Neben dem sich ausweitenden Handels- und Technologiekrieg mit den Vereinigten Staaten könnte es durchaus der Fall sein, dass die Volksrepublik China einer ähnlichen Sanktionsverhängung wie die Russische Föderation ins Auge zu blicken droht.

Russland erweist sich in vielen Bereichen zwar als größter Rohstofflieferant der Welt, ist wirtschaftlich betrachtet jedoch nicht so modern wie das Reich der Mitte. China, das sich im Verlauf der vergangenen drei Dekaden zur Werkbank der globalen Wirtschaft entwickelt hat, verfügt allein deshalb über zahlreiche Hebel, um, falls aus Sicht der Pekinger Regierung notwendig, mittels Vergeltungsmaßnahmen zurückzuschlagen.

Der asiatische Kontinent erweist sich als Profiteur des anhaltenden Krieges in der Ukraine

Vor wenigen Tagen gab die Pekinger Regierung bekannt, in der Ausfuhr von Germanium und Gallium ab dem 1. August strikte Exportkontrollen einzuführen. Dieser Schritt scheint sich primär nicht einmal so sehr gegen Chinas geopolitischen Hauptrivalen der USA zu richten, sondern lässt sich eher als Warnschuss vor den Bug der Europäischen Union interpretieren.

Nach fast eineinhalb Jahren Krieg in der Ukraine lässt sich beobachten, dass die durch den Westen gegenüber der Russischen Föderation verhängten Finanz- und Wirtschaftssanktionen neben einer Umgestaltung der globalen Lieferketten auch zu einer spürbaren Neuausrichtung der globalen Handelsströme führen.

Nicht nur die Volksrepublik China und die Russische Föderation wachsen wirtschaftlich immer enger zusammen. Vielmehr wird deutlich, dass der asiatische Kontinent als solcher von der sich aktuell entwickelnden Situation zu profitieren scheint, um Europa insbesondere im Energiehandel den Rang abzulaufen.

Das neue Gesetz zementiert die außenpolitischen Ambitionen Chinas

Am 1. Juli ist in der Volksrepublik China zudem ein Gesetz namens The Law on Foreign Relations of the People´s Republic of China in Kraft getreten, das die Pekinger Regierung fortan dazu legitimieren wird, eine härtere außenpolitische Gangart gegenüber dem Westen einzulegen.

Im Reich der Mitte wird in Regierungskreisen und Expertenzirkeln schon seit geraumer Zeit von „einem Drittstatten terrorisierenden und hegemonischen Westen“ gesprochen. Natürlich hat jede Medaille zwei Seiten.

Es steht außer Frage, dass die Volksrepublik China ähnliche Ziele anstrebt, sich dazu jedoch anderen – hauptsächlich wirtschaftlichen – Mitteln bedient. Hieran könnte sich etwas ändern, falls es tatsächlich irgendwann zu einer Invasion des von Festlandchina abtrünnigen Taiwans durch die chinesische Volksbefreiungsarmee kommen sollte.

Das neue Gesetz verfolgt unter anderem das Ziel, die außenpolitischen Ambitionen Pekings zu zementieren und Vorstellungen über eine zukünftig chinazentrierte Weltordnung zu forcieren und umzusetzen.

Dass die durch die Vereinigten Staaten von Amerika und den Rest des Westens begründete „Wertebasierte Weltordnung“ hierdurch neuen Herausforderungen ins Auge blicken wird ist selbstredend.

Xi Jinping – Der Unanfechtbare

Gleichzeitig zementiert das neue Gesetz die uneingeschränkte Macht, die der Staatspräsident und Vorsitzender der zentralen Militärkommission, Xi Jinping, in allen wichtigen Bereichen der Entscheidungsfindungen, allen voran im Hinblick auf die Diplomatie und die nationale Sicherheit, zukünftig in seinem Land ausüben wird.

Im Vordergrund der außenpolitischen Doktrin steht nach wie vor die Aufrechterhaltung einer gemeinsamen und nachhaltigen Weltsicherheitsarchitektur. Gleichzeitig soll die internationale Sicherheitsarchitektur weiter gestärkt werden.

