Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.0186 (05:57 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0155 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 137,70. In der Folge notiert EUR-JPY bei 140,28. EUR-CHF oszilliert bei 0,9866.

An den Finanzmärkten dominierte gestern Stabilität unter Schwankungen, die im Zusammenhang mit den EZB-Entscheidungen standen. Die unerwartete Zinserhöhung um 0,50 % und Vorstellung des TPI-Instruments sorgten zunächst für eine Richtungssuche. Erst sanken der Euro, die Aktienmärkte und der Bund-Future. Im weiteren Verlauf stabilisierte sich der Euro als auch der europäische Aktienmarkt und der Bund-Future (Rendite 1,21 %) gewann leicht an Boden. Fakt ist, dass die Zinserhöhung und die angekündigte weitere Normalisierung (=weitere Zinserhöhungen) Aufwärtsdruck vom Kapitalmarkt (Rendite) nimmt. Das TPI-Programm soll Fragmentierung verhindern und wirkt sich damit unterschwellig positiv auf die Bewertung des Euros aus.

EZB-Ratssitzung: Auf den Punkt gebracht

Die EZB war spät dran, den Zinserhöhungszyklus zu starten. Der von uns nahegelegte Zinsschritt um 0,50 % erfolgte. Weitere Normalisierungen, also Zinserhöhungen, wurden angekündigt.

Kommentar: Die verlorene Glaubwürdigkeit bezüglich der Stabilitätspolitik wird damit in Ansätzen nivelliert. Die EZB befindet sich aber immer noch in einem Aufholprozess gegenüber anderen Wirtschaftsräumen, in denen der Zinserhöhungszyklus deutlich früher begonnen wurde.

Das neue TPI-Instrument gibt der EZB alle Möglichkeiten, um Einfluss auf das Zinsniveau der Mitgliedsländer am Kapitalmarkt zu nehmen. Damit ersetzt dieses Programm faktisch das auslaufende PEPP-Programm.

Kommentar: Die freigesetzten Mittel der auslaufenden Anleihen des PEPP-Programms werden für neue Anleiheankäufe genutzt und sind damit bereits ein Instrument der Fragmentierung der Kapitalmärkte in der Eurozone entgegen zu wirken. Das jetzt zusätzlich ins Leben gerufene TPI-Programm, dass vollständig diskretionär seitens der EZB gestaltet werden kann, ist faktisch der Turbo, um die Krisenanfälligkeit der Eurozone an den Kapitalmärkten zu unterbinden. Hinsichtlich der Erfahrungen aus der Defizitkrise in der letzten Dekade, als die Finanzzentren New York und London darauf abzielten, den Euro zu zerlegen (auch politische Komponente), ist die aktuelle Politik der EZB im Rahmen einer Notfallplanung verständlich. Dennoch bleiben Restrisiken.

Entspannung an der Inflationsfront?

Es gibt zunehmend Entwicklungen und Datensätze, die - bezüglich des Blicks nach vorne - Entspannungssignale liefern.

Dabei geht es auch um die Ukraine-Krise. Hinsichtlich der Wartung der NS1 Pipeline wurden Negativszenarien politisch und medial prominent durchgespielt. Die gestern eingesetzte Realität mit einem Liefervolumen wie vor der Wartung, eröffnet Potenzial für Zuversicht. Die Chance, dass bei Einsatz der Turbine, die in Kanada festhing, der Gas-Durchfluss von jetzt circa 40 % erhöht wird, ist ausgeprägt. Das sollte dann auch am europäischen und deutschen Gasmarkt zu merklichen Preisreduktionen führen. Seit dem 14. Juli kam der Gaspreis an der EEX bereits von 185,39 Euro pro MWh auf nun 159,42 EUR pro MWh zurück.

Aber auch die Entwicklungen hinsichtlich des Getreidemarktes stimmen zuversichtlich. Russland und die Ukraine werden laut türkischen Quellen heute eine Vereinbarung zur Wiederaufnahme der Getreideexporte unterzeichnen. Hier sieht man, dass die Kunst der Diplomatie beachtliche Fruchtstände erreichen kann. Der Preisdruck bezüglich Agrargütern sollte weiter rückläufig sein, sofern es dann zu dieser Vereinbarung kommt.

