Abseits der täglichen Kriegsberichterstattung aus der Ukraine tun sich an den internationalen Finanz- und Kapitalmärkten im Hintergrund momentan Dinge, die es zu beachten und nicht aus den Augen zu verlieren gilt.

So hat die durch die Russische Föderation dominierte Eurasische Wirtschaftsunion (EAEU/EAWU) zusammen mit der Volksrepublik China erst kürzlich ein Abkommen aus der Taufe gehoben, das die Schaffung eines Mechanismus zur Etablierung eines unabhängigen Finanz- und Geldsystems vorsieht.

Entstehung eines neuen und unabhängigen Finanz- und Geldsystems

Selbstverständlich zielt dieses neue System darauf ab, Zahlungen und Transaktionen auf US-Dollar-Basis in der Zukunft zu umgehen. Es handelt sich um eine Entwicklung, die sich im Angesicht einer geographisch auseinanderstrebenden Welt bereits in den letzten Monaten und Jahren abgezeichnet hatte.

Offensichtlich wird eine zunehmend multipolare Welt nicht mehr nur auf dem Fundament eines einzigen Weltfinanzsystems, welches sich durch die Vereinigten Staaten und westliche Industrienationen dominiert sieht, fußen können.

Wenn es hierfür noch eines Beweises bedurfte, so haben die G7-Staaten diesen Beweis mittels deren jüngst getroffenen Beschlüssen zu einem Einfrieren eines großen Teils der russischen Gold- und Auslandsdevisenreserven geliefert.

Angemerkt sei, dass sich die Eurasische Wirtschaftsunion zum aktuellen Zeitpunkt aus den Nationen Russland, Weißrussland, Armenien, Kasachstan und Kirgisien zusammensetzt. Laut den Plänen der EAEU soll es schon in absehbarer Zeit zu einem Anschluss weiterer Nationen auf dem Eurasischen Kontinent kommen.

Neue Freihandelsabkommen auf dem Eurasischen Kontinent

Dieses Ziel soll durch einen Abschluss von diversen Freihandelsabkommen erreicht werden. Als interessant, jedoch keineswegs unerwartet, erweist es sich, dass dieser neu entstehende Mechanismus sodann auch mit der Belt & Road Initiative (somit also dem Projekt zum Bau der Neuen Seidenstraße) der Volksrepublik China verknüpft werden soll.

Alles in allem zeichnet sich auf diese Weise eine sich beschleunigende Integration auf dem Eurasischen Kontinent ab, welche durch die Russische Föderation und die Volksrepublik China dominiert würde.

Es soll hier nochmals an die vor dem russischen Militäreinmarsch in der Ukraine an den im Ansatz zu beobachtenden Versuch einer hastig eingeläuteten Farbenrevolution in Kasachstan erinnert werden, die durch eine Entsendung von russischen Soldaten innerhalb eines sehr überschaubaren Zeitrahmens niedergeschlagen und unterdrückt werden konnte.

Schon damals warnten internationale Beobachter davor, dass sich das bilaterale Verhältnis ob dieses Ereignisses zwischen den Vereinigten Staaten und der Volksrepublik China nochmals zu verschlechtern drohe.

Sergej Glaziew – Konstrukteur eines neuen Systems und kein Unbekannter

Wie dem auch sei, so entstammt der Vorschlag zur Etablierung eines unabhängigen Finanz- und Geldsystems auf dem Eurasischen Kontinent der Feder des einstigen Wirtschaftsberaters des russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin, Sergej Glaziew, welcher als Minister für (wirtschaftliche) Integration und Makroökonomie Bestandteil der Führung der Eurasischen Wirtschaftskommission ist.

Sergej Glaziew fällt damit eine zentrale Rolle in Bezug auf eine Ausarbeitung von Finanz- und Wirtschaftsstrategien auf dem Eurasischen Kontinent zu. Sergej Glaziew wird darüber hinaus nachgesagt, den nun durch die westlichen Industrieländer in Gang gesetzten Finanz- und Wirtschaftskrieg gegen die Russische Föderation bereits vor Jahren vorausgesagt zu haben.

Sergej Glaziew spricht in diesem Zusammenhang über eine Reihe von Herausforderungen, denen sich sowohl das eigene Land als auch die Volksrepublik China in den nächsten Jahren gemeinsam zu stellen haben.

Im Vordergrund stünde in diesen Kontext ein sich abzeichnender Wirtschaftsabschwung in der Weltwirtschaft samt jenen durch die Vereinigten Staaten und deren westliche Verbündete verfolgten Finanz- und Wirtschaftsmaßnahmen gegenüber der Eurasischen Wirtschaftsunion und der Volksrepublik China.

