Der renommierte Beck-Verlag hat angekündigt, die Bücher der Journalistin und Russland-Expertin Gabriele Krone-Schmalz aus dem Programm zu nehmen, wie verschiedene Medien melden.

Die FAZ kommentierte dieses in jenem zynischen Tonfall, der schon seit geraumer Zeit in dieser einst angesehenen Zeitung Einzug gehalten hat, insbesondere dann, wenn es um das Themengebiet Russland geht.

Der Beck-Verlag wird die Bestseller von Gabriele Krone-Schmalz nicht mehr nachdrucken. Die Autorin, sagt der Verleger, habe eingestanden, dass ihre Bücher widerlegt seien. Ein solches Eingeständnis gibt es nicht: Krone-
Schmalz setzt ihre Putin-Apologetik fort.“

In der FAZ war neulich auch ein Beitrag zu lesen, in dem deutsche Kämpfer in der Ukraine zitiert wurden, die russische Soldaten töten.

In einem Vorort von Kiew greifen vier Deutsche einen Konvoi an und töten russische Soldaten.“

Seltsame Zeiten

Wem das alles etwas unheimlich vorkommt, der hat das Klima unserer Zeit in der Republik richtig erfasst.

Zur Erinnerung. Die Bundesrepublik befindet sich mit der Russländischen Föderation nicht in einem Krieg. Der Westen, zu dem auch Deutschland gehört, befindet sich mit Moskau in einem Wirtschaftskrieg, sowie in einem Informationskrieg, aber (noch) nicht in einem offenen Krieg, was hoffentlich so bleibt, denn so ein Krieg würde blitzschnell von einem konventionellen Krieg - mit ungeahnter Gewalt - in einem Atomkrieg enden.

So etwas kann sich niemand wünschen, der bei klarem Verstand ist, weshalb der Vorschlag von Deniz Yücel im besten Fall als Ahnungslosigkeit abgetan werden kann. Deniz Yücel soll wegen Aussagen zum Krieg zurücktreten, wenn er nicht der Präsident des Pen-Clubs Deutschlands wäre.

Überhaupt fällt dieser Tage schmerzhaft auf, dass die Menschen und Zeitzeugen, die noch die Abgründe des Zweiten Weltkrieges erlebt haben, kaum noch unter uns leben.

 Es entscheiden heute viel zu viele Menschen über Krieg und Frieden, die nie einen Krieg erleben mussten. Die Vorstellung von einem Krieg als „Stahlgewitter“, als „Abenteuer“, oder „Spaziergang“, als, „heiliger“, „gerechter“, „sauberer“ Krieg, als "Krieg gegen den Terror“ spukt immer noch bei vielen Menschen in den Köpfen herum. 

Wie 1914, als die Völker Europas, nach einer ungewöhnlich langen Friedenszeit begeistert in den Krieg zogen, dabei die Welt in der sie aufgewachsen waren, das bürgerliche Zeitalter, in den Abgrund mitrissen.

Thomas Mann, der nie als Soldat in den Schützengräben sitzen musste, schrieb am 22. August 1914 an seinen Verleger Samuel Fischer "Diese Friedenswelt, die jetzt mit so erschütterndem Getöse zusammengestürzt ist, hatten wir alle sie nicht im Grunde satt? War sie nicht faulig geworden vor lauter Komfort?"

Der Autor der Buddenbrooks gab damals einem weitverbreiteten Gefühl Ausdruck, welches man später als „August-Erlebnis“ zu bezeichnen pflegte.

Bei dem völkerrechtswidrigen Einmarsch Russlands in der Ukraine hat sich in weiten Teilen der westlichen Welt eine Stimmung gegen alles „russische“ Bahn gebrochen, die kaum vergleichbar ist, mit Stimmungen und Reaktionen bei ähnlichen Ereignisse in der jüngeren Vergangenheit. Denn - daran muss erinnert werden - es handelt sich wahrlich und bedauernswert zugleich nicht um den ersten völkerrechtswidrigen Einmarsch in ein Land. "Alle Staaten müssen sich an das Völkerrecht halten" äußerte in diesem Zusammenhang der Völkerrechtler Matthias Hartwig in einem Interview mit mir.

Vor einigen Tagen lief ich die Karl-Marx-Allee in Berlin in Richtung Alexanderplatz herunter. Plötzlich fragte ich mich, es war kurz nach Einbruch der Dunkelheit, wo denn das Café Moskau geblieben ist, welches zu DDR-Zeiten ein bekanntes Nationalitäten-Restaurant war und nach der Wende unter Denkmalschutz gestellt wurde?

Dann entdeckte ich es, es erstrahlte im blau gelben Glanz, auch der Schriftzug „Restaurant“ war noch illuminiert, während der Schriftzug Moskau im Dunklen blieb, so als würde es Moskau nicht mehr geben.

