Der Euro eröffnet gegenüber dem USD bei 1,0669 (05:15 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0661 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 151,32. In der Folge notiert EUR-JPY bei 161,45. EUR-CHF oszilliert bei 0,9641.

Märkte: US-Anleiheauktion und Powell belasten

Die Finanzmärkte kamen gestern im Tagesverlauf nach freundlichem Start unter Druck. Hintergründe für die zunehmende Risikoaversion wurden seitens der USA geliefert, nachdem die deutsche Bundesregierung mit der Strompreisentlastung zuvor für positive Akzente sorgte (siehe unten).

US-Notenbankchef Powell äußerte sich "falkenhafter" als von den Finanzmärkten erwartet. Damit wurde die Entspannung nach der Offenmarktausschusssitzung und des moderaten US-Arbeitsmarktberichts konterkariert. Zusätzlich belastete die Auktion 30-jähriger US-Staatsanleihen, die medial vom Verlauf her als "historisch schlecht" klassifiziert wurde.

Kontext: Wir haben an dieser Stelle das Thema der US-Staats- und insbesondere das Thema der US-Neuverschuldung adressiert. Kombiniert mit dem Auslaufen der Staats-Zwischenfinanzierung, die am 17. November endet, ist die Zurückhaltung bei den US-Staatspapieren nicht verwunderlich. Fakt ist, dass die Neuverschuldung im am 1. Oktober 2023 begonnenem Fiskaljahr sich laut US- Treasury per 7. November 2023 bereits auf gut 537 Mrd. USD in nur 38 Tagen stellt.

Das ist prekär. Die Isolierung des Westens in der globalen Gemeinschaft durch die Geopolitik der letzten 21 Jahre und die willentliche Abkehr von dem Modell der Globalisierung bei unipolarem Führungsanspruch der USA macht die Finanzierung der chronischen US-Defizite nicht leichter. Der Globale Süden hat andere Interessen, als die USA weiter in gewohnter Form zu finanzieren.

Die Aktienmärkte kamen nach freundlichem Start unter Druck. Europäische Märkte schlossen mit Gewinnen, jedoch deutlich unter den Tageshöchstständen (Late DAX +0,29%, EuroStoxx 50 +0,69%). US-Märkte verloren an Boden (S&P 500 -0,65%, NASDAQ -0,71%). Fernost notiert heute früh (06:28 Uhr) mit zumeist leichten Einbußen (Nikkei -0,27%, CSI 300 -0,81%, Sensex -0,16%, Kospi -0,61%).

An den Rentenmärkten wirkte sich die Auktion 30 jähriger US-Staatspapiere belastend aus. Die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe stellt sich aktuell auf 2,66% (Vortag 2,62%), die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe auf 4,62% (Vortag 4,51% ).

Der USD gewann an den Devisenmärkten leicht an Boden, verlor aber gegenüber Gold und Silber.

Regierung einigt sich auf Strompreisentlastung für Industrie

Hintergrund: Die großen Stromverbraucher in Deutschland klagen seit den gestiegenen Energiepreisen infolge des europäischen Sanktionsregimes gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs über massive Nachteile im internationalen Wettbewerb.

Aktuell: Die Bundesregierung hat sich auf einen verbilligten Industriestrompreis verständigt. Die Preisdämpfung soll fünf Jahre gelten und auch dem Mittelstand zugute kommen. Allein 2024 gebe es Entlastungen von bis zu 12 Mrd. EUR. Unter anderem soll die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß für die Wirtschaft reduziert werden. 350 besonders energieintensive Betriebe sollen zusätzlich entlastet werden. Die Steuerentlastungen kommen auch dem produzierenden Gewerbe, also kleineren Unternehmen, zugute.

Neben der Stromsteuersenkung für die Wirtschaft werden die Netzentgelte für die Stromautobahnen gesenkt. Geplant ist, die Strompreiskompensation für etwa 350 Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, dauerhaft zu verlängern und auszuweiten. Dies sind Unternehmen, für die wegen ihrer stromintensiven Produktionsprozesse ein erhebliches Risiko einer Verlagerung und damit auch von Treibhausgas-Emissionen ins Ausland besteht. Zudem gilt, dass die frühere Umlage für die Förderung der Erneuerbaren Energien im Strompreis entfällt. Die bisherigen Strompreisbremsen für Verbraucher und Industrie gelten bis April.

Kommentar: Ich votiere grundsätzlich nicht für Subventionen. In diesem Fall ist das jedoch anders. Ich begrüße ausdrücklich diese Maßnahmen der Regierung, da ansonsten tragende Strukturen unserer Wirtschaft wegbrechen würden. Es ist vollständig richtig, diese Subvention breit (Mittelstand) anzulegen (Kontext Lieferketten, Wirtschaftscluster). Mit dem Wachstumschancengesetz und den aktuellen Maßnahmen folgt die Regierung den hier in den letzten 18 Monaten vorgetragenen Argumentationen, früher wäre besser gewesen. Diese Subvention nicht vorzunehmen, wäre sehr viel teurer, fiskalisch, gesellschaftspolitisch und politisch (Strukturverlust ist einfach, Strukturaufbau teuer und schwierig).

