Während namhafte Hedgefondsmanager inzwischen von einem „kaputten“ Erdölmarkt sprechen, an dem die Futures-Preise die fundamentalen Bedingungen am Angebotsmarkt nicht mehr abbildeten, kommen auf die Erdölmärkte neue Probleme zu.

An diesem Markt braut sich ein perfekter Sturm zusammen. Einerseits hat die Organisation OPEC+ bereits in Aussicht gestellt, die eigene Förderung demnächst drastisch reduzieren zu wollen.

Erdölimportembargo der EU rückt immer näher – und dann?

Andererseits setzt ab Dezember das im Frühjahr vereinbarte Erdölimportembargo gegenüber der Russischen Föderation in der Europäischen Union ein, die das Ölangebot in Europa auf zusätzliche Weise deutlich verknappen wird.

Drittens mehren sich die Warnungen aus den Vereinigten Staaten, wonach im bevorstehenden Winter nicht mit einem Öl-Bailout Europas durch amerikanische Förderunternehmen und Raffinerien zu rechnen sein wird.

Und viertens flutet die US-Regierung die Erdölmärkte noch immer täglich mit eine Million Fass Rohöl aus der strategischen Petroleumreserve des Landes. Joe Biden hatte in der letzten Woche mitgeteilt, die strategische Petroleumreserve der Vereinigten Staaten, die mittlerweile auf ein 40-Jahres-Tief gesunken ist, ab einem Ölpreis (WTI) von 80 US-Dollar pro Fass wieder aufstocken zu wollen.

Dass Joe Biden diese Aussage nur Stunden später um die Ohren flog, zeigte sich anhand von Interventionen des Weißen Hauses, wonach eine solche Aufstockung zu Preisen von 80 US-Dollar pro Fass nicht als gegeben oder in Stein gemeißelt interpretiert werden sollten.

Nichtsdestotrotz wissen die Akteure an den globalen Finanz- und Rohstoffmärkten ganz genau, dass die US-Regierung ab einem bestimmten Zeitpunkt als Großkäufer an den Erdölmärkten wird auftreten müssen, um die strategischen Petroleumreserven des Landes wieder aufzufüllen.

Neue Turbulenzen an den Erdölmärkten absehbar

Auf diesen zusammengefassten Erwartungen basierend, lässt sich absehen, dass die Ölmärkte spätestens ab Beginn des vierten Quartals in neue Turbulenzen geraten werden. Preissprünge sowie steigende Benzin- und Dieselpreise könnten die Folge sein.

Die Situation an den europäischen Gasmärkten gibt die Richtung vor. Auch eine solche Entwicklung hätte sich vor einem Jahr kaum jemand vorstellen können (wollen). Wie dem auch sei, wenn des Öfteren von einer Ausweitung des Krieges in Europa die Rede ist, so lässt sich absehen, dass Russland aufgrund der eklatanten Energieabhängigkeit der Europäischen Union keinen einzigen Schuss oder Rakete wird abfeuern müssen, um Deutschland und den europäischen Kontinent in die Knie zu zwingen.

Think Tanks in Europa sind sich hierüber bewusst, schweigen jedoch. Inzwischen hat der russische Energieriese Gazprom seine Erdgaslieferungen an Deutschland und einen Großteil Europas erwartungsgemäß eingestellt.

„Vorbereitungen“ für einen Blackout wachsen

Zu welchen Verwerfungen diese Entscheidung in der deutschen und europäischen Wirtschaft geführt hat, lässt sich anhand der zunehmenden Medienberichte über Energieknappheit, den Prozess der Deindustrialisierung sowie Insolvenzen und Produktionsstilllegungen ablesen. Selbst von einem Blackout und entsprechenden Vorbereitungen durch die Polizeibehörden in Deutschland wird inzwischen ganz offen berichtet.

Wir erinnern uns, dass Mahner einer verfehlten Energiepolitik noch vor nicht allzu langer Zeit diffamiert oder gar als „Verschwörungstheoretiker“ bezeichnet wurden. Wie dem auch sei, hinzu gesellt sich eine Lage an den internationalen Erdölmärkten, die auf weitere Turbulenzen im Energiebereich schließen lässt.

Denn es gibt unter Ausschluss Russlands keine angemessenen Erdölvorräte, die aus Sicht des europäischen Kontinents in ausreichend großen Mengen auf unserem Planeten zur Verfügung stehen würden.

Ferner befinden sich die Kapazitäten im Bereich Raffinerien und Verarbeitungsanlagen nun schon seit Monaten am Anschlag. Die sich intensivierenden Energieprobleme werden diese Situation unter aller Voraussicht noch weiter verschärfen.

