Spätestens, als die Experten dort die BIP-Prognose für dieses Jahr noch weiter nach oben schraubten, war klar, dass eine Rezession eine ausgemachte Sache sein musste. Zumindest klingt „technisch“ so harmlos wie die Betriebsanleitung für eine Kaffeemaschine.

Jetzt haben wir es also schwarz auf weiß. Man sollte für 2023 nicht zu viel erwarten. Unseren europäischen Nachbarn geht es in der Hinsicht wohl etwas besser. Sie scheinen etwas anders oder besser zu machen als wir.

Hierzulande flackert die Ampel gewaltig bei ihrem Bemühen, alle Verunsicherungen zu bedienen. Was die Leute nicht wollen, bekommen sie. Ist das nur Zufall? Wöchentlich wird uns inzwischen von namhaften Instituten attestiert, dass wir uns wie vor 20 Jahren wieder erfolgreich zum kranken Mann Europas empor gearbeitet haben, wir den Anschluss verlieren und die ausländische Presse Witze über uns Deutsche macht.

Wie merkt man eigentlich eine technische Rezession? Eigentlich gar nicht. Einen echten Aufschwung gab es schon länger nicht mehr. In immer mehr Geldbörsen regiert bereits die Rezession. Zwar wuchsen auf den Gehaltszetteln im ersten Quartal die Zahlen um 5,6 Prozent, doch abzüglich der Inflation bleibt laut Statistischem Bundesamt ein realer Lohnverlust von 2,3 Prozent übrig. Es sieht nach mehr aus, ist aber weniger. Warum wundern sich eigentlich Experten, wenn die Konsumenten in Anbetracht dessen mit ihren Ausgaben knausern?

Unterdessen ist die Inflation nach offizieller Lesart im Mai nur noch um 6,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Hurra? Das ist das Dreifache des von der EZB angestrebten Ziels. Teures wird weiter noch teurer. Entgegen der Anmutung mancher Überschriften sind die Preise ja nicht gesunken, sondern gestiegen. Das 49-Euro-Ticket hat dabei geholfen, hieß es. Gut, dass das 9-Euro-Ticket nicht verlängert wurde. Sonst hätten wir ja längst schon Deflation. Und von 1.000 gesparten Euro sind nach einem Jahr 61 Euro verdampft. Wen müsste man zur Anzeige bringen?

Was sagt die Börse? Erst einmal noch wenig. Der DAX tänzelt weiter um die 16.000er-Marke herum. Die Wirtschaftsdaten trüben sich ja nicht nur hierzulande ein. Erst einmal wurde aber die Einigung bezüglich einer Anhebung der US-Schuldengrenze gefeiert. Auf ein paar Billionen US-Dollar mehr oder weniger Schulden kommt es inzwischen auch nicht mehr an.

Expertenschätzungen zufolge werden heute mit 1,90 US-Dollar neuen Schulden ein US-Dollar an BIP produziert. Trotz Vollgas fährt der Wagen nur noch 40 Stundenkilometer. Bald rückwärts?

Im großen Bild zeigen sich die US-Börsen stabil, doch die Indizes werden nur noch von acht großen Technologiewerten gestützt. Bei den anderen Unternehmen wirkt das Gift der jetzt höheren Zinsen, was mit einer Verzögerung wirkt wie der Biss einer Kobra bei ihren Opfern.

Und nein, die Zinsen sollen sogar noch weiter steigen, hört man aus den Notenbanken. Erstaunlicherweise befürworten das die nicht stimmberechtigten Mitglieder der US-Notenbank. Der Rest schweigt derzeit.

Solange die Hoffnung auf eine Zinspause und künftige Zinssenkungen im Markt bleibt, haben es Kursstürze erst einmal schwer. Manchmal sind die Notenbanken blind und manchmal auch taub. Oftmals sind sie sogar beides.

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