Einige Schwellenländer heben Leitzinsen an

Angesichts einer teils deutlich steigenden Lebensmittelinflation haben Zentralbanken in einer Reihe von Schwellenländern und Industrieländern damit begonnen, die eigenen Leitzinsen anzuheben. In den vergangenen zwei Wochen zählte hierzu unter anderem auch die Bank of (South) Korea, die ihren Leitzins um einen Viertelprozentpunkt auf 0,75 Prozent erhöht hat.

Kurz zuvor hatte die isländische Notenbank bekanntgegeben, den eigenen Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent anzuheben. Anzumerken bleibt, dass Islands Zentralbank bereits im Monat Mai eine Zinserhöhung verkündet hatte. Im Vergleich mit Schwellenländern wie Brasilien, der Russischen Föderation oder der Türkei ist dies jedoch noch gar nichts.

So hat die Bank of Russia ihren Leitzins seit dem Monat März in einer Serie von Anhebungen von ehedem 4,25 auf nunmehr 6,5 Prozent erhöht. Allein im Monat Juli war in Russland eine Zinserhöhung um einen vollen Prozentpunkt erfolgt, nachdem die Bank of Russia Investoren bereits zuvor auf eine solche Entwicklung aufgrund einer anziehenden Inflation in der Heimat eingestimmt hatte.

Auch in Brasilien ist es seit dem Monat März zu einer Serie von insgesamt vier Anhebungen des Leitzinses gekommen – und zwar von ehedem zwei Prozent auf nunmehr 5,25 Prozent. Anfang August wurde – ähnlich wie in der Russischen Föderation im Monat Juli – durch die Bank of Brazil eine Zinserhöhung um einen vollen Prozentpunkt bekanntgegeben.

Leitzinsen: Türkei mit 19 Prozent Spitzenreiter

Wie sieht die aktuelle Lage in der Türkei aus, wo die heimische Währung Lira im Vergleich mit anderen großen Papierwährungen nach wie vor unter Abgabedruck steht? Schon bis zum Monat März hatte die türkische Zentralbank den heimischen Leitzins auf neunzehn Prozent angehoben, woraufhin Staatspräsident Erdogan den damals verantwortlichen Gouverneur der Notenbank entlassen hatte.

Nichtsdestotrotz verharrte der türkische Leitzins trotz des folgenden Wechsels an der Spitze der Notenbank auf unverändertem Niveau. Allerdings haben diese Leitzinsanhebungen bislang kaum etwas an einer fast zwanzigprozentigen Inflationsrate in der Türkei geändert.

In Brasilien hat die Notenbank davor gewarnt, den eigenen Leitzins weiter erhöhen zu wollen, falls die Inflation im Land nicht wieder unter Kontrolle geraten sollte. In Südkorea stellte die Zentralbank in Aussicht, den eigenen Leitzins notfalls weitere Male anheben zu wollen, um „finanzielle Ungleichgewichte, stark steigende Schulden im Bereich der Privathaushalte und einen weiteren Anstieg der Häuserpreise zu bekämpfen“.

Immobilienpreise mit starkem Anstieg

Teilweise stark gestiegene Immobilienpreise sind inzwischen nicht nur in Südkorea zu einem der Hauptthemen in den ökonomischen Debatten avanciert. Allen voran in Kanada, Australien und Neuseeland ist dies ebenfalls der Fall.

Aus Sicht der Politik lässt sich diese Entwicklung keineswegs mehr vernachlässigen, da es in der Mittelklasse der jeweiligen Nationen zu rumoren beginnt. Grund hierfür ist die Tatsache, dass sich immer größere Teile der Gesellschaft aufgrund der Immobilienpreisinflation aus den heimischen Häusermärkten ausgeschlossen sehen, was insbesondere aus Perspektive von Immobilienerstkäufern vermehrt der Fall ist.

Wer die jeweiligen Inflationsraten zugrundelegt, erkennt, dass die Geldpolitik in Russland, Brasilien oder auch Südkorea trotz der zuletzt erfolgten Leitzinsanhebungen noch immer als akkomodativ einzustufen ist. Heißt, die jeweiligen Leitzinsen der Zentralbanken verharren noch immer unterhalb der oder ungefähr auf Linie mit den offiziellen Inflationsraten in den hiervon betroffenen Nationen.

Die jeweiligen Realzinsen sind also dennoch weiterhin (leicht) negativ. Ein Blick nach Neuseeland zeigt, dass die dortige Zentralbank unter einen wachsenden Druck seitens der Politik geraten zu sein scheint, um eine völlig aus dem Ruder laufende Immobilienblase auf entsprechende Weise zu adressieren. Ähnlich sieht die Situation auch in Kanada aus.

