Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0733 (05:25 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0669 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 131,12. In der Folge notiert EUR-JPY bei 140,72. EUR-CHF oszilliert bei 0,9892.

Finanzmärkte: Powell setzt Akzent

An den Finanzmärkten wurde die während des Tages leicht eingetrübte Stimmungslage durch die Einlassungen des Chefs der Federal Reserve am Abend zu großen Teilen bereinigt.

Zuvor hatte insbesondere Bundesbankpräsident Joachim Nagel mit klarer Kante weitere deutliche Zinserhöhungen als notwendig definiert, um die Stabilitätsziele der EZB realisieren zu können.

Es gab gestern zusätzlich interessante Daten außerhalb des normalen Datenkalenders, die zarte Zuversicht schüren dürfen. Laut IfW (Kiel Institute, von uns sehr geschätzt!) nimmt der Welthandel Fahrt auf. Der vom Institut ermittelte Handelsindikator signalisierte per Januar ein Wachstum im Monatsvergleich um 2,1 %. Es sei laut IfW ein guter Start in das neue Jahr. Dem ist unumwunden zuzustimmen.

Im Tagesverlauf standen Aktienmärkte zunächst unter mildem Druck. Nach Powells Rede im Economic Club in Washington drehten die Märkte am Abend ins Plus (DAX 22 Uhr 15.431 Punkte). Aus Sicht der Märkte waren seine Einlassungen milder als erwartet. So sprach er beispielsweise davon, dass es im Warensektor bereits eine Disinflation gebe (25 % der US-Wirtschaft). Der Markt interpretierte Powell dahingehend, dass der Offenmarktausschuss zukünftig in der Zinspolitik stärker datenabhängig vorgehen würde.

Als Fazit aus Powell Einlassungen lässt sich ziehen, dass das Thema Zinserhöhungszyklus weiter dominant im Raum steht. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zukünftig Zinsschritte in der Größenordnung von 0,25 % sein werden, ist hoch.

An den Rentenmärkten kam es zu milden weiteren Zinsversteifungen. Die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe stellt sich heute früh auf 2,31 % (Vortag 2,29 %), während 10-jährige US-Staatstitel mit 3,65 % (Vortag 3,62 %) rentieren.

Der USD konnte gestern zunächst gegenüber dem EUR an Boden gewinnen. Der EUR sank in der Spitze bis auf 1,0669, um sich dann leicht zu erholen. Gold und Silber eröffnen heute früh gegenüber dem USD geringfügig höher als gestern.

Habeck und Le Maire wollen Entspannung im Subventionsstreit mit USA erkennen

Deutschland und Frankreich haben laut eigener Darstellung bei der Umsetzung des umstrittenen US-Subventionspakets für klimafreundliche Technologien substanzielle Zugeständnisse der US-Regierung erhalten.

Kommentar: Das klingt zunächst einmal gut. Es stellt sich die Frage, was substanzielle Zugeständnisse sind?

Es sei von beiden Seiten die Notwendigkeit anerkannt worden, volle Transparenz herzustellen für die gewährten Subventionen und Steuervorteile. Auch solle die EU bei den Vorgaben zu kritischen Rohstoffen bestimmter Produkte besser gestellt werden.

Kommentar: Volle Transparenz? Steht das nicht in den Gesetzen und Verordnungen? Das ist nach meiner Auffassung kein Zugeständnis. Was sind „Vorgaben zu kritischen Rohstoffe bestimmter Produkte“? Ist damit gemeint, dass die USA der EU Vorgaben machen können, von wem wir kritische Rohstoffe beziehen (Souveränität/Unterordnung unter US-Gesetze)? Da wird die EU nun besser gestellt? Was heißt das konkret? Wie wird damit der durch IRA verursachte Standortnachteil der EU substanziell nivelliert oder neutralisiert?

Le Maire sagte, die Amerikaner seien offen gewesen für die Sorgen der Europäer und sich der Probleme bewusst.

Kommentar: Das ist „nett“ von den Vertretern der USA. „Offen sein“ heißt nicht, gleichzeitig substanzielle Zugeständnisse zu machen. Kommen wir zu dem Kern!

