Wer seine Blicke in den vergangenen Wochen um die Welt schweifen ließ, wurde sich darüber gewahr, dass bei Weitem nicht so viele Nationen und Staatsregierungen ihre Bereitschaft an den Tag legten, deren jeweils bilateralen Handel mit der Russischen Föderation aufgrund der durch die USA und den Westen verhängten Sanktionen einzustellen.

Vielmehr zeigte sich, dass die westlichen Sanktionen, angefangen bei den BRICS-Nationen Mexiko und Brasilien über die Volksrepublik China sowie Indien bis hin zu einer ganzen Reihe von afrikanischen und zentralasiatischen Staaten, nicht befolgt, geschweige denn zur Kenntnis genommen worden sind. Von einer Behandlung der Russischen Föderation als Paria-Staat kann aus deren Blickwinkel bislang keine Rede sein.

Einer der größten Rohstofflieferanten der Welt

Als sonderlich verwunderlich erweist sich diese Entwicklung nicht, weil die Russische Föderation zu den größten Rohstofflieferanten der Welt gehört. Insbesondere angesichts der sich akut verschärfenden Lage im Bereich der globalen Lieferketten und einer allgemein zu beobachtenden Rohstoffknappheit erweist es sich aus Sicht vieler nicht dem westlichen Block zugehörigen Länder schlichtweg als unmöglich, auf russische Rohstofflieferungen zu verzichten.

Wer sich angesichts des eskalierenden Konflikts zwischen dem Westen und Russland ruhig verhält, um den eigenen Rohstoffgeschäften auch weiterhin in gewohnter Weise nachzugehen, verhält sich einfach auf eine neutrale Weise, so wie beispielsweise der Subkontinent Indien, um davon abzusehen, die Russische Föderation für deren völkerrechtswidrigen Einmarsch in die Ukraine zu verurteilen.

Andererseits heißt es seitens der Moskauer Kreml-Regierung inzwischen ganz offen, dem Westen nicht mehr zu vertrauen. Aus eben jenem Grund wurde hier vor Kurzem gemutmaßt, dass es nicht mehr allzu lange dauern könnte, bis sich die Vereinigten Staaten und deren westliche Verbündete zu einer potenziellen Verhängung von Zweitsanktionen gegenüber Nationen, welche sich dem eigens verhängten Regime nicht zu unterwerfen beabsichtigen, kommen könnte.

Erwartungsgemäß würde unser ohnehin bereits stark angeschlagenes Weltwirtschaftssystem in einem solchen Fall noch ein wenig mehr Schlagseite nehmen. Doch vielleicht mag dies unter Berücksichtigung der vielerorts anhaltenden Reset-Diskussionen auch exakt eines der durch die herrschende Klasse verfolgten Ziele sein. Wer weiß das schon so genau?

Krieg in der Ukraine dauert an

Konstatieren lässt sich nach nunmehr zwei Monaten Krieg in der Ukraine, dass die westlichen Sanktionen bisher nicht dazu angetan waren, die Moskauer Kreml-Regierung in deren inneren Kern zu destabilisieren. Auch der russische Rubel hat im Verlauf der letzten Wochen eine nicht in diesem Ausmaß zu erwartende Rally gegenüber dem US-Dollar aufs Parkett gelegt.

Auf die hiermit in Verbindung stehenden Aspekte wurde in vorherigen Berichten zu diesem Thema bereits hinlänglich eingegangen. Die Verabschiedung von westlichen Folgesanktionen gegenüber den weltweit größten Sanktionsbrechern, allen voran der Volksrepublik China, dürfte aus diesem Blickwinkel betrachtet eigentlich nur noch eine Frage der Zeit sein.

Eine solche Entscheidung droht aus Sicht Amerikas jedoch nicht nur sehr kostspielig, sondern zudem auch gefährlich zu werden, weil es hierauf nicht lange dauern dürfte, bis sich weitere Länder dem sich ohnehin stark beschleunigenden Prozess der sogenannten De-Dollarisierung anschließen werden.

