Der Sachverständigenrat hat vor wenigen Tagen sein Jahresgutachten zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vorgestellt. Aus dem 468 Seiten umfassenden Werk habe ich die wesentlichen Aussagen daraus zum Wohnimmobilienmarkt herausgepickt. Persönlich freue ich mich über die eine oder andere Erkenntnis des Rates, waren diese doch schon vor zwei Jahren in meinen Stellungnahmen zum Markt zu finden.
Gesamtwirtschaftliche Risiken durch zu hohe Immobilienpreise
Der Sachverständigenrat beobachtet in den deutschen Ballungszentren seit mehreren Jahren stark steigende Preise für Wohnimmobilien und erhöhte Angebotsmieten. Zugleich würde es dort für Wohnungssuchende immer schwieriger, im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten eine ihren Wünschen entsprechende Wohnung zu finden.
Es stelle sich die Frage, ob die Immobilienpreise in einzelnen Regionen aufgrund von Übertreibungen ein Niveau erreicht haben, von dem gesamtwirtschaftliche Risiken ausgehen könnten. Erfahrungen mit Finanzkrisen zeigten, dass Immobilienmärkte zu krisenhaften Entwicklungen tendieren können, die mit schwerwiegenden Folgen für Wachstum und Beschäftigung sowie das Finanzsystem verbunden sind.
Mietpreisbremsen sind Symptomtherapien
Eine zentrale Ursache für das Problem seien demografische Entwicklungen. Seit Mitte der 2000er-Jahre ist bei einem insgesamt nur verhaltenen Anstieg der Bevölkerung ein sehr starker Zuzug in die größten deutschen Städte zu beobachten. Bei einem nur langsam wachsenden Angebot, nicht zuletzt aufgrund von Engpässen bei verfügbaren Grundstücken, sei es nicht überraschend, dass sich die geänderte Marktsituation in höheren Preisen und Mieten niederschlüge.
Regulierungen, die den Anstieg der Mieten begrenzen, sind dabei nur eine Symptomtherapie. Sie führen dazu, dass es bei den künstlich niedrig gehaltenen Mieten zu einer Überschussnachfrage kommt, bei der zwangsläufig viele Wohnungssuchende nicht zum Zuge kommen, selbst wenn sie bereit wären, einen höheren Preis zu zahlen.
Preisrückgang bei steigenden Zinsen
Es existiert jedoch auch eine makroökonomische Dimension des Problems. Diese ergibt sich daraus, dass der wanderungsbedingte Preisdruck durch nahezu zeitgleich sinkende Zinsen für Immobilienkredite verstärkt wurde. Bei einem abrupten Anstieg der langfristigen Zinsen oder einer drastischen Änderung der Erwartungen bezüglich zukünftiger Preisentwicklungen wäre in Regionen mit bis dahin besonders starken Preissteigerungen ein spürbarer Preisrückgang nicht auszuschließen.
Zwar sieht der Sachverständigenrat keine akuten Risiken, meint aber, dass ein deutlicher Preisverfall bei Immobilien zu unerwartet hohen Verlusten bei Banken führen könne, wenn der Wert der Kreditsicherheiten überschätzt wurde. Hinzu kommen deutlich gestiegene Zinsänderungsrisiken.
Zwischen dem Anstieg der Kaufpreise für Wohnimmobilien und den Mietpreisen klaffe eine große Lücke, da die Kaufpreise weit stärker gestiegen seien als die Mieten. Als Hauptursache wird die wachsende Zahl der Haushalte bei nur geringem Bevölkerungswachstum und die Wanderungsbewegungen innerhalb Deutschlands, vor allem von Ost nach West, verbunden mit einem starken Zuzug in Großstädte, ausgemacht.
Der Schweinezyklus
Von Entwicklungen am Immobilienmarkt können erhebliche makroökonomische Effekte ausgehen. So beschreibt eine umfangreiche Literatur zu „Booms and Busts“ bei Wohnimmobilien die positive und negative Selbstverstärkung von Hauspreisen und Krediten und die davon ausgelösten Impulse auf die gesamtwirtschaftliche Aktivität.