Die EU befürchtet, dass wegen des IRA Unternehmen Produktionsstätten nach Nordamerika verlagern könnten (Anmerkung: Der Prozess läuft bereits!). Mexiko und Kanada werden gegenüber der EU bevorzugt, weil sie ein Freihandelsabkommen mit den USA haben. Habeck sagte, es gebe zwar keine Offenheit, das Gesetz als Ganzes noch einmal aufzuschnüren, wohl aber auf Ebene der Umsetzung über Verordnungen auf die EU zuzugehen.

Kommentar: Letzteres ist der Kernpunkt. Metaphorisch heißt das, die angerichtete „US-Torte der Subventionspolitik“ zur Erringung von US-Standortvorteilen losgelöst vom internationalen Regelwerk (WTO) bleibt wie sie ist, über die „Krümel der Torte“ lässt sich verhandeln.

Es geht bei dem Thema dieser Technologien um ein strategisches Wirtschaftsfeld. Nachdem Europa schon bei IT und Biotech abgehängt wurde, wäre ein Versagen in diesem Sektor nicht überraschend, es wäre aber prekär für die Zukunftsfähigkeit des Standorts Europa.

Ergo: Wir brauchen handfeste Strukturpolitik und keine substanzlose Verbalakrobatik.

Biden: Rede zur Lage der Nation

In seiner Rede zur Lage der Nation zeichnete Biden das Bild eines starken Amerika. Unter seiner Führung hätte man historische Herausforderungen gemeistert. Covid kontrolliere nicht mehr das Leben in den USA. Die Demokratie sei verletzt, sie bliebe aber ungebeugt und ungebrochen. Die Ukraine erhalte Hilfe, so lange es nötig sei. Man habe die NATO geeint und eine globale Koalition aufgebaut (Nein, westliche Koalition!). Man sei bereit zur Zusammenarbeit mit China. Biden verwies auf den starken Arbeitsmarkt und stellte diverse Forderungen (Datenschutz Minderjähriger, Preisobergrenzen bei Medikamenten, Reformen bei Polizei, Bildung und Arbeitsrecht). Er thematisierte Steuerungerechtigkeit (Mindeststeuer für Milliardäre) und forderte ein Ende des Streits über die Schuldenobergrenze.

Kommentar: Der Vorwahlkampf der Präsidentschaftswahl 2024 wurde gestern mit dieser Rede eingeleitet. Ich verzichte auf eine Kommentierung der einzelnen Punkte, da es den Rahmen dieses Reports sprengen würde. Ich nehmen die Rede zur Kenntnis, sie war nicht marktrelevant.

Der Abstieg Deutschlands am Beispiel der Türkei – die Zukunft liegt im Osten!

Deutschland war über Jahrzehnte der wichtigste Handelspartner der Türkei unter Berücksichtigung sowohl der Exporte als auch Importe (summarisch). 2022 hat sich etwas verändert. Im Jahr 2022 hat Russland diese Position übernommen. Das geht aus den vorläufigen Daten des türkischen Statistikamts TÜIK zum Außenhandel für Januar bis November 2022 hervor. In diesem Zeitraum hat Russland Deutschland bereits mit deutlichem Vorsprung überholt. Spannend wird es bei China. Die Volksrepublik hat sportlich aufgeholt und könnte Deutschland im Dezember auch noch vom zweiten Rang gestoßen haben.

 

Kommentar: Durch die Sanktionspolitik Deutschlands und der EU verändern sich die Rahmendaten der Weltwirtschaft in dynamischer Form. Diese Veränderungen gehen gegen die innersten ökonomischen Interessen Deutschlands und der EU. Es sind Kollateralschäden, die nicht ansatzweise bei Implementierung der Sanktionspolitik in Betracht gezogen wurden. Denkwürdig ist, dass das auch jetzt offensichtlich nicht der Fall ist, denn das betrifft nicht nur das bilaterale Wirtschaftsverhältnis zwischen Deutschland und der Türkei, sondern es geht sehr viel weiter (Scholz/Südamerika) In diesem Kontext bietet sich das folgendes Thema an.