Russisches Erdöl lässt sich in diesen Mengen nicht substituieren

Deutlich wird, dass sich mehr als ein Drittel der Erdölversorgung nicht einfach mit einem politischen Federstrich substituieren lässt, ohne davon auszugehen, dass dies a) nicht möglich ist und b) damit zu rechnen sein wird, dass die Preise an den Öl- und Energiemärkten weiter explodieren.

Nur Narren würden diese für jedermann erkennbaren Entwicklungen ignorieren oder aufgrund einer selbst verfolgten Ideologie beiseite schieben. Massen von Menschen in Europa sehen sich höchst fragwürdigen Entscheidungen von nicht durch die Bevölkerungen gewählten EU-Spitzenpolitikern ausgesetzt, die den europäischen Kontinent auf die Knie zu bringen drohen.

Wenn EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen inhaltlich und technisch noch immer nicht verstehen möchte, dass eine verstärkte Hinwendung zu alternativen Energien keine Rettung in der aktuellen Lage bringen wird, so ist dies eine Sache.

Dabei jedoch zu unterschätzen, welchen sozial-politischen Sprengstoff eine solche Politik mit sich bringt, ist eine andere. Inzwischen berichten beispielsweise Bäckereien in Deutschland darüber, laufende Energieverträge durch ihre Versorger gekündigt zu bekommen und durch eingehende Gasrechnungen in den wirtschaftlichen Ruin getrieben zu werden.

Was auf Deutschland und Europa zukommen könnte und welch ein giftiger Stimmungsmix im Land mittlerweile herrscht, zeigt unter anderem ein Video von einem Besuch der Grünen Ricarda Land im baden-württembergischen Ellwangen am Wochenende.

Angehen von neuen Projekten ist dringend notwendig

Die Europäische Union sieht sich indes mit einer dringend notwendigen Verabschiedung von mindestens einhundert neuen Projekten zum selben Zeitpunkt überfordert. Die Entscheidung, eine Einfuhr russischen Erdöls ab Dezember zu boykottieren, steht hiermit in Zusammenhang.

Diese Projekte beziehen sich auf eine Umstellung der Geschäftsaktivitäten von Raffinerien, Verarbeitungsanlagen, Seehäfen und Pipelines sowie weitreichenden Veränderungen in der Logistikinfrastruktur.

Diese unmittelbar anstehenden Veränderungen lassen keine Bierzeltansprachen von Politikern mehr zu, sondern benötigen einer dringend notwendigen Adressierung – und dies so schnell wie möglich.

Beispielhaft sei hier die Situation der Raffinerie Schwedt in Ostdeutschland angesprochen, wo es zu einer Umsetzung von mindestens elf Großprojekten wird kommen müssen. Russland zieht vor Gericht, so dass eine Umsetzung von Planungen vorerst in der Schwebe bleiben dürfte.

Selbst wenn Polen nach einer Verstaatlichung der Raffinerie wieder russisches Erdöl zur Verarbeitung liefern sollte, stellt sich die Frage, welche langfristigen Perspektiven sich für Schwedt auftun, und an welche Kunden die Raffinerie in Zukunft exportieren und liefern möchte.

Stellvertretend sei an dieser Stelle auf einen Bericht vom Wochenende auf der Seite von welt-online.de verwiesen. In der Schlagzeile dieses Berichtes hieß es wie folgt:


Allein hieran zeigt sich, vor welch enormen Herausforderungen Deutschland im heimischen Energiebereich steht. Gleiches gilt beispielsweise für die slowakische Raffinerie Slovnaft, die ihren Export zuletzt ebenfalls einstellen musste.

Von wem oder wie die Exportmärkte durch Slovnaft jetzt beliefert werden, ist aufgrund der geografischen Lage der Slowakei, einer momentan nicht vorhandenen Logistikinfrastruktur sowie einer komplett umzustellenden Vertriebsinfrastruktur ein gefährliches Rätsel.

Alles in allem sprechen wir von Hunderten von Milliarden Euro, über die Europa a) aufgrund einer immer schlimmeren Wirtschaftslage nicht verfügt und b) auch nicht durch die EZB „drucken“ lassen sollte, um Neuschuldenaufnahmen in exorbitanter Höhe erst in vierzig oder fünfzig Jahren zurückbezahlen zu wollen.

Es besteht die Gefahr einer Weimarisierung Deutschlands und des europäischen Kontinents sowie das Risiko einer Hyperinflation.

Gesetzt den Fall einer solchen Entwicklung, würden nachfolgende Generationen noch lange, lange nachdem sich fossile Brennstoffe in der Europäischen Union gebannt sehen werden, für eine solche Politik bezahlen müssen.

Gleichzeitig droht ein Wirtschaftscrash, der per se die Frage aufwirft, wer diese exorbitanten Schulden überhaupt noch abbezahlen soll? Eine ähnliche Frage stellt sich aus Perspektive einer Aufrechterhaltung der Bezahlbarkeit der Sozialsysteme.