Foto: Ramon Schack

Ein Beispiel für die fatale Entwicklung die im Westen zu beobachten ist, nach dem Motto “Gegen Russland ist jedes Mittel Recht!“ Russland wird aber auch weiterhin der größte Flächenstaat der Erde in unserer Nachbarschaft bleiben.

Diese Stimmung wird flankiert von einer Tendenz kritische Stimmen und Stimmungen auszuschalten, zu brandmarken, unter Verdacht zu stellen, zum Schweigen zu bringen, besonders bei Personen, die in den Medien oder der Politik agieren. Die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley warnte vor 30 Jahren:

Stasi-Strukturen (und die) Methoden, mit denen sie gearbeitet haben...All das wird in die falschen Hände geraten. Man wird sie ein wenig adaptieren. damit sie zu einer freien, westlichen Gesellschaft passen. Man wird Störer nicht unbedingt verhaften - es gibt feinere Möglichkeiten, diese unschädlich zu machen. Aber die geheimen Verbote, das Beobachten, der Argwohn, die Angst, das Isolieren und das Ausgrenzen, das Brandmarken und Mundtotmachen wird wiederkommen. Man wird Einrichtungen schaffen, viel effektiver, viel feiner als die Stasi. Auch das ständige Lügen wird wiederkommen, die Desinformation und der Nebel, in dem alles seine Kontur verliert."

Russland wird bleiben

Im Zuge des Krieges in der Ukraine verstärkt sich im Westen eine Tendenz, die schon länger zu beobachten ist, aber jetzt mit unheimlicher Hast voranschreitet, alle Errungenschaften wie Pluralismus, Offenheit, Kritik über Bord zu werfen, dafür aber einer aufdringlichen und gefährlichen Ideologisierung Raum zu bieten.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich in der Bevölkerung die Stimmung schon langsam zu ändern beginnt, dass zunehmend die größtenteils einseitige Berichterstattung - welche sich ausschließlich auf amtlich ukrainische Meldungen bezieht - in Frage gestellt wird. Auch die sich verschlechternden ökonomischen Rahmenbedingungen, hervorgerufen durch den Bumerang-Effekt der vom Westen gegen Russland verhängten Sanktionen, die laut Außenministerin Baerbock Russland ruinieren würden, jetzt aber von der Sorge um den eigenen Ruin verdrängt wird, kann sich bald gegen die politischen Protagonisten wenden. Auf meiner Nachfrage schrieb mir die Pressestelle des Beck-Verlages

Sehr geehrter Herr Schack, 
vielen Dank für Ihre Nachfrage. Der Verlag C.H.Beck und seine Autorin Gabriele Krone-Schmalz haben sich angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine und des Leides von Millionen Menschen einvernehmlich dazu entschlossen, die beiden Bücher „Eiszeit: Wie Russland dämonisiert wird und warum das so gefährlich ist“ sowie „Russland verstehen. Der Kampf um die Ukraine und die Arroganz des Westens“ in der jetzigen Form nicht nachzudrucken. Die Titel könnten Gefühle verletzen und zynisch wirken. Verlag und Autorin bleiben im Gespräch darüber, in welcher Form Frau Krone-Schmalz die Veränderungen zwischen 2015 bzw. 2017 (den Ersterscheinungsdaten der Bücher) und den gegenwärtigen Entwicklungen aufnehmen und einordnen wird. Ihr Buch "Respekt geht anders" aus dem Jahr 2020 bleibt lieferbar.“

Nun, Hauptsache das Werk von George Orwell "1984" wird noch verlegt, da kann man nämlich nachlesen: "Um die Lügen der Gegenwart durchzusetzen, ist es notwendig, die Wahrheiten der Vergangenheit auszulöschen.“

Während ich diese Zeilen schreibe höre ich die Filmmusik die Ennio Morricone einst für den Sergio Leone Film "Once upon a time in the west" verfasst hatte.

Ja, "once upon a time in the west", es war einmal im Westen. 

„Was heißt das für mich konkret!?"

Die Frage, ob wir die düsteren Visionen von Orwell schon eingeholt - oder gar überholt – haben ist nicht eindeutig zu beantworten. Sicher ist aber, dass der Westen den Höhepunkt seiner weltpolitischen und kulturellen Ausstrahlung überschritten hat. Außenpolitisch gelingt es ihm immer weniger die Hegemonie über die Welt zu halten.

Innenpolitisch wird durch einen autoritären Liberalismus, bei dem die Liberalisierung der Gesellschaft eine Vertikalisierung der Macht beinhaltet, agiert. Ein »starker Staat« für eine »freie Wirtschaft«, flankiert von einem strengen Sitten-Kodex - in Form abnehmender Akzeptanz für andere Meinungen - versucht die drohende Unregierbarkeit zu überwinden.

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