Ich hatte über die letzten Wochen die Entwicklungen um das chinesische Konglomerat Evergrande ein wenig eingehender verfolgt, da sich bereits seit Sommer dieses Jahres abzuzeichnen begann, dass es an den Immobilienmärkten der Volksrepublik China unter aller Voraussicht zu großen Problemen kommen könnte.

Unter anderem in einem dreiteiligen Bericht zu diesem Thema hatte ich Sie ins Bild darüber gesetzt, weswegen die in der Volksrepublik China aufziehenden Probleme nicht nur auf den Konzern China Evergrande beschränkt bleiben werden. Vielmehr ließ sich damit rechnen, dass in diese aufziehenden Probleme der gesamt chinesische Immobilienmarkt hineingerissen werden würde. Dazu hieß es wie folgt:

China Evergrande ist nur ein Mosaikstein oder

Nicht nur Evergrande, sondern auch andere Konzerntürme geraten gerade ins Wanken

An exakt diesem Punkt scheinen wir zum Ende des ausgehenden Jahres nun zu stehen. Denn Chinas Immobiliensektor weist eine ganze Reihe von Anzeichen auf, die inzwischen doch sehr an die damaligen Ereignisse an den amerikanischen Subprime-Immobilienmärkten und den sich hieran anschließenden Kollaps erinnern.

Neben China Evergrande, dessen Management in der vergangenen Woche offiziell bekannt gegeben hat, diversen Anleiheobligationen nicht mehr nachkommen zu können, war es am vergangenen Donnerstag auch die Firma Kaisha Group Holdings, die in den Fokus der Ereignisse gerückt ist.

In einem Bericht von Fortune Daily hieß es beispielsweise hierzu, dass der chinesische Immobiliensektor nun noch ein Stück tiefer in eine Finanznotlage hineingeschlittert sei. Denn zwei der größten Immobilienprojektentwickler des Landes scheinen abermals eine Deadline im Hinblick auf fällige Bondzahlungen verpasst zu haben.

Ratingagenturen senken den Daumen

Es handelt sich hierbei insbesondere um Auslandsbondhalter, die nun um ihre Investitionen in Höhe von mehreren Dutzend Millionen US-Dollars fürchten.

Der Konzern China Evergrande, welcher mit mindestens 305 Milliarden US-Dollar (wenn ausgelagerte Bilanzpositionen mit einkalkuliert werden sogar wahrscheinlich mit bis zu einer halben Billion US-Dollar) in der Kreide steht, blickt auf den Ablauf einer 30-tägigen Periode, innerhalb welcher Zinszahlungen in Höhe von 82,5 Millionen US-Dollar spätestens hätten beglichen werden müssen.

Am Freitag der vorletzten Woche hieß es hierzu seitens des Konzerns in einer publizierten Erklärung, sehr wahrscheinlich nicht dazu in der Lage zu sein, diesen fälligen Obligationen nachkommen zu können. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, weitere 260 Millionen US-Dollar an ausstehenden Schulden unter aller Voraussicht nicht begleichen zu können.

In einem letztwöchigen Bericht der Financial Times wurde Bezug auf Investoren genommen, die mitteilten, fällig gewordene Zinszahlungen nicht erhalten zu haben. Diese Entwicklungen haben dazu geführt, dass die Aktie der China Evergrande Group zu Beginn der letzten Wocheabermals auf Talfahrt gegangen ist, um in diesem Zuge neue Tiefs auszubilden. Angemerkt sei, dass auch der Hang Seng Index in Hongkong einen technisch äußerst angeschlagenen Eindruck vermittelt. Hierauf komme ich im Laufe dieses Berichts noch einmal zurück.

Entgegen anderslautenden Berichten in manchen Finanzmedien erweckt es zudem den Eindruck, als ob China Evergrande auch zwei vorherige Bondzahlungen, von denen berichtet wurde, dass diese kurz vor knapp geleistet worden seien, tatsächlich gar nicht geleistet hatte.

Aktie von China Evergrande bricht erneut massiv ein

Die chinesischen Behörden beriefen den Firmenchef von China Evergrande hierauf zu einem Gespräch ein, was am selben Tag zu einem Kurssturz der Aktie in Höhe von rund zwanzig Prozent geführt hatte.

Am Freitag der vorletzten Wocheäußerte sich auch die Aufsichtsbehörde von China Evergrande in der Provinz Guangdong zu den aktuellen Geschehnissen, erklärend, ein eigenes Team entsenden zu wollen, um sich intern über die mit den von China Evergrande ausgehenden Risiken bewusst zu werden.