Egal, aus welcher Perspektive die Dinge nun auch betrachtet werden, so zeigt sich, dass die momentan durch die Politik getroffenen Entscheidungen keinen Sinn ergeben. Denn niemand würde sich von überlebenswichtigen Rohstoffen selbst abkappen, für die es aus aktueller Sicht keinen Ersatz gibt.

Banken und Kreditgeber in der Pflicht

Logischerweise sollten Banken und Kreditgeber Finanzierunggenehmigungen für Projekte, die aus wirtschaftlicher und energietechnischer Perspektive unrentabel sind oder hohen und kaum absehbaren Risiken unterliegen, ablehnen.

Deshalb wird es – wie im Minen- und Rohstoffbereich – eine grundsolide Erstellung von Machbarkeitsstudien benötigen, über die nicht nur andauernd geredet, sondern deren zugrundeliegenden Planungsprojekte pronto auf deren Nachhaltigkeit und Effizienz geprüft werden müssen.

Hierüber wird medial kaum bis überhaupt nicht berichtet. Anstelle sich an Lösungsansätzen zu versuchen, passt sich die Stimmung in den Medien den berechtigten Befürchtungen und Ängsten in der breiten Gesellschaft an, um sich lediglich als Geräuschverstärker der aktuellen Energiekrise auf dem europäischen Kontinent zu gerieren.

Wo bestimmen Schlagzeilen über öffentliche Ausschreibungen oder transeuropäische Ausschreibungen, mögliche Joint Ventures, Ingenieursichtweisen, grundsolide Planungen, Spezifikationen, Zeitpläne oder Auftragsvergabetermine die Gazetten?

Nichts hierüber lässt sich beobachten, weil es diese wichtigen Spezifikationen zurzeit nicht zu geben scheint. Anstelle dessen wird den europäischen Bevölkerungen und Unternehmen eine Mangelverwaltung im Energiebereich in Aussicht gestellt, wodurch sich die allgemeinen Ängste nur noch verstärken.

Wer allein die aktuelle Gasmangellage in Deutschland und der Europäischen Union zur Grundlage der Betrachtung macht, der würde wohl nicht allen Ernstes auf die Idee kommen, ab Dezember auch noch eine ähnliche Situation im Erdölbereich Einzug halten zu lassen.

Potenzieller Ölpreisdeckel – eine gute Idee?

Ferner würde auch niemand, wie die G7-Staaten, an einem Ölpreisdeckel für russisches Erdöl arbeiten, der ebenso wenig wie eine Gaspreisdeckelung funktionieren wird. Letzten Endes werden sich auch noch die Horrorprognosen der amerikanischen Großbank JPMorgan Chase bewahrheiten, wonach die Erdölpreise im Fall der Verabschiedung einer Ölpreisgrenze durch die G7-Staaten auf bis zu 380 US-Dollar pro Fass klettern könnten.

Wenn die Industrie in Deutschland jetzt schon auf dem Zahnfleisch läuft, so stellt sich Frage, wie es dann erst im Land aussehen wird?! Darüber hinaus mutet es unfassbar an, wenn die EU inzwischen Destillatprodukte wie Benzin und Diesel aus Drittstaaten wie Indien oder der Volksrepublik China, wo zuvor russische Öllieferungen raffiniert worden sind, zu exorbitant höheren Preisen bezieht!

Den Europäer sei gesagt, und nicht weiter Sand in die Augen gestreut, dass es weltweit nur unzureichende oder keine Öllagerstätten gibt, die sich dazu in der Lage sehen würden, ihre Produktion für die enormen Mengen und jene Art von Ölsorten, die auf dem europäischen Kontinent benötigt werden, stark auszuweiten.

Hinzu gesellt sich eine schnell verändernde geopolitische Lage, die verschiedene Lieferländer von vornherein als unzulässig erscheinen lässt. Es mangelt in der deutschen Transportkette schon zum aktuellen Zeitpunkt nicht nur an dem LKW-Dieselreiniger AdBlue, sondern auch an hochwertigen Dieselkraftstoffen.

Doch exakt diese Produkte werden im europäischen Logistik- und Transportsektor benötigt, um die allgemeine Versorgungslage unter der Bevölkerung und den Unternehmen aufrecht zu erhalten und sicher zu stellen.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt Bezug auf einen Bericht von Jorge Vilches auf der Seite The Saker Blog.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Konkret heißt das, dass sich die Europäische Union und Deutschland in einer dramatischen Energiemangellage befinden, die mancherorts noch immer nicht als diese wahrgenommen und erkannt werden möchte. Dies gilt insbesondere für Vertreter der deutschen Ampel-Koalition.

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