Obwohl sich die chinesische Wirtschaft aufgrund der anhaltenden „No-Covid-Strategie“ der Pekinger Regierung nebst den sich intensivierenden Problemen und finanziellen Schieflagen an den heimischen Immobilienmärkten weiter abschwächt, sind die chinesischen Einfuhren von Erdöl zuletzt deutlich gestiegen.

Analysten an den Erdöl- und Rohstoffmärkten blicken mit gemischten Gefühlen auf die im Monat September unter den asiatischen Nationen eingegangenen Importdaten. Normalerweise würde eine solche Meldung Hoffnungen auf eine anziehende Wirtschaft auf dem asiatischen Kontinent und in der Volksrepublik China schüren.

Die Dinge sind komplizierter als in der Vergangenheit

Doch nicht so zum aktuellen Zeitpunkt, da die Dinge bei weitem komplizierter als in der Vergangenheit zu sein scheinen. Denn ein Großteil der asiatischen Erdöleinfuhren ging im Monat September neben der Volksrepublik China an den Stadtstaat Singapur.

Auf den ersten Blick mag es sich angesichts einer im vergangenen Monat in einem Umfang von zwei Millionen Fass pro Tag gestiegenen Erdölnachfrage auf dem asiatischen Kontinent um eine erfreuliche Nachricht handeln.

Auf den zweiten Blick und bei einer eingehenderen Analyse haben die Raffinerien in der Volksrepublik China und in Singapur vor dem bevorstehenden Winter auf der Nordhalbkugel ihre Produktionskapazitäten ausgeweitet.

Zudem verbleiben nur noch gut zwei Monate, bis das Erdölimportembargo der Europäischen Union gegenüber der Russischen Föderation in Kraft treten wird. Zwei weitere Monate später wird sich dieses Erdölimportembargo auch auf Destillate wie Benzin und Diesel ausweiten.

Diese durch die Europäische Union verhängten Sanktionen haben einen großen Beitrag dazu geleistet, die Energiesicherheit auf dem europäischen Kontinent auf eine schwerwiegende Weise zu beeinträchtigen.

Dieselknappheit verschärft sich

Schon zum aktuellen Zeitpunkt ächzt eine zunehmende Anzahl von Mitgliedsnationen der Europäischen Union unter Dieselknappheiten. Grund hierfür sind bereits jetzt schon teils deutlich rückläufige Destillateinfuhren aus der Russischen Föderation sowie nach wie vor angeschlagene und unter einem erheblichen Druck stehende Lieferketten.

Die Streiks in Frankreichs Raffinerie-Industrie zeigen beispielsweise, was es zusätzlich nicht auch noch benötigt, um die Energiekrise im Land zu verschärfen. Lange Staus vor den französischen Tankstellen und eine allgemeine Knappheit im Destillatbereich sind die Folge.

Trotz der erheblich gestiegenen Benzin- und Dieselpreise lässt bislang kaum etwas auf eine an den Finanz- und Rohstoffmärkten viel beschworene Nachfragezerstörung unter Unternehmen und privaten Verbrauchern schließen.

Gleichzeitig wachsen die Sorgen und Befürchtungen vor dem bevorstehenden Einsetzen einer wirtschaftlichen Rezession, welche durch eine Benzin- und Dieselknappheit noch zusätzlich verstärkt zu werden droht.

Rettender Anker USA?

Aus einem jüngst veröffentlichten Bericht von Energy Intelligence geht hervor, dass die USA ihre Destillatexporte an die Europäische Union unter Umständen noch steigern könnten. Doch andererseits hatte die amerikanische Energieministerin Jennifer Granholm die heimischen Energieunternehmen und Raffinerien zuletzt wiederholt dazu aufgefordert, Energieexporte an das Ausland – inklusive Europas – vor dem bevorstehenden Winter zu reduzieren.

Die Moskauer Kreml-Regierung arbeitet angesichts des demnächst in Kraft tretenden Erdöl- und Destillatimportembargos in der Europäischen Union fieberhaft an einer Umleitung von frei werdenden Exportkapazitäten an Nationen auf dem asiatischen und lateinamerikanischen Kontinent.

Als interessant erweist sich die Tatsache, dass neben Indien auch die Volksrepublik China einen immer höheren Anteil ihrer Erdöleinfuhren nach deren Verarbeitung an Nationen der Europäischen Union reexportiert.

Ironischerweise wird das in der Europäischen Union in Kraft tretende Erdölimportembargo also wohl erst einmal nicht für einen Stopp von russischem Erdöl an die Europäische Union führen.

Vielmehr beginnt sich abzuzeichnen, dass anstelle eines direkten Ölflusses zwischen der EU und Russland Nationen wie Indien und die Volksrepublik China auf eine zunehmende Weise zu Mittelsmännern an diesen Märkten avancieren.

Ein hoher Preis wird zu bezahlen sein

Seitens der Europäischen Union wird hierfür ein hoher Preis zu bezahlen sein. Deutlich wird diese Entwicklung beispielsweise anhand der zuletzt eingegangenen Daten in Bezug auf die Destillatexporte Indiens an die Europäische Union.