Man darf sich in diesem Zuge gewiss am Kopf kratzen, da eine solche Entscheidung doch sehr spät getroffen worden zu sein scheint. Auffällig ist, dass sowohl die People´s Bank of China als auch die für China Evergrande zuständigen Regulierer im Lauf der vergangenen Wochen darauf gepocht hatten, dass sich die mit Evergrande und mit den Immobilienmärkten in der Volksrepublik China verbundenen Risiken in den Griff bekommen lassen würden.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätten unter (globalen) Investoren wohl alle Alarmlampen rot aufleuchten müssen. Erinnert sich noch jemand an die offiziellen Erklärungen in den USA vor dem Ausbruch der Banken- und Finanzkrise, die ebenfalls darauf gepocht hatten, dass alles in bester Ordnung sei, obwohl sich vor der Hypothekenbank Indymac bereits lange Schlangen besorgter Kunden gebildet hatten, die nichts anderes beabsichtigten, als ihr Geld in Sicherheit zu bringen?

Die üblichen Verdächtigen sitzen mit im Boot

Wer befindet sich eigentlich unter global aktiven Investoren, die mit in diesen Schlamassel hineingezogen zu werden drohen? Es sind die üblichen Verdächtigen, darunter Prudential, BlackRock, Fidelity, UBS, Ashmore, HSBC, Allianz, BNP, Vontobel & Co.

Diese Adressen dürften bereits im vergangenen Monat aufgeschreckt worden sein, nachdem die Pekinger Staatsführung den Vorstandschef von China Evergrande, Hui Ka Yan, dazu aufgefordert hatte, sich seines eigenen Privatvermögens zu bedienen, um fällig werdende Bond- und Zinszahlungen zu leisten.

Welche Welleneffekte diese Entwicklungen an den chinesischen Immobilienmärkten bereits zur Folge gehabt haben, lässt sich unter anderem daran ablesen, dass in der vorletzten Woche unter anderem auch die Firma Sunshine einen Zahlungsausfall auf eine 170 Millionen US-Dollar schwere Anleihe erklärt hat.

Auch die Situation um den Projektentwickler Aoyuan scheint immer brenzliger zu werden, nachdem sich das Unternehmen einem Hagel von Herabstufungen der eigenen Kreditbonität durch die Ratingagenturen ausgesetzt sah. Ob das Unternehmen fällig gewordene Beträge in Höhe von knapp 700 Millionen US-Dollar wird begleichen können, steht in den Sternen.

Die Folge? Auch die Aktienkurse von Sunshine (-14,5 %) und Aoyuan (-7,8 %) brachen zu Beginn der vergangenen Woche neben jenen Papieren der Kaisa Group (-4 %) abermals deutlich ein. Was China Evergrande anbetrifft, so hat die Ratingagentur Fitch mittlerweile offiziell einen Zahlungsausfall festgestellt. Mehr als ein Dutzend weitere Firmen in diesem Bereich befinden sich auf einer Beobachtungsliste von Fitch.

China erlebt gerade seinen Bear-Stearns-Moment!

Ich möchte Sie an dieser Stelle auf ein letztwöchiges Interview auf dem amerikanischen Sender FoxBusiness hinweisen, in dessen Rahmen Dan David die aktuellen Geschehnisse um China Evergrande als den „Bear-Stearns-Moment“ der Volksrepublik China bezeichnet hat. Denn es handele sich nicht nur um massive Probleme, denen China Evergrande, sondern vielmehr das GESAMTE Bankensystem der Volksrepublik China ins Auge blickten.

Im Rahmen dieses Interviews wurde zudem eine enorme Kritik an dem Verhalten der eigenen Wirtschaftsakteure im Land geäußert, die sich trotz anders lautender Gesetzgebungen einfach nicht daran halten wollten, ihre Investitionen in China herunterzufahren oder sich aus dem Land zurückzuziehen.

Auf diese Weise kämpften die USA nicht nur gegen die Volksrepublik China, sondern vor allem auch gegen sich selbst, wie Dan David schlussfolgerte. Wie nicht anders zu erwarten, scheint China Evergrande einer Begleichung von Schulden gegenüber heimischen Investoren nämlich gegenüber jenen ausländischen Bondhaltern den Vorzug zu geben.

Auslandsbondhalter mögen von Glück sprechen, wenn sie auf die nun fällig gewordenen oder demnächst fällig werdenden Anleihen und Bonds im Zuge einer potenziellen Restrukturierung oder eines Kollapses noch zehn Cents pro Dollar zurückerhalten werden.

