"Joe Biden wird dieses Angebot sehr begrüßen"

Aufhorchen lässt allerdings die Einschätzung der deutsch-amerikanischen Politologin Cathryn Clüver Ashbrook, die seit diesem Sommer die Leiterin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik ist. In einem Interview mit Potsdamer Neueste Nachrichten, malte die Politologin die außenpolitischen Ambitionen Baerbocks rosarot.

Die Ampelkoalition kehrt zurück zu einer normativen, wertegeleiteten deutschen Außenpolitik. Neu ist, dass diese Außenpolitik mit mehr internationalen Partnern abgestimmt werden soll. Indien kommt in diesem Koalitionsvertrag genauso oft vor wie Frankreich, weil es auch eine dem Multilateralismus verpflichtete Demokratie ist. Die neue deutsche Regierung denkt globaler als ihre Vorgängerin und will ein wertegeleitetes internationales System stärken. Vor allem die US-Regierung unter Joe Biden wird dieses Angebot sehr begrüßen.“

Wie schön, dass die US-Regierung dann zufrieden ist! Lässt man diese Worte aber ein wenig wirken, dann stellt sich die Frage, wieso ausgerechnet Indien den feministischen Idealen und Menschenrechtsvorstellungen á la Baerbock entsprechen sollte, und wieso unser Nachbarland Frankreich nicht weit öfter in dem Koalitionsvertrag vorkommt?

Vielleicht erhofft sich Frau Baerbock mit einer Präsidentin Le Pen eine gemeinsame deutsch-französische feministische Außenpolitik. Dieser etwas zynische Hinweis sei gestattet, um die Traumtänzerei, welche diese außenpolitischen Vorstellungen umnebelt, zu enthüllen. 

Eine feministische Außenpolitik mit Atomwaffen und Drohnen

Eine feministische Politik lässt sich im Idealfall innenpolitisch umsetzen, hat aber in der Außenpolitik so wenig zu suchen, wie militärische Drohkulissen. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass Deutschland trotz des feministischen außenpolitischen Ansatzes, unter dem naive Zeitgenossen eventuell mehr Abrüstung, Frieden und Eierkuchen, verstehen, seinen Beitrag zur nuklearen Abschreckungsstrategie der NATO fortführt, also weiter US-Atomwaffen in der Bundesrepublik lagern lässt.

Diesbezüglich äußert die Chefin der DGAP in dem erwähnten Interview:

Die Partner haben vereinbart, für die Bundeswehr bewaffnete Drohnen anzuschaffen. Damit beendet sie eine zehnjährige Debatte darüber innerhalb der SPD. Ich begrüße das sehr, denn die Bundeswehr braucht Kampfdrohnen, um die eigenen Soldaten zu schützen und die Zahl von Kampfeinsätzen zu minimieren. Typisch deutsch an diesem Vertrag ist: Immer soll auch der Bundestag eingebunden werden, immer schwingt mit, dass die Bürgerinnen und Bürger skeptisch gegenüber mehr internationaler Verantwortung sein können und erst überzeugt werden müssen. Andere Nationen geben ihrer Exekutive da mehr Freiheiten.“

Ja, wohin diese „Freiheiten“ á la USA und GB geführt haben, konnte man die letzten zwanzig Jahre in dem gescheiterten „War on Terror“ beobachten, dessen Folgen wir heute noch spüren und noch lange spüren werden.

"Was bedeutet das konkret für mich!?"

Sicher ist also, dass die neue "feministische Außenpolitik" mit nuklearen Abschreckungspotenzialen, Drohnen und gesteigertem militärischen Engagement einhergeht, mit Verbündeten wie Indien, die nicht gerade als Paradies der Frauenrechte interpretiert werden können, selbst nach einem intensiven Training auf dem Trampolin nicht, so lange man China nur als "Rivalen" im Auge behält.

Sicher ist aber, dass die bisherige außenpolitische Doktrin des Westens - unter Führung der USA - sich in eine geopolitische Sackgasse manövriert hat. Dieses für Europa hochriskante Unterfangen, welches nicht nur den Weltfrieden, sondern die politische und ökonomische Stabilität des Kontinents ernsthaft gefährdet, wird von der politischen Klasse Berlin größtenteils willfährig umgesetzt.

Jenseits des Rheins, sind die Franzosen sicherlich die weit profunderen Denker, wenn es um die Bereiche Geopolitik und historische Perspektiven geht, gerade im direkten Vergleich zu den Deutschen, wo es im politischen Berlin nicht nur an Kompetenz fehlt, sondern auch ein geistiges Vakuum sichtbar wird. Vielleicht wird Frankreich deshalb in den außenpolitischen Passagen des Koalitionsvertrages nicht häufiger als Indien erwähnt.

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