Der frühere US-Präsident Barack Obama hat in einer Videobotschaft in buchstäblich letzter Minute zur Wahl Emmanuel Macrons zum französischen Staatspräsidenten aufgerufen. Es sieht die westlichen Werte im Falle einer Wahl von Marine Le Pen in Gefahr. Obama betonte in seiner Ansprache, dass er nicht die Absicht habe, oft in Wahlen einzugreifen, bei denen er nicht kandidiere. Im Fall Frankreichs sieht er jedoch offenbar einen Anlass zur Ausnahme.

Die französischen Präsidentschaftswahlen lassen auch Griechenland nicht unberührt. Der frühere griechische Finanzminister Yanis Varoufakis betonte, dass Macron ihm bereits früh Unterstützung für Griechenland versprochen hätte. In diesem Punkt ist sich der rebellische Ökonom einig mit seinem einstigen Freund Premierminister Alexis Tsipras. Auch Tsipras gehört zu denen, die öffentlich Partei für Macron ergreifen. In einem Telefonat sicherte Macron Tsipras erneut seine Sympathie für die griechischen Nöte zu. Kritik an Macron gibt es außer von den mit Le Pen sympathisierenden Rechtsextremisten der Goldenen Morgenröte vor allem von linker Seite. Die Kommunisten und die außerparlamentarischen Linken sehen in Macron lediglich eine Fortsetzung der bisherigen Politik Frankreichs und der EU. Für sie ist die Stichwahl am Sonntag eine Wahl zwischen Pest und Cholera, zumal sie bei einem Wahlsieg Macrons spätestens bei den nächsten französischen Wahlen einen Triumph Le Pens befürchten.

Liberale, sozialdemokratische und konservative Politiker, Künstler und Bürger wählten einen ungewöhnlichen Schritt, um eine von ihnen befürchtete Wahl von Marine Le Pen zur Präsidentin Frankreichs zu verhindern. Sie versammelten sich in der zum Museum gewordenen Wohnung des verstorbenen Psychiatrieprofessors Angelos Catacouzinos, alias Ange Catacouzinos, einem in Frankreich als Kommandeur der Ehrenlegion und Akademiemitglied geehrten Gelehrten. Catacouzinos hatte so illustre und berühmte Patienten wie Aristoteles Onassis und Albert Camus. Zu seinen persönlichen Freunden zählten der Künstler Marc Chagall, sowie die Literatur-Nobelpreisträger Odysseas Elytis und Georgios Seferis. Der Ort war nicht zufällig gewählt worden. Catacouzinos steht als Symbol für das griechische Bildungsbürgertum, welches in der Heimat an nationalistischen Ressentiments scheiterte. Der in Paris hoch geehrte Hochschullehrer wurde als Professor in Athen abgelehnt, weil er „ein übermäßig guter Redner, überzeugend und hochintelligent, somit fähig, die Studenten zu desorientieren“ war. Drei Jahre vor seinem Tod wurde dem Gründer der griechisch-französischen Gesellschaft 1979 auch die Aufnahme in die Athener Akademie verweigert.

Inmitten von Catacouzinos Wohnzimmer, umringt von Originalwerken Chagalls, Chatzikyriakou-Gikas, Fotos von prominenten Franzosen samt Widmung, den Diplomen Catacouzinos von der französischen Ehrenlegion und mit Blick auf das Athener Parlamentsgebäude diskutierten die prominenten griechischen Unterstützer mit Mitgliedern aus Macrons Wahlkampfteam.

Anders als Obamas offenbar kurzfristig geplanter Intervention, gibt es die griechische Unterstützergruppe bereits seit Beginn des französischen Wahlkampfs. Die Gründe liegen auf der Hand. Den Unterstützern des Euros als gemeinsamer Währung der EU ist bewusst, dass eine Wahl Le Pens nicht nur einen Rechtsruck in Frankreich, sondern zugleich auch das Ende des Projekts der Einheitswährung bedeuten könnte. Für Griechenland, dass all seine Energie in einen rezessionsverstärkenden Austeritätskurs gesteckt hat, und das bei einer Elimination des Mittelstands mehr als die Hälfte der Bevölkerung für den Euro verarmt hat, wäre nach Ansicht der Unterstützer Macrons ein plötzliches Ende des Euro fatal.

Da ist es verständlich, dass auch Makis Voridis von der Nea Dimokratia, Macron, statt Le Pen siegen sehen möchte. Für den persönlichen Freund Jean-Marie Le Pens ist die Tochter keine Option, weil sie zu allem Überfluss zu sozialistisch sei.

Die bei Catacouzinos Versammelten hatten kaum einen Grund für diesen Spagat. Sie riefen, wie der Schriftsteller und kürzlich aus der PASOK ausgetretene Politiker Thanassis Cheimonas die Franzosen auf, zur Wahrung der von ihnen geliebten französischen Werte Macron zu wählen. Die Ansprachen wurden auf Video aufgezeichnet und werden zum Ende des Wahlkampfs in Frankreich gezeigt. Der Schattenminister für Bildung der Nea Dimokratia, Professor Theodoros Fortsakis, appellierte an die Freunde der französischen Philosophie. Der Schriftsteller Christos Chomenidis, ein zum Liberalen gewordener Enkel zweier berühmter kommunistischer Widerstandskämpfer beschwor die Liebe der Franzosen zur Demokratie.

Der für die sozialdemokratische Partei To Potami im EU Parlament sitzende Miltos Kyrkos, Sohn des langjährigen Vorsitzenden der eurokommunistischen SYRIZA Vorgängerpartei KKE-Esoterikou betonte seine linke Herkunft und Ideologie und zielte offenbar auf die Wähler Jean-Luc Mélenchons ab, die von ihrem Parteichef keine Wahlempfehlung erhalten hatten.

Zu den übrigen Unterstützern zählten frankophile Bürger, in Frankreich studierte griechische Prominente sowie Menschen, die den griechischen Reformkurs in Gefahr sehen.

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