US-Sanktionen nun auch gegen China

Gestern wurde bekannt, dass die Administration von US-Präsident Joe Biden Sanktionen gegen die Volksrepublik China verhängt hat. Hierzu gehören vor allem Einreiseverbote gegen chinesische Führungskader.

Hinter den Kulissen dürfte Hauptgrund sein, dass Staatspräsident Xi Jinping und dessen innerer Führungszirkel keine Bereitschaft an den Tag legen, sich angesichts des militärischen Konflikts in der Ukraine auf die Seite der USA zu schlagen, um Russlands Einmarsch in das Nachbarland offiziell zu verurteilen.

Mehr und mehr beginnt sich abzuzeichnen, dass sich die Volksrepublik China ebenso wie die Russische Föderation als eine Großmacht auf dem Eurasischen Kontinent betrachtet, was in der absehbaren Zukunft augenscheinlich dazu führen wird, die russischen und chinesischen Strategien gemeinsam zu koordinieren, um das weltweit (noch) dominierende US-System zu umgehen.

Pläne zu einer neuen eurasischen Währung

Das auf dem Eurasischen Kontinent neu entstehende Finanz- und Geldsystem wird unter aller Voraussicht auf einer „neuen internationalen Währung“ fußen, die den chinesischen Yuan / Renminbi zum Richtwert haben dürfte und ansonsten auf Basis eines Korbs aller Währungen der Nationen, die sich an diesem neuen System beteiligen werden, berechnet wird.

Als interessant erweist es sich, dass auch Rohstoffen in diesem neuen System eine tragende Rolle zufallen soll, womit sich die zuletzt publizierten Prognosen zur Entwicklung des internationalen Währungssystems seitens Zoltan Pozsars (Stichwort: Bretton Woods III) zumindest teilweise herauszuschälen und abzuzeichnen beginnen.

Schon Ende März soll es zu Diskussionen über einen ersten Entwurf zur Entstehung eines neuen Finanz- und Geldsystems auf dem Eurasischen Kontinent unter den hieran beteiligten Nationen kommen, wie es weiter heißt.

Es darf durchaus damit gerechnet werden, dass das Eurasische System zu einer ernstzunehmenden Alternative zum bestehenden US-Dollar-System avancieren wird. Grund hierfür ist, da diesem neuen EAEU-System nicht nur Nationen wie Kasachstan, die sowohl der EAEU als auch der Belt & Road Initiative der Volksrepublik China angehören, beitreten werden.

Werden sich auch einige Nationen der SCO beteiligen?

Vielmehr ließe sich zum aktuellen Zeitpunkt voraussehen, dass sich auch einige führende Nationen, welche der Shanghai Cooperation Organization (SCO) wie auch eine Reihe unter jenen des Zusammenschlusses der ASEAN angehörigen Nationen dem neu entstehenden System anschließen werden.

Allen voran böte sich auf diese Weise auch Nationen im Nahen und Mittleren Osten, namentlich seien an dieser Stelle der Irak, Syrien und der Libanon erwähnt, eine neue Chance der wirtschaftlichen Entwicklung.

Das bestehende Bretton-Woods-System droht auf diese Weise zumindest in Teilen ausgehöhlt zu werden. Selbst renommierte Marktakteure wie Zoltan Pozsar hatten im Lauf der letzten Wochen und Monate unumwunden darauf hingewiesen, dass jenes durch die USA dominierte Weltfinanzsystem inzwischen faul bis auf den Kern sei.

Geopolitische Spannungen und Konflikte verschärfen sich

Es verwundert aus diesem Blickwinkel also keineswegs, dass sich geopolitischen Konflikte rund um den Globus zu verschärfen drohen, weil hinter den Kulissen momentan ein harter Kampf um die zukünftig führende Rolle in einer sich neu herausbildenden Weltordnung geführt wird.

Insbesondere die Vereinigten Staaten sehen sich – auch unter Berücksichtigung der massiven innenpolitischen Probleme in den USA – vor schwere Zeiten und große Herausforderungen gestellt. Letzten Endes steht aus Sicht Washingtons nämlich nichts anderes als die weltweite Vorherrschaft des US-Dollars und des eigenen Hegemonialanspruchs auf dem Spiel.

Ein Blick nach Russland zeigt, dass der Moskauer Kreml momentan den weitreichendsten Herausforderungen und Problemen ins Auge zu blicken scheint. Vor wenigen Tagen hatte der russische Finanzminister Anton Siluanow offiziell eingeräumt, dass sich gut die Hälfte aller russischen Auslandswährungs- und Goldreserven aufgrund der einseitig durch den Westen verhängten Sanktionen gegen das eigene Land eingefroren sähen.

Was geht in den Köpfen unter russischen Finanzverantwortlichen vor?

