Diese Artikelreihe ist Fortsetzung meiner früheren Beiträge zum bestehenden Geldsystem. Die ersten vier Artikel dieser Reihe finden Sie hier: <link>Teil 1,<link>Teil 2, <link>Teil 3 und <link>Teil 4. Untersucht werden in diesem Aufsatz Vorgänge und Auswirkungen des Sparens auf das bestehende Geldsystem im geldtechnischen Sinn.
Eine weitere Form des Sparens: Der regelmäßige Kauf von Anteilen an Immobilien-, Aktienfonds, etc.
Auch dem Autor dieses Aufsatzes wurde im zarten Alter von 21 Jahren seitens eines Bankverkäufers das „Sparen“ in einen Aktienfonds empfohlen. Nach regelmäßiger Einzahlung über sieben Jahre hielt sich der Ertrag dieser Sparform jedoch in minimalistischen Grenzen. Nur ein „paah Mack meh“, als der insgesamt eingezahlte Betrag wurden am Ende der Laufzeit dem damals unglücklichen Investor ausbezahlt, obwohl dieser doch noch jung war und das Geld dringend für die erste anstehende Scheidung brauchte. ;-) Sicherlich dürfte auch der ein oder andere Leser betrübliche Erfahrungen beispielsweise mit dem ein oder anderen Immobilienfonds (vielleicht auch Ehefrau) gemacht haben. ;-)
Beim Sparen in Fonds wird ein Anteilsschein an dem Vermögen der Gesellschaft erworben. Sind die Anteile an einem Fonds handelbar, kann man sein eingezahltes Geld durch Verkauf der Anteile an Dritte zurückerhalten. Es ist aber durchaus auch möglich, dass die Anteile im Preis sinken oder gar wertlos verfallen, so wie es mit einigen Fondszertifikaten von US-amerikanischen Immobilienfonds passiert ist. Im eigentlichen Sinn kann man diese Anlageform nicht als Sparen bezeichnen, sondern ist dem regelmäßigen Eigenerwerb von Aktien gleichzusetzen, - ist also demnach Spekulation auf Gewinne, die bei anderen Marktteilnehmern automatisch zu Verlusten führen müssen.
Auswirkungen des Sparens auf die Verschuldung
Wird Geld bei Banken gespart, werden Zahlungsmittel der Verwendung entzogen, - in Folge sinkt die für die Realwirtschaft zur Verfügung stehende Geldmenge (M1). Diese Feststellung gilt sowohl für ein reines Goldgeldsystem als auch für das heutige Giralgeldsystem. Kredite füllen die zur Verfügung stehende Geldmenge wieder auf, was in Folge zu einer Erhöhung der Gesamtverschuldung führt.
Ein steigendes Sparvolumen führt also zwangsweise zu einer steigenden Verschuldung oder im Falle fehlender Neuschuldner zu einer deflationären Wirtschaftsentwicklung.
(Siehe auch: <link>Global Change? Im Gespräch mit Jörg Buschbeck)
Der Grund für die Verminderung der Geldmenge ist im Sparen bei Geschäftsbanken begründet. Zu wenig Geld und eine ungünstige Verteilung der Geldströme zwingt diejenigen, die Rechnungen zu begleichen haben oder Investitionen tätigen wollen zur Neuverschuldung. Die Schuldenaufnahme durch Kredit (Glaube an eine gute Zukunft) bringt wiederum neues liquides Geld ins Spiel, das nun wiederum in der Realwirtschaft verwendet oder ebenfalls gespart werden kann.
Lässt man sich diesen Mechanismus durch den Kopf gehen, dann ist ersichtlich, dass das Sparvolumen angibt, in welcher Höhe Kredite nicht getilgt werden können.
