen Null oder sogar in den Minusbereich fallen, - abhängig von der Höhe der Geldhaltungskosten. Wichtig ist hierbei, dass auch Bargeldbestände, die nicht bei einer Bank hinterlegt werden, mit einer Demurrage belastet werden. Ansonsten würden durch diesen Entzug von Geld aus der Wirtschaft, der mit keinen nennenswerten Kosten (außer dem unangenehmen Risiko des Diebstahls und den Kosten für einen stabilen Tresor) deflationäre Tendenzen entstehen (dazu mehr in Teil 6).

 

Der Schwundgeld-Mythos

An dieser Stelle kommt sehr oft der nachvollziehbare Einwand, dass durch die Demurrage keine Vermögensbildung möglich sei, da gespartes Geld ständig an Wert verliere. Auch hierbei handelt es sich um ein Missverständnis, bedingt durch unzureichende Kenntnis. Die moderne Freiwirtschaft unterscheidet sehr deutlich zwischen Zahlungsmitteln und Spargeldern. Nur Bargeld und Geld auf Girokonten werden mit einer Liegegebühr belastet. Bei längerfristig angelegten Spargeldern entfällt diese Gebühr und sie können durch Banken weiterverliehen werden, ohne dass Banken diese Spargelder verzinsen. Das Bankgewerbe fungiert als Kreditvermittler und erhält vom Kreditnehmer eine Bezahlung der Arbeit und eine Risikoausfallprämie (Kreditzins). Banken fungieren in diesem Fall eher wie eine Versicherung, da das Ausfallrisiko von Krediten auf viele Wirtschaftsteilnehmer verteilt wird und niemand fürchten muss, sein gespartes Geld nicht wieder zu bekommen. Das exponentielle Wachstum von Geldanlagen wird unterbunden. Sparvermögen wachsen nur durch neue Einzahlungen und vermindern sich durch Abhebungen.

Doch auch in einem freiwirtschaftlichen System ist es den Menschen (Nichtbanken) erlaubt, sich direkt untereinander Geld gegen Zins zu leihen. Bei diesen direkten Geschäften trägt - genau wie beim Vorschlag Janichs - der Kreditgeber das volle Kreditausfallrisiko. Die direkte Kreditvergabe zwischen zwei Nichtbanken – vermittelt durch Geschäftsbanken - kann also durchaus für beide Seiten produktiv sein, doch gelten hier natürliche Gesetze wie an der Börse: man kann gewinnen, aber durchaus auch verlieren. Es wird jedem Kreditgeber bewusst sein, dass risikolose Zinsen keine Existenz- und auch keine Rechtsgrundlage haben. Tatsächlich ist der Kreditzins in diesem Falle völlig unschädlich und kann zu Recht als Gewinnbeteiligung und Entschädigung für Ausfallrisiko und Opportunitätskosten (Konsumverzicht) angesehen werden.

Der Unterschied zum System der Österreichischen Schule und einer Edelmetallwährung ist marginal, denn auch in diesem System bleibt die Geldmenge konstant, kann aber im Gegensatz zu einer reinen Golddeckung dem Bedarf der Wirtschaft angepasst werden. Die Anpassung erfolgt durch Erhöhung oder Reduzierung von Ausgaben durch das Staatsvolk.

... wird in Teil 6 fort gesetzt.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"