Bank of Canada reduziert Anleihekäufe weiter

Sich dem Willen der Politik beugend, hat die Bank of Canada ihr QE-Programm vor Kurzem zum dritten Mal in Folge gedrosselt, heißt, dass die Anzahl der monatlich erfolgenden Bond- und Anleihekäufe im laufenden Jahr nochmals deutlich reduziert worden ist.

In Neuseeland hat die Notenbank kürzlich sogar einen Komplettstopp des eigenen QE-Programms bekanntgegeben, mit dem Ziel, sich den Preissteigerungen an den heimischen Immobilienmärkten entgegenstellen zu wollen. Dem neuseeländischen Dollar verlieh diese Ankündigung damals sprichwörtlich Flügel.

Eigentlich sollte im Rahmen der letzten Zinssitzung im Monat August auch erstmals eine Zinsanhebung in Neuseeland verkündet werden – und zwar von rekordniedrigen 0,25 auf dann 0,5 Prozent.

Als es kurz zuvor allerdings zur Verkündung eines neuen Lockdowns aufgrund einer erneut steigenden Positivquote unter Corona-Getesteten im Land der Kiwis gekommen war, entschloss sich die Reserve Bank of New Zealand dazu, ihre geplante Zinsanhebung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.

Nichtsdestotrotz gab der stellvertretende Gouverneur der Reserve Bank of New Zealand, Christian Hawkesby, nur rund eine Woche später gegenüber dem Sender Bloomberg bekannt, dass eine potenzielle Zinsanhebung in Höhe von fünfzig Basispunkten (0,5 Prozent) nach wie vor in Erwägung gezogen werde.

Als interessant erwies sich dessen damalige Aussage, wonach zukünftige Entscheidungen in der Geldpolitik in Neuseeland fortan nicht mehr von der Coronavirus-Entwicklung oder einer Verhängung von Lockdowns durch die Regierung von Premierministerin Ardern abhängig gemacht würden.

An den Finanz- und Währungsmärkten sind die Erwartungen an eine Zinsanhebung um 0,5 Prozentpunkte im Rahmen der nächsten Zinssitzung der Reserve Bank of New Zealand seit dieser getroffenen Aussage deutlich gewachsen.

Zentralbanken in Industrieländern vor Dilemma

Es stellt sich unter Berücksichtigung des aktuellen (Verschuldungs-)Umfelds die Frage, wie stark insbesondere Zentralbanken in den Industrieländern ihre Leitzinsen werden anheben können, ohne sich Gefahren in Bezug auf ernsthafte Einbrüche ihrer heimischen Wirtschaften auszusetzen.

Es erweckt den Anschein, als ob diese leidige Debatte schon bald wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit an den Finanz- und Währungsmärkten rücken könnte. Leidig deshalb, da der durch die Federal Reserve Bank in den Vereinigten Staaten eingeleitete Zinsanhebungszyklus – samt eines kurzzeitigen Abbaus des eigenen Bond- und Anleiheportfolios – krachend gescheitert war.

Nicht nur die heimischen Aktienmärkte brachen daraufhin bis zum Dezember 2018 kurzzeitig um mehr als 20 Prozent ein, um für einen überschaubaren Zeitraum in Bärenmarktterrain abzudriften. Vielmehr brachen auch ernsthafte Probleme an den Repo-Märkten aus, die bis zum heutigen Tag anhalten und die sich offensichtlich nur schwer unter Kontrolle bekommen lassen.

Abgesehen davon sehen sich die Vereinigten Staaten angesichts einer im Zuge der Corona-Krise abermals massiv ausgeweiteten Geldmenge samt eines Abwurfs von Helikopter-Geld über Privathaushalten in Form von Konjunkturanreizschecks der Washingtoner Regierung jetzt noch mit einem ganz anderen Problem konfrontiert.

Leitzinsanhebungen der Fed und EZB dürften vorerst ausbleiben

Hierbei handelt es sich um ein Schreckgespenst namens Inflation, welches Analysten und Ökonomen schon lange tot glaubten, in diesem Zuge stets darauf hinweisend, dass nicht Inflation, sondern Deflation das Schreckgespenst der modernen Zeit sei, das es zu bekämpfen gelte.

Trotz allem zeichnen sich sowohl aus Sicht der Vereinigten Staaten als auch aus Perspektive von anderen Industrieländerräumen, darunter die Europäische Union, Großbritannien, Japan und Kanada, keine Zinsanhebungen vor einer Beendigung der nach wie vor anhaltenden QE- und Bondankaufprogramme unter den jeweiligen Notenbanken ab – auch wenn die EZB und die Fed anderen großen Zentralbank dahingehend noch immer weit hinterherhinken.

