Deutschland steckt schon mitten in einer Rezession. Doch was ist das im Vergleich zu dem, was gerade in der Kaufhaus-Branche passiert? Die Creme de la Obercreme ist pleite: Das Oberpollinger in München, das KaDeWe in Berlin und auch das Alsterhaus in Hamburg. Der Betrieb geht vorerst weiter. Man muss neues Geld auftreiben, die Schulden loswerden und neue Investoren finden. Die alten Investoren haben die Unternehmungen ausgesaugt, sich bedient und sind jetzt selbst pleite. Der Wirt aber hat seine Schuldigkeit getan. Vielleicht sind die auch nicht pleite, sondern machen einfach nicht mehr auf?
Nein, den Kauftempeln geht es schon länger nicht mehr gut. Vorbei sind die Zeiten, in denen man noch betreut einkaufen konnte. Dafür denken wir ja inzwischen betreut. Brauchen wir wirklich Kaufhäuser? Sicherlich nicht. Es gibt so viel Schnickschnack, den wir wirklich nicht benötigen, der aber irgendwie so schön ist.
Alles unter einem Dach zu haben, war etwas wie Amazon zum Anfassen und kommunikativer als das Internet. Ein Rührknetstampfer, der Schnittlauch schneidet, Düfte, nach denen nicht jeder riecht und irgendwas mit Beauty. Herrlich! Am Schluss gab es einen Absacker mit Austern, wie im KaDeWe.
Die Kaufhäuser waren schon länger krank. Erst kam Corona, dann hatten die Leute wegen der Inflation zu wenig Geld übrig. Die Russen blieben aus und vielleicht fehlt den Leuten wirklich das Geld für das, was man sich früher noch leisten konnte. Außerdem ist das Meiste im Internet viel billiger.
Muss man heute noch umständlich in die Stadt fahren? Dann findet man keinen Parkplatz. Und wenn, kostet der ja auch schon ein Vermögen. Erstaunlich, dass die KaDeWe-Gruppe den Umsatz im Vergleich zu den Vor-Corona-Zeiten um 24 Prozent auf 728 Millionen Euro steigern konnte, wenn da nicht die Kosten gewesen wären...
Werden die Innenstädte überleben? Sicher! Nur werden die künftig anders aussehen. Vielleicht etwas mehr nach Kalkutta, Istanbul oder Detroit.
Ausgesaugt und ausgelaugt
Die Investoren trieben ein mieses Spiel: Die verschleuderten das Tafelsilber wie Immobilien an Heuschrecken. Karstadt hat seine Immobilien verkauft und die Flächen dann teuer zurückgemietet. Von wegen ortsüblich! Es waren maximale Mieten. Die Investoren molken der Kuh ihre Milch des nächsten Monats ab, bis sie zusammenbrach. Das Geld war nicht weg. Es hatten nur andere.
Die armen Mitarbeiter standen ohnehin nur am Ende der Nahrungskette, getrieben von wenig Forderungen und viel Hoffnung, dass man sie in den Fachabteilungen brauchen würde. Die Chefs dagegen nahmen gerne mal den Hubschrauber, wenn sie auf dem Weg waren, Steuergelder einzuwerben.
Die Linken kamen jetzt auf eine grandiose Idee: So soll dem „Kaufhaus des Westens“ als Konsumgenossenschaft nach DDR-Vorbild wieder neue Strahlkraft eingehaucht werden. An der Kasse konnte man damals „Marken“ sammeln und diese in ein Heftchen einkleben. Am Ende des Jahres bekam man etwas ausgezahlt. Das klingt fast nach etwas wie „Good bye, Lenin!“
Für ein Kaufhaus des Ostens sind wir Ossis damals nicht auf die Straße gegangen. KONSUM hieß übrigens damals in der DDR: „Kaufe Ohne Nachzudenken Schnell Unseren Mist“. Man verkaufte dort zwar oft Mist, aber mit Stil! Jetzt muss man wieder Konzepte finden, vielleicht auch wieder Staatsknete oder ein paar Sondervermögen.
Mit mehr Planwirtschaft gibt es sicherlich weniger Insolvenzen. Nein? Sollte sich das DDR-Konzept für das KaDeWe irgendwie durchsetzen, hat der Sozialismus schon wieder ein Stück gewonnen. Wenn das der alte Erich sehen könnte…
Kommentare
Bei Karstadt in Lübeck war es vor ein paar Wochen exakt so; die Pleite kam etwas später. :D
KaDeOst passt wunderbar zum thailändischen Eigentümer.
"Die Russen blieben aus"
Die Schuldfrage wäre somit geklärt. Dafür sollte man denen gleich noch ein Sanktionspaket überbügeln.
Die Liquidität springt dadurch nach oben.
Zusagen, wie lange das Unternehmen dadurch erhalten bleibt: Fehlanzeige.
Es gibt zig Beispiele mittlerweile für diese Methode zu lasten der Allgemeinheit.
Für die Mitarbeiter gilt: Besser unsicher beschäftigt, als sicher arbeitslos. (Sarkastischer Kommentar eines oberschlauen Juristen während einer von Insolvenz betroffenen, internen Mitarbeiterversammlung), zu gut deutsch: Klappe halten, weitermachen.
Kapitalgeber / Investoren und auf Insolvenzrecht spezialisierte Kanzleien sind die Profiteure. Läuft.
Im Gegensatz zum Westen wurde die DDR nicht mit Marshall-Plan gepampert.
Und wenn man die Umstände betrachtet, dass nach dem Krieg und unter Bezugnahme der Reparationen in 40 Jahren das entstanden ist, können die DDR Bürger Stolz sein.
Die Rahmenbedingungen wurden auch nicht durch deutsch-türkische Staatsverträge zum Behebung des Fachkräftmangels optimiert. Die gesamte Bevölkerung arbeitete, musste.
Und für die Kursichtigen, mit dem Eintritt der Frauen ins Arbeitsleben stieg die Anzahl der arbeitslosen Männer.
Den Kaufhäusern kann und wird geholfen werden. Geld ist genug da, es muss nur noch gelenkt werden. Und wie lenkt man Geld an die richtige Stelle? Mit Subventionen. Stirbt das KaDeWe, stirbt der Ku´Damm und das wird nicht passieren. Wer braucht schon ein zweites Wedding.