Die Rückkehr zur Normalität – eine Bilanz

Die Regierung in Griechenland feiert den Einstieg ausländischer Investoren ins griechische Bankenwesen. Der Verkauf von 9 Prozent der vom staatlich kontrollierten Bankenrettungsfonds HFSF gehaltenen Anteile am Aktienpaket der Alpha Bank an die italienische UniCredit Group signalisiere die Rückkehr zur Normalität, heißt es.

Die erste Investition seit 17 Jahren

Tatsächlich handelt es sich um erste Investition einer großen europäischen Bankengruppe in eine griechische Bank seit 17 Jahren. Als nächstes steht die Privatisierung des „Filetstücks“ des HFSF (Hellenic Financial Stability Fund) an, die Privatisierung von 22 Prozent der National Bank of Greece.

Die griechischen Banken wurden nach der Staatspleite von 2010 massiv mit Milliardenspritzen gestützt. Vorher hatten sie im Rahmen der Weltwirtschaftskrise von 2008 Milliarden Euro zur Stützung ihrer Liquidität erhalten. So gesehen war der Kaufpreis für das Aktienpaket der Alpha-Bank ein Schnäppchen. Die Unicredit gab bekannt, dass sie die Aktien zu einem Preis von jeweils 1,39 Euro erwarb. Am Freitag, den 20. Oktober, dem Tag vor dem Abschluss des Geschäfts, lag der Kurs bei 1,27 Euro pro Aktie. Die UniCredit wird künftig ihre Finanzprodukte auch an Kunden der Alpha-Bank vermarkten und erhält damit einen vergleichsweise hohen Gegenwert für ihr Aktienpaket.

UniCredit übernimmt die knapp 9 Prozent (8,978 Prozent) zu einem Preis von 293,5 Millionen Euro, was eine geringfügige Erhöhung gegenüber dem ursprünglichen Angebot von 280,8 Millionen Euro darstellt. Es gab außer ihr keinen weiteren Interessenten. Der CEO der Alpha Bank, Vassilis Psaltis bezeichnete die Entwicklung als „einen historischen Meilenstein in der langen Geschichte der Bank“. Die Bank ist nun zu 100 Prozent privat.

National Bank of Greece als nächster Kandidat

Direkt nach der offiziellen Ankündigung des Deals hinsichtlich der Alpha-Bank, teilte der HFSF mit, dass der Desinvestitionsprozess für die National Bank of Greece am Montag, den 14. November, mit der Eröffnung des Angebotsbuchs für 20 Prozent der Aktien beginnt. Das Angebotsbuch der Nationalmannschaft war innerhalb der ersten zwanzig Minuten bereits mit Angeboten über 3 Milliarden Euro gefüllt. Es kursieren Einschätzungen, dass das endgültige Angebot bei 5 Milliarden Euro liegen soll.

Bis zum 16. November werden Gebote entgegengenommen. Der HFSF hält insgesamt 40 Prozent der Bank, die 1841 in Athen gegründet wurde und heute die älteste Bank im Land ist. Sie diente zeitweise als Notenbank. Zu ihren Mitbegründern gehörte Julius Heinrich Balthasar von Hößlin, der Sproß einer Patrizierfamilie aus Augsburg. Er wanderte während der Regierungszeit des Wittelsbachers Otto I. von Bayern nach Griechenland aus.

Die Aktien der Bank wurden am vergangenen Freitag für 5,44 Euro gehandelt. Am Montag lag er bei 5,48 Euro. Der Fonds geht bei den Geboten von einer Preisspanne von 5 bis 5,44 Euro aus und schätzt seinen Nettoerlös auf mindestens 985 Millionen Euro. Bei einem deutlichen Überbieten der Gebotsspanne sollen bis zu zwei Prozent der Aktien zusätzlich vergeben werden.