Nichtsdestotrotz wird der Pekinger Regierung anhand des neuen Gesetzes fortan die Fähigkeit zuteil, neben Vergeltungsmaßnahmen auch eigene restriktive Schritte, heißt also Sanktionen gegenüber Drittstaaten auf den Weg zu bringen, die internationale Gesetze und / oder Chinas staatliche Souveränität untergraben.

Geopolitische Experten erkennen in dem neuen Gesetz eine Reaktion auf neu entstehende Herausforderungen in der Außenpolitik. Die Pekinger Regierung kritisiert nun schon seit einiger Zeit den beständigen Hang des Westens zu Einmischungen in eigene außen- wie auch innenpolitische Angelegenheiten.

Pekinger Kontersanktionen können fortan schneller erfolgen

Darüber hinaus werden in der Volksrepublik China Szenarien entwickelt, wie zukünftig auf einseitige Sanktionsverhängungen durch die USA und den Westen sowie deren Einmischung in innerstaatliche Angelegenheiten in überseeischen Nationen reagiert werden soll.

Eine Antwort hierauf wird anhand des neu verabschiedeten Gesetzes geliefert. Denn fortan wird sich die Pekinger Regierung auf eine weitaus schnellere Weise dazu legitimiert sehen, Kontersanktionen gegenüber Drittstaaten sowie privaten Individuen und Institutionen oder Unternehmen zu verabschieden.

Insbesondere amerikanische und europäische Unternehmen wie auch private Individuen werden ins Zentrum von möglicherweise durch die Pekinger Regierung zu verhängenden Maßnahmen rücken, um auf eben jene Weise gegen eine Sanktionierung von chinesischen Unternehmen durch den Westen zu reagieren.

Seitens des Westens wird der Pekinger Regierung und deren offiziellen Repräsentanten eine außenpolitische „Wolfskriegerdiplomatie“ vorgeworfen, von der aus westlicher Perspektive darauf gehofft wird, dass China seinem internationalen Image durch diese Verhaltensweise selbst Schaden zufügen wird.

Im Westen wird zudem darauf gehofft, dass multinationale Konzerne sich aus diesem Grund verstärkt aus dem chinesischen Markt zurückziehen werden, wofür es aktuell keine Anzeichen gibt.

Sowohl die amerikanische wie auch die europäische Handelskammer in China, die jeweils ihre eigenen Unternehmen vor Ort vertreten, haben in den letzten Jahren wiederholt darauf hingewiesen, dass ausländische und in der Volksrepublik China aktive Unternehmen gezielt durch chinesische Behörden gegängelt werden.

Ferner bestünde die Gefahr, dass die Aktivitäten von ausländischen Unternehmen in China irgendwann zur Geisel der Pekinger Zentralregierung avancieren könnten. Nichtsdestotrotz wollen nur die wenigsten ausländischen Unternehmen auf ihre Aktivitäten an Chinas Märkten verzichten.

Die Gründe hierfür liegen auf der Hand, da es sich mittlerweile um den größten Absatzmarkt der Welt handelt. Wie dem auch sei, so wurde in der Volksrepublik China bereits zu Beginn dieses Jahres ein sogenanntes Spionageabwehrgesetz verabschiedet.

Seit dessen Verabschiedung müssen sich Geschäftsleute aus einer speziell definierten Anzahl von Nationen vorsehen, möglicherweise in kompromittierende Situationen zu geraten. Denn es ist die Pekinger Regierung, die allein und ausschließlich darüber entscheidet, welche Art von Aktivitäten unter dieses Spionagegesetz fällt.

Manche multinationale Unternehmen haben dies bereits am eigenen Leib zu spüren bekommen. Hierzu zählen vor allem ausländische Consulting-, Beratungs- und Steuerfirmen, die Zugang zu sensiblen Finanzdaten ihrer chinesischen Kundenunternehmen haben.

Erst kürzlich hatte Peking in dem sich ausweitenden Handels- und Technologiekrieg mittels eines Ausschlusses des amerikanischen Unternehmens Micron Technologies von den eigenen Märkten reagiert.

Kritik gegenüber Peking wächst

Begründet wurde diese Maßnahme durch die chinesischen Behörden anhand von bestehenden Gefahren für die nationale Sicherheit des Landes. Kritiker der Pekinger Regierung werfen Staatspräsident Xi Jinping vor, immerfort auf einen Erhalt der globalen Sicherheitsarchitektur zu pochen, dabei jedoch den russischen Einmarsch in die Ukraine nicht offiziell zu ächten.

