Dann werden Kredite wieder teurer und Ersparnisse werfen dann immer noch keine Zinsen ab. Die „armen“ Banken wissen solche Umstände sehr gut für sich zu nutzen, wie die Mineralölkonzerne den Tankrabatt. Der Zinsschritt wird weder die Inflation senken, noch die Rezession abwenden.

Die EZB gibt sich unschuldig. Irgendwann musste sie aber reagieren. Die Frage ist aber, wie stark die Zinsen wirklich steigen können, da sie auf die Südländer Rücksicht nehmen muss, denn die Euroländer sind zu verschieden, dass eine Zinspolitik für alle das schwächste Glied in der Kette reißen lassen würde. Nun, bald ist ja auch die Ukraine mit dabei, wenn nichts dazwischenkommt. 

Je länger die Zinsen so krass unter der Inflationsrate verharren, desto schneller schmilzt die Last der Staatsschulden wie Eis in der Sonne oder Politikerversprechen in der Realität. Das wäre ein Plan! Dass dabei die Ersparnisse ebenso schnell draufgehen, ist der Preis, den die Sparer für diese Art von „Stabilität“ zu zahlen haben, geht es doch ums Große und Ganze. Auf dem Konto ändern sich zwar nicht die Zahlen, wäre Kaufkraft aber brennbar, könnte keine Feuerwehr diese Feuersbrunst löschen. Eine Wasserpistole muss vorerst reichen.

Christine Lagarde bzw. Madame Inflation wies darauf hin, dass kein Modell die gegenwärtigen Entwicklungen vorhergesagt hätte. Nein? Man hätte sogar jeden Stein umgedreht, um die Fehler in den Prognosen zu finden. Dominosteine? Vielleicht taugen die Modelle nichts, wenn trotz Feuer unterm Dach kein Rauchmelder anspringt. 

Oder hat der Rauch der immer kürzer werdenden Zündschnur, nicht nur der kleinen Leute, die EZB aufgeweckt? Nein, die Modelle oder rotierenden Wegweiser konnten nichts erkennen, da es mit oder wegen Corona keine klassische Rezession gab, sondern einen Abriss der Wirtschaft aufgrund staatlich befohlener Lockdowns, also Neuland. 

Fakt ist, dass die großen Zentralbanken die Geldmengen extrem ausgeweitet haben, was den eigentlichen Begriff der „Inflation“ beschreibt. Dass die Teuerung die Folge dabei sein würde, die an den Finanzmärkten und dann auch in den Geldbeuteln der Leute ankommt, stand fast so fest wie das Amen in der Kirche. Nun haben wir den Salat. 

Nach europäischer Berechnungsmethode ist die Inflation im Mai um 8,7 Prozent gestiegen, nach deutscher Berechnungsmethode um 7,9 Prozent. Lebensmittel sollen binnen Jahresfrist um 8,6 Prozent teurer geworden sein. Wer glaubt das? Nur diejenigen, die nicht selbst einkaufen gegen müssen.

Was kommt als Nächstes?

Geld wird teurer. Steigt der Zins um ein Prozent, würde das die Zinslast in der Eurozone um drei Prozent vom BIP erhöhen. Die Erwartungshaltung der Märkte spiegelt sich an den steigenden Renditen der Anleihen wider. So sind die Renditen für zehnjährige Anleihen inzwischen auf 1,49 Prozent gestiegen. Die der Südstaaten noch weit höher. Immobilienkredite mit zehn Jahren Zinsbindung rentieren bei 2,8 Prozent. Im Tief hatten sie 2022 das Niveau von 0,62 Prozent erreicht. 

Der Einbruch der Immobilienaktien an den Börsen, ein vermeintlich sicherer Hafen, wirft einen dunklen Schatten auf das, was noch kommen könnte. Die Vermögenswerte sind unter Druck gekommen, fehlt es noch an Treibstoff der billigen Gelddrogen. 2022 entpuppt sich jetzt schon als schwieriges Jahr.

Erinnern Sie sich noch an die gute Frau Yellen? Die frühere FED-Chefin und heute US-Finanzministerin sagte, die würde nichts anders machen, wenn sie zurück in der Zeit reisen könnte. Nein, das hat sie ein Reporter gefragt, nicht Gott. 

Nun sagen die EZB-Modelle voraus, dass sich die Wirtschaft stärker abkühlen wird bei, oh Wunder, noch höherer Inflation als bisher orakelt. Wie peinlich, wenn eine Zentralbank binnen sieben Monaten ihre Inflationsprognose von 1,7 auf jetzt 6,8 Prozent anheben muss, also der Realität nachrennt, die sie selbst mit geschaffen hat. Für 2023 erwartet man eine Teuerungsrate von 3,5 (bisher 2,1) Prozent und 2024 dann von 2,1 Prozent (bisher 1,9) - gewürfelt oder geschüttelt.

Diese Fernrohre taugen höchstes für den Restmüll und die oberste Heeresleitung für einen Minuseintrag ins Geschichtsbuch der Geldpolitik. Würfeln und Raten wäre einfacher und genauer gewesen. Oder mal vor die Tür gehen, frische Luft schnappen. Nein, es ist zu wenig und es ist zu spät. An die Sache müssten Experten ran - und nicht eine Frau Lagarde und ihre Kollegen.

„Was bedeutet das für mich konkret?!“

Man kann nicht so viel trinken, wie man weinen müsste. Die fetten Jahre sind vorbei. Für viele schon länger, wenn es diese fetten Jahre überhaupt gab. Aus dem schneller, höher und weiter wird ein langsamer, tiefer und kürzer. Wir können wohl wenig machen, außer uns den Gegebenheiten anpassen: Kaufkraft sichern, Ausgaben einschränken und mehr Lohn und Gehalt fordern. Und die Goldpreise beobachten.

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