Es empfiehlt sich, einige der jüngsten Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell Revue passieren zu lassen. Denn im Rahmen von Jerome Powells jüngster Anhörung vor dem Finanzausschuss des Repräsentantenhauses blieb kaum ein Thema von aktueller Tragweite unausgesprochen.

Egal ob digitale Zentralbankwährungen (CBDCs), private Kryptowährungen wie Bitcoin, Stablecoins oder der US-Dollar – alles scheint gerade wieder einmal auf den Wunsch und das Ziel einer zukünftigen Straffung der Aufsicht und Kontrolle in Händen der Federal Reserve Bank hinauszulaufen.

Fed ersucht Kongress um noch mehr Kontroll- und Machtbefugnisse

So wies der Fed-Chef gegenüber Kongressmitgliedern beispielsweise darauf hin, dass es ein Fehler sein würde, die Federal Reserve Bank im Bereich der Finanzaufsicht zukünftig nicht mit einer Rolle von Tragweite in Sachen Stablecoins auszustatten.

Dass Gerry Gensler, der Chef der amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde Securities and Exchange Commission, mittlerweile einen Privatkrieg gegen verbliebene große Krypto-Börsen wie Binance & Co. vom Zaun gebrochen hat, überrascht in diesem Zusammenhang kaum, sondern war vielmehr ab einem gewissen Zeitpunkt zu erwarten.

Schließlich wirft der im Monat Juli durch die Federal Reserve Bank geplante Start des neuen Transaktions- und Zahlungssystems FedNow seine Schatten voraus. Hierbei handelt es sich um eine durch die Fed und ein Konsortium aus Großbanken entworfene und in der Zukunft betriebene Interbanken-Kommunikationsplattform, die elektronische Zahlungstransaktionen nicht nur rasend schnell, sondern fortan auch an 24 Stunden am Tag an sieben Tagen in der Woche verfügbar machen soll.

Jerome Powell und die Federal Reserve befinden sich momentan allerdings im Auge eines Orkans. Einerseits wird der Fed der Vorwurf gemacht, viel zu spät auf eine schell steigende Inflation in den USA reagiert zu haben, um hernach den amerikanischen Leitzins auf eine zu aggressive Weise angehoben zu haben.

Andererseits wurde seit Mitte März und dem mit diesem Zeitpunkt verbundenen Ausbruch einer neuen Bankenkrise in den USA offensichtlich, dass die Federal Reserve trotz aller in ihren Händen zusammenlaufenden Macht- und Kontrollbefugnisse ernsthafte Fehler in der Bankenaufsicht gemacht hat, die mit zu den seit Mitte März zu beobachtenden Verwerfungen an den amerikanischen Bankenmärkten geführt haben.

Zumindest werden begangene Fehler inzwischen offen zugegeben

Einzelne Mitglieder des Offenmarktauschusses haben dies inzwischen auch offen zugegeben. Ferner haben die jüngsten Turbulenzen die Frage im Washingtoner Kongress aufgeworfen, ob Amerikas Banken auf eine ausreichende Weise kapitalisiert sind, um auf eine adäquate Weise gegen externe und interne Schocks gerüstet zu sein.

Zuletzt wurden Forderungen im Bereich der amerikanischen Finanzaufsicht laut, die Kapitalanforderungen unter den heimischen Instituten um bis zu zwanzig Prozent zu erhöhen. Pläne in Bezug auf die potenzielle Lancierung einer digitalen Zentralbankwährung durch die Federal Reserve Bank sind vor diesem Hintergrund in letzter Zeit fast schon zu einem nur hin und wieder aufflackernden Nebengeräusch geworden.

Einmal mehr machte Jerome Powell am 21. Juni darauf aufmerksam, dass der Status des US-Dollars als Weltreservewährung aus Sicht der Federal Reserve Bank und der US-Regierung wichtig sei.

In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage, ob es unter diesen Bedingungen auf Sicht zu einer Neuauflage von Quantitative Easing (QE) durch die Fed samt an den Finanz- und Kapitalmärkten erhofften Zinssenkungen wird kommen können.