Es lässt sich auch nicht nur ansatzweise erklären, weshalb russische Finanzexperten und führende Köpfe der heimischen Finanzinstitutionen einen großen Teil des heimischen Volksvermögens im Ausland veranlagt haben, zumal sich diese dort vorgehaltenen Reserve auf eine sehr einfache Weise einfrieren – oder gar konfiszieren – lassen.

Im Zentrum der Kritik befindet sich naturgemäß die Vorsitzende der russischen Notenbank, Elvira Nabiullina, welcher der Vorwurf gemacht wird, gut die Hälfte der russischen Gold- und Auslandswährungsreserven in westlichen Tresoren oder Bankkonten deponiert zu haben.

Nichtsdestotrotz hat Staatspräsident Wladimir Putin die russische Zentralbank-Chefin nun für eine dritte Amtszeit berufen. Warum dies jetzt geschehen ist, scheint eine Vielzahl an auswärtigen Beobachtern nicht mehr wirklich verstehen zu können.

Schließlich weht Elvira Nabiullina in der Heimat ein rauer Wind ins Gesicht, nachdem bekannt wurde, dass ein guter Teil der russischen Auslandswährungs- und Goldreserven durch westliche Banken verwaltet wird.

Mittlerweile sind um diese Verlautbarungen eine ganze Reihe von Spekulationen ins Kraut geschossen, die sich um die Frage drehen, weswegen zuletzt vor allem ein Teil der russischen Goldvorräte ins Ausland abgeflossen sein mag.

Wo befinden sich die eingefrorenen Gold- und Auslandsdevisenreserven Russlands?

Am wahrscheinlichsten erweist sich die These, wonach diese Goldvorräte an Spekulanten gegen eine Zahlung von Zinsen und/oder spezielle Gebühren verliehen worden sind. Falls sich ein Teil dieser Goldvorräte in den Tresoren der Bank of England befinden mögen, so wird den Verantwortlichen in der Russischen Föderation hier und dort pure Dämlichkeit unterstellt.

Schließlich sei es seitens der Bank of England zuvor bereits zu einer Konfiskation der dort gelagerten Goldvorräte des südamerikanischen Landes Venezuela gekommen. Ferner kam es erst vor Kurzem zu einer Ankündigung der Federal Reserve Bank of New York, wonach die dort deponierten Währungsreserven Afghanistans nach der Machtübernahme der Taliban am Hindukusch im vergangenen August eingefroren wurden.

Zumindest soll nun die Hälfte dieser insgesamt sieben Milliarden US-Dollar durch die Biden-Administration freigegeben worden sein. Wie auch immer jemand auf diese Entwicklungen blicken mag, so zeigt sich hieran, dass jene im bestehenden System veranlagten und deponierten Gelder keineswegs mehr sicher vor einer willkürlichen Einfrierung oder gar Konfiskation sind.

Um abermals auf die aktuelle Situation zu blicken, in welcher sich die Russische Föderation gerade befindet, sei gesagt, dass weder Anton Siluanow noch Elvira Nabiullina bislang darauf eingegangen sind, wo und bei welcher Institution sich der Löwenanteil der russischen Gold- und Auslandswährungsreserven denn nun deponiert und eingefroren sieht.

Internationale Beobachter wie Michael Hudson stellen sich zudem die Frage, warum die Russische Föderation unter Berücksichtigung der aktuellen Situation überhaupt noch fällig werdende Zinsen auf Auslandsanleihen bedient.

Schließlich könnten auslaufende Staatsanleihen oder fällig werdende Zinsen auch aus den Mitteln bezahlt und/oder bedient werden, die sich zurzeit im westlichen Ausland eingefroren sähen.

Und falls nicht? So käme es eben zu einem technischen Default, woran der Westen aufgrund jener in diesem Zuge sehr wahrscheinlich verrücktspielenden Märkten für Credit-default Swaps selbst keinerlei Interesse hegen könne, da es insbesondere europäische Banken seien, die sich unter den Gläubigern befänden.

Andernfalls böte sich dem Moskauer Kreml auch die Möglichkeit, jenen dem NATO-Verbund zugehörigen Nationen einer zukünftigen Lieferung von Rohöl, Erdgas und anderen wichtigen Rohstoffen fürs Erste nur noch gegen eine Zahlung in Gold oder auf Basis des russischen Rubels zu entsprechen.

Eine zunehmende Anzahl von Beobachtern an den internationalen Finanzmärkten kratzt sich hingegen verwundert den Kopf, um sich die Frage zu stellen, warum es zu derartigen Ankündigungen seitens Moskaus nicht schon längst gekommen ist.

Diese Zusammenfassung von Roman Baudzus für CK*Wirtschaftsfacts nimmt Bezug auf einen Bericht von Pepe Escobar auf der Seite TheCradle.

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