Besonders bedrohlich sind Fehlentwicklungen am Immobilienmarkt für das Bankensystem, da weltweit der Anteil der Hypothekenkredite an den gesamten Ausleihungen in den vergangenen Jahrzehnten deutlich angestiegen ist. Während er im Jahr 1990 noch 30 % betragen hatte, belief er sich auf 60 % im Jahr 2011.
Auch die Bundesbank sieht einen erhöhten Mittelbedarf der privaten Haushalte bei der Immobilienfinanzierung. Das ergab die quartalsweise durchgeführte Umfrage zum Kreditgeschäft an der im dritten Quartal 34 Banken teilgenommen hatten. Die Banken haben demnach auch ihre Kreditangebotspolitik in der Immobilienfinanzierung geringfügig gelockert. Bereits in den drei Quartalen zuvor seien diese Richtlinien gesenkt worden, teilt die Bundesbank mit.
Immobilienkrisen sind in der Vergangenheit häufig von einer übersteigerten Ausweitung des Angebots ausgelöst worden. Der Immobilienmarkt ist hierfür besonders anfällig, da in der Regel ein relativ großer zeitlicher Abstand zwischen dem Zeitpunkt der Angebotsentscheidung und dem Zeitpunkt, zu dem das Angebot realisiert und mit dem Markt konfrontiert wird, besteht.
Die Preisreaktion auf die Angebotsentscheidung setzt somit erheblich später ein als in vielen anderen Wirtschaftsbereichen. Daraus resultiert für die Anbieter das Problem, die Auswirkungen des Angebots auf die Preise richtig zu antizipieren, was die Preisschwankungen verstärkt. Dies beschreibt den sogenannten „Schweinezyklus“ im Immobilienmarkt. Leerstehende, fremdfinanzierte Immobilien führen dann aufgrund ausbleibender Zins- und Tilgungszahlungen unmittelbar zu notleidenden Bankkrediten.
Gibt es in Deutschland überhöhte Immobilienpreise?
Die stark steigende Nachfrage nach Wohnraum wurde nahezu gleichzeitig durch deutlich sinkende Zinsen für Immobilienkredite in Deutschland verstärkt. Die EZB sorgt für historisch niedrige Finanzierungszinsen. Wie der Zins auf Kapitalallokationen wirkt, beschreibe ich für Interessierte in diesem Videoanhand eines einfachen Beispiels.
Hinzu käme, dass Investoren auf der Suche nach Ertrag in der Vergangenheit in erheblichem Maße eigene Mittel in Immobilien investiert haben. Wenn sich die Renditen in anderen Bereichen -zum Beispiel bei Anleihen- normalisieren, könnten sie ihr Kapital aus dem Immobilienbereich wieder abziehen und damit Druck auf die Immobilienpreise ausüben.
Die Deutsche Bundesbank sieht bereits deutliche Preisübertreibungen. Sie konstatiert für das Jahr 2017 eine Überbewertung von bis zu 30 % in sieben Großstädten. Der Grad der Überbewertung unterscheidet sich dabei zwischen Beobachtungseinheiten: So sind Wohnungen bundesweit überbewertet, während dies für Einfamilienhäuser nicht zuträfe.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung erkennt Anzeichen spekulativer Übertreibungen in den A-Städten. Eine Warnung spricht die UBS aus, die in München die Gefahr einer Immobilienpreisblase sieht. Dabei sei München diesbezüglich vergleichbar mit Städten wie Hongkong, Toronto und Vancouver.
Fazit
Alles in allem kommt der Bericht hinsichtlich des Wohnimmobilienmarktes zu dem Schluss, dass teilweise erhebliche Teuerungen festzustellen und Preisrückgänge möglich wären, womit das Finanzsystem erheblichen Belastungen ausgesetzt sein könnte. Die Sicht auf die aktuelle Situation ist jedoch vorsichtig entspannt.
Aus meiner Sicht ist etwas mehr Skepsis angebracht, da die EZB mit ihrem Liquiditätsentzug einerseits deflationär wirkt, die Zinsen aber unten hält, was weiter die Fehlallokation von Kapital befeuert. Das ist eine gefährliche Kombination. Der umgekehrte Weg, Liquidität zu liefern und Geld wohl dosiert teurer zu machen, wäre aus meiner Sicht der gesündere.
