Am vergangenen Freitag wurde hier über den Bankensturm in der chinesischen Provinz Henan und die damit in Zusammenhang stehenden Tumulte unter wütenden Bankkunden, die seit mehreren Monaten keinen Zugriff auf ihre Spareinlagen mehr haben, sowie Polizeikräften und dem Sicherheitspersonal der betroffenen Institute berichtet.

Ferner wurde auf einen sich im ganzen Land ausbreitenden Schuldenboykott unter Kredit- und Darlehensnehmern im Immobilienbereich hingewiesen. Es erweckt den Anschein, als hätte sich diese Entwicklung im Verlauf der letzten Woche in einem hohen Tempo beschleunigt.

Schuldenboykott weitet sich auf andere Bereiche aus

Unter Bezugnahme auf Bloomberg hat sich eine wachsende Anzahl unter den Lieferanten der heimischen Immobilienprojektentwickler diesem Schuldenboykott ebenfalls angeschlossen. Die betreffenden Lieferanten weigerten sich, ihre bei Lokalbanken aufgenommenen Kredite zurückzubezahlen, weil viele Unternehmen inzwischen selbst auf einen Berg an unbezahlten Rechnungen blickten.

Dass der unter Hypothekennehmern initiierte Schuldenboykott sich nun auf den Bereich der Immobilienlieferanten ausgeweitet hat, ist alles andere als ein gutes Omen in Bezug auf die aktuelle Beschaffenheit der allgemeinen Lage an den chinesischen Immobilienmärkten.

Unter Hunderten von Lieferanten der großen Immobilienprojektentwickler des Landes wird nämlich bemängelt, dass sie ihre eigenen Rechnungen und aufgenommenen Kredite nicht mehr bezahlen könnten, weil große Projektentwickler wie China Evergrande diesen Firmen nach wie vor eine Menge Geld schuldeten, wie die Finanzseite Caixin unter Bezugnahme auf eines dieser Unternehmen berichtet.

China Evergrande im Fokus

Neben einer schnell wachsenden Anzahl von Hypothekennehmern im ganzen Land, die sich weigern, ihre ausstehenden Darlehen auf baulich nicht fertiggestellte Immobilien zu bedienen, veröffentlichte eine Gruppe von Kleinfirmen und Lieferanten einen an China Evergrande und mittlerweile im Internet kursierenden Brief, in dem inhaltlich auf einen Stopp der Zahlungen von ausstehenden Schulden hingewiesen wird.

Hauptgrund hierfür sei die nach wie vor anhaltende Liquiditätskrise des Projektentwicklers China Evergrande, der wahrscheinlich deshalb seine ausstehenden Rechnungen gegenüber den eigenen Lieferanten und Kunden nicht bezahle. In diesem Brief an China Evergrande heißt es auszugsweise wie folgt:

Wir haben uns dazu entschlossen, all unsere ausstehenden Kredite und Darlehen ab sofort nicht mehr zu bedienen, geschweige denn zurückzubezahlen, und geben allen Wettbewerbern in unserem Wirtschaftsbereich den dringenden Ratschlag, sich nicht mehr auf Basis von Warenwechseln oder anderen Kreditformen bezahlen zu lassen. Evergrande sollte für alle hieraus resultierenden Konsequenzen samt jenen aus der Lieferkettenkrise herrührenden Kettenreaktionen verantwortlich gemacht werden.“

Aktuelle Entwicklungen gefährlicher als Stillstand der Wirtschaft im Jahr 2020

Wie kaum anders zu erwarten, hat sich der wachsende Schuldenboykott unter Darlehens- und Hypothekennehmern innerhalb kürzester Zeit auch auf andere Bereiche der Immobilien- und Häusermärkte ausgeweitet. Analysten warnen davor, dass die aktuellen Entwicklungen an den chinesischen Immobilien- und Kreditmärkten bei Weitem gefährlicher seien, als der Stillstand der chinesischen Wirtschaft zu Beginn des Jahres 2020 und der sich bis zum März desselben Jahres anschließende Crash an den globalen Kreditmärkten.

Anders als die vor zwei Jahren staatlich über weite Teile der Volksrepublik China verordneten Lockdowns handelt es sich jetzt nämlich um eine rein private Initiative unter Darlehens- und Hypothekennehmern.

Es erschließt sich nicht, auf welche Weise die Pekinger Regierung ihre Kontrolle über eine Situation, in der sich Millionen von Bankkunden zu einem systemischen Schuldenboykott entschließen, aufrechterhalten könnte.

Die Pekinger Regierung blickt auf das große Dilemma, Entscheidungen darüber treffen zu müssen, welchen Unternehmen ein staatlicher Bailout zuteil werden soll, falls sich die Krise an den heimischen Immobilien- und Kreditmärkten weiter verschärfen sollte.

Signale in Bezug auf eine Erleichterung der Zahlungsbedingungen unter bestimmten Kredit- und Darlehensnehmern könnte wiederum zu der Entscheidung eines Darlehensboykotts in anderen Bereichen der Wirtschaft führen.

Verspricht die Pekinger Regierung zu viel, würde sich eine solche Entwicklung verheerend auf die staatlichen Finanzen auswirken. Doch gänzlich ignorieren lässt sich die an Dynamik gewinnende Situation im ganzen Land auch nicht, weil es auf diese Weise zum Einsetzen einer Kreditausfallspirale zu kommen droht.

Mittlerweile sehen sich mehr als 90 Städte und urbane Zentren betroffen

In diesem Zuge würden sich dann voraussichtlich auch mehr und mehr Hypotheken- und Darlehensnehmer den Zahlungsboykotten anschließen. Der seit Ende Juni anhaltende Kredit- und Darlehensboykott hat sich nunmehr auf 91 Städte und urbane Zentren im ganzen Land ausgeweitet, wovon sich mittlerweile über dreihundert Immobilienprojekte betroffen sehen.