Der US-Dollar erweist sich einerseits als jener Sockel, auf dem das amerikanische Imperium und dessen Hegemonialanspruch fußen, während der US-Dollar gleichzeitig allerdings auch eben jene Achillesferse bildet, die diesen Anspruch zu Fall zu bringen droht.

Den Bogen nicht überspannen

Allzu weit darf sich die US-Regierung also wohl nicht mehr aus dem Fenster lehnen, um nicht Gefahr zu laufen, dass es ab einem gewissen Zeitpunkt vielleicht sogar zu einem offenen US-Dollar-Boykott in bestimmten Ländern dieser Erde kommen könnte.

Würde ein ohnehin bereits seit vielen Jahren mächtig überdehntes US-Imperium sich dazu in der Lage sehen, an mehreren Fronten gleichzeitig Krieg auf dieser Welt zu führen, um den US-Dollar, komme was wolle, mit allen Mitteln zu verteidigen? Wohl kaum.

Sowohl die Russische Föderation als auch die Volksrepublik China sind im Vergleich mit gestürzten Potentaten im Irak (Saddam Hussein) oder in Libyen (Muammar Gaddafi) absolute Schwergewichte auf der internationalen Bühne, was vor allem noch mehr gilt, wenn diese beiden Nationen zusammenstehen, wonach es aussieht.

Keineswegs auszublenden bleibt, dass angesichts der voranschreitenden Herausbildung einer multipolaren Welt ein neu heranwachsender Block im Osten zu entstehen scheint, angeführt durch die Volksrepublik China und die Russische Föderation – und somit jene beiden Länder, die sich unter anderem im Zusammenschluss der Shanghai Cooperation Organization (SCO) als federführend erweisen.

Um den Hegemonialansprüchen der Vereinigten Staaten in Zentralasien und dem Rest der Welt entgegenzuwirken, wissen die Volksrepublik China und die Russische Föderation eine Vielzahl an Nationen nun schon seit mehreren Jahren als Kooperationspartner auf der eigenen Seite.

Sanktionen treffen stets nur die Durchschnittsbevölkerung

Wer nach Beobachtungen in den vergangenen Jahren noch immer der Ansicht sein mag, dass eine Sanktionierung von Nationen irgendwann von Erfolg gekrönt sein wird, sollte sich nur einmal die damit gemachten Erfahrungen in Bezug auf den Iran ins Gedächtnis rufen.

Schon die Teheraner Regierung führte über die letzten Jahre klar vor Augen, dass der Iran Mittel und Wege gefunden hat, um sich der harten Sanktionierung der Vereinigten Staaten zu entziehen. Ähnliche Beobachtungen ließen sich auch in Bezug auf Venezuela anstellen. Was hingegen deutlich wurde, ist, dass es vor allem die Ottonormalbevölkerung ist, die unter einer Verhängung von Sanktionen am schwersten leidet.

Es stellt sich aus diesem Blickwinkel die Frage, wie jene gegen die Russische Föderation verhängten Sanktionen des Westens von Erfolg gekrönt sein sollen, wenn ganz abgesehen davon weite Teile der Welt – allen voran die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union – von russischen Energielieferungen extrem stark abhängig sind?!

Wie dem auch sei, was eine mögliche Verhängung von Zweit- beziehungsweise Folgesanktionen gegenüber anderen kooperationsunwilligen Nationen anbelangt, so las sich eine über das Osterwochenende publizierte Meldung recht interessant.

CNOOC bereitet sich auf Zweitsanktionen vor

Unter Bezugnahme auf einen Bericht der Nachrichtenagentur Reuters träfe Chinas größter im Ausland aktive Rohöl- und Gaskonzern CNOOC nämlich momentan Vorbereitungen, um die eigenen Aktivitäten in Kanada, den Vereinigten Staaten und Großbritannien an den Nagel zu hängen – und sich aus diesen Jurisdiktionen zurückzuziehen.