Die Höhe des Sparvolumens entspricht also gleichzeitig dem Volumen an nicht tilgbaren Krediten. Darlehen können nur mit Zahlungsmitteln aus der liquiden Geldmenge M1 getilgt werden. Die Folgen der Tilgungen sind eine Reduktion der Geldmenge M1 und gleichzeitig der Verschuldungshöhe. Grundvoraussetzung für eine Tilgung aller Schulden wäre demnach eine Auflösung aller Sparguthaben. Eine Reduktion der Geldmenge erfordert wiederum Neu- und Nachschuldner, da wir uns ansonsten nach Tilgung aller Kredite in einer Welt ohne Geld wiederfänden und eine anstrengende Subsistenzwirtschaft mit Tauschhandel aufbauen müßten. Back to the roots ist vielleicht bei manchen Dingen ganz schön, würde in heutiger Zeit aber zu Mord und Totschlag führen: „Hey Bauer, tausche dein Leben gegen deine Kartoffeln. Interesse?“
Selbst wenn man den Zins und auch Zinseszinseffekt auf Bankeinlagen nicht berücksichtigt, hat ein steigendes Sparvolumen bei Banken eine steigende Verschuldung zur Folge. Der Wirkmechanismus erfolgt über die reduzierte Geldmenge M1, der das Gesparte fehlt, das man bei Banken auf der Passivseite der Bilanz wiederfindet.
Doch Sparen ist nicht grundsätzlich schädlich
Aus obigen Erkenntnissen könnte man den Schluss ziehen, Sparen sei grundsätzlich schädlich. Doch dem ist nicht so! Ganz im Gegenteil! Sparen zum Zwecke der späteren Verwendung, - also ein Ansparen von Geld für Investitionen - ist durchaus vernünftig und auch möglich, da nicht alle Kredite gleichzeitig getilgt werden müssen. Es ist sogar wichtig und notwendig, dass ein Teil der durch Kredite neu geschaffenen Zahlungsmittel durch das Sparen stillgelegt wird, da Kredite mit Laufzeiten von über 10, 20 oder gar 30 Jahren, - z.B. für Großinvestitionen - sehr viel Geld zusätzlich erschaffen, welches bei alleiniger Verwendung in der Realwirtschaft und normaler bis hoher Umlaufgeschwindigkeit stark inflationär wirken würde. Sparen entwickelt erst seine schädliche Wirkung, wenn zuviel und zu langfristig gespart wird.
Fehlt das langfristige Sparen ohne Geldverwendungsabsicht, entwickelt sich im Bereich des kurzfristigen Sparens eine permanente Reduzierung der Sparguthaben durch Auflösen von Sparguthaben und im Gegenzug Neubildungen von Sparvermögen durch Neusparer. Die verfügbare Geldmenge würde permanent durch Entsparen aufgefüllt und durch Neusparen wieder reduziert. Eine permanente Neuverschuldung ist bei gleich bleibenden Sparvolumen nicht mehr notwendig.
Dauerhaft positive Sparquoten, also das permanente (auch durch Zins und Zinseszins bedingte exponentielle) Anwachsen der Sparvolumen führen hingegen jedes System nach einigen Jahrzehnten in einen katastrophalen Gesamtzustand. In Deutschland betrug das Nettogeldvermögen (Saldo aus Forderungen und Verbindlichkeiten) Ende 2010 3,4 Billionen Euro.
Nicht nur wegen der Konzentration dieser Geldvermögen in wenigen Händen manifestiert sich daraus dann in großen Kreisen der Bevölkerung mit der Zeit folgende Stimmungslage:
Der Gegenseite der Geldanlagen entsprechen als Gegenbuchung die Schulden durch Kreditvergabe, aus denen die Geldmittel für die Geldanlagen stammten. Selbst ohne Zinsen auf Geldanlagen wird nach einigen Jahrzehnten der Punkt erreicht, an dem die Geldmittel für eine immer größer werdende Anzahl von Schuldnern nicht mehr ausreichen, Rechnungen und Tilgungen zu begleichen. Kredite platzen. Zins und Zinseszins verstärken und beschleunigen diesen Prozess, sind aber nicht die eigentlichen Ursachen für die Misere.
