Alte Leos werden reaktiviert

Tatsächlich werden erste Panzer von NATO-Partnern bereits geliefert. Kanada verlädt Leos in Flugzeuge, Portugal und Spanien wollen liefern. Aus Deutschland sollen auch Leopard-Panzer der älteren ersten Baureihe zur Abwehr des russischen Angriffskriegs in die Ukraine geliefert werden.

Nur aus dem Land mit Europas größter Leopard-Flotte, Griechenland, gibt es eine klare Absage.

Wir haben der Ukraine bedeutende militärische Unterstützung geleistet, wie zum Beispiel mit gepanzerten Transportern, aber wir werden die Leopard-2 aus dem einfachen Grund nicht abgeben, weil sie für unsere Verteidigungsstrategie absolut notwendig sind. Wir haben deutlich gemacht, dass wir bereit sind, die Ukraine zu unterstützen, aber nicht auf Kosten unserer Verteidigungsfähigkeiten", antwortete der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis auf die entsprechende Frage.

Mitsotakis, der bereits schwere Waffen liefern ließ, als in Berlin die damalige Bundesverteidigungsministerin Christine Lamprecht über die Entsendung von 5.000 Helmen sinnierte, hatte keine andere Wahl.

Gegenseitiger Rüstungswettlauf zweier verfeindetet NATO-Partner

Griechenland besitzt 170 Leopard 2 HEL, 183 Leopard 2A4 und 501 Leopard 1-A5, also insgesamt 854 Leopard-Panzer unterschiedlicher Baureihen. Damit ist die Leo-Flotte in Griechenland größer, als beim NATO-Partner und Erzfeind Türkei, der über die zweitstärkste Armee des gesamten Verteidigungsbündnisses verfügt. In der Türkei soll es 316 Leopard 2A4, 170 Leopard 1A4 und 227 Leopard 1A3 also insgesamt 713 Panzer der Leopard-Serien geben. Allerdings hat die türkische Waffenindustrie mit dem Altay-Kampfpanzer auch eine Eigenentwicklung als Alternative. Die Produktion der Altays verzögert sich, der Rüstungswettlauf zwischen Griechenland und der Türkei nicht.

Hier stehen die Zeichen auf Aufrüstung. Neue Fregatten müssen her, neue F-35 Kampfflieger und neue Panzerfahrzeuge. Griechenlands Militärstrategie ist in diesem Punkt nicht mit der „Mode“ gegangen. Panzerfahrzeuge, wie sie sich jetzt wieder in der Ukraine als notwendig erweisen, galten lange Zeit wegen der weit verbreiteten, auf Lufthoheit basierenden Militärstrategie als altmodisch. In Griechenland, dessen Militärplanung sich nahezu ausschließlich darauf ausrichtet, eine mögliche Invasion der Türkei abzuwehren, sind sie elementarer Bestandteil der Verteidigungsstrategie.

Mitsotakis wähnte sich auf der „richtigen Seite“

Direkt nach dem russischen Angriff sprang die Regierung von Mitsotakis der Ukraine bei. Geliefert wurde alles an Waffen und Ausrüstung, was der griechischen Regierung entbehrlich erschien. Die nordgriechische Hafenstadt Alexandroupolis wurde zum Umschlagpunkt für internationale Waffenlieferungen in die Ukraine. Der Status der US-Amerikanischen Militärbasis in Alexandroupolis wurde weiter aufgewertet.

Dies ist insofern erwähnenswert, als dass die traditionelle Freundschaft zwischen griechischen und russischen, respektive sowjetischen Regierungen, die auch im kalten Krieg bestand, dadurch abrupt beendet wurde. 2021 war das Jahr der griechisch-russischen Freundschaft, welche zur 200-Jahr Feier der Befreiung aus osmanischer Herrschaft gefeiert wurde. In der Ukraine, besonders in der Gegend um Mariupol lebt auch heute noch eine große ethnisch griechische Minderheit, die in russophile und gegenüber der Ukraine treue Bürger geteilt ist. Auch in Russland ist die griechische ethnische Minderheit aktiv.

