Kiesewetters Fehlanalyse

Der CDU-Politiker und angebliche Außenpolitik-Experte seiner Partei Roderich Kiesewetter entblödete sich nicht gegenüber der ZEIT zu behaupten, der russische Präsident Wladimir Putin betrachte „den gesamten Westen, auch Deutschland, als Feind und Kriegsziel", so der CDU-Politiker von seiner Wahrnehmung vollends überzeugt, um nachdrücklich zu belehren: "Das muss uns endlich klar sein."

Er kam dabei gar nicht auf die Idee, dass man in Moskau nach dem Abhören der erwähnten Gespräche Deutschland als "Feind" betrachten muss. Wer aber davon ausgeht, dass angesichts der angespannten Ausgangslage nicht auf die Methode der Infiltration der gegnerischen Kommunikationsstellen zurückgegriffen wird, geht wohl auch davon aus, dass sich ein möglicher Krieg zwischen Berlin, Brüssel und Russland wie eine Schneeballschlacht vollzieht.

Wenn schon US-Geheimdienste die Kanzler der Republik abhören, dann gehört natürlich nicht viel Phantasie dazu, dass auch Moskau die Einladung annimmt, eine leicht zu knackende Verbindung abzuhören.

Stammtisch-Gerede vom Chef der Deutschen Luftwaffe

Der Chef der Deutschen Luftwaffe, Ingo Gerhartz, führte das Gespräch mit seinen Kollegen zum sensiblen Thema TAURUS, auf Stammtisch-Niveau, über die unsichere Plattform WebEx von CISCO.

Hierbei kommt natürlich die Frage auf, denn es ist klar das Washington mithörte, ob dieses Gespräch vielleicht veröffentlicht werden sollte?

Während des rund 30-minütigen Gespräches geben die Diskutanten militärisch sensible Informationen so leichtfertig preis, als handele es sich um Geschwätz von Treppenhaus-Tratschen, die sich über die Intimitäten von Mitbewohnern austauschen. Der russischen Aufklärung dürften so wichtige Erkenntnisse geliefert worden sein.

Gerhartz hält demnach die Lieferung von ca. 100 Marschflugkörpern aus den Beständen der Bundeswehr für machbar, in zwei Lieferungen a 50 Taurus. Danach sei aber "Ende Gelände", mit Rücksicht auf die eigenen Bestände, wie es einer der Gesprächspartner auszudrücken pflegte.

Ferner wird erwähnt: „Ich weiß von meinen britischen und französischen Kollegen, dass die so gut wie 'Winchester' sind mit ihren Storm Shadows und Scalps." Hierbei handelt es sich wohl um die Lagerbestände der Taurus-ähnlichen Marschflugkörper Storm Shadow und Scalp, welche die Ukraine schon erhält, von denen aber nicht mehr viele zur Verfügung stehen sollen. Zusätzlich wird die Öffentlichkeit darüber informiert, dass Deutschland bislang drei von zwölf verfügbaren Radargeräten des Flugabwehrsystems Patriot an Kiew geliefert habe.

"Viele Leute mit amerikanischem Akzent"

Hochinteressant, sowohl für die Dienststellen in Moskau, als auch für uns, als Öffentlichkeit des Westens, dürften dabei die Hinweise sein, dass Großbritannien wegen der Storm Shadows Militärpersonal "vor Ort" habe. Zudem würden in der Ukraine "viele Leute mit amerikanischem Akzent in Zivilklamotten rumlaufen". Ein Hinweis auf US-Militärpersonal in dem Land.

Besorgnis muss spätestens die Diskussion über die Krim-Brücke auslösen, welche von einem der gesprächigen Offiziere als groß "wie ein Flugplatz" beschrieben wird, für dessen Zerstörung man 10 oder 20 Taurus benötigen würde.

Die gefährlichste Regierung Europas

Berlin reagierte geschockt und ungeschickt. Konten in sozialen Netzwerk X (vormals Twitter), die den Mitschnitt verbreiteten, wurden in Deutschland geblockt, als ob man so die Verbreitung der relevanten Informationen noch verhindern hätte können.

Der eigentliche Skandal hierbei bleibt aber ebenso der Eindruck, dass wir im Westen von Abenteurern und Glücksrittern regiert werden, die uns ohne mit der Wimper zu zucken in eine Katastrophe führen, nämlich in einen Krieg mit Russland, der alles in den Schatten stellen würden, was in der Geschichte der Bundesrepublik bisher passiert wäre.

Sahra Wagenknecht hatte also nicht Unrecht, als sie die Ampel als die „gefährlichste Regierung Europas“ anprangerte.

Dabei ist es auch zunehmend unerheblich, was man sich im politischen Berlin zusammenstammelt.

Viel wichtiger wird sein, wie man in Moskau auf die permanenten Provokationen und Drohkulissen reagiert. Thomas Fasbender analysiert in der Berliner Zeitung:

"Der Moskauer Kreml bleibt bei seiner Interpretation, wonach das am Freitag bekannt gewordene Gespräch von vierBundeswehr-Offizieren, darunter der ranghöchste Luftwaffengeneral, konkrete Pläne für deutsche Angriffe auf russisches Territorium belegt. Das bekräftigte am Montag der russische Präsidentensprecher Dmitri Peskow. Er sagte außerdem, die durch den veröffentlichten Mitschnitt bezeugte Lage deute auf die direkte Verwicklung des Westens in denUkraine-Krieg hin."

„Was heißt das konkret für mich!?“

Es ist ein Poker am Rande eines Atomkriegs mitten in Europa - ein Tanz auf dem Vulkan, dessen Zeugen wir sind. Es ist 5 vor 12 – und wir sind aufgefordert, die Uhr wieder zurückzustellen.

Nachtrag der Redaktion: Hier nochmal der Mitschnitt in voller Länge: https://www.youtube.com/watch?v=AC93hTdtTxA

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