„Unsere Freiheit wird auch am Hindukusch verteidigt“, so wurde es zu Beginn des Afghanistan-Feldzuges in Berlin postuliert, am Anfang des sogenannten „Krieges gegen den Terror“, der heute -16 Jahre später- dem Terror  erst zu seiner globalen Schlagkraft und Schrecken verholfen hat.

Unsere Freiheit wird nicht am Hindukusch verteidigt

Anscheinend hatte sich der Schöpfer dieses Slogans keine Mühe gemacht, mal einen Blick auf die Weltkarte zu werfen, weshalb ihm auch entgangen war, dass Europa zwar in unmittelbarer Nähe zu den Krisenherden Nordafrikas und des Nahen Ostens liegt, aber doch nicht an den Hängen des Hindukusch, in Zentralasien, in einem Land, welches eine gemeinsame Grenze mit der Volksrepublik China bildet. Unsere Freiheit wird also nicht am Hindukusch verteidigt.

 

Afghanistan wird weder beherrscht, noch wurden die Taliban besiegt

So eindrucksvoll der amerikanische Siegeszug im Spätherbst 2001 auch gewesen sein mag, rückblickend bleibt festzustellen, dass die mächtigste Streitmacht der Welt, die westliche Militärmaschine, im Spätsommer 2017  Afghanistan weder beherrscht, noch die Taliban besiegt hat, also keines ihrer strategischen Ziele erreicht wurde.

Die uralte Weisheit, wonach man Afghanistan leicht erobern, aber unmöglich beherrschen kann, wurde hochmütig ignoriert.

Auch die Tatsache, dass nur einige Jahre zuvor die ruhmreiche Rote Armee der Sowjetunion in der rauen Bergwelt Afghanistan gescheitert war und sich das rote Imperium 2 Jahre später auflösen sollte, spielte offensichtlich für die Strategen in Brüssel und Washington keine Rolle.

Rückblickend erscheint es auch zweifelhaft, wieso die Taliban in Afghanistan ausgerechnet  als Verantwortliche für den Terror von 9/11 ausgewählt wurden, jene Taliban, die in den neunziger Jahren von der CIA und Pakistan stark gemacht wurden, wo doch bis heute kein einziger Afghane auch nur annähernd mit dem Einsturz der Türme des World Trade Centers in Verbindung gebracht werden konnte. Die Mehrheit der Attentäter von Manhattan hatte die saudische Staatsbürgerschaft.

In diesem Zusammenhang darf auch gerne daran erinnert werden, dass die USA in den neunziger Jahren, als der Iran sich fast im Kriege mit den Taliban befand, gerne mit den Gotteskriegern ins Geschäft gekommen waren. Probleme wie mangelnde Demokratie und Menschenrechte standen damals nicht im Wege. Es sollten geordnete Zustände am Hindukusch einkehren, und wenn das nur mit Hilfe der fanatischen, ignoranten Taliban möglich wäre, so nahm man das in Kauf.  Immerhin kooperierten die USA ja auch in Saudi-Arabien mit der borniertesten und gefährlichsten  Form des Islam, den die Wahhabiten praktizieren.

US-Konzern UNOCAL verhandelte mit den Taliban

Damals war es dem texanischen Öl-Giganten UNOCAL sogar gelungen, dem geheimnisvollen Anführer der Taliban, dem Mullah Mohammed Omar, einen Vertrag über den Bau einer Pipeline  unterzujubeln, welche unter Umgehung russischen und iranischen Staatsgebietes den Transport von Erdöl und Erdgas aus Zentralasien, quer durch das Afghanistan der Taliban, an die pakistanischen Küsten des Indischen Ozeans gewährleistet. Diese TAP-Pipeline fand das Gefallen Washingtons.

Osama Bin Laden fungierte als Vermittler

Nachdem die Taliban 1996 die afghanische Hauptstadt Kabul erobert und den kommunistischen Stadthalter der untergegangenen Sowjetunion wie ein Stück Vieh durch die Strassen zu Tode geschleift hatten, waren sie als Geschäftspartner noch interessanter geworden.

Als nützlicher Vermittler bezüglich der Geschäfte der texanischen Erdöl-Kapitalisten und den Steinzeit-Islamisten fungierte übrigens ein milliardenschwerer Bauunternehmer aus Saudi-Arabien, der den Namen Osama Bin Laden trug.

Die Details dieser geschäftlichen Verbindungen sind nachzulesen in dem grandiosen Sachbuch “Sturz ins Chaos“ des bekannten pakistanischen Journalisten Ahmed Rashid.

Aber zurück in die Gegenwart:

Inzwischen ist ein neuer Akteur in Afghanistan aufgetaucht, das Nachbarland, die Volksrepublik China.

Nachdem Peking jahrzehntelang die Fehler und Niederlagen fremder Mächte studieren konnte, direkt vor der eigenen Haustür, präsentierte der Afghanistan-Sonderbeauftragte der Volksrepublik, ein gewisser Deng Xjun, einen Vorschlag, als Gegenpol  zu den hilflosen Vorschlägen Trumps und seiner Verbündeten, die US-Truppen dort wieder aufzustocken.

China unterbreitet konkreten Vorschlag

Deng Xjun äußerte das, was man im Westen beflissentlich ignoriert “Es gibt keine militärische Lösung für Afghanistan!“ Ferner erklärte der chinesische Sonderbeauftragte, dass mehr Soldaten keine Klärung brächten. Um den fast 40 Jahre tobenden Krieg in Afghanistan zu beenden, seien Verhandlungen notwendig, vor allem mit Pakistan und den Taliban.

Peking investiert in Afghanistan

Wie auch in anderen Orten der Welt, hat China in den vergangenen Jahren umfangreiche ökonomische Aktivitäten in Afghanistan gestartet, in Form von Hilfsgeldern und Investitionen - besonders in die Infrastruktur und Kooperationen.

Die Worte des Sonderbeauftragten könnten bedeuten, dass man in Peking die Absicht hegt, Afghanistan in das ehrgeizige Infrastruktur-Projekt „Neue Seidenstraße“ zu integrieren, was natürlich auch aus geopolitischen Gründen Sinn macht. Im vergangenen Jahr fand die feierliche Eröffnung einer neuen Bahnstrecke im chinesisch-afghanischen Grenzgebiet statt. Man sprach von einer  Abzweigung der „Neuen Seidenstraße“.

China ist der größte Auslandsinvestor

Peking wird nicht die Fehler der alten Griechen, der Briten, der Sowjets und des Westens wiederholen, und eine militärische Intervention ins Auge fassen.

China geht klüger vor und ist zum größten Auslandsinvestor Afghanistans aufgestiegen, ohne dort einen einzigen Soldaten zu verlieren oder afghanische Zivilisten durch Drohnen zu ermorden. China hätte dann auch in dieser Weltregion eine starke Stellung erlangt. Die Ausbeutung der zweitstärksten Kupferlagestätte der Welt, welche im afghanischen Mes Aynak liegt, wird schon heute durch ein chinesisches Unternehmen betrieben.

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