Ganz offensichtlich überwiegen aus Sicht des Firmenmanagements die Bedenken, wonach die in diesen Jurisdiktionen durch CNOOC gehaltenen Vermögenswerte möglicherweise schon bald ins Fadenkreuz einer Verhängung von westlichen Sanktionen rücken könnten.

Mit anderen Worten heißt das, dass eines der größten und wichtigsten Unternehmen der Volksrepublik China die Entscheidung getroffen zu haben scheint, sich von selbst aus den drei erwähnten Jurisdiktionen zurückzuziehen, bevor dies irgendwann gezwungenermaßen der Fall sein könnte.

Rohstoffexperten und internationalen Beobachtern fällt es schwer, in dieser Entwicklung irgendetwas Gutes zu erkennen. Ganz im Gegenteil könnten sich die globalen Probleme aufgrund einer solch möglicherweise zu treffenden Entscheidung noch zusätzlich verdichten.

Washingtons eindringliche Warnung in Richtung Chinas

Vor Beginn des langen Osterwochenendes hatte die politische Führung der Vereinigten Staaten die Pekinger Regierung davor gewarnt, unter Umständen ernsthaften Konsequenzen ins Auge zu blicken, falls das Reich der Mitte der Russischen Föderation dabei behilflich sein sollte, die durch den Westen verhängten Sanktionen zu umgehen.

Zum selben Zeitpunkt erging seitens der Washingtoner Regierung die offen ausgesprochene Warnung in Richtung Pekings, wonach es zu einer Verhängung von ähnlichen Sanktionen gegenüber der Volksrepublik China durch die USA und den Westen im Fall einer Invasion von Taiwan kommen sollte.

In dem oben verlinkten Bericht von Reuters heißt es, dass der chinesische Staatskonzern CNOOC vor rund einer Dekade mittels des Kaufs des kanadischen Unternehmens Nexen für einen Betrag von umgerechnet fünfzehn Milliarden US-Dollar Schlagzeilen gemacht habe.

Angesichts dieses damaligen Geschäftsabschlusses, welcher CNOOC Zugang zum britischen, kanadischen und amerikanischen Energiemarkt verschafft habe, sei der Konzern zu einem der weltweit führenden Energieproduzenten aufgestiegen.

Zu den besagten Vermögenswerten, von denen sich CNOOC nun augenscheinlich zu trennen beabsichtigt, gehören neben großen Erdölfeldern in der Nordsee unter anderem auch aktive Förderfelder im Golf von Mexiko sowie diverse Ölsandprojekte in Kanada.

Immerhin resultiert aus allen Projekten zusammengenommen ein Ölförderäquivalent in Höhe von rund 220.000 Fass pro Tag. Umso überraschender erweist es sich, wonach CNOOC unter Bezugnahme auf Reuters inzwischen die Bank of America damit beauftragt habe, einen neuen Käufer für die betriebenen Nordsee-Projekte zu finden.

CNOOC: Relisting an Festlandbörse Shanghai steht bevor

Ende April beabsichtigt CNOOC den Gang an die Shanghaier Festlandbörse. Vor diesem IPO erweckt es den Eindruck, als ob noch eine ganze Reihe von anderen international betriebenen Projekten auf den Prüfstand zu kommen scheinen. Angemerkt sei an dieser Stelle, dass CNOOC im Oktober letzten Jahres ein Delisting von der US-Börse hinter sich gebracht hatte.

Des Weiteren scheint der gewählte Zeitpunkt für einen Verkauf von in Europa und auf dem nordamerikanischen Kontinent betriebenen Energieprojekten angesichts der anhaltenden Preisrally an den internationalen Rohölmärkten alles andere als schlecht gewählt zu sein.

Insbesondere westliche Käufer dürften an einem potenziellen Erwerb der zu veräußernden Projekte Interesse hegen, um die heimische Ölproduktion mit dem Ziel einer Substitution von russischen Energielieferungen zu erhöhen.