Die Entscheidung pro Ukraine, und keine wie in der Türkei zu sehende abwartende neutrale Wartestellung, barg für Mitsotakis politisches Risiko. Darauf angesprochen betonte er seinerzeit, dass die Positionierung „auf die richtige Seite“ Griechenland gegenüber der Türkei helfen würde. Die NATO, so Mitsotakis im Frühjahr 2022, würde sich solidarisch zu Griechenland gesellen und die Türkei, die Griechenland fortwährend mit einer Invasion droht („wir kommen eines nachts“), in die Schranken weisen.

Es kam anders. Die Türkei droht immer noch und hat wegen ihrer Rolle als Vermittler zwischen der Ukraine und Russland eher eine Aufwertung statt einer Degradierung erhalten. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan kann mit seinem Veto gegen den NATO-Beitritt Schwedens innenpolitisch im Wahlkampf punkten und außenpolitisch den NATO-Partnern Zugeständnisse abverlangen.

Auch Mitsotakis ist im Wahlkampf

Ebenso wie Erdogan, der den Wahltermin bereits bekannt gab, befindet sich auch Mitsotakis im Wahlkampf. Bis zum Sommer muss gewählt werden. In den Umfragen spürt die regierende Nea Dimokratia den Druck weniger von der sozialdemokratischen Opposition als vielmehr von rechter Seite. Mitsotakis konnte den Wahlsieg 2019 erringen, weil er Stimmen von rechts und ultrarechts gewinnen konnte. Stimmen, die traditionell Russland näher als der EU stehen. Das wird für ihn, auch wegen des ausbleibenden Lohns für „die richtige Seite“ zum Problem.

Ringtausch aufgrund des Berliner Schwenks obsolet

Dazu kommt, dass das Berliner Zaudern einen weiteren Deal zunichte gemacht hat. Es geht um den Ringtausch von Mardern gegen BMP-1. Die Ampel in Berlin wollte der Ukraine nicht direkt gepanzerte Schützenpanzer liefern. Die wochenlange, bis ins Detail in deutschen Fernsehtalkshows ausgetragene Diskussion wurde durch das Hilfskonstrukt des sogenannten Ringtauschs zu einem Ende gebracht. Deutschland würde Marder Schützenpanzer an Partner liefern, die ihrerseits schwere Waffen sowjetischer, beziehungsweise russischer Bauart in die Ukraine liefern. Erklärt wurde dies unter anderen mit der leichteren Bedienbarkeit dieser Waffen durch das an sowjetische Systeme gewöhnte ukrainische Militär.

Griechenland besitzt eine dreistellige Zahl von amphiben BMP-1 Schützenpanzern aus russischer Produktion. Die relativ leichten gepanzerten Fahrzeuge waren, mit einem Upgrade und einer Modernisierung versehen, auf den Ägäis-Inseln und an der Landgrenze zur Türkei im Einsatz. Auf jenen Inseln, deren Entmilitarisierung Erdogan heftig fordert. Griechenland sollte 100 BMP-1 in die Ukraine liefern und die gleiche Zahl an Mardern erhalten. Aufgrund der angespannten Lage zur Türkei sollten die Panzer erst geliefert werden, wenn der Ersatz in Griechenland ist.

Für die Regierung in Athen war es schwierig der Öffentlichkeit den Tausch eines veralteten, aber modernisierten Systems gegen ein nur wenig jüngeres, ebenfalls veraltetes System zu verkaufen. Es gelang, die Marder wurden in der regierungsfreundlichen griechischen Presse über den grünen Klee gelobt – und kamen nicht.

Vierzig Marder hat die Regierung von ihren Positionen abgezogen und für den Versand vorbereitet. Zwanzig wurden bereits in die Ukraine geliefert. Erst vierzehn Marder kamen aus Deutschland nach Griechenland. Das Projekt gilt als gescheitert, vor allem, weil das Kanzleramt selbst die Rahmenbedingungen umwarf. Berlin liefert nun Marder direkt ins Kriegsgebiet in die Ukraine - und Griechenland muss, auch wegen der fehlenden Produktionskapazitäten für die Restaurierung von noch mehr Mardern, warten. Das Berliner Zaudern und die ausbleibende NATO-Solidarität wirken aus griechischer Sicht verstörend.

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