Dass die chinesische Wirtschaft im abgelaufenen Quartal kaum mehr gewachsen ist, macht die Dinge nicht besser. Vielmehr hat der ökonomische Abschwung die Probleme an den chinesischen Immobilienmärkten intensiviert, während Versuche zu einer Wiederbelebung der Aktivitäten durch Lokalregierungen und Behörden ins Leere zu laufen drohen.

Mittlerweile sehen sich Millionen von Hypothekenkrediten durch die Zahlungsboykotte unter Kredit- und Darlehensnehmern betroffen.

Zu Wochenbeginn hatte neben dem Zahlungsboykott auch ein sich deutlich eintrübender Wirtschaftsausblick die Pekinger Regierung auf den Plan gebracht, indem Lokalregierungen und Behörden ihre örtlich ansässigen Banken zu einer Ausweitung von deren Darlehens- und Kreditvergabe an verschiedene Projekt- und Bauentwickler aufgerufen haben.

Auf diese Weise sollen bislang nicht fertig gestellte Immobilienprojekte und -objekte fertig gestellt werden. Gleichzeitig wurde darüber gesprochen, Hypothekennehmern eine Stundung beziehungsweise verlängerte Fristen zur Bezahlungen von deren Krediten einzuräumen.

Ein Ponzi-System, das am Ende seiner Fahnenstange angelangt ist

Anhand der aktuellen Entwicklungen zeigt sich, wie fatal sich ein Vorverkauf von bislang nicht gebauten oder nicht fertig gestellten Immobilienprojekten auf die Darlehensmärkte auswirken kann. Dieses Ponzi-System begann bereits im vergangenen Jahr zu kollabieren, nachdem bis über beide Ohren verschuldete Bauprojektentwickler unter einer einsetzenden Welle von Insolvenzen hinfort gespült wurden.

Seitdem hat sich die Krise an den chinesischen Immobilienmärkten angesichts von vielerorts rückläufigen Preisen ausgeweitet. Einerseits trockneten die Finanzierungen für bislang nicht fertig gestellte oder in der Planung befindliche Immobilienprojekte aus.

Andererseits wurden die Bautätigkeiten an vielen dieser Projekte in diesem Zuge eingestellt. Noch immer pochen die chinesischen Banken darauf, dass die sich aus dieser Entwicklung ableitenden Risiken und Gefahren kontrollierbar seien. Hingewiesen wurde darauf, dass es sich offiziell um 2,1 Milliarden Yuan oder umgerechnet gut 315 Millionen US-Dollar in Form von ausstehenden Krediten handele, die im Feuer stünden.

Doch hierbei scheint es sich um eine große Lüge zu handeln. Bei der Firma GF Securities Co. wird davon ausgegangen, dass es sich um bis zu zwei Billionen Yuan in Form von ausstehenden Hypothekendarlehen handeln könnte, die sich durch den aktuell in einem hohen Tempo ausweitenden Zahlungsboykott betroffen sehen.

Hingewiesen sei darauf, dass Chinas Banken einen Gesamtbetrag in Höhe von 38 Billionen Yuan in Form von Krediten im privaten Immobilienbereich vergeben haben, wozu sich ein Betrag in Höhe von dreizehn Billionen Yuan an ausstehenden Darlehen an Bauentwickler und Bauprojektfinanzierer hinzu addiert.

Panzer rollen in die Straßen der von Großprotesten betroffenen Städte ein

Wie dem auch sei, so scheinen die Dinge in der Volksrepublik China angesichts der aktuellen Entwicklungen ihren Lauf zu nehmen. Wie es aussieht, rollen in China mittlerweile Panzer in die Straßen, um insbesondere Banken vor aufgebrachten Kunden und Sparern durch Militär zu schützen.

 

Übersetzung: „Panzer fahren in China in den Straßen auf, um die Banken zu schützen. Dies geschieht, weil die Filiale der Bank of China in Henan mitgeteilt hat, dass die Ersparnisse der Kunden in deren Filiale fortan an `Investmentprodukte´ angesehen und nicht abgehoben werden können.“

 

 

Übersetzung: „Die Behörden in Chinas Henan-Provinz haben in der Nacht Panzer in die Straßen einrollen lassen, um aktive Proteste unter betrogenen Bankkunden einzudämmen. Die Proteste setzen sich seit nun mehr als zwei Wochen fort.“

Wie Jennifer Zeng auf Twitter mitteilte, scheint dies mittlerweile auch in den Straßen der Stadt Rizhao in der Provinz Shandong geschehen zu sein. Offiziell heißt es, dass sich eine Übungsbasis der Marine in der Nähe der Stadt befinde, und dass dies jedes Jahr geschehe. Doch die Bilder sprechen für sich.

 

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt Bezug einen Bericht auf der Seite von Bloomberg.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Der Finanzcrash ist in vollem Gange. Die Konsequenzen werden inzwischen vielerorts sichtbar. Wie sich anhand einzelner Banken in der Provinz Henan zeigt, verfügen Sparer und Kunden nicht mehr über die Möglichkeit, ihre Gelder von den Konten abzuziehen und werden somit Opfer von politischen Entscheidungen, welche eine Flucht aus diesem maroden Bankensystem nicht mehr ermöglichen. Got physical gold or silver (außerhalb des bestehenden Systems)?

Abschließend sei hier noch ein auf Twitter veröffentlichtes Video zu den aktuellen Vorgängen in der Volksrepublik China zum direkten Abspielen eingestellt.

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