Das Grundkapital der Bank besteht aus 914.715.153 Stammaktien, wobei der HFSF nach Stimmrechten bis zu 182.943.031 davon besitzt und sie sich das Recht vorbehalten hat, den Umfang des Angebots zu erweitern und die Anzahl der angebotenen auf bis zu 18.294.303 Aktien zur erhöhen. Die aktuell angebotenen Aktien werden wie folgt verteilt:

  • 15 Prozent davon, 27.441.455 Aktien werden Privatpersonen oder Sonderanleger, die am inländischen elektronischen Angebotsbuchverfahren teilenehmen, angeboten.
  • 85 Prozent, 155.501.576 Aktien werden im internationalen Verfahren Investoren angeboten.

Wie groß ist der Verlust des Fiskus?

Seit der Weltwirtschaftskrise von 2008 und den nachfolgenden Turbulenzen der Staatspleite flossen je nach Berechnung bis zu 50 Milliarden Euro staatliche Gelder in die Kassen der Banken. Im Gegenzug dafür gab es Aktien der Banken als Sicherheit für den Staat, aber auch ein Paradoxon. Zeitweise hatte der Staat 80 Prozent der Aktien der vier griechischen Systembanken. Während der Staatspleite gab es insgesamt drei Rekapitalisierungen. Damit wurden unter anderen für die Banken die Auswirkungen des PSI (Private Sector Involvment) getauften „freiwilligen Schuldenschnitts“ für griechische Staatsanleihen abgefedert.

Aus den ersten beiden Rekapitalisierungen ging der Staat als Großaktionär hervor, hatte jedoch nicht das volle Stimm- und Mitspracherecht in der Verwaltung der Geldhäuser. Auch deswegen konnte damals kein verbindlicher Rahmen für die faulen Kredite der Banken geschaffen werden, was den IWF zur Überzeugung brachte, dass erneut staatliche Geldspritzen von Nöten seien. „Weitere Kapitalspritzen könnten in der Zukunft erforderlich sein, da in Ermangelung einer radikalen Lösung die Governance-Probleme die Wurzel der Probleme des griechischen Bankensystems sind“, konstatierte der IWF in seiner Analyse vom Juli 2015 fest (IMF-Länderbericht Nr. 15). /186, 14. Juli 2015). Mit der dritten Rekapitalisierung wurde eine Lösung des Problems der faulen Kredite durchgesetzt. Die drei Rekapitalisierungen nach der Staatspleite kosteten den Fiskus rund 36 Milliarden Euro.

Nun wird der HFSF durch die Privatisierung der Bankaktien rund 10 Milliarden Euro einnehmen, was die gesamte Aktion als gewaltiges Minusgeschäft erscheinen lässt. Dies lässt der griechische Notenbankchef und frühere Finanzminister Yannis Stournaras nicht gelten.

„Jetzt kommen viele Leute und sagen: ‚Aber sehen Sie, der Staat hat den Banken 35,50 Milliarden über den HFSF gegeben und wir bekommen nur 10?‘. Das ist eine gewaltige Fehleinschätzung und als Gouverneur der Zentralbank muss ich die Wahrheit wiederherstellen. Der Staat hat etwa 30 bis 40 Milliarden gegeben, wird jetzt 5, 10 Milliarden bekommen. Aber was hat er sonst noch? Er hat das Geld des PSI bekommen. Das hat die Banken Kapital gekostet. Das sind rund 50 Milliarden. Was hat er sonst noch, von dem die Leute nichts wissen? Er hat die üppigen Dividenden von der Bank von Griechenland erhalten, die über die europäische Notfall-Liquiditätshilfe vergeben wurden. Nun, wenn sie alle Beträge summieren…“, rechnete Stournaras Anfang November bei einer Veranstaltung des „Ideenkreises“ des früheren Politikers und Staatsrechtlers Evangelos Venizelos vor.

Gemäß Stournaras geht der griechische Staat aus dem gesamten Geschäft als großer Gewinner hervor. Dabei dürfte die übrigen Europäer interessieren, dass die Notfall-Liquiditätshilfe der EU von allen EU-Bürgern finanziert wurde. Dass darüber hinaus beim PSI auch ausländische Anleger ihr in griechische Staatsanleihen investiertes Kapital verloren haben, rundet das Gesamtbild ab.

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