In der vergangenen Woche standen sowohl die Immobilienmärkte wie auch die allgemeine Verschuldungslage in der Volksrepublik China im Zentrum der Betrachtungen. Im heutigen Bericht wird in die Vereinigten Staaten von Amerika geblickt.

Es ist noch gar nicht so lange her, als der Ausbruch von Tumulten an den amerikanischen Bankenmärkten all jene wach rüttelten, die bis dahin davon ausgegangen waren, dass das US-Bankensystem bestens kapitalisiert und gegen etwaige Schocks abgesichert sein würde.

Mitte März wurden viele Anleger dann plötzlich auf dem falschen Fuß erwischt, da sich die deutlich gestiegenen Zinsen negativ auf die in Bankbilanzen gehaltenen Staatsanleihen und MBS-Papiere (durch Hypotheken besicherte Anleihen) auszuwirken begannen.

CRE-Märkte: Der Pleitegeier geht um

Insbesondere Regionalbanken stehen seitdem unter erhöhter Beobachtung, weil bei diesen Instituten noch hinzukommt, weitaus stärker als Amerikas Großbanken Darlehen an den Märkten für gewerbliche Immobilien (CRE / Commercial Real Estate) vergeben zu haben.

Anders als an den Hypothekenmärkten für private Immobilien werden Bankdarlehen zum Kauf beziehungsweise der Finanzierung von gewerblichen Immobilien über deutlich kürzere Laufzeiten vergeben.

Resultat ist, dass an den amerikanischen CRE-Märkten ein Refinanzierungsberg ansteht, der in den nächsten zwei bis vier Jahren in die Billionen gehen wird. Wie sich bereits seit einigen Monaten beobachten lässt, purzeln die Preise an Amerikas CRE-Märkten teils drastisch.

Diese Situation hat bereits seit dem letzten Jahr zu einer ganzen Reihe von Notverkäufen geführt. Der amerikanische Bürogebäudemarkt kommt ferner seit dem Ausbruch der Covid-Krise nicht mehr auf die Beine.

Zusätzlich sorgt eine drastisch gestiegene Kriminalitätsrate in vorwiegend durch die Partei der Demokraten regierten Bundesstaaten für eine Zunahme von Schließungsankündigungen unter Einzelhändlern und Geschäftsbetreibern.

Die CRE-Märkte stehen, wie am Beispiel von San Francisco deutlich wird, auf diese Weise zusätzlich unter (Preis-)Druck. Kaum verwunderlich ist, dass sich die Fundamentaldaten an den CRE-Märkten in den vergangenen sechs Monaten weiter verschlechtert haben.

BTFP löst die Probleme nicht, sondern kaschiert sie nur

Beispielsweise haben sich aufmerksam beobachtete Cashflows unter einer zunehmenden Anzahl der Akteure an diesen Märkten zuletzt weiter verringert. Nahezu jede Woche zeigen veröffentlichte Daten der Federal Reserve Bank, dass die Liquiditätsbeschaffung über das im März hastig eingerichtete Bank Term Funding Program (BTFP) unter Amerikas Banken von einem Rekordhoch zum nächsten marschiert.

Wenn doch alles in Butter wäre, warum hält diese Situation dann nun schon seit mehr als einem halben Jahr an? Die Antwort hierauf ist simpel. Einmal mehr wird seitens der Federal Reserve Bank der Versuch unternommen, über die dramatischen (Solvenz-)Probleme im heimischen Bankensektor sozusagen hinweg zu kleistern.

Zugang zu frischer Liquidtät über BTFP, deren Beschaffung im Übrigen gar nicht so günstig ist, löst die Probleme und Herausforderungen, vor die sich Amerikas Banken gestellt sehen, nicht.

Denn in den letzten Wochen sind die Staatsanleihezinsen in den Vereinigten Staaten weiter geklettert, was die Schlussfolgerung zulässt, dass die bilanziellen Probleme unter Amerikas Banken seitdem nur noch zugenommen haben.

Steigende Zinsen an den Staatsanleihemärkten gehen nun einmal mit sinkenden Bondkursen einher, was bedeutet, dass die Bilanzlöcher unter amerikanischen Banken nach wie vor existent sind beziehungsweise sich in den letzten Wochen noch vergrößert haben dürften.

BTFP: Die bestehenden Probleme werden sich nicht in Luft auflösen

Solange die Bond- und Staatsanleihekurse nicht wieder drastisch anziehen, was mit sinkenden Zinsen Hand in Hand gehen würde, werden sich die hiermit verbundenen Probleme nicht einfach so in Luft auflösen.

Es darf dabei nicht außer Acht gelassen werden, dass das BTFP laut offiziellen Erklärungen der Federal Reserve Bank auf ein Jahr befristet war. Heißt also, dass dieses Liquiditätsprogramm im März nächsten Jahres auslaufen wird, falls es nicht zur Ankündigung einer zeitlichen Verlängerung kommen sollte.

Insbesondere Regionalbanken sind unter den aktuellen Bedingungen schlichtweg gesagt insolvent. Doch vielerorts wird schon seit einiger Zeit gemunkelt, dass es unter Amerikas Großbanken nicht viel anders aussehen dürfte.

Der nachfolgende Chart ist einem Bericht von Zerohedge unter Bezugnahme auf Bloomberg entnommen. Aus der Grafik geht das aktuelle Verhältnis der durch große und kleine Banken in Amerika gehaltenen Bargeldbestände in Relation zu deren Vermögenswerten hervor.