Falls an dieser Stelle ein Denkproblem hinsichtlich der heutigen Funktionsweise von Banken auftritt, erinnern Sie sich bitte daran, dass schon seit einigen Jahrzehnten Spargelder nicht mehr für Kreditvergaben nötig sind, sondern es sich vielmehr um Informationseinheiten in Computern handelt, die nicht mehr in Form von Goldstücken oder Papierscheinen weiterverliehen werden. Im weiteren Text werde ich auf diesen Punkt noch zu sprechen kommen und diesen Sachverhalt anhand von Bankbilanzen in Teil 6 erklären.
... wird in Teil 6 fortgesetzt.
Kommentare
vielen Dank für einen weiteren Artikel ihrer sehr informativen Artikelreihe.
Stimmt Abbildung 12 denn noch unter den Baseler Richtlinien?
"Dank" dieser Regelungen haben die Banken die Möglichkeit hoch gehebelt Kredite zu vergeben (und das tun sie auch). D.h. die Kreditmenge müsste doch deutlich steiler ansteigen, als die Menge der Einlagen.
Aus diesem Sachverhalt folgt doch, dass man erstmal annehmen müsste, dass das Sparen gut sei. Denn mit jedem Euro, den ich meiner Bank gebe, kann sie (bei 100%iger Risikogewichtung) 12,5 EUR verleihen. D.h. es können durch mein Sparen noch mehr Kredite, und damit theoretisch noch viel mehr Geld in die Realwirtschaft gepumpt werden?
Noch schlimmer verhält es sich doch bei Staaten mit AAA Rating, bei denen keine Risikogewichtung vorgenommen wird, und die Kredite ohne Einlagen zur Deckung des Risikopotenzials vergeben werden können?
Viele Grüße,
Kevin
1.) Sehe ich das richtig, das "buchungstechnisch" jeder neue Kredit erstmal als Erhöhung der Geldmenge M1 das "Licht der Welt" erblickt und dann, je nach individueller Zeitpräferenz (um mal mit den "Österreichern" zu sprechen), stillgelegt, also gespart wird, oder eben konsumiert bzw. zur Tilgung von Schulden genutzt wird.
2.) Ist es dann (aus Sparersicht) nicht völlig paradox durch immer höhere Sparquoten selbst dafür zu sorgen, dass sich die Zinsen (die ich ja als Sparer erwarte) durch die "künstliche und dadurch manipulierte Ausweitung" der Verschuldung (s. QE2 und folgende, Anleihekauf der EZB usw.), immer weiter absenken und damit der reale Wert meines Sparguthabens immer weiter sinkt. Also konkret: Bin ich selbst für die reale Entwertung meiner Sparguthaben durch Inflation verantwortlich?
Bin schon sehr gespannt auf die Antworten.
Beste Grüße
vielen Dank für Ihren Kommentar.
Der Kredit bringt im heutigen Geldsystem die Zahlungsmittel in die Welt, die dann zu Einlagen werden. Tilgung lässt die Geldmenge sinken und damit auch die Einlagen wieder verschwinden. Da ändern auch die Basel-Richtlinien nichts dran.
Unter der Überschrift „Sparen als Voraussetzung für Kreditvergaben ist ein Relikt aus der Vergangenheit“ werden demnächst in Teil 6 Ihre Einwände behandelt.
Herzliche Grüße
Helmut Reinhardt
zu 1.) Ja, das ist korrekt.
