Zu Beginn dieses Jahres wurde in der hiesigen Berichterstattung auf aktuelle Entwicklungen an den Märkten für Edelmetalle geblickt. Es ließ sich konstatieren, dass sich im abgelaufenen Jahr vor allem europäische Notenbanken wie auch Zentralbanken in den Schwellenländern unter den größten Käufern von Gold befanden.

Nahezu die gesamte zweite Jahreshälfte machten zudem Spekulationen an den Goldmärkten die Runde, wonach ein „großer Wal“ als Käufer an den globalen Goldmärkten aktiv sei. Und dieser Wal hat sich inzwischen tatsächlich als die Volksrepublik China entpuppt.

Goldkäufe schießen durch die Decke

Aus einer nachfolgend abgebildeten Grafik, die einem jüngst publizierten Bericht des World Gold Council entnommen wurde, lässt sich erkennen, zu welchem Grad Zentralbanken auf globaler Ebene im vergangenen Jahr als Käufer an den Goldmärkten auftraten.

Analysten an den Rohstoff- und Währungsmärkten zeigen sich davon überzeugt, dass die jüngsten Goldkäufe vor allem durch die Volksrepublik China und die Russische Föderation mit angekurbelt worden sind.

Unter Bezugnahme auf Schätzungen des World Gold Council haben staatliche Institutionen im Jahr 2022 weltweit etwa 673 Tonnen Gold erworben. Ein Anteil von 400 Tonnen Gold sei allein auf das dritte Quartal entfallen.

Hierbei handele es sich um die größten Goldkäufe innerhalb eines Quartals seit Beginn der Datenaufzeichnungen im Jahr 2000.

Russland und China an Goldmärkten aktiv

Seitens der Russischen Föderation werden inzwischen keine Daten zu Goldkäufen auf monatlicher Basis mehr veröffentlicht. Goldanalysten und andere Beobachter gehen jedoch davon aus, dass die Russische Föderation auch weiterhin als Käufer an den Goldmärkten aktiv ist.

Die russische Zentralbank hatte vor nicht allzu langer Zeit angekündigt, ihren Goldanteil in Relation zu allen anderen durch die Institution gehaltenen Währungsreserven auf 25 Prozent erhöhen zu wollen.

Die People´s Bank of China hatte im November letzten Jahres offiziell bestätigt, erstmals seit dem Jahr 2019 wieder Gold an den internationalen Märkten erworben zu haben. Diese Käufe beliefen sich auf insgesamt 32 (metrische) Tonnen Gold in einem damaligen Gesamtwert von etwa 1,8 Milliarden US-Dollar.

Internationales Währungssystem: Vor einem Wendepunkt?

Auch Usbekistan, Katar und die Türkei gehörten im dritten Quartal vergangenen Jahres zu den größten Goldkäufern weltweit. Als recht interessant entpuppte sich ein vor nicht allzu langer Zeit durch die Financial Times publizierter Bericht, in dem es hieß, dass das globale Geldsystem an einem Wendepunkt gestanden habe, als Zentralbanken letztmals derart beherzt an den Goldmärkten zugriffen.

Rückblickend in das Jahr 1967 hätten europäische Zentralbanken gewaltige Goldvolumen aus den Vereinigten Staaten nach Ankäufen bezogen, was letztendlich zu einem weltweiten Run auf das gelbe Metall samt des Zusammenbruchs des Londoner Gold Pools geführt habe.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt sei das Ableben des im Jahr 1944 beschlossenen Bretton Woods Systems, in dessen Zuge sich der US-Dollar an Gold gekoppelt sah, absehbar und nicht mehr aufzuhalten gewesen.

Zusätzliche Entwicklungen, die häufig übersehen werden

Es gibt allerdings auch einige Entwicklungen, die durch die Medien entweder nicht gesehen oder vielleicht auch gerne übersehen werden. Allein ein Blick in die Volksrepublik China lässt erkennen, dass das Reich der Mitte jedes Jahr gut 600 (metrische) Tonnen Gold in der heimischen Produktion abbaut, was nun bereits seit vielen aufeinanderfolgenden Jahren der Fall gewesen ist.