CNOOC hat bereits neue Projekte im Visier

Sich aus den westlichen Energiemärkten zurückziehend, hat CNOOC bekanntgegeben, neue Energieprojekte in Lateinamerika und auf dem afrikanischen Kontinent akquirieren zu wollen. Dabei stünde eine Erschließung von diversen Großprojekten in Brasilien, Guyana und Uganda in den Überlegungen von CNOOC an vorderster Stelle.

CNOOC scheint vor allem auch einen vorherigen Ausstieg aus den im Golf von Mexiko betriebenen Förderprojekten anzustreben. Neben einer möglichen Sanktionsverhängung gibt es hierfür auch noch andere Gründe.

Denn schon seit Jahren habe sich das Management von CNOOC darüber beschwert, dass es den eigenen Mitarbeitern – einschließlich des Unternehmensmanagements – aufgrund von strikten Sicherheitsüberprüfungen durch die amerikanischen Behörden nicht selten unmöglich gemacht worden sei, überhaupt in die Vereinigten Staaten einzureisen.

Seitens CNOOC wurde daraufhin die Frage aufgeworfen, wie es angesichts eines solchen Umfeldes überhaupt möglich sein solle, vornehmlich Tiefwasserprojekte im Golf von Mexiko zu betreiben, zumal dem eigenen Spitzenpersonal der Zugang zu diesen Projekten verwehrt worden sei.

Spätestens als CNOOC unter der Präsidentschaft von Donald Trump dann auch noch auf eine schwarze Liste gesetzt wurde, dürfte die Entscheidung zu einer Aufgabe dieser Projekte in der Konzernzentrale gefallen sein.

Doch nicht nur das. Laut Reuters habe CNOOC in jenem dem bevorstehenden Börsengang in Shanghai zugrundeliegenden Prospekt darauf aufmerksam gemacht, möglicherweise ins Visier einer Verhängung von zusätzlichen Sanktionen des Westens zu geraten.

An den globalen Finanzmärkten haben die Ausführungen und Warnungen von CNOOC dazu geführt, Diskussionen aufkommen zu lassen, ob und welche Maßnahmen die Volksrepublik China ergreifen könnte, um die eigene Staatsführung als auch heimische Konzerne ins Visier einer Verhängung von westlichen Zweitsanktionen geraten zu lassen.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt Bezug auf einen Bericht auf der Finanzseite Zerohedge.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Die Antwort auf diese Frage wird wohl ganz einfach sein. Zu rechnen ist damit, dass sich die Pekinger Staatsführung unter aller Voraussicht nicht Willens zeigen wird, a) mit den USA und dem Westen in Sachen Sanktionen zu kooperieren und b) keine Anstalten erkennen lassen wird, den russischen Partner fallenzulassen.

Dafür scheinen beispielsweise auch die Pläne zu einer angedachten Integration der Zahlungs- und Transaktionssysteme nebst einer Integration von Bankenkommunikationsnetzwerken in den BRICS-Nationen, allen voran in China und Russland, zu weit fortgeschritten.

Eine multipolare Welt erfordert eine multipolare Infrastruktur, deren Aufbau im Osten und anderen Teilen der Welt unabhängig von dem westlich dominierten Weltfinanzsystem nun gefordert zu werden scheint.

Es bleibt spannend, wie diese Geschichte und Entwicklung letztendlich ausgehen wird. Aus Sicht des Westens steht nichts anderes als eine jahrzehntelang ausgeübte Dominanz über das bestehende System auf dem Spiel.

Werden im Osten und dem globalen Süden erst einmal Tatsachen durch einen Aufbau von alternativen (Finanz-)Strukturen geschaffen, dürfte es aus Perspektive des Westens in der Zukunft schwerfallen, diese Pole Position weiterhin zu verteidigen. Zusätzliche Spannungen dürften weltweit die Folge sein.

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