Wladimir Putin war 47 Jahre alt, als er zum Präsidenten des größten Flächenstaates der Welt aufstieg. Jetzt plant der Präsident Russlands noch bis 87 im Amt zu bleiben. Seit 1999 regiert Putin nun, entweder als Präsident oder als Ministerpräsident Russlands.

Schon Napoleon Bonaparte, dessen geopolitische Formulierungen noch heute gestochen scharf erscheinen, formulierte einst: “La Russie, cet immense pays, sera toujours gouverné par son poids et par le hasard.“ – „Russland, dieses riesige Land, wird stets durch sein gewaltiges Eigengewicht und durch den Zufall regiert werden.

Sicherlich, diese Aussagen entstammen einer schon untergegangenen Epoche, sie beinhalten aber angesichts der bevorstehenden Gesetzesänderung in Moskau eine hohe Aktualität.

Dieser Tage hat das Parlament in Moskau - bei null Gegenstimmen, aber 44 Enthaltungen und 382 Jastimmen - die Voraussetzungen dafür eingeleitet, dass Putin Russland noch weitere 16 Jahre regieren kann.

Auf Roosevelts Spuren?

Putin selbst hatte im Januar eine die gesetzlichen Rahmenbedingungen seiner Amtszeit betreffende Änderung ins Spiel gebracht. Nach bisheriger Gesetzgebung müsste er sonst 2024 sein Amt aufgeben.

Reinhard Lauterbach schreibt dazu in der Jungen Welt:

Putin argumentierte in seiner Rede etwas »um die Ecke«. Er sei ja durchaus ein Anhänger des regelmäßigen personellen Wechsels in höchsten Staatsämtern. Aber diese Bestimmung sei angemessen für stabile Verhältnisse. Unter den Bedingungen äußerer Krisen dagegen könne die Stabilität des Landes Vorrang haben. Putin bezog sich dabei auf das Beispiel der USA, wo Präsident Franklin D. Roosevelt vier Amtszeiten nacheinander regiert habe – von der Weltwirtschaftskrise bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Auch Russland, so der Präsident, sei derzeit Angriffen von außen ausgesetzt und durchlebe zudem wirtschaftlich turbulente Zeiten.

Der Hinweis auf den ehemaligen US-Präsidenten Roosevelt ist interessant. Zum einen, weil dieser schon öfter in der langen Amtszeit Putins als Inspirationsquelle des Kreml lanciert wurde, andererseits da dieses zeitgemäß erscheint, angesichts der erneuten Krisenmeldungen, von denen das Weltwirtschaftsgeschehen dieser Tage zweifelsohne geprägt ist.
 
Nach dem Börsensturz von 1929 gelang es dem neuen US-Präsidenten Roosevelt zu Beginn der 1930er Jahre die Katastrophe zumindest einzudämmen, während sein Vorgänger Herbert C. Hoover noch bis zuletzt geschwafelt hatte ”Business as usual, prosperity is around the corner”.

Die ökonomische Stabilisierung der Roosevelt-Politik war allerdings nicht dauerhaft. Ein Rückfall in die Rezession wurde nur durch das zunehmende Engagement der USA in die Kriegswirren Europas, bis hin zum Kriegseintritt Ende 1941 und die damit verbundene Ankurbelung einer gigantischen Rüstungsindustrie überwunden.

Putin - ein Schüler von Keynes

Dass sich Putin zumindest staatlichen Eingriffen in die Wirtschaft verpflichtet fühlt, ohne marktwirtschaftliche Elemente auszuschalten oder gar die abstrusen Dogmen des Sowjetkommunismus zu wiederholen, zeigt sich schon seit dem Beginn seiner Amtszeit.

Angesichts des Absturzes des Ölpreises, sowie der Tatsache, dass Russland eine Übereinkunft mit der OPEC platzen ließ, könnte der Rubel unter Druck geraten, in Moskau sieht man dem jedoch mit Gelassenheit entgegen.

2014, als es zu einem dramatischen Kursverfall des Rubels kam, worauf sich der Wechselkurs der russischen Währung nahezu halbierte, profitierte die heimische Industrie. Die preisliche Aufwertung von Importprodukten führte zu einer verstärkten Nachfrage nach einheimischen Waren und Gütern.

Überhaupt scheint die russische Wirtschaftspolitik heute eher von den Lehren des Keynesianismus geprägt als die wirtschaftspolitischen Thesen der Sozialdemokratie im Westen, wo er ursprünglich beheimatet war. Die Förderung „nationaler Projekte“, die Bereitschaft staatliche Eingriffe zur Ankurbelung der Volkswirtschaft zu vollziehen, entzieht sich dem von Washington vorgegebenen Börsen-Kapitalismus.

„Was bedeutet das konkret für mich!?“

Gerade in Zeiten der Corona-Krise zeigt sich, dass die Unterwerfung des Gesundheitssystems unter die Zwänge einer gewinnorientierten Unternehmensdoktrin die wirtschaftliche und soziale Stabilität der betreffenden Gesellschaften ruiniert.

Es wäre daher vielleicht wünschenswert, wenn der alte lateinische Ausspruch “Ex oriente lux“ – „Aus dem Osten kommt das Licht“ - zumindest in der Wirtschaftspolitik - wieder eine gewisse Gültigkeit zurückgewinnt.

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