Dieses in der Volksrepublik China abgebaute Gold hat die Heimat seitdem niemals verlassen. Wenn die People´s Bank of China, wie im November letzten Jahres geschehen, offen zugibt, den eigenen Goldreserven weitere 32 (metrische) Tonnen mittels Käufen an den Goldmärkten hinzugefügt zu haben, sind viele Finanzmedien wie aus dem Häuschen.

Im direkten Vergleich mit der jährlich in der Volksrepublik China abgebauten – und dieser im Land verbleibenden – Goldmenge erweisen sich die jüngst durchgeführten Käufe der People´s Bank of China als überschaubar, beziehungsweise fast als geringfügig.

Hinzu kommt, dass die Volksrepublik China ihre Goldimporte aus dem Ausland in den letzten Monaten und Jahren teils deutlich ausgeweitet hat. Hieran hat sich bis heute augenscheinlich nichts geändert.

Ein Geist, der sich nicht mehr in die Flasche zurückbringen lässt…

Die aktuellen Goldkäufe seitens der Volksrepublik China und einer wachsenden Anzahl von Schwellenländern werden unter anderem der Tatsache geschuldet sein, dass Zentralbanken und andere Finanzinstitutionen im Westen die im westlichen Ausland – einschließlich Japans - deponierten Währungsreserven der Russischen Föderation in Reaktion auf den militärischen Einmarsch in die Ukraine eingefroren haben.

Mittlerweile wurde und wird auf Ebene der Europäischen Union bereits über eine potenzielle Konfiskation dieser eingefrorenen Währungsreserven der russischen Zentralbank gesprochen, um mit diesen Finanzmitteln den zukünftigen Wiederaufbau der Ukraine zu finanzieren.

Auffällig ist, dass zuletzt selbst durch die Financial Times befragte Analysten mehrheitlich der Ansicht gewesen sind, dass sich in den aktuellen Preisbewegungen an den Goldmärkten sowohl ein stark wachsendes Misstrauen als auch eine enorme Unsicherheit unter Anlegern weltweit spiegelten.

Von einem moralischen Standpunkt betrachtet einmal abgesehen, missfällt es einer großen Anzahl an Investoren, dass Russlands ausländische Währungsreserven in den USA, auf dem europäischen Kontinent und in Japan wie mittels eines Wimpernschlags eingefroren worden sind, um nun möglicherweise vor einer Konfiskation zu stehen.

Wenn nun auch die Financial Times Analystinnen wie Nicky Shiels, Marktstrategin bei der Edelmetallhandelsfirma MKS PAMP, zitiert, laut deren Aussage eine Verhängung der westlichen Sanktionen nebst dem Einfrieren von dreihundert Milliarden US-Dollar in Form von russischen Währungsreserven im außerwestlichen Ausland die Frage aufgeworfen haben, wie sicher im Westen veranlagte Währungsreserven noch seien, so hört sich das inzwischen ganz nach den seit Frühjahr letzten Jahres publizierten Warnungen und Prognosen von Zoltan Pozsar an.

US-Dollar wird seiner Rolle als Weltreservewährung nicht mehr gerecht

Vielerorts wird inzwischen offen darüber gesprochen, dass es sich im Fall des Einfrierens der russischen Währungsreserven im westlichen Ausland um nichts anderes als einen Diebstahl handele. Jeder auf der Welt, der sich nicht dem hegemonialen Anspruch der USA unterordne, könne schon bald ein nächster Kandidat für eine solche Behandlung sein.

Um nochmals zu zitieren, so hatte Jim Rogers im vergangenen Jahr in Interviews ausgeführt, dass der US-Dollar seiner Rolle als Weltreservewährung nicht mehr gerecht wird. Denn eine Währung wie der US-Dollar, die im globalen Handel eine zentrale Rolle spielen sollte, dürfe durch die Washingtoner Regierung nicht in Form einer Waffe gegen Drittländer missbraucht werden.

Genau dies sei unter Bezugnahme auf Jim Rogers jedoch schon seit geraumer Zeit der Fall, weswegen in einer wachsenden Anzahl von Nationen rund um den Globus, allen voran in der Volksrepublik China und in der Russischen Föderation, an der Beschleunigung des Prozesses der De-Dollarisierung gearbeitet werde.

