Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0768 (05:24 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0714 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 130,74. In der Folge notiert EUR-JPY bei 140,80. EUR-CHF oszilliert bei 0,9893.

Finanzmärkte: Weiter nervös

Die Märkte zeigen sich weiter in nervöser Verfassung in der Taktung des Nachrichtenpotpourris des Bankensystems. Marktteilnehmer erwarten mehr „Vollkasko" von Seiten der US-Behörden im Vorwege, nicht erst im Falle des "Unfalls". Ergo erwarten Märkte explizite, nicht implizite "Vollkaskopolitik". Dazu erscheinen die US-Behörden derzeit auch aus rechtlichen Gründen nicht bereit zu sein. Zusätzlich belastet hintergründig die fortgesetzte Eskalation im Ukraine-Konflikt.

Die positiven Entwicklungen der S&P Composite Indices (Gesamtwirtschaft) für die Eurozone und die USA hatten keine beachtenswerte Marktwirkung (siehe Datenpotpourri).

Die Aktienmärkte standen am Freitag lange Zeit unter starkem Druck, um sich dann zu stabilisieren. US-Märkte drehten sogar in den grünen Bereich (S&P +0,59%), während europäische Märkte an Boden verloren (EUROSTOXX -0,74%). In Fernost ergibt sich heute früh ein heterogenes Bild. Der Nikkei (Japan), der Sensex (Indien) ebenso wie Vietnam notieren freundlich, während der Hang Seng (Hongkong) und der CSI (China) an Boden verlieren.

Am Kapitalmarkt sind wir heute früh mit folgendem Bild konfrontiert: Die 10-jährige Bundesanleihe rentiert mit 2,12% (Vortag 2,19%, Tief am Freitag 2,00%), während sich die Rendite der 10-jährigen US-Staatstitel auf 3,37% stellt (Vortag 3,40%, Tief am Freitag 3,29%). Erkennbar ist in diesem Kontext eine Hinwendung zu vermeintlich sicheren Häfen.

Der Euro verlor gegenüber dem USD zuletzt von Niveaus bei 1,0820 – 50 auf zutiefst 1,0714, um sich dann zu stabilisieren. Die Korrelation des schwachen EUR und der schwachen Aktienmärkte war ausgeprägt und deutet an, dass es zu Verkäufen ausländischer Investoren am Aktienmarkt gekommen ist, die dann auch die erlösten Euros abverkauften. Die mangelnde Aktienkultur in Deutschland und Europa wirkt sich aus.

Gold konnte die 2000 USD-Marke nicht halten. Silber zeigt sich gegenüber dem USD resilient.

Zeitenwende: BRICS-Länder größer als G-7

Die finanz-ökonomischen Grundlagen ändern sich in der Welt dynamisch zulasten der westlich organisierten Länder. Die BRICS Länder haben mittlerweile in der Weltwirtschaft ein größeres Gewicht als die G-7 Länder und stehen für 43% der Weltbevölkerung. BRICS steht jetzt vor den Erweiterungen bei 31,5% der Welt-BIP, während die G-7 Nationen es auf 30,7% bringen. Die Differenz zugunsten der BRICS-Länder baut sich weiter auf.

 

 

Kommentar: Derartige Veränderungen der finanz-ökonomischen Machtachse hatten in der Menschheitsgeschichte immer auch Veränderungen der politischen Machtachse zur Folge. Bei obiger Betrachtung ist die hohe Zahl der Aspiranten, die BRICS beitreten wollen, nicht berücksichtigt. Zu diesen Ländern zählen beispielsweise Saudi-Arabien, Türkei und Ägypten.

Der Block des "Globalen Südens" baut mit den Konstrukten BRICS, aber auch SCO, mit den Institutionen der AIIB (Asian Infrastructure Investment Bank als potentielle Alternative zur Weltbank), der NDB (New Development Bank als potentielle Alternative zum IWF) oder mit dem Freihandelsabkommen RCEP (größte Abkommen der Welt), das nicht in nationale Souveränität eingreift, sondern nur Zölle eliminiert, Strukturen auf, die eine Emanzipation von dem westlichen System ermöglichen.

Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass das westliche Organigramm, das in Bretton Woods 1944 etabliert wurde, den USA im IWF und der Weltbank Sperrminoritäten einräumt: Beschlüsse müssen mit mindestens 85% Mehrheit gefasst werden (USA circa 16% Stimmanteil). Damit können diese Institutionen vom Westen politisiert werden. Das war einer der Gründe, warum AIIB und NDB gegründet wurden (Missachtung des Interesses des "Globalen Südens").

Exkurs: Wenden wir uns dem Thema der "Belt and Road Initiative" (BRI) und den Seidenstraßen zu. In den Vereinten Nationen sitzen 193 Länder. 149 Länder (Stand 03/22 + 32 Institutionen) nehmen an der Infrastruktur-Initiative Chinas (Belt and Road Initiative, Seidenstraßen) teil oder verhandeln um Teilnahme. Das ist ein massives, wenn auch stilles Votum in der Weltgemeinschaft.

Infrastrukturausbau (Aristoteles) ist unverzichtbar zur Teilnahme an der Weltwirtschaft, zur Erschließung des Humankapitals auf dem Weg aus Armut hin zu wirtschaftlicher Prosperität und gesellschaftspolitischer und politischer Stabilität. China betreibt mit dem BRI-Projekt, das Finanzierungen durch AIIB und NDB einschließt (ergo supranational), eine Angebotspolitik, nicht eine Zwangspolitik, die bisher erkennbar (Teilnehmerzahl) auf fruchtbaren Boden gefallen ist.

Aktuell gehen von China Diplomatie-Offensiven aus. Das gilt beispielsweise für den Arabischen Raum, wo diplomatische Annäherungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran und Syrien umgesetzt wurden. Am Ende gilt: Friede ernährt, Unfriede verzehrt. Nicht die Zerstörung von Infrastruktur, sondern deren Aufbau macht die Welt zu einem besseren Platz.

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: S&P Composite PMI (Gesamtwirtschaft) auf Top seit 06/2022

Erstschätzungen S&P PMIs per März:

• Verarbeitendes Gewerbe: 47,1 (Prognose 49,0) nach zuvor 48,5 (Tief seit 12/2022)
• Dienstleistungssektor: 55,6 (Prognose 52,5) nach zuvor 52,7 (Hoch seit 06/2022)
• Composite PMI: 54,1 (Prognose 51,9) nach zuvor 52,0 (Hoch seit 06/2022)

Die Schwäche des Verarbeitenden Gewerbes irritiert im Hinblick auf entspanntere Lieferketten, auf überschaubare Rohstoffpreise (relative Sicht) und nach wie vor auf hohe Auftragsbestände.

UK: Einzelhandel besser als erwartet, aber weiter schwach (J)

Die Einzelhandelsumsätze nahmen per Februar im Monatsvergleich um 1,2% (Prognose 0,2%) nach zuvor 0,9% (revidiert von 0,5%) zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Rückgang um 3,5% (Prognose -4,7%) nach zuvor -5,2% (revidiert von -5,1%).

Erstschätzungen S&P PMIs per März:

• Verarbeitendes Gewerbe: 48,0 (Prognose 49,8) nach zuvor 49,3
• Dienstleistungssektor: 52,8 (Prognose 53,0) nach zuvor 53,5
• Composite PMI: 52,2 (Prognose 52,8) nach zuvor 53,1

USA: Schwacher Auftragseingang und steigender Sektor-PMI?

Erstschätzungen S&P PMIs per März:

• Verarbeitendes Gewerbe: 49,3 (Prognose 47,0) nach zuvor 47,3
• Dienstleistungssektor: 53,8 (Prognose 50,5) nach zuvor 50,6
• Composite PMI: 53,3 nach zuvor 50,1

Im Gegensatz zu der positiven Entwicklung des S&P PMIs für das Verarbeitende Gewerbe kam es bei dem US-Auftragseingang für langlebige Wirtschaftsgüter per Berichtsmonat Februar zu einem Rückgang im Monatsvergleich von 1,0% (Prognose +0,6%) nach zuvor -5,0% (revidiert von -4,5%).

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.0500 – 1.0530 negiert dieses Szenario.

Viel Erfolg!

Hinweis: Der Hellmeyer Report fällt bis Freitag wegen Reisetätigkeiten aus (Fondskongress in Mannheim, wir freuen uns auf Ihren Besuch). Wir bitten um Ihr Verständnis.

 

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