Something has to give…

Selbstverständlich widerstrebt es den meisten Akteuren an den globalen Finanzmärkten ob der im Verlauf der letzten fünfzehn Jahre gemachten Erfahrungen, papierne Vermögenswerte wie Aktien oder Bonds in einem noch stärkeren Ausmaß als im vergangenen Jahr auf den Markt zu schmeißen, da irgendwann mit einer Kehrtwende der Fed gerechnet wird.

Ob und wann diese Kehrtwende auch tatsächlich einsetzen wird, bleibt indes erst einmal abzuwarten. Es könnte vielmehr der Fall sein, dass die Fed ihren Leitzins im Monat Juli erneut um einen Viertelprozentpunkt anheben wird. Von QE kann im aktuellen Umfeld (noch) überhaupt keine Rede sein.

Ob der sogenannte Fed-Put, der sich in der vergangenen Dekade stets stützend auf die Entwicklung an den Aktien- und Bondmärkten ausgewirkt hat, noch Bestand hat, wird sich ab einem gewissen Zeitpunkt zeigen müssen.

Something has to give, wie es auf Englisch so schön heißt. Der Außenwert des US-Dollars wird sich wahrscheinlich nicht mehr stabilisieren lassen, falls die Federal Reserve Bank eine Kehrtwende in ihrer Geldpolitik verkünden sollte.

Ausländische Halter von US-Dollars könnten ab diesem Zeitpunkt nämlich dazu übergehen, sich in Lichtgeschwindigkeit aus der amerikanischen Währung zu verabschieden. Ohnehin hat der Prozess der De-Dollarisierung weltweit zuletzt deutlich an Fahrt aufgenommen.

Doch hält die Fed andererseits an ihrem jetzigen Kurs fest, wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis zuerst an den Finanzmärkten und hernach in der breiten Wirtschaft eine neue Krise ausbrechen wird, die eine deflationären Charakter aufweisen würde und unser System – wie im Jahr 2008 – an den Rand eines Zusammenbruchs bringen könnte.

Wird sich die Federal Reserve Bank also dazu entscheiden, Finanzmärkte und Banken „zu retten“, falls dies notwendig werden sollte? Oder wird die Stabilität des US-Dollars den geldpolitischen Entscheidern im Eccles Building fortan wichtiger sein?

Digitalisierung des Geldsystems ist bereits weit fortgeschritten

Drehen sich die Dinge um eine Digitalisierung des Geldes, so weisen Kommentatoren darauf hin, dass der US-Dollar sich nun schon seit einiger Zeit auf diesem Pfad befindet. US-Dollars wechselten danach schon heutzutage in den meisten Fällen ihre Besitzer in Form von Bits and Bytes.

Anders, so heißt es, sähe es hingegen im Bereich der amerikanischen Staatsanleihemärkte aus, an denen sich die Handelsmechanismen im Vergleich mit der Vergangenheit kaum verändert hätten. Immerhin erweisen sich U.S. Treasury Bonds als jene Reservevermögenswerte, die dem weitläufig digitalisierten Währungszirkus als Sicherheiten der letzten Instanz dienen.

Amerikanische Regierungsbonds werden durch das US-Finanzministerium emittiert, um an Akteure im privaten Finanz- und Wirtschaftssektor veräußert zu werden. In diesem Zuge werden wiederum US-Dollars kreiert, die mit einem durch die Federal Reserve festgelegten Zins ausgestattet sind.

Jüngste Umfragen in den Vereinigten Staaten unter privaten Verbrauchern zeigen, dass eine deutliche Mehrheit der Amerikaner Befürchtungen in Bezug auf eine potenzielle Emission einer digitalen Zentralbankwährung durch die Federal Reserve Bank hegt.

Die Gründe liegen klar und deutlich auf der Hand. Einerseits würde mit der Emission eines (programmierbaren) Digital-Dollars die bürgerliche Überwachung Überhand nehmen. Zum anderen sind Befürchtungen mit der Emission einer reinen Digitalwährung verbunden, die sich auf Vorgaben zum individuellen Ausgabe- und Transaktionsverhalten sowie dem Ausblick auf eine potenzielle Vermögenskonfiskation durch eine Zentralstelle stützen.