Neben diesen Entwicklungen gibt es aber auch Greifbares! Die Entwicklung der Rohstoffpreise in der Breite signalisiert erhebliches Potenzial für rückläufige Inflationsraten in den kommenden Monaten. Ich biete Ihnen heute eine Phalanx unterschiedlicher Rohstoffe in unterschiedlichen Sektoren an:

 

Kommentar: Das dargestellte Tableau belegt eine massive Entspannung an den Rohstoffmärkten, die sich bisher noch nicht in der Inflationsberechnung materialisiert. Die Transmission bei steigenden Preisen ist grundsätzlich schneller als bei fallenden Preisen. Das hat etwas mit Preissetzungsmacht zu tun. Aktuell spielen Lieferkettenprobleme aber fraglos auch eine Rolle, die Preisineffizienzen ermöglichen.

Auch unter Berücksichtigung des Verfalls des Euros (seit Ausbruch der Krise am 24. Februar -9 %) zeichnet sich für die Eurozone Entspannungspotenzial an der Inflationsfront ab.

Diese Betrachtung inkludiert jedoch nur den Aspekt der exogen wirkenden Preistreiber. Die Frage, wie sich die aus der Volkswirtschaft selbst entwickelnde Preissteigerung (gemessen in Kernrate) entwickelt, ist damit nicht beantwortet. In der Eurozone liegt die Kernrate dieser Inflation bei 3,7 % in den USA liegt sie bei 6,0 %.

Fazit: Entspannung an der Preisinflationsfront ist in höchstem Maße in den kommenden Monaten wahrscheinlich. Ultimativ hängt aber alles von der weiteren Entwicklung der Ukraine-Krise ab.

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: EZB erhöht um 0,50 %

Die EZB hat bei der Ratssitzung den Leitzins um 0,50 % auf 0,50 % und den Anlagesatz von -0,50 % auf 0,00 % mit Wirkung per 27. Juli erhöht.

Frankreich: Der gesamtwirtschaftliche Geschäftsklimaindex sank per Juli von 104 auf 103 Punkte und markierte den tiefsten Indexwert seit April 2021. Der Index für das Verarbeitende Gewerbe gab von 108 auf 106 Zähler nach (Prognose 106).

UK: Verbrauchervertrauen weiter am historischen Tiefpunkt

Der GfK Index des Verbrauchervertrauens stellte sich per Berichtsmonat Juli unverändert auf -41 Punkte (Prognose -42) und bestätigte damit den historischen Tiefstwert in der bis 1975 vorliegenden Historie.

USA: Alle Daten verfehlten Erwartungen

Die Arbeitslosenerstanträge stellten sich in der Berichtswoche per 16. Juli auf 251.000 (Prognose 240.000) nach zuvor 244.000. Das war der höchste Wert seit Januar 2022.

Der Philadelphia Fed Business Index sank unerwartet per Juli von zuvor -3,3 auf -12,3 Punkte (Prognose 0,0) und markierte den tiefsten Wert seit Mai 2020. Der Subindex für Neuaufträge fiel von -12,4 auf -24,8 Zähler (ebenfalls Tiefstwert seit Mai 2020).

Der Index der Frühindikatoren nach Lesart des Conference Board sank im Monatsvergleich um 0,8 % (Prognose -0,5 %) nach zuvor -0,6 % (revidiert von -0,4 %).

Russland: Devisenreserven fallen weiter

Die Devisenreserven gingen per Stichtag 15. Juli von 572,7 Mrd. USD auf 565,3 Mrd. USD zurück.

Japan: Jibun PMIs schwächer

Die Verbraucherpreise lieferten per Juni einen Anstieg im Jahresvergleich um 2,4 % nach zuvor 2,5 %. Die Kernrate stellte sich auf 2,2 % nach zuvor 2,1 %.

Die Erstschätzungen der von der Jibun Bank ermittelten Einkaufsmanagerindices sehen wie folgt aus:

Verarbeitendes Gewerbe: 52,2 nach zuvor 52,7 Punkten

Dienstleistungssektor: 51,2 nach zuvor 54,0 Punkten

Composite Index: 50,6 nach zuvor 53,0 Punkten

Südafrika: Zinserhöhung um 0,75 %

Die Zentralbank Südafrikas erhöhte die Prime-Rate von 8,25 % auf 9,00 %. Die Repo-Rate wurde von 4,75 % auf 5,50 % angehoben (Prognose 5,25 %).

Australien: PMIs schwächer

Der PMI-Index für das Verarbeitende Gewerbe sank per Juli von 56,2 auf 55,7, der Index für den Dienstleistungssektor verlor von 52,6 auf 50,4 und der Composite Index von 52,6 auf 50,6 Punkte.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0450 – 1.0480 neutralisiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg!

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