Risikohinweis
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Kommentare
vielen Dank für Ihren Beitrag. Ich wohne in den nähe von Stuttgart und habe letztens ein
paar Angebote von Neubauwohnungen gesehen, darunter eine 59qm Neubauwohnung für
430.000€. Ich glaube das sagt eigentlich alles oder?Aber nachher werden viele Käufer wieder schreien
das die bösen Banken keine Kredite hätten vergeben dürfen.
Der Mensch lernt halt nie aus.
Mfg
In München wären das noch Peanuts.
Solange die Wirtschaft läuft und die Leute Miete dafür bezahlen, kann das bei den Momentanen Zinsen immernoch bessere Rendite liefern.
Interessant, aus meiner Sicht, ist eher wenn wirklich die Wirtschaft nachlässt und wir mal in eine "normale" Rezession kommen mit höheren Zinsen oder sogar eine Wirtschaftskrise.
Dann werden natürlich alle die mit zu hohem Kreditanteil finanziert haben den Bach runter gehen...
Ein weiteres Beispiel das ex-Outsourcing . ZB die Allianz in München hat vor Jahren so ziemlich alles outsourced was outzusourcen war und macht jetzt genau das Gegenteil. Allein in Unterföhring finden sich in einem Ort der nur 11000 Einwohner hat immerhin 12000 Allianzler...die pendeln jetzt jeden Tag nach Unterföhring und stecken täglich im Stau, wobei die Anbindungen immer besser werden. Dennoch wollen jetzt viele Tausend Allianzmitarbeiter in München Nord Wohnraum. Verständlich. Was macht der Markt? Er explodiert. Logo. Mit anderen großen Firmen in München läuft es genau so. Das sind nur Nebenkriegsschauplätze, die aber auch mit hineinspielen.
PS: Ich bin kein Allianzler:-)
Ergo: Doofe Firmenleitkultur, miese Städteplanung, miese Zinspolitik in EU.
Das Problem bei dieser Aussage: momentane Zinsen vs. künftiger Zinsen bzw künftige alternative Anlagen. Ein Immobilienkäufer muss sich vor Augen führen, dass er als Kapitalanleger einen "Kurzläufer "und einen" Langläufer" gekauft hat. Der Kurzläufer ( Miete/r) zahlt ihm im Moment eine meist hohe Miete, diese ist aber alle 3 Monate ( gesetzliche Kündigung) änderbar. Hingegen der Kaufpreis (i.d.R. mind. 10 Jahre Laufzeit) ist eben nicht jederzeit auflösbar. Da nun aber die ECHTEN Renditen nach Abzug der Wohngelder bei Eigentumswohnungen in Top Städten meist so um die 2% liegen ist hier das Risiko einer zurückgehenden Miete einhergehend mit sinkenden Kaufpreisen deutlich höher als die Chance von steigenden Mieten in Verbindung mit steigenden oder bleibenden Kaufpreisen. Warum? Weil man ohnehin in den letzten Jahren schon erkannte, dass die Mieten nicht so stark wuchsen wie die Kaufpreise. Was sollte jetzt noch kommen um die Mieten weiter anzukurbeln? Mietpreisbremse wird verschärft, Modernisierungsumlage wird ebenfalls gekappt auf 8% und die Zinsen werden vermutlich nicht mehr sinken sondern zumindes etwas anziehen.
Eigennutzer werden es letztlich kaum anders betrachten - ausser Geld spielt keine Rolle.... aber wieviel gibts davon ?
Ich frage mich nur, welcher Normalbürger mit 30k -70k Jahreseinkommen Brutto kann sich solche Preise fürs Wohnen leisten. Gehörttrockener, beheizter Raum nicht auch quasi zu den Grundbedürfnissen eines Menschen?
habe gerade Ihr sehr interessantes Video gesehen. Bei Nettorenditen sollte man noch erwähnen, dass dies VOR Steuer ist. Bei hohem Steuersatz bleibt da real Netto sehr wenig übrig. Alternativ zu den gegenwärtig abartig hohen Immobilienpreisen kann man auch auf Immo-AGs ausweichen, da werden Dividenden von ca.3% nur mit pauschal 25% versteuert und das Gesamtrisiko bei den großen Playern hält sich in Grenzen.
