Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0637 (05:50 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0618 im fernöstlichen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 148,29. In der Folge notiert EUR-JPY bei 157,73. EUR-CHF oszilliert bei 0,9572.

Märkte: Fed verdirbt temporär Laune

Die US-Notenbank verdarb den Märkten gestern Abend die Laune. Das wird ein temporäres Phänomen sein. Fakt ist, dass die US-Notenbank nicht weiter erhöht hat. Fakt ist, dass es hintergründig auch um den USD geht (Leitwährungsrolle, Aspekt importierte Inflation). Die Entscheidung Zinssenkungserwartungen "einzupflegen", wirkte sich Richtung USD unterstützend aus. Die Zinssenkungen per 2024 sind deswegen meines Erachtens aber nur verbal eingegrenzter. Alles bleibt und ist weiter offen. Die Verbalakrobatik der US-Notenbank lieferte gestern eine smarte Performance, "Chapeau".

Die europäischen Aktienmärkte gaben ihre Tagesgewinne nach der US-Zinsentscheidung weitestgehend ab. US-Aktienmärkte, allen voran der Nasdaq (Zinssensibilität) verloren an Boden. Auch in Fernost stehen die Märkte heute früh unter Druck.

Die Rentenmärkte liefern hinsichtlich der jüngsten Renditeanstiege keine Entlastung (Aspekt Diskontierungsfaktor). 10-jährige Bundesanleihen rentieren derzeit mit 2,75%, während 10-jährige US-Staatsanleihen eine Rendite in Höhe von 4,43% abwerfen.

Der USD konnte gestern nach anfänglicher Schwäche gegenüber dem EUR (1,0736) deutlich an Boden gewinnen (Tief 1,0618). Zinsphantasie wurde dem USD durch die US-Notenbank eingehaucht.

Die edlen Metalle verloren große Teile ihrer jüngsten Zugewinne. Gold markierte gestern kurz Höchstkurse im Dunstkreis von 1950 USD, um dann schwächer zu tendieren. Silber hielt sich im Tagesvergleich besser.

Federal Reserve: Keine Zinserhöhung, smarte Performance!

Erwartungsgemäß hat die US-Notenbank den Leitzins unverändert bei 5,375% belassen (Spanne 5,25% - 5,50%). Die Prognosen für den voraussichtlichen Leitzins wurden jedoch in der Projektion für ein und zwei Jahre um 0,5% auf 5,1% und 4,6% erhöht. Damit wurde die Erwartung auf Zinssenkungen im zeitnahen Umfeld gekappt/revidiert. Zudem heißt es, die US-Notenbank sei bereit, den Leitzins in diesem Jahr noch einmal anzuheben. Die US-Notenbank würde datenabhängig reagieren. Man sei in der Notenbank fest entschlossen, die Preisinflation auf 2% zu bringen.

Kommentar: Die Preisstabilität hängt auch an dem Status des USD. Die Zinsentscheidung als auch die Verbalakrobatik lieferten eine nahezu perfekte Melange, konjunkturelle Zuversicht für ein "soft landing" der Wirtschaft anzuregen, dem USD Unterstützung zu geben (kein Risiko importierter Inflation, im Gegenteil), sachorientierte Flexibilität zu suggerieren und gleichzeitig das Tor für zukünftige Zinssenkungen nicht zu schließen, sondern es "einzupflegen".

"Chapeau" mehr war nicht drin!

London: Wende in der Klimapolitik

Die Regierung wendet sich von der Klimawende ab. Der Klimaschutz dürfe die Bevölkerung nicht überfordern. Die politisch Verantwortlichen seien laut Premier Sunak bezüglich der Kosten und Nachteile nicht ehrlich gewesen.

Er werde zeitnah wichtige Entscheidungen über die Pläne des Landes zur Erreichung von Netto-Nullemissionen (bisher 2050) vorlegen. Unterstellt wird seitens BBC, dass unter anderem das Verkaufsverbot von Benzinern auf 2035 verschoben wird.

Kommentar: Premier Sunak erkennt, dass eine Klimawende nur mit der Wirtschaft und nicht gegen die Wirtschaft möglich ist (Kapitalstock/Einkommen).

Sunaks Eingeständnis, dass bei der Forcierung der bisherigen Klimapolitik hinsichtlich der Kosten und Nachteile faktisch gelogen wurde, ist bemerkenswert. Diese Fehleinschätzungen, Unwahrheiten oder Lügen haben zwei Folgen. Erstens entstand Misstrauen gegenüber der Politik und zweitens beschädigte man damit die Zielerreichung der Klimawende.