Internationale Infrastruktur: An Europa vorbei

Während die Seidenstraße als Teil der „Belt and Road“ Initiative Chinas (Aristoteles: Struktur – Konjunktur-Cash Flow) Europa infrastrukturell global besser vernetzt und damit optimiert - trotz des lauten Widerstands in wesentlichen politischen Zirkeln des Westens (wem nützt das wohl?) - kommt zukünftig das Thema Nord-Süd-Korridor hinzu, das Europa bei Warenströmen in Teilen aus dem Spiel nimmt. Diese Infrastrukturmaßnahme (Aristoteles) untergräbt zudem das Konstrukt der westlichen Sanktionspolitik (kein „Flow“ – keine Kontrolle).

© Peter Hermes Furian / shutterstock.com

Kommentar: Die Dynamik der Veränderungen durch die von uns veranlasste Politik ist atemberaubend. Die USA bedienen sich nicht regelkonform mit IRA und weiteren Subventionen (WTO) am Kapitalstock Europas und Taiwans, während durch außenpolitische Hybris (unsere Moral vor internationalem Recht– es gibt aber nicht nur eine Moral!) der EU und Deutschlands Potential in den aufstrebenden Ländern verspielt wird. Wissen die Eliten, was sie bewirken?

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Deutsche Industrieproduktion bricht ein

Deutschland: Die Industrieproduktion brach per Dezember im Monatsvergleich um 3,1 % (Prognose -0,7 %) nach zuvor +0,4 % (revidiert von +0,2 %) ein. Im Jahresvergleich kam es zu einem Rückgang um 4,23 % nach zuvor -0,61 % (revidiert von -0,51 %).

Frankreich: Die Handelsbilanz wies per Dezember ein Defizit in Höhe von 14,90 Mrd. EUR nach zuvor -13,60 Mrd. EUR aus.

Spanien: Die Industrieproduktion legte adjustiert per Dezember um 0,6 % (Prognose -0,6 %) nach zuvor -0,7 % im Jahresvergleich zu.

China: Devisenreserven nehmen kräftig zu

Die Devisenreserven stiegen per Januar von zuvor 3.128 auf 3.184 Mrd. USD (Prognose 3.152 Mrd. USD) und markierten den höchsten Stand seit März 2022.

USA: Handelsbilanz per 2022 mit Rekorddefizit

Die Handelsbilanz wies per Berichtsmonat Dezember ein Defizit in Höhe von 67,4 Mrd. USD (Prognose -68,5 Mrd.) nach zuvor -61,0 Mrd. USD (revidiert von -61,5 Mrd.) aus. Per 2022 stellte sich mit -948 Mrd. USD das historisch höchste Handelsbilanzdefizit in den USA ein.

Die US-Verbraucherkredite legten per Dezember um weitere 11,56 Mrd. USD (Prognose 25,0 Mrd. USD) nach 33,11 Mrd. USD (revidiert von 27,96 Mrd. USD) zu.

Japan: Handelsbilanz im Defizit

Die Handelsbilanz wies per Dezember in der saisonal bereinigten Fassung ein Defizit in Höhe von 1.432 Mrd. JPY nach zuvor -1.395 Mrd. JPY aus. Seit Dezember 2021 kommt es kontinuierlich zu Defiziten.

Der Index „Economy Watcher‘s Poll“ stellte sich per Januar auf 48,5 Punkte (Vormonat revidiert von 47,9 auf 48,7).

Indien: Repo Rate jetzt bei 6,50 %

Die Repo Rate der Zentralbank wurde auf der heutigen Sitzung von bisher 6,25 % auf 6,50 % (Prognose 6,50 %) angehoben.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das bei dem Währungspaar EUR/USD eine neutrale Haltung favorisiert.

Viel Erfolg!

 

 

Risikohinweis
Dieser Artikel dient nur zu Informationszwecken, bietet keine Anlageberatung und empfiehlt nicht den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Hinweis auf zukünftige Ergebnisse.

Hinweis
Dirk Müller sowie die Finanzethos GmbH haben sich verpflichtet den Kodex des Deutschen Presserates für Finanz- und Wirtschaftsjournalisten einzuhalten. Der Verhaltenskodex untersagt die Ausnutzung von Insiderinformationen und regelt den Umgang mit möglichen Interessenkonflikten. Die Einhaltung des Verhaltenskodex wird jährlich überprüft. Dies gilt auch für die für Dirk Müller oder für die Finanzethos GmbH tätigen freien Journalisten.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"