Peking wird ferner ein Unterlaufen von internationalen Gesetzen zum Vorwurf gemacht, da die chinesische Volksbefreiungsarmee nicht nur in der Straße von Taiwan, sondern auch im Südchinesischen Meer und der Japan-See zunehmend ihre Muskeln spielen lasse.

Peking pocht beispielsweise darauf, dass neunzig Prozent des Südchinesischen Meeres zum eigenen Hoheits- und Staatsgebiet gehörten. Hierbei handelt es sich um einen Anspruch, der nicht nur von manchen Anrainerländern negiert wird.

Auch die Vereinten Nationen (UNO) und internationale Gerichte wie das Appellationsgericht in Den Haag haben diesen Anspruch in der Vergangenheit wiederholt nicht anerkannt. Ein Dorn im Auge dürfte Peking auch die sich intensivierende Zusammenarbeit zwischen den USA und dem BRICS-Partner Indien im Verteidigungs- und Rüstungsbereich sein.

Eine solche Kooperation wurde zwischen beiden Nationen im Rahmen des jüngsten Staatsbesuchs des indischen Premierminister Narendra Modi in Washington, D.C. vereinbart. Indien gehört zudem der sogenannten Quad-Gruppe, einem aus Indien, den USA, Japan und Australien bestehenden Bündnis an, das sich hauptsächlich gegen das Reich der Mitte richtet.

Pekinger Bemühungen um den Aufbau einer „asiatischen NATO“ werden sich ohne Indien unter aller Voraussicht nicht realisieren lassen. Vielmehr hat die indische Regierung ihre Zusammenarbeit mit Vietnam und den Philippinen, die außenpolitisch über Kreuz mit Peking liegen, gestärkt.

Das Augenmerk der Regierung in Neu-Delhi liegt dabei vor allem auf dem Versuch, den Expansionismus der Volksrepublik China in der Asien-Pazifik-Region in Schach zu halten. In Peking wurde hierauf eine ganz eigene Weise reagiert.

Insbesondere amerikanische und europäische Unternehmen wurden durch Premierminister Li Keqiang im Rahmen des in Tianjin abgehaltenen Weltwirtschaftsforums dazu eingeladen, in der Volksrepublik China zu investieren.

Li teilte ferner mit, dass sich die Weltwirtschaft in einer schwierigen Phase befinde und die Welt nicht wieder in eine Isolation zurückfallen dürfe. Ob ausländische Unternehmen aus dem Westen diese Einladung annehmen werden, bliebt abzuwarten.

Denn schon vor einiger Zeit hatte Peking gegenüber Finanz- und Wirtschaftsakteuren das Versprechen abgegeben, teils strikte Kontrollen im Bereich des Kapitalverkehrs zu lockern und zu liberalisieren. Geschehen ist in diesem Bereich bis heute jedoch nichts.

Wie dem auch sei, so könnte die neue außenpolitische Gesetzgebung auch dazu angetan sein, die Rolle von Staatspräsident Xi Jinping zu stärken und von wirtschaftlichen Problemen in der Heimat abzulenken.

Der chinesische Wirtschaftsmotor stottert nach der Wiedereröffnung der Wirtschaft nach den strikten Corona-Lockdowns. Dies mag auch mit einer generell schwachen Entwicklung in der Weltwirtschaft zu tun haben.

Nichtsdestotrotz könnte die deutlich angestiegene Jugendarbeitslosigkeit, laut neuesten Daten bei über zwanzig Prozent liegend, zu einem ernsthaften Problem aus Sicht der Behörden des Landes werden.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf zwei Berichte auf den Seiten von China Daily und Xinhua.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Eine Intensivierung des sino-amerikanischen Handels- und Technologiekrieges mag hieran ebenfalls ihren Anteil haben. Washington versucht die ambitionierten Ziele Pekings auf diese Weise zu torpedieren oder zumindest zeitlich in die Zukunft zu verschieben.

Denn schließlich geht es zwischen den USA und China um nichts anderes als die Frage, wer die Welt in der absehbaren Zukunft politisch, militärisch und wirtschaftlich bestimmen wird. Das entsprechende Ergebnis wird uns alle betreffen!

Allen Lesern sei ein schönes Wochenende gewünscht!

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