Wer unter diesen Gesichtspunkten noch dem Eindruck verfallen sei, dass ein Kollaps von China Evergrande keine Rückkopplungseffekte im globalen Finanzsystem zur Folge haben würde, sollte sich langsam aber sicher eingestehen, dass illusionäre Blasen, ebenso wie an den Börsen, auch stets irgendwann in den Köpfen platzen.

Das gesamte System ist massiv gehebelt!

Zu berücksichtigen ist auch der horrende Grad der Fremdfinanzierung und Hebelung im gesamten System. Ausgeschlossen wäre also keineswegs das Einsetzen einer neuen Finanzkrise. Man muss sich überlegen, auf welche Weise sich eine solche Krise auf ohnehin bereits stark angeschlagene Lieferketten auswirken würde.

Da sich unter den ausländischen Investoren von China Evergrande große Adressen wie Vermögensverwalter, Hedgefonds, institutionelle Investoren, Pensionsfonds, Versicherer, etc. befinden, muss eine solche Entwicklung definitiv mit ins Kalkül gezogen werden.

Vor allem Investoren, die sich auf Zinszahlungen seitens China Evergrande verlassen haben, und diesen Erträgen nun verlustig zu gehen drohen, könnten in die Bredouille geraten, um somit eigens fällig werdenden Zinszahlungen auf ausstehende Bonds nicht mehr (adäquat) nachkommen zu können. Globale Ansteckungseffekte wären also die Folge.

Auf welche Weise auch der gesamte Kryptowährungsmarkt in diese Geschehnisse mit hineingezogen zu werden droht, möchte ich gerne in einem weiteren zu veröffentlichenden Bericht ein wenig eingehender beleuchten, um meine Gedanken mit Ihnen zu teilen.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Ich hatte über die letzten Wochen und Monate dazu ermuntert, die Geschehnisse in der Volksrepublik China – und hier insbesondere an den Immobilienmärkten des Landes – eingehend zu verfolgen, um auf dieser Basis eigene Anlageentscheidungen zu bedenken und auf deren Nachhaltigkeit abzuklopfen.

Falls China Evergrande umkippen sollte, wozu es unter Ermangelung einer Bailout-Zusage durch die Pekinger Regierung unter aller Voraussicht kommen dürfte, so wird diese von den Immobilienmärkten Chinas ausgehende Krise wohl sofort auf den Börsenplatz Hongkong übergreifen, da hier eine Vielzahl der zuvor kreditgebenden Banken beheimatet sind.

Wer befindet sich allen voran unter diesen Akteuren? Institute wie HSBC oder Standard Chartered, weshalb sich davon ausgehen ließe, dass nach Ausbruch einer Bankenkrise in Festlandchina und Hongkong sofort Welleneffekte am Londoner Finanzplatz auszumachen sein werden.

Von dort würden die globalen Ansteckungseffekte sodann wohl auf Kontinentaleuropa und von dort wiederum auf die New Yorker Wall Street und den Tokioter Finanzplatz übergreifen. Behalten Sie, wie ich Ihnen nun bereits seit vielen Wochen empfehle, die Entwicklung des US-Dollars im Auge!

Sollten immer mehr Schulden in China und im Rest der Welt platzen, dürfte der US-Dollar auch weiterhin unter Investoren weltweit gefragt sein, ja geradezu vor einer möglichen Explosion stehen.

Inwiefern die aktuellen Ereignisse in China sich in einen geopolitischen Kontext einordnen lassen, darüber vermag ich nur zu spekulieren. Vor wenigen Wochen hatte US-Außenminister Antony Blinken die Pekinger Staatsführung noch offiziell darum ersucht, mit der Krise um China Evergrande doch bitte „verantwortungsvoll“ umzugehen.

Heißt in der Übersetzung, die Amerikaner haben Peking wahrscheinlich zu einem Eingreifen oder einem Bailout gedrängt. Warum? Offensichtlich wird, dass ein Zusammenbruch wohl doch nicht auf China beschränkt bleiben würde, sondern sich im Zuge eines Lauffeuers zu einer globalen Bankenkrise zu entwickeln droht.

Man möchte sich kaum ausmalen, wie sich eine extern bedingte Bankenkrise beispielsweise auf die USA oder Großbritannien, deren Wirtschaften angesichts der mit Corona verbundenen Restriktionen und von Lieferengpässen bereits einen schwer angeschlagenen Eindruck machen, auszuwirken droht.

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