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zu 2.) Schön, dass Sie ein solches Tabu so offen ansprechen. In der Tat müssten wir uns weder über den Zinseszins-Effekt, noch über übermäßige Staatsverschuldungen Gedanken machen, wenn keine Zahlungsmittel mehr übermäßig viel und lang stillgelegt würden. Wie ich im Artikel schrieb, würde sich durch das Fehlen des „langfristigen Sparens ohne Geldverwendungsabsicht“ im Bereich des kurzfristigen Sparens eine permanente Reduzierung der Sparguthaben durch Auflösen von Sparguthaben und im Gegenzug Neubildungen von Sparvermögen durch Neusparer entwickeln. Die verfügbare Geldmenge würde permanent durch Entsparen aufgefüllt und durch Neusparen wieder reduziert. Eine permanente Neuverschuldung ist bei gleich bleibenden Sparvolumen nicht mehr notwendig. Das heißt gleichzeitig eine Bannung der Gefahr starker Inflationen, Deflationen und Vermeidung der am Ende des Systems stehenden Hyperinflation.
Beste Grüße
Helmut Reinhardt
Vielen Dank für Ihre Antworten. Mal sehen, ob ich es jetzt wirklich verstanden habe.
Wenn die (durch ständig steigende "Nettosparquoten") ständig reduzierte Geldmenge M1 durch die Vergabe von Krediten ständig aufgefüllt werden muß, um den Konsum bzw. Schuldentilgung sicherzustellen und d.h. ja nichts anderes, als die Wirtschaft vor einer Rezession zu bewahren, dann ist das Auffüllen von M1 durch Kreditvergabe zwar notwendig, aber nicht hinreichend, um dieses Ziel tatsächlich zu erreichen. Wenn nämlich den "neuen" Schuldnern (sind doch eigentlich immer die alten, oder?) die Verwendung ihrer "neuen" Sichtguthaben frei gestellt ist (und das ist sie ja), dann können sie diese neue Liquidität natürlich auch dazu nutzen, um die Sparquote zusätzlich zu erhöhen. Sie können z.B. Aktien, Edelmetalle, oder CDS auf die Pleite von Greichenland, Portugal usw. kaufen usw. um damit weitere Spekualtionsblasen zu befüllen. Und in einem Inflationssystem, das die "First-Mover" (Cantillion-Effekt) extrem begünstigt, ist das doch immer sehr verlockend.
Damit helfen sie der "Realwirtschaft" jedoch gar nicht (das ist doch genau das, was wir z.B. in Japan seit Jahren und in den USA in den letzten Monaten erleben), sondern zwingen ganz im Gegenteil durch ihr Verhalten potentielle Schuldner/Staaten über die FED, EZB usw.auch diese neue M1-Lücke immer wieder zu füllen. Was dann zwangsläufig zu den astronomischen Schuldenbergen führen muss.
Also, wäre es dann nicht denkbar, die Verwendung der neuen Liquidität zu Konsumzwecken, bzw. zur Schuldentilgung vorzuschreiben, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Ich weiß, klingt jetzt sehr sozialistisch, aber mir geht es nur darum zu klären, ob ich die Grundprinzipien verstanden habe.
Freue mich auf Ihr Feedback
Es geht bei den ganzen Banken"rettungen" und der Euro"rettung" letztendlich nur darum, die Vermögen zu erhalten. Doch solange diese Vermögen auf der Banken-Passivseite erhalten bleiben und nicht entspart wird, ist auch eine Schuldentilgung nicht möglich. Unterschieden werden muss jedoch in Investitionen in Sachwerte = Aktien, Gold, Immobilien etc., da dieses Geld zunächst einmal nicht dem Kreislauf entzogen wird, sondern z.B. vom Gold- oder Immobilienverkäufer durchaus für andere Sachwertinvestitionen verwendet werden kann. Problematisch bleibt es, wenn sich die Bankbilanzen immer weiter aufblähen (Deutsche Bank von ca. 900 Mrd. auf über 2 Bill. in etwa 10 Jahren.), was nichts anderes heißt, als dass Banken ihre Pleite selbst herbei führen, wenn sie ihre Schulden exponentiell vermehren.
Herzliche Grüße
Helmut Reinhardt