Kolumbien und Paraguay entsenden ihre Militärs

Nachbarländer haben ihre Grenzen zu Brasilien bereits vor geraumer Zeit geschlossen, um zu verhindern, dass sich das Virus über die südamerikanischen Grenzen hinweg noch stärker ausbreitet. Kolumbien hat inzwischen seine Nationalarmee ausgesandt, um den Grenzverlauf zwischen den beiden südamerikanischen Nationen zu sichern.

Kolumbiens Präsident Ivan Duque Marquez gab in diesem Zuge bekannt, keine andere Option mehr gehabt zu haben, als die Militärpräsenz seines Landes im sehr weitläufigen Amazonas-Gebiet sowohl an den Grenzen zu Brasilien als auch zu Peru deutlich zu erhöhen.

Auch Paraguays Präsident Abdo Benitez warnte Mitte Mai davor, dass die Situation in Brasilien sich von Tag zu Tag verschlechtere. Die Folge? Die paraguayische Militärpräsenz an den Grenzübergängen zu Brasilien wurde ebenfalls stark erhöht, um die Kontrollen zu verschärfen und im Grenzland zu patrouillieren.

Laut Benitez handele es sich im Fall von Brasilien wahrscheinlich um jenes Land auf der Welt, das inzwischen am stärksten durch eine Ausbreitung des neuen Coronavirus betroffen sei. Aus Sicht Paraguays handele es sich aus diesem Grund um eine ernsthafte Bedrohung.

Kritik auch aus Argentinien - USA schotten sich ebenfalls ab

Denn die in Paraguay verabschiedeten Maßnahmen zur Virus-Eindämmung könnten durch die ultralaxe Haltung der brasilianischen Regierung konterkariert werden. In Argentinien werden diese Befürchtungen durch die dortige Regierung geteilt.

Die gestrige Meldung, laut der US-Präsident Donald Trump brasilianische Staatsbürger ab dem 28. Mai von einer Einreise in die Vereinigten Staaten bannen wird, reiht sich nun in die unter Brasiliens Nachbarländern erfolgten Abschottungsmaßnahmen nahtlos mit ein.

Laut einer durch Donald Trump am Sonntag bekannt gegebenen Verordnung wird darüber hinaus auch allen anderen Ausländern, die sich zwei Wochen vor ihrem geplanten Reiseantritt in die USA in Brasilien aufgehalten haben, die Einreise in die Vereinigten Staaten verwehrt.

WHO: Epizentrum nun in Südamerika

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte kürzlich bekannt gegeben, dass sich das Epizentrum der globalen Pandemie inzwischen von den USA und Europa nach Südamerika verlagert habe. Auch in Ecuador, Peru, Chile und Mexiko sind die Infektionszahlen und die durch das Virus verursachten Todesfälle zuletzt deutlich gestiegen.

Brasiliens Präsident Bolsonaro hat die seitens des neuen Coronavirus ausgehenden Gefahren wiederholt heruntergespielt, um in der Öffentlichkeit stets von einer „seichten Grippe“ zu sprechen. Gleichzeitig kritisierte Bolsonaro die Gouverneure seines Landes für deren Erlass von Anordnungen, welche die Menschen dazu aufforderten, zu Hause zu bleiben.

Die Opposition wittert die Chance, alte Rechnungen zu begleichen & Möglichkeit einer Rückkehr der Militärdiktatur

Laut Bolsonaro handele es sich hierbei „um ein Verbrechen“. Die innenpolitische Lage hat sich in Brasilien in diesem Zuge sichtbar verschärft. Die politische Opposition scheint eine Chance zu wittern, um sich nun für den Umgang mit Lula da Silva und Dilma Rousseff auf ihre Art zu revanchieren.

Nicht von ungefähr rufen Präsident Bolsonaros radikalste Unterstützer inzwischen ganz offen nach einer politischen Machtübernahme durch das brasilianische Militär mit Bolsonaro als Regierungsoberhaupt an der Spitze. Brasilien würde im Angesicht eines solchen Putsches wieder zum System einer Militärdiktatur zurückkehren.

Die Washington Post wusste zu diesen Gedankenspielen kürzlich zu berichten, dass eine Mehrheit der Brasilianer die Möglichkeit eines solchen Putsches aus heutiger Sicht jedoch für gering halte. Gesundheitsminister Nelson Teich, der zuletzt nur rund einen Monat nach seiner Amtsübernahme seine Demission bekannt gab, kritisierte Bolsonaro aufgrund von dessen Anordnung, laut der alle Schönheitssalons und Fitnesszentren wieder öffnen dürften, scharf.

