Die NATO feiert Geburtstag. Anlässlich ihres 70-jährigen Bestehens treffen sich heute in London die Regierungen der Mitgliedsstaaten dieses Militärbündnisses zum Jubiläumsgipfel.

Zum Feiern gibt es aber nichts, denn die Feierlichkeiten werden von schweren inneren Zerwürfnissen geprägt, nicht erst seit Frankreichs Staatspräsident Macron der NATO den "Hirntod" bescheinigt hat. Macrons Äußerungen, beziehungsweise die internen Reaktionen darauf, reflektieren den tiefen Bruch, ja die Orientierungslosigkeit, von der das Bündnis 30 Jahre nachdem Ende des Kalten Krieges geprägt ist.

Kritische Töne aus Paris - Unterwürfigkeit in Berlin

Während in Paris kritische Töne angeschlagen werden, spielt Berlin die Rolle des NATO-Musterschülers und biedert sich in Washington an. "Der Erhalt der NATO" sei "in unserem ureigensten Interesse", ließ die Bundeskanzlerin Angela Merkel kürzlich verlautbaren, ohne konkret zu werden, was denn unsere ureigensten Interessen seien, oder was diese mit der NATO zu tun hätten.

Bundesaußenminister Maas plädiert für einen "Reflexionsprozess", um die tiefen Gräben zu kitten, jene erbitterten Auseinandersetzungen zwischen Paris und Washington, zwischen Paris und Ankara, Ankara und Washington und dem Rest.

Wie dadurch die völlig unterschiedlichen geopolitischen Vorgehensweisen und Zielsetzungen vereinheitlicht werden sollen, welche offensichtlich die Ursache der Konflikte sind, bleibt das Geheimnis von Heiko Maas. Flankiert wird der interne Zwist von einer beispiellosen Aufrüstung, die innerhalb eines kurzen Zeitraums eine halbe Billion Euro zusätzlich für das Militär generieren soll.

NATO-Staaten im Rüstungswahn

Man könnte den Eindruck gewinnen, in Washington, London und Berlin fühlt man sich von Feinden umzingelt, drei Jahrzehnte nachdem der Westen als Sieger aus dem Kalten Krieg hervorging und angeblich das "Ende der Geschichte" eingeleitet wurde, wie es damals der Politologe Fukuyama formulierte. Fukuyama hat seine damaligen Thesen längst in Frage gestellt, während die NATO-Staaten inzwischen jährlich ca. sechzehnmal so viel wie Moskau und sechsmal so viel wie Peking jährlich für militärische Belange ausgeben.

Die NATO gleicht inzwischen einem Tollhaus, dass seine eigene Existenz durch imaginäre Feinde zu rechtfertigen sucht, sowie durch eine Politik, die immer neue Konfliktzonen schafft und Krisenherde produziert. Vom Kosovo bis nach Afghanistan ist die Bilanz bitter, wurde kein strategisches Ziel erreicht, sondern immer neue Gefahren produziert.

Die NATO ist ein Instrument, um die militärische Vorherrschaft der USA zu gewährleisten, auf lange Zeit, auf Kosten der Zukunft Europas. Oder, um es mit den Worten von Macron auszudrücken: "Für Europa sei es nun höchste Zeit aufzuwachen, denn sonst haben wir nicht mehr die Kontrolle über unser eigenes Schicksal". Es ist nicht zu erwarten, dass Macrons Mahnungen unter den versammelten 29 Staats- und Regierungschefs in London auf fruchtbaren Boden fallen. Es ist aber zu erwarten, dass die Geschichte hier wieder als Lehrmeister aktiv wird. Was treibt die NATO als heute noch an?

Der Westen am Ende?

Vor rund zwei Jahren, anlässlich des 100. Jahrestages der Oktoberevolution in Russland, fragte das britische Magazin "Economist", jenes einflussreiche Sprachrohr der globalen Eliten westlicher Provenienz, in der auch Macron seine Äußerungen zur NATO getätigt hatte, ob der Westen am Ende sei.

Die damalige Ausgabe ist auch heute noch sehr lesenswert, denn thematisch orientierte sich der Economist an der neuen US-Strategie, die - jenseits des albernen und infantilen Twitter- Gestammels des Präsidenten - heute konkrete Gestalt anzunehmen droht.

Moskau und Peking bedrohen immer stärker den militärischen Vorteil und Vorsprung der USA in der Welt“, so zumindest wurde es damals in der vom Pentagon entworfenen neuen Nationalen Verteidigungsstrategie formuliert. Demzufolge ließ US-Verteidigungsminister Mattis den Ruf nach mehr Investitionen in jenen militärisch-industriellen Komplex erklingen, vor dem Präsident Truman einst gewarnt hatte. Und dieses hält Angela Merkel für unser "ureigenstes Interesse?"

Die NATO feiert ihren 70. Geburtstag. Wie hieß doch eine Warnung zu Zeiten des Imperium Romanums, welche durch folgendes Zitat überliefert wurde!?

Rom fällt nicht von Feindeshand, es ist der Zahn der Zeit der an ihm nagt.

„Was bedeutet das konkret für mich!?“

Die NATO hat sich selbst überlebt. Sie ist ein Fossil aus der Zeit des "Kalten Krieges", ein Instrument der Rüstungskonzerne und deren Lobby-Einrichtungen im Westen, welche die Zukunft des Westens, insbesondere Europas massiv gefährdet. Es obliegt den Wählern im Westen, den mündigen Staatsbürgern, die innenpolitischen Verhältnisse so zu beeinflussen, dass kritische Stimmen in Zukunft stärker vernehmbar sind.

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