Gleichwohl steht Kritik an. Die Limitierung auf fünf Jahre wird den positiven Effekt dieser Maßnahmen, preisliche Konkurrenzfähigkeit in wesentlichen Teilen im Energiesektor für Deutschland zu etablieren, schaden. Für Investitionen sind Zeiträume von 10 und mehr Jahren relevant. Optimal wäre es, wenn diese Regelung so lange gelten würde, bis die Energiepolitik ohne Subventionen internationale Konkurrenzfähigkeit gewährleistete (diskretionäre Politik Berlins und Brüssels zeichnet für das Problem Verantwortung).

Die Terminierung mag damit zusammenhängen, dass die Regierung erwartet, bis dahin marktkonforme Preise am deutschen Standort gewährleisten zu können. Das wird sich weisen. Die Terminierung ist riskant und wird den Effekt der Maßnahme nivellieren.

Lindner betonte, alle Maßnahmen seien im Rahmen der Schuldenbremse finanziert.

Kommentar: Wir hören die Worte, warum dann zuvor der Dissens? Als Fazit lässt sich ziehen, dass damit Druck aus der Pipeline genommen ist, was entlastend wirken wird. Es ist ein ansehnlicher, aber kein großer Wurf.

IfW-Studie sieht weiter fallende Immobilienpreise

Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind einer Studie des Instituts für Weltwirtschaft (Kiel) zufolge im 3. Quartal 2023 deutlich gefallen.

Eigentumswohnungen verbilligten sich von Juli bis September um durchschnittlich 1,5% im Vergleich zum Vorquartal. Verglichen mit dem Vorjahresquartal fiel der Rückgang mit 10,5% größer aus. Stärker ging es in anderen Wohnsegmenten nach unten. Einfamilienhäuser kosteten 3,2% weniger als im Vorquartal und 12,1% weniger als ein Jahr zuvor. Bei Mehrfamilienhäusern lagen die Abschläge bei 5,9% und 24,0%. O-Ton IfW: "Die Krise am deutschen Immobilienmarkt setzt sich fort. Die Zinserhöhungen der EZB haben eine deutliche Trendwende nach unten auf dem deutschen Wohnungsmarkt ausgelöst, und noch ist der Boden nicht in Sicht."

Kommentar: Die Daten lassen keine andere Interpretation zu. Das Problem (Ursache) ist jedoch nur sekundär bei der EZB zu suchen, sondern steht primär im Kontext mit der diskretionären veranlassten Sanktionspolitik, die dieses Inflationsszenario hervorrief und die EZB zu Handlungen zwang (Unterschiede zu Ländern bei Preisentwicklung, die nicht sanktionierten).

Über alle Marktsegmente hinweg wurden circa 33% weniger Verkäufe registriert als ein Jahr zuvor. Gemessen am Durchschnitt der Jahre 2019, 2020 und 2021 liegt der Einbruch sogar bei bis zu 50%. O-Ton IfW: "Die sinkenden Transaktionszahlen sprechen dafür, dass bei den gegenwärtigen Preisen nur wenige Verkäufer und Käufer zusammenfinden. Speziell mit Blick auf das Neubaugeschäft seien das schlechte Nachrichten – für die Konjunktur, aber auch für den Standort Deutschland, der dringend neuen Wohnraum in den Städten braucht, um attraktiv für örtlich mobile Fachkräfte zu sein."

Kommentar: Der dargestellte Kontext ist real und belegt die Komplexität des deutschen und auch europäischen Problems, das bisher zu- und nicht abnimmt.

Lokal seien starke Preiseinbrüche zu beobachten. So gab es in Düsseldorf ein Minus von 6,6% .Auch in Leipzig (-4%),Duisburg (-4,4%) und in Münster (-6,2%) und in Erfurt (-9,1%) kam es zu deutlichen Rückgängen. Unter den großen Städten seien die Preise in Köln und Berlin am stabilsten.

Kommentar: Märkte sind heterogen, die wirtschaftliche Lage der Regionen als auch die Wohnungsnotlage sind elementare Preisbestimmungsfaktoren.

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden

Eurozone: Deutsche Konsumstimmung leicht aufgehellt

Deutschland: Der von IPSOS/LSEG ermittelte Einkaufsmanagerindex für den privaten Konsum stellte sich per November auf 47,11 Zähler nach zuvor 44,86 Punkten (China zuletzt 75,58!).

USA: Daten ohne Einfluss

Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe lagen per 4. November 2023 bei 217.000 (Prognose 218.000) nach zuvor 220.000 (revidiert von 217.000).

Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine negative Tendenz. Ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.0770 – 1.0800 negiert das für den USD positive Szenario.

Viel Erfolg!

 

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