Schon Teichs Amtsvorgänger Luiz Henrique Mandetta wurde durch Bolsonaro entlassen, da es aufgrund von zu verabschiedenden Ausgangssperren zu keiner einvernehmlichen Einigung zwischen dessen Resort und Bolsonaro gekommen war. Laut brasilianischer Zeitung Globo habe es unüberbrückbare Meinungsunterschiede zwischen Bolsonaro und Teich gegeben.

Streit um Hydroxychloroquine und Chloroquine-Behandlung & Armeegeneral als Gesundheitsminister

Hierbei soll es unter anderem auch um Bolsonaros Insistieren auf einer Behandlung von Covid-19-Patienten mit den Anti-Malaria-Mitteln Hydroxychloroquine und Chloroquine gegangen sein, denen Teich keinen großen Wert beigemessen habe. Mitglieder des Militärs drängen Bolsonaro nun dazu, den stellvertretenden Gesundheitsminister Eduardo Pazuello, einen aktiven Armeegeneral, permanent zum neuen Gesundheitsminister zu ernennen.

Zahlreiche Kritiker fürchten allein schon aus diesem Grund eine heimlich vonstattengehende „Militarisierung“ der brasilianischen Regierung. Während radikale Unterstützer Bolsonaros eine solche Entwicklung in allen Belangen begrüßen, warnt Alessandro Molon von der sozialistischen Partei und Führer der Kongress-Opposition, davor, dass Brasilien gerade einer nationalen Gesundheitskatastrophe entgegensteuere.

Amtsenthebungsverfahren wegen nationaler Gesundheitskatastrophe: Ländliche Regionen am stärksten betroffen

Aus diesem Grund will die politische Opposition Bolsonaro seines Amtes entheben. Es ist interessant, dass die am meisten durch Covid-19 heimgesuchten Regionen in Brasilien eher ländlich geprägt sind. Im Fall der Stadt Manaus, die am Amazonas-Fluss liegt und über rund zwei Millionen Einwohner verfügt, sollen bereits mehr als 2.000 Menschen an dem Virus verstorben sein.

Die Anzahl der Todesopfer liegt in Manaus damit bislang im Durchschnitt viermal höher als in anderen Städten des Landes. Inzwischen soll es zu einer Knappheit von Särgen gekommen sein, während es in Manaus – und anderen schwer betroffenen Regionen – längst schon zu einer Aushebung von Massengräbern gekommen ist, wie die folgenden Twitter-Bilder zeigen.

Schlimme Zustände auch in Ecuador

In Manaus sehen sich die lokalen Krankenhäuser zudem überfordert, weshalb lokale Medien über Hunderte Menschen berichten, die bereits in ihren Heimstätten verstorben sein sollen. Zur Neige gehende Vorräte an Schutzausrüstung, schlecht auf eine Pandemie vorbereitete Hospitäler, heillose Korruption im Gesundheitswesen sowie Missmanagement erschweren den Kampf in einer Reihe von südamerikanischen Staaten zur Eindämmung des Virus.

Hierzu gehört unter anderem auch Ecuador, wo es ausgerechnet in der schwül-heißen Küstenstadt Guayaquil zu einer massiven Überforderung des lokalen Gesundheitssystems gekommen ist. Auf Twitter und anderen Kanälen kursierende Videos und Bilder zeigten zuletzt Leichen von Verstorbenen, die dort teils auf den Straßen herumlägen.

„Was heißt das für mich konkret?“

Auch in Brasilien ist die Coronavirus-Pandemie zu einem gesellschaftsspaltenden Politikum geworden, das innenpolitische Auseinandersetzungen samt Umsturzversuchen nach sich ziehen könnte. Sollte es in Brasilien tatsächlich zu einer Machtübernahme des Militärs kommen, würde eine solche Entwicklung im Ausland gewiss nicht auf fruchtbaren Boden fallen, jedoch Strahlkraft auf andere Nationen in dieser Region ausüben.

Letzten Endes würde einer Reihe von Staaten in Süd- und Mittelamerika schlimmstenfalls wieder ein Ausbruch von Bürgerkriegen drohen. Wirtschaftlich betrachtet würde alles noch stärker den Bach hinuntergehen als es ohnehin schon der Fall ist. Wie sich eine solche Situation auf die Rohstoffmärkte auswirken würde, bleibt abzuwarten. Die aktuellen Entwicklungen in Süd- und Mittelamerika deuten darauf hin, dass die Region vor großen Umwälzungen zu stehen scheint, die nicht aus dem Blick verloren werden sollten…

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