Sonderbar ist doch, dass niemand in der Europäischen Union ein Problem damit zu haben scheint, dass die aus Indien importierten Destillate ursprünglich aus Russland stammen oder aus Russland herrührendem Erdöl in indischen Raffinerien für einen Export weiterverarbeitet wurden.

Solange das Erdöl oder die damit in Verbindung stehenden Destillate nicht aus der Russischen Föderation selbst stammen, scheint aus Sicht der Brüsseler EU alles in Ordnung zu sein. Die heimischen Unternehmen und privaten Verbraucher bezahlen dann den hieraus resultierenden Aufpreis.

Gleichzeitig verschärft sich die Abhängigkeit der Europäischen Union von Energieeinfuhren aus der Volksrepublik China und Indien. Von Interesse ist diese Entwicklung allein schon deshalb, da sich die Rhetorik in Brüssel gegenüber der Volksrepublik China zuletzt deutlich verschärft hat. Der Ton wird rauer.

Selbstverständlich folgt Brüssel in der eigenen Vorgehensweise einmal mehr dem Beispiel der Washingtoner Regierung. Ziel der US-Regierung ist es, die dominierenden Stellung Chinas an den globalen Märkten zu minimieren.

Abhängigkeit von China wächst

Andererseits soll die Pekinger Regierung mit aller Macht davon abgehalten werden, Taiwan notfalls unter einem Einsatz von militärischer Gewalt „heimzuholen“. Insbesondere in dem so wichtigen Rohstoffbereich erweist sich die Abhängigkeit der Europäischen Union von China, ähnlich wie im Falle Russlands, als enorm.

Ohne Lieferungen aus der Volksrepublik China würde die Wirtschaft der Europäischen Union kollabieren. Amerika befindet sich aufgrund des eigenen Rohstoffreichtums einmal mehr in einer weitaus besseren Position, um den Konflikt mit der Volksrepublik China zu verschärfen.

Ausgerechnet jetzt wird es in vielen Raffineriebetrieben in der Europäischen Union auch noch zu alljährlichen Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten kommen, wodurch die Produktion von Destillaten weiter beeinträchtigt wird.

Die Streiks im französischen Raffineriegewerbe verschärfen die allgemeine Lage auf dem europäischen Kontinent zusätzlich. Unter Bezugnahme auf Rohstoffanalysten werden sich die Raffineriekapazitäten in der Europäischen Union deshalb um weitere 1,5 Millionen Fass pro Tag minimieren.

Da sich in diesem Bereich kurzfristig keine Veränderungen abzeichnen, bleibt damit zu rechnen, dass die Versorgungssituation im Destillatbereich angespannt bleiben wird. China wäre nicht China, wenn auf diese Situation seitens Pekings nicht bereits mit Pragmatismus geblickt werden würde.

So hat die Pekinger Regierung ihren heimischen Raffineriebetrieben gerade erst die höchsten Destillatexportquoten seit Beginn dieses Jahres zugeteilt, wie es in einem Bloomberg-Bericht hieß.

Einerseits soll auf diese Weise die hauptsächlich durch anhaltende Covid-Lockdowns verursachte Nachfrageschwäche in der chinesischen Heimat adressiert werden. Andererseits scheint die Pekinger Regierung erkannt zu haben, die europäische Destillatnachfrage mittels einer Steigerung der eigenen Exporte an die Region befriedigen zu können.

Dass sich Betriebe in der Volksrepublik China aufgrund der aktuellen Situation fürstlich ihre Taschen füllen werden, steht auf einem anderen Blatt. Mittlerweile müsste die Brüsseler EU fast schon darauf hoffen, dass die wirtschaftliche Schwäche in der Volksrepublik China auch in den nächsten Monaten anhalten wird.

Denn anstelle die eigenen Lagerhäuser bis zum Bersten mit Destillaten zu füllen, werden chinesische Raffineriebetriebe mehr und mehr dazu übergehen, überschüssige Bestände, wohl größtenteils aus russischen Importen, an die Europäische Union zu reexportieren.

Allein an dieser Situation zeigt sich, wie sich die Katze in den Schwanz beißt. Aktionismus und übereilte Beschlüsse sind aus Perspektive der Europäischen Union nicht dazu angetan, sich von russischen Energielieferungen unabhängig zu machen.

Vielmehr steht zu befürchten, dass es auf dem europäischen Kontinent in den bevorstehenden Wintermonaten zu weitreichenden Destillatknappheiten und Engpässen zu kommen droht, falls die Volksrepublik China und Indien ihre Energieexporte plötzlich deutlich senken oder sogar einstellen sollten.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt Bezug auf einen Bericht auf der Seite von oilprice.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Inzwischen beginnt sich für jedermann in den westlichen Industrienationen abzuzeichnen, welche Folgen die gegenüber der Russischen Föderation verhängten Sanktionen zeitigen. Die Einschläge in den heimischen Wirtschaften werden größer, während die Inflation und massiv steigende Energiepreise spürbar bei Unternehmen und Verbrauchern angekommen sind.

Einlenken? Umdenken? Keine Spur hiervon. Die Interessen der Ukraine im Kampf gegen die Russische Föderation scheinen durch die in der Verantwortung stehende Politik nach wie vor über die Interessen der eigenen Nationen und deren Wirtschaften gestellt zu werden.

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