Hieran lässt sich erkennen, dass allen voran Regionalbanken ohne die Unterstützung der Federal Reserve Bank wahrscheinlich schon längst das Zeitliche gesegnet hätten. Dass in den nächsten fünf Jahren Refinanzierungen an den CRE-Märkten in Höhe von bis zu drei Billionen US-Dollar zu signifikant höheren Zinsen anstehen, macht die Dinge keineswegs besser.

Hedgefondsmanager und China-Falke Kyle Bass gehört wahrscheinlich zu jenen, die sich mittels Leerverkäufen an diesen Märkten positioniert haben. In einem kürzlich gesendeten Interview gegenüber Bloomberg TV gab sich Kyle Bass davon überzeugt, dass Amerikas Bankenindustrie Hunderte Milliarden US-Dollars an Verlusten ins Haus stehen werden.

Ein Großteil dieser potenziellen Verluste werde anhand der desaströsen Entwicklung an den amerikanischen Märkten für Bürogebäudeimmobilien resultieren. Schlimm hieran sei, dass die Zinsen auf diese Weise noch stärker befeuert werden könnten.

Seitens der Federal Reserve Bank wird trotz dieser vorherrschenden Lage bislang nicht mal auch nur mit einem Auge geblinzelt. Eine Mehrheit unter den Investoren war bis zum heutigen Zeitpunkt davon ausgegangen, dass die Fed ihren Leitzins im zweiten Halbjahr wieder senken würde.

Hiervon kann angesichts der Tatsache, dass sich das laufende Jahr bereits im letzten Quartal befindet, keine Rede mehr sein. Vielmehr ist deutlich geworden, dass all jene, die über einen weitaus längeren Zeitraum mit hohen Zinsen in den USA gerechnet hatten, richtig gelegen haben.

Zinsen in den USA könnten weiter steigen – Kyle Bass wenig optimistisch

Wer die Presseerklärung nach der jüngsten Zinssitzung der Fed aufmerksam mit verfolgt hat, wird sich unter Umständen darüber bewusst geworden sein, dass die amerikanischen Zinsen sogar noch stärker durch die Fed angehoben werden könnten, falls sich die Inflation aufgrund von gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreise wieder beschleunigen sollte.

Wie dem auch sei, Kyle Bass, Chef und Gründer von Hyman Capital, warnt vor anstehenden Verlusten, die sich unter amerikanischen Banken laut jetzigem Stand auf zwischen 200 und 250 Milliarden US-Dollar zu belaufen drohen.

Zusammengenommen verfügten Amerikas Banken über Eigenkapital von rund zwei Billionen US-Dollar, sodass es im Fall von nötig werdenden Abschreibungen zu einer Ausradierung von zehn Prozent oder mehr kommen würde.

Vor dem Ausbruch der globalen Finanzkrise befand sich Kyle Bass unter jenen Anlegern, die korrekterweise auf einen Zusammenbruch der Subprime-Hypothekenmärkte in den USA gewettet hatten. Anhand der nachfolgenden Grafik, die einem Bericht von Goldman Sachs entnommen wurde, zeigt sich, dass auf den amerikanischen Bürogebäudemarkt ein Anteil von rund zwanzig Prozent an allen im CRE-Sektor vergebenen Darlehen entfällt.

Angesichts der bevorstehenden Probleme geht Kyle Bass davon aus, dass ein Großteil der älteren Bestandimmobilien und weniger qualitativen Gebäude abgerissen werden muss. Übrig blieben dann schlussendlich noch die reinen Land- und Grundstückswerte. Andere Investoren an den CRE-Märkten betrachten die Dinge auf eine ähnliche Weise.

Doch auch der Bau von neuen Gebäuden kommt aufgrund der längerfristig hohen Zinsen und einer in diesem Sektor spürbar zurückgehenden Kreditvergabe unter die Räder. Von der amerikanischen Investmentbank Morgan Stanley ging kürzlich die Warnung aus, dass sich die Preise an Amerikas gewerblichen Immobilienmärkten in den nächsten zwei Jahren in Relation zu deren vormals erreichten Hochs um 27,4 Prozent verringern könnten.

Zu Zeiten der globalen Finanz-, Immobilien- und Bankenkrise beliefen sich die in diesem Sektor erlittenen Preisverluste übrigens auf knapp 35 Prozent. Den Bürogebäudemarkt soll es laut Morgan Stanley allerdings besonders hart treffen. Hier müsse mit Preiseinbrüchen von gut vierzig Prozent gerechnet werden.

Die nachfolgende Grafik, die dem Bericht von Morgan Stanley entnommen wurde, zeigt, dass sich das Transaktionsvolumen an den amerikanischen CRE-Märkten im laufenden Jahr bereits drastisch reduziert hat.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf ein jüngst veröffentlichtes Interview von Hyman-Capital-Gründer Kyle Bass gegenüber dem Sender Bloomberg TV.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Ob es unter solchen Bedingungen tatsächlich zu einem durch die Federal Reserve Bank orchestrierten „Soft Landing“ der amerikanischen Wirtschaft kommen kann, sei jedermann selbst anhand einer eigenen Beurteilung überlassen.

Erinnert sei daran, dass die Federal Reserve Bank mit ihren Prognosen in Zinserhöhungs- und Zinssenkungszyklen eigentlich niemals korrekt gelegen hatte. Vielmehr befeuerten sinkende Zinsen artifiziell ausgelöste Boom-Zyklen, auf die dann in Zinserhöhungsphasen Bust- oder Zusammenbruchkrisen gefolgt waren.

Gibt es irgendeinen Grund dafür, davon auszugehen, dass aus heutiger Sicht alles anders sein sollte?

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