Vor wenigen Tagen hat die Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank, die Volkswirtin Claudia Buch, den Finanzstabilitätsbericht 2018 vorgestellt. Demnach haben sich im deutschen Finanzsystem nach Einschätzung der Bundesbank in der langen Phase hohen Wachstums und niedriger Zinsen Verwundbarkeiten aufgebaut.

Konkret heißt es dort im Kapitel zur Risikolage des deutschen Finanzsystems: „Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland ist durch den längsten Aufschwung seit der Wiedervereinigung und durch anhaltend niedrige Zinsen gekennzeichnet. Die Vermögenspreise, insbesondere bei Immobilien, liegen auf einem hohen Niveau bei einer vergleichsweise niedrigen Volatilität an den Finanzmärkten.“

Eine  unerwartet starke Eintrübung der wirtschaftlichen Lage könne diese Verwundbarkeiten offenlegen und Ansteckungseffekte im Finanzsystem einen konjunkturellen Abschwung verstärken. Die Wahrscheinlichkeit eines solchen Szenarios hat sich nach Auffassung der Bundesbank erhöht.

Zu den berechtigten Sorgen der Bundesbank-Vizepräsidentin passen die aktuellen Aussagen von ifo-Chef Clemens Fuest beim Kapitalmarkttag von Hauck & Aufhäuser in Frankfurt wie die Faust aufs Auge. Er sieht eine deutliche Abkühlung der Wirtschaft in Deutschland und in Euroland. Der ifo-Geschäftsklima-Index, der auf 10.000 Daten aus der Wirtschaft beruht, ist so stark abwärts gerichtet wie seit zehn Jahren nicht mehr.

Unterschätzung von Kreditrisiken wegen Überbewertungen

Angesichts niedriger Insolvenzraten bestehe die Gefahr, dass Kreditrisiken unterschätzt werden. Die hohen Bewertungen können dazu führen, dass die Werthaltigkeit von Kreditsicherheiten überschätzt wird. Gleichzeitig seien die Finanzinstitute durch Vergabe von Krediten mit festgezurrten Zinsen über längere Zeiträume dem Risiko von Zinsänderungen ausgesetzt.

Anders als im vergangenen Jahr überwiegen die Abwärtsrisiken für die weitere konjunkturelle Entwicklung. Ein unerwarteter starker Konjunktureinbruch dürfte mit einer Neubewertung der Vermögenswerte verbunden sein und weite Teile des Finanzsystems betreffen. Insgesamt ist die Gefahr weiter gestiegen, dass die Finanzinstitute bei einem Konjunktureinbruch gleichgerichtet reagieren und die Kreditvergabe übermäßig einschränken.

Ansteckungseffekte innerhalb des Finanzsystems könnten sich in einer solchen Situation negativ auf die Realwirtschaft auswirken und einen konjunkturellen Abschwung verstärken. Im Ergebnis ist das deutsche Finanzsystem derzeit erheblichen zyklischen Risiken ausgesetzt.

Im Klartext: Vermögenstitel wie Aktien, Anleihen und Immobilien könnten erheblich an Wert verlieren und damit verlieren auch die Kreditsicherheiten ihren Wert. Die Banken würden dann mit einer Einschränkung der Kreditvergabe gegensteuern und den Abschwung verstärken.

Wohnimmobilienmarkt besonders gefährdet

Speziell der Wohnimmobilienmarkt wäre gefährdet, wenn viele der Haushalte mit Wohnimmobilienkrediten übermäßig hohe Verbindlichkeiten aufgebaut haben, beispielsweise relativ zum Wert der Immobilie. Umso problematischer ist es, so der Bundesbankbericht, wenn die Immobilien, wie derzeit in den städtischen Gebieten, überbewertet und damit tendenziell für Preiskorrekturen anfällig sind.

Zudem kann in Risikoszenarien, etwa bei einem starken Anstieg der Zinsen in Kombination mit einem Rückgang der Einkommen, die Solvenz von Wohnimmobilienkreditnehmern stark belastet werden. Die Datenlage zur Beurteilung der Risiken sei in Deutschland im Falle von Wohnimmobilienfinanzierungen jedoch nicht ausreichend.

Bis zu 30 % Überbewertung

In den vergangenen Jahren sind die Preise für Immobilien und damit der Wert entsprechender Kreditsicherheiten stark gestiegen. Bei Wohnimmobilien dürfte der Preisanstieg insbesondere von zwei Faktoren getrieben worden sein: zum einen der guten Konjunktur und damit einhergehend guten Einkommensaussichten und zum anderen den äußerst niedrigen Hypothekenzinsen.