Kaum jemand spricht indes darüber, dass die heutige Überwachung der Konteninhaber durch die kommerziellen Geschäftsbanken bereits nahezu lückenlos ist. Erinnert sei zudem an die Vorkommnisse im Zuge der letztjährigen Trucker-Proteste in Kanada.

Damals intervenierte die kanadische Regierung nicht nur, um den Fluss von Spenden über das Internet zu unterbrechen, sondern wies die heimischen Banken angesichts der temporären Verhängung eines Notstandes auch gleich dazu an, Beteiligten und führenden Köpfen der Protestbewegung die Konten zu sperren.

Allein hieran zeigen sich die unübersehbaren Drittparteienrisiken, die sich nur dann umgehen lassen, wenn Sachwerte außerhalb des Bankensystems gehalten werden, was dann wiederum Transaktionen erschwert oder in manchen Fällen – beispielsweise aufgrund einer zu weiten Entfernung – unmöglich macht.

Allein es mangelt an Anonymität

Bitcoin und andere Krypto-Währungen haben diese Dinge vereinfacht, sind jedoch ebenfalls nicht anonym. Nichtsdestotrotz erweist sich der Ausblick, in Geldangelegenheiten zukünftig in Gänze von einer einzigen Zentralstelle wie der Federal Reserve oder der Europäischen Zentralbank abhängig zu sein aus Sicht vieler Unternehmen und privaten Haushalte als eine Horrorversion.

Denn schließlich darf die Frage erlaubt sein, wer letzten Endes die selbst erkorenen Wächter überwacht?!

Willkür und Kontrollwut wären ab diesem Zeitpunkt Tür und Tor geöffnet, was der Grund dafür ist, dass der Bundesstaat Florida die Emission einer CBDC durch die Fed ohne vorherige Zustimmung durch den Washingtoner Kongress in den eigenen Gefilden gesetzlich verboten hat.

Eine im nächsten Monat anstehende Lancierung von FedNow erscheint indes unumgänglich, um die Kommunikationsnetzwerke im Interbankenbereich schneller zu machen und an bereits bestehende Digitalstandards anzupassen. Dies gilt selbstverständlich auch für den Handel mit amerikanischen Staatsanleihen.

Goodbye Libor, Hello SOFR!

Dass der Leitzins LIBOR am Freitag, dem 30. Juni ableben wird, hatte ich in vergangenen Berichten schon das ein oder andere Mal angesprochen. Fortan werden die Übernachtzinsen im US-Dollar-Handel allein durch das amerikanische Barometer SOFR bestimmt.

Akteure an den Eurodollarmärkten werden sich nach einer nun verstrichenen Übergangszeit also bald an gänzlich andere Spielregeln gewöhnen müssen. Auswirkungen wird dies vor allem auch auf die Repo- und Reverse-Repo-Märkte haben.

Nach einer Einführung von FedNow lässt sich damit rechnen, dass die Federal Reserve Bank eine komplette (zentralisierte) Kontrolle im Bereich der Übernachtzinssätze im US-Dollar-Handel haben wird. Die Eurodollarmärkte werden wohl also schon bald ziemlich dumm aus der Wäsche schauen.

Einmal mehr sei erwähnt, dass die sich außerhalb der Vereinigten Staaten – und somit im Rest der Welt – umlaufende US-Dollar-Menge geschätzt auf mehr als 15 Billionen US-Dollar (!) beläuft.

Dass die Federal Reserve Bank und das US-Finanzministerium alsbald die volle Kontrolle in diesem Bereich inne haben werden dürfte sich als Game Changer erweisen. Am 21. Juni teilte Jerome Powell den Mitgliedern des Finanzausschusses des Repräsentantenhauses zudem mit, dass die Federal Reserve Bank keine Pläne einer CBDC-Emission verfolge, die eine direkte Interaktion mit Individuen vorsieht.

Falls es irgendwann zur Lancierung einer CBDC in den USA kommen sollte (und diese Aussage halte ich persönlich für wichtig), so würden Amerikas Banken als Intermediäre im Hinblick auf diese Digitalwährung wirken.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Videobericht auf der Seite YouTube.

Dieser Bericht wird in einem zweiten Teil fortgesetzt und mit einem Resümee abgeschlossen.

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