Um noch einmal auf die Volksrepublik China zurückzukommen, so sei erwähnt, dass die People´s Bank of China ihre gehorteten Goldreserven nicht offiziell preisgibt. Seitens des World Gold Council gibt es jedoch Schätzungen, laut denen die Volksrepublik China zwischen den Jahren 2002 und 2019 knapp 1.450 Tonnen Gold akkumuliert haben soll.

Weiterhin wird davon ausgegangen, dass diese Goldreserven ausreichen sollen, um die zurzeit im Umlauf befindliche Yuan/Renminbi-Währung in der Volksrepublik China, so notwendig, vollumfänglich zu decken.

Verheißt eine Hybrid-Währung die Zukunft?

Die Pekinger Regierung erweist sich ebenfalls als großer Unterstützer einer durch Russland ins Spiel gebrachten Emission und Lancierung einer durch Gold gedeckten Währung in den BRICS-Nationen.

Diese Währung könnte laut aktuellen Plänen im Außenhandel auf Krypto-Basis – und somit einer digitalen Basis – fußen, während Transaktionen in den einzelnen BRICS-Nationen weiterhin mittels Lokalwährungen (auch in Form von Bargeld) betrieben werden sollen.

Mittlerweile beginnt sich glasklar abzuzeichnen, dass diese Pläne eine direkte Konkurrenz aus Sicht des US-Dollars mit sich bringen würden. Denn im internationalen Handel würde neben einer verstärkten Nutzung von lokalen Währungen im bilateralen Handel zwischen einzelnen Nationen, die den US-Dollar fortan umgehen wollen, auch eine zusätzliche Alternative zur Verfügung stehen.

Seit Frühjahr des vergangenen Jahres mehren sich die Spekulationen, wonach die BRICS-Länder eine zentralisierte Digitalwährung in Form eines Stablecoins einführen werden, die neben Gold auch durch andere Metalle sowie Rohstoffe wie Erdöl und Agrargüter gedeckt sein wird.

Der bilaterale Handel zwischen den an diesem System partizipierenden Ländern würde sich wahrscheinlich stark vereinfachen. Ins Bild passt zudem, dass das Reich der Mitte sich über die letzten Monate unter den größten Verkäufern von US-Staatsanleihen befand.

Wenn in akademischen Kreisen der Volksrepublik China schon seit geraumer Zeit offen dazu aufgerufen wurde, sich in einem verstärkten Ausmaß von amerikanischen Treasury Bonds zu trennen oder diese Positionen zumindest stark zu reduzieren, so könnten diese Forderungen in der Zwischenzeit auf offene Ohren innerhalb der Pekinger Regierung gestoßen sein.

Die potenzielle Emission einer zentralisierten Digitalwährung in den BRICS-Nationen könnte zu einem Instrument in den Händen der Pekinger Regierung avancieren, welches sich zu dem Zweck einer Beschleunigung der De-Dollarisierungskampagne einsetzen ließe.

Im zweiten Halbjahr publizierte Daten wiesen darauf hin, dass das Land seine aus Treasury-Bond-Verkäufen generierten Einnahmen in Form von anderen Fiat-Währungen wie dem russischen Rubel oder in Form von Gold veranlagt hat.

Das im vergangenen Jahr durch den Westen ausgesprochene Verbot einer Einfuhr russischen Goldes gereiche laut Rohstoffanalysten vor allem der Volksrepublik China zum Vorteil. In der Zwischenzeit erweist sich das Reich der Mitte als größter Goldimporteur der Welt, wozu unter anderem wohl auch wachsende Goldimporte aus der Russischen Föderation beigetragen haben dürften.

Zusätzlich hat das im Westen ausgesprochene Goldeinfuhrverbot aus Russland die Nachfrage nach dem durch die Volksrepublik China importierten (russischen) Goldes in den Vereinigten Staaten wie auch auf dem europäischen Kontinent angekurbelt.

Es muss davon ausgegangen werden, dass die Volksrepublik China ihre Goldreserven auf eine äußerst strategische Weise einsetzen wird, solange sich die Russische Föderation vom Westen isoliert sieht.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt Bezug auf einen jüngst publizierten Bericht des World Gold Council.

Dieser Bericht wird fortgesetzt. Im Folgebericht wird abschließend auch eine persönliche Einschätzung zur aktuellen Situation an den Goldmärkten enthalten sein.

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