Es stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen diese Zentralbanken – allen voran die Europäische Zentralbank – auf deren Bondankaufprogramme verzichten könnten, da sich ein Großteil der staatlichen Refinanzierungen in den zuvor erwähnten Wirtschaftsräumen und Nationen de facto von einer Monetisierung durch die (Notenbank-)Hintertür abhängig sieht.

Denn schließlich sind es jene QE- und Bondankaufprogramme der Zentralbanken, die den mit größten Beitrag dazu leisten, die langfristigen Zinsen auf so tiefen Niveaus wie möglich verharren zu lassen, wodurch sich die finanzielle Repression in den betroffenen Nationen und Wirtschaftsräumen in einem beständig wachsenden Ausmaß erhöht.

Diskussion über Beendigung des Anleihekaufprogramms nimmt Fahrt auf

In den Vereinigten Staaten hat die Inflationsentwicklung inzwischen zu hitzigen Diskussionen und lautstarken Forderungen in Bezug auf eine Beendigung des Bondankaufprogamms durch die Federal Reserve Bank geführt. Während Bank of Canada ihre Bondankäufe inzwischen auf ein Minimum reduziert hat, halten die Debatten über dieses Thema in den USA weiterhin an.

Beobachten ließ sich im Verlauf der letzten Wochen allerdings, dass eine zunehmende Anzahl an Mitgliedern des Offenmarktausschusses der Fed anscheinend Bereitschaft im Hinblick auf ein Ende des eigenen Bondankaufprogramms – oder dessen Reduzierung – an den Tag zu legen scheint.

Es bleibt abzuwarten, mit welcher Ernsthaftigkeit diese Vorsätze in den Vereinigten Staaten verfolgt werden, weil es zum Motto „Inflate Or Die“ dort inzwischen keine andere Alternative – abgesehen von einem deflationären Finanz- und Wirtschaftscrash – mehr zu geben scheint.

Allerdings wächst der auf die Federal Reserve Bank ausgeübte Druck zum Handeln beständig, nachdem im Monat Mai auch die Bank of England bekanntgegeben hatte, deren wöchentliche Bondankäufe zu reduzieren.

Dollar noch stabil oberhalb wichtiger Unterstützungsmarke

Es erscheint unter diesen aktuellen Gegebenheiten nicht sonderlich verwunderlich, dass der US-Dollar trotz einer moderaten Rallye gegenüber anderen wichtigen Papierwährungen über den Verlauf der vergangenen Wochen nicht wirklich vom Fleck kommt, und nach wie vor nur moderat oberhalb einer wichtigen Unterstützungsmarke gehandelt wird.

Diese Unterstützungsmarke hat der US-Dollar über die letzten Wochen und Monate einige Male touchiert, um darauf aufzusetzen und von dort wieder nach oben zu klettern. Findige Händler sind sich allerdings darüber bewusst, dass mehrfache Tests von wichtigen Unterstützungsmarken mit hohen Risiken in Bezug auf einen möglichen Bruch dieser Marken nach unten einhergehen – und zwar umso öfter die entsprechenden Marken getestet werden.

Eine weitere Zentralbank, die Ende April bekanntgegeben hatte, sich bis Ende dieses Jahres in Gänze vom eigenen QE- und Bondankaufprogramm verabschieden zu wollen, ist Schwedens Riskbank. Daneben kündigte auch die Reserve Bank of Australia im Monat Juli an, ihre wöchentlichen Bondankäufe reduzieren zu wollen.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Weder aus den USA noch aus der Eurozone lassen sich bislang Ankündigungen dieser Art vernehmen. Folge dürfte sein, dass sowohl der US-Dollar als auch der Euro ab einem bestimmten Zeitpunkt unter einen sich verschärfenden Abgabedruck geraten könnten. Aus Exportsicht mag das kurzfristig stimulierend wirken, doch aus Inflationssicht würde es nichts Gutes verheißen, da sich Importe weiter verteuern würden.

Heute berichtete das deutsche Magazin Focus zu absehbaren Entwicklungen in der Eurozone wie folgt: Stabilitätspakt soll aufgeweicht werden – Nach der Bundestagswahl plant Italien den Angriff auf den Euro.

Was sagt die deutsche Bundesbank dazu? Wird von dieser Institution noch irgendeine Art der Gegenwehr kommen oder zu erwarten sein? Immerhin stünden deutsche Privatersparnisse in einem solchen Fall noch mehr und stärker im Feuer als im Vergleich mit bisherigen Phasen der finanziellen Repression.

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