Laut aktualisierten Schätzungen der Bundesbank lagen im Jahr 2017 nach wie vor Überbewertungen der Wohnimmobilienpreise in den städtischen Gebieten von 15% bis 30% vor. Zusätzliche Indikatoren zur Beurteilung von Immobilienpreisen, wie zum Beispiel das Verhältnis von Kaufpreisen zu Jahresmieten, stützen die Einschätzung, dass die Bewertungsniveaus in den Städten im Jahr 2017 weiter hoch waren.

Sollten sich die Bedingungen abrupt verändern, beispielsweise bei einem konjunkturellen Einbruch mit einer Veränderung der Einkommensaussichten oder einem starken Zinsanstieg, ergibt sich daraus Korrekturpotenzial.

     

Auch Gewerbeimmobilien gefährdet

Hiervon wäre auch der Markt für Gewerbeimmobilien betroffen. Dieser ist im Gegensatz zum Wohnimmobilienmarkt durch kurzfristigere Finanzierungen und einen höheren Anteil variabel verzinster Kredite gekennzeichnet. Er zeigt somit eine höhere Sensitivität gegenüber sich abrupt verschlechternden Bedingungen.

Wenn Kreditinstitute im derzeitigen Immobilienboom die Werthaltigkeit von Immobilien als Kreditsicherheiten überschätzen, unterschätzen sie damit ihre Risikoposition. Bei einer Korrektur der Immobilienpreise sinkt der Wert der hinterlegten Kreditsicherheiten. Für die Finanzstabilität ist dies bedeutsam, da rund 51% der gesamten Bankkredite an inländische private Haushalte und Unternehmen auf Wohnungsbaukredite entfallen. Gewerbeimmobilienkredite machen 16% der Gesamtforderungen gegenüber Nichtbanken aus.

Hohe Zinsänderungsrisiken

Insbesondere kleine und mittelgroße deutsche Banken weisen hohe Zinsänderungsrisiken auf. Diese Banken erzielen im Umfeld niedriger Zinsen Erträge verstärkt dadurch, dass sie ihre Fristentransformation in den vergangenen Jahren ausgeweitet haben. Die erhöhte Fristentransformation resultiert zum einen aus einem deutlich höheren Anteil kurzfristiger Einlagen - zum anderen haben Banken die Zinsbindung ihrer Aktiva ausgeweitet. Der Anteil lang laufender Kredite gegenüber Nichtbanken ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen.

Rechtzeitig Puffer aufbauen

„Gerade wirtschaftlich gute Zeiten ermöglichen es, dass ausreichende Abwehrkräfte gegenüber unerwarteten Entwicklungen aufgebaut werden“, unterstrich die Bundesbankvizepräsidentin. Dadurch könnten mögliche Ansteckungseffekte innerhalb des Finanzsystems und auf die Realwirtschaft begrenzt werden. Laut Buch wird derzeit diskutiert, ob ein antizyklischer Kapitalpuffer wie in anderen Ländern eingeführt werden sollte. In Phasen des Aufbaus zyklischer Risiken wie derzeit würden Banken dann zusätzliche Kapitalpuffer aufbauen. Im Krisenfall könnten Banken die Puffer dazu nutzen, um Verluste abzufedern. Soweit die Sicht der Bundesbank.

Übersicht über die aktuelle Faktenlage

  • Der Euro verliert an Kaufkraft gegenüber dem Dollar.
  • Die Teuerung in der Eurozone steigt.
  • Die Primärgeldmenge schrumpft.
  • Brüssel verbietet Italien Investitionen (die bei einbrechenden Brücken dringend erforderlich wären), obwohl die Neuverschuldung Italiens innerhalb der erlaubten drei Prozent-Grenze liegt.
  • Die Wettbewerbsvorteile des Autolandes Deutschland werden von der BRD selbst systematisch zerstört.
  • Die EZB verringert die Liquidität und hält gleichzeitig die Zinsen niedrig. Umgekehrt würde es Sinn machen.
  • Dem Land mit den größten Flüchtlingslagern, dem Libanon, werden die Geldmittel so massiv gekürzt, dass die Lebensmittelversorgung in den Lagern kaum mehr gewährleistet ist.

Bringt man die Fakten in einen Kontext, beginnt man zu verstehen…

Empfehlung für Immobilieninvestoren

Es braut sich gehörig was zusammen. Wenn bald Anschlussfinanzierungen bei Immobilienkrediten fällig werden, dürfen Kreditnehmer nicht mehr darauf vertrauen, dass diese Finanzierungen so locker wie bisher durchgewunken werden. Bereiten Sie sich darauf vor, dass Ihre Bank zum entscheidenden Zeitpunkt die Immobilieninvestoren lieber „von hinten“ sieht. Falls Sie sich das nicht vorstellen können: Das gab es bereits. Ich war selbst betroffen.

Halten Sie ausreichend Cash, damit Sie bei fälligen Anschlussfinanzierungen die richtigen „Argumente“ haben.

Hier finden Sie ein Video vom Autor zum Thema

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