Sunak wendet sich damit einer pragmatischen und nicht einer ideologischen Klimapolitik zu, die sowohl der Wirtschaft als auch den Bürgern Raum zum Atmen gibt und sie nicht via Kosten und Einkommensverlusten in eine Schockstarre versetzt. Er stellt die Ziele der Klimawende nicht in Frage, er alterniert den Modus zum Erreichen der Ziele.

Entscheidend wird sein, ob andere europäische Länder dieser Neuausrichtung folgen werden. Fakt ist, dass dieser Politikschwenk die Standortattraktivität des UK innerhalb Europas positiv beeinflussen wird. Reagieren andere europäische Länder nicht auf diese Neuausrichtung und wenden sich nicht einer pragmatischen Klimapolitik zu, wird das UK wirtschaftlich profitieren und die anderen Länder werden stärker leiden.

Dazu passend: Gemäß einer Studie der Universität Mannheim sollte die Strompreisbremse bis 2030 verlängert werden, um Planungssicherheit zu schaffen (Kosten bis 2030 20 – 60 Mrd. EUR). Dazu gehört aber auch indirekt verkettet folgendes Thema. Vor dem Wohnungsgipfel am Montag zeichnet sich die Wahrscheinlichkeit eines Hilfspakets wegen der dynamischen Krise (Baugenehmigungen circa -27%) ab. Risiken, dass notwendige Strukturen dieser Branche wegbrechen (auch Verlust der Fachkräfte), die hinsichtlich der Behebung des akuten Wohnungsmangels unverzichtbar sind, werden im Bauministerium erkannt.

Kommentar: Die Kostenbilanz der Klimawende, wie sie betrieben wurde, ist massiv. Fakt ist, dass die EU seit 1990 30% CO2 reduzierte, während global 58% mehr ausgestoßen wurde.

Europa kann sich, die Unternehmen und Bürger „kastrieren“, ohne die Welt zu retten. Es bedarf eines globalen Ansatzes pragmatischer Art in einem friedfertigen und nicht moralisierenden und bevormundenden Kontext, der von Respekt für unterschiedliche Kulturen und Moralvorstellungen geprägt ist, um die gesetzten Ziele zu erreichen.

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden

Eurozone: Deutsche Erzeugerpreise (J) mit Allzeittief bei -12,6%

Die Bauleistung der Eurozone nahm per Juli im Monatsvergleich um 0,80% zu. Der Vormonat wurde von -0,97% auf -1,23% revidiert.

Deutschland: Die Erzeugerpreise stiegen per August im Monatsvergleich um 0,3% (Prognose 0,2%) nach zuvor -1,1%. Im Jahresvergleich stellte sich per August ein Rückgang um 12,6% (Prognose -12,6%) nach zuvor -6,0% ein. Es war der größte Rückgang in der bis 1950 vorliegenden Historie (bisher -7,4% per August 2009).

Deutschland: Die Kfz-Neuzulassungen nahmen per August im Monatsvergleich um 12,4% und im Jahresvergleich um 37,3% zu.

UK: Stärkere Entspannung bei den CPIs, aber weiter sehr hohes Niveau

Die Verbraucherpreise nahmen per August im Jahresvergleich um 6,7% (Prognose 7,0%) nach zuvor 6,8% zu. Die Kernrate stieg um 6,2% (Prognose 6,8%) nach zuvor 6,9%.

USA: Fed überrascht mit Projektionen auf ein und zwei Jahre

 

Der MBA Hypothekenmarktindex legte per 15. September 2023 von zuvor 182,2 auf 192,1 Zähler zu. Das Niveau ist losgelöst vom Anstieg weiter prekär.

Russland: Starker Anstieg der Erzeugerpreise (J) um 10,6%

Die Erzeugerpreise verzeichneten per August einen Anstieg im Monatsvergleich um 4,4% nach zuvor 1,4%. Im Jahresvergleich kam es zu einer Zunahme um 10,6% nach zuvor 4,1%.

Brasilien: Zinssenkung um 0,50%

Die Notenbank senkte den Leitzins von zuvor 13,25% auf 12,75% (Prognose 12,75%).

Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine negative Tendenz. Ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.0920 – 1.0950 negiert das für den USD positive Szenario.

Viel Erfolg!

 

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