Ein Artikel, den das US-Magazin Time am Montag veröffentlichte, sorgt für Aufsehen.

Demnach beurteilt ein Teil von Wolodymyr Selenskyjs engster Umgebung in Kiew den Präsidenten inzwischen als abgehoben und beratungsresistent. Er habe sich in die Idee verrannt, den Krieg gewinnen zu müssen, obwohl es auf der Hand liege, dass der Ukraine die Möglichkeiten dafür schwinden.

Basierend auf Insiderinformationen erwähnt der Bericht auch Fälle von offener Befehlsverweigerung durch ukrainische Kommandeure. Im Donbass sei auf einen Angriffsbefehl die Gegenfrage gekommen: „Womit denn?“

Mangel an Waffen und Soldaten

Der Armee mangelt es an Waffen vor allem aber an Soldaten. In Selenskyjs engem Umfeld grassiert dem Artikel zufolge auch die Angst, dass die ukrainische Bevölkerung für neue Stromausfälle und Heizungsstörungen im kommenden Winter nicht mehr Russland, sondern die unzureichende Vorsorge der eigenen Regierung anlasten wird.

Die ukrainische Großoffensive ist gescheitert

Fakt ist, rund vier Monate nach dem Beginn ihrer Großoffensive haben die ukrainischen Streitkräfte weder den Durchbruch der russischen Verteidigungslinien noch ein anderes ihrer gesetzten Ziele erreicht. Im Gegenteil scheinen sie die Initiative auf dem Schlachtfeld endgültig verloren zu haben.

Dafür sind es eher die russischen Truppen, die ihre Stellungen halten und ausbauen und eventuell höchstwahrscheinlich eine strategische Offensive vorbereiten.

Sicher, die Ukraine konnte weitere territoriale Verluste bislang vermeiden - trotzdem zeigen sich die westlichen Geldgeber und Waffenhändler zunehmend pessimistisch. Ursache hierfür sind womöglich Anzeichen für einen baldigen Zusammenbruch der ukrainischen Streitkräfte, die die Frontlinie nicht werden halten können. Schon in den vergangenen Monaten wuchsen die Spannungen zwischen Brüssel und Kiew. Siehe auch: Ukraine-Krise: Selenskyj stellt der NATO ein Ultimatum

Während in Washington und den militärischen Stäben der NATO eine nüchterne und realistische Einschätzung die Oberhand gewinnt, bezüglich des Krieges in der Ukraine, verkündet Verteidigungsminister Boris Pistorius Durchhalteparolen.

Am Dienstag nutzte der SPD-Minister sowohl Rundfunk als auch Fernsehen, um seine Parole zu verbreiten, die deutsche Gesellschaft müsse mental kriegsbereit gemacht werden. Im ZDF postulierte Pistorius am Sonntag wörtlich „Wir müssen kriegstüchtig werden. Wir müssen wehrhaft sein. Und die Bundeswehr und die Gesellschaft dafür aufstellen“.

"Was heißt das konkret für mich!?“

Es sieht so aus als würde das „Auf in den Kampf“-Geschrei bald den stilleren Tönen der Verhandlung weichen. Verhandlungen sind der erste Schritt zu einem Waffenstillstand und der Anfang vom Ende der Kriegshandlungen. Ein erster schwacher Hoffnungsschimmer für die Menschen im Kriegsgebiet, deren Familien zu Hause und auch für uns, dass einer der aktuell gefährlichsten Krisenherde, die uns derzeit belasten, sich in den kommenden Monaten abschwächen könnte.


"Das Zeitalter der Idiotie", lautet der Titel meines neuen Buches, welches dieser Tage erschienen ist. Die in dem Buch versammelten Reportagen von allen Erdteilen offenbaren zum einen, wie man dort unseren Kontinent Europa wahrnimmt. Zum anderen: Der Westen hinterließ vielerorts materielle wie moralische Trümmer beim Missionieren. Und darum ist sein Wirtschafts- und Lebensmodell für viele Länder zunehmend uninteressanter. Sie suchen nach neuen Wegen und lassen dabei nicht nur Europa links liegen.

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