Übrigens ist Ihr Video zu Silber Klasse.
Beste Grüße
Dennoch, FALLS (und das ist ein riesen falls) die Zinsen noch 10 oder 20 Jahre niedrig bleiben würden und die Wirtschaft weiter laufen sollte, wären die Preise immer noch vernünftig. Man darf den Markt nicht unterschätzen. Natürlich kauft das nicht Hinz und Kunz mit einem Jahreseinkommen von 30-70k. Es wurde hier ja bereits berichtet, dass locker 50% des Marktes von ausländischen Investoren mit viel Geld bestimmt ist.
Aber wie ich bereits in meinem Kommentar ausführte, sobald hier die Zinsen steigen -- und das ist die wahrscheinlichste Variante -- dann wird es krachen. Das Problem kennen wir ja aus der USA.
Die Frage ist, was tun? Gold horten und warten? Trotz hohem Preis selektiv Wohnung kaufen in der Hoffnung, dass Mieter in der Lage sind die hohen Mieten zu zahlen? Fragen über Fragen.
Sonst fliegt uns das Eurosystem um die Ohren.
Lieber schraubt man das Inflationsziel auf 4%...und dann bin ich mit Immobilien gut versorgt
ein Anstieg auf historisch günstige 3 % reicht schon. Dann fliegen uns die Immobilienfinazierungen um die Ohren... Herzliche Grüße Ihr Thomas Trepnau
Denke diese wirtschaftsliberale Offenheit werden wir wohl in D nicht mehr erleben.
"Die Frage ist, was tun? Gold horten und warten? Trotz hohem Preis selektiv Wohnung kaufen in der Hoffnung, dass Mieter in der Lage sind die hohen Mieten zu zahlen? Fragen über Fragen."
Warum schauen Sie sich nicht einmal bei deutschen Wohn-Immobilien-AGs um ? Sind zwar auch schon gut gelaufen, aber bei einem guten Portfolio und Management sowie ca. 3% Dividende wohl nicht uninteressant. Allerdings würde ich heute sagen: Pulver noch trocken halten, wenn die Kurse sich noch etwas südwärts bewegen sind sogar 4% möglich und da wird's richtig interessant...
wo bekommt man eine Immobilie für 550000€ die 2500€ Miete netto einbringt?
Gruß RM
gestatten Sie mir, dass ich Ihnen genau so antworte wie ich es auf einen Zuschauerkommentar zum Video auf unserem Kanal gemacht habe:
"Das entspricht einer Bruttorendite von 5,4 % und einer Nettorendite von rd. 3 %. Sie können von mir eine Immobilie kaufen für 375.000 und monatlicher Miete von 1.900 €. Das entspricht auch einer Bruttorendite von 5,4 %. Interessiert? Dann melden Sie sich. Ansonsten denke ich, dass Sie schon verstanden haben, dass es sich im Video um ein RechenBEISPIEL handelt, oder irre ich mich? Herzliche Grüße Ihr Thomas Trepnau"
Ja, aus Vermietersicht haben Sie Recht.
Ich hatte ja die Eigennutzersicht angesprochen, wir suchen gerade in Potsdam, nur wird es dort jährlich zwischen 10% und 15% teurer, also mittlerweile teurer als Bestwohnlage im Frankfurter Raum, trotzdem würde ich noch kaufen, nur sind wir bereits Immoblien- und Deutschland lastig.
Ich sehe Deutschland in einen Scharia konformen Sozialismus rutschen.
Andererseits werden unsere Sozialsysteme durch die Internationalisierung Deutschlands bis auf Rudimente zerstört.
Vier oder fünf kleine Wohnungen(Mikrowohnungen) kaufen und mobiliert vermieten, Verwaltung selbst übernehmen, ist auch in guten Lagen noch machbar.