Seitdem hat sich das Virus in rasanter Geschwindigkeit in anderen Landesteilen Chinas und darüber hinaus verbreitet. Inzwischen sind die durch das Virus verursachten Todesfälle laut offiziellen Angaben auf 132 angestiegen, während die Anzahl der Infektionen sich über Nacht nahezu verdoppelt hat.

Offizielle der Gesundheitsbehörden rund um den Globus haben bislang eine Anzahl von 6.145 mit dem Virus infizierten Personen (Anm. Wirtschaftsfacts-Redaktion: Die Zahlen wurden entsprechend angepasst) bestätigt. Die vorgestern bekannt gegebene Zahl von 4.500 entsprach bereits einer Verdreifachung im Vergleich zum vergangenen Freitag.

Inzwischen ist es auch zu offiziell bestätigten Ansteckungen in Frankreich, Deutschland, den USA, Kanada, Australien, Japan, Südkorea, Thailand, Malaysia und anderswo in der Welt gekommen.

Von der aktuellen Situation sind also die drei weltgrößten Ökonomien (die USA, China und Japan) betroffen. Alle außer einigen wenigen Todesfällen sind bislang in Wuhan oder den Nachbarprovinzen von Hubei aufgetreten, wie SCMP berichtet.

Viele Beobachter fühlen sich gerade an den Ausbruch der SARS-Epidemie im Jahr 2003 erinnert, die ebenfalls in China ihren Ursprung hatte. Bis zu deren Eindämmung tötete das SARS-Virus insgesamt 774 Menschen bei mehr als 8.000 Infizierten in verschiedenen Teilen der Welt.

Es ist keineswegs überraschend, dass an den globalen Märkten Furcht vor einer weiteren Ausbreitung des „Corona-Virus“ herrscht. Am Montag reagierte der Aktienmarkt in den USA entsprechend mittels eines Abverkaufs.

Doch richten wir unser Augenmerk im heutigen Bericht auf den Begriff „Ansteckung“, da sich dieser Begriff sowohl auf die Weltbevölkerung als auch auf die internationalen Finanz- und Kapitalmärkte auswirkt. Dies gilt übrigens aus Sicht von weit mehr Aspekten, als Sie sich momentan vielleicht vorzustellen vermögen.

Es gibt einen Grund, weswegen sich Finanzexperten und Risikomanager des Begriffs einer „Ansteckung“ bedienen, um unter anderem auch Finanzpaniken zu beschreiben. Es ist recht offensichtlich, dass der Begriff „Ansteckung“ mit Epidemien oder gar Pandemien assoziiert wird.

Im öffentlichen Gesundheitswesen kann ein Krankheiten verursachendes Virus von Mensch zu Mensch zum Beispiel durch Husten oder Niesen, mehrfach benutzte Nadel, miteinander geteiltes Essen oder einem Kontakt mit Körperflüssigkeiten von Dritten übertragen werden.

Der erste Infizierte mit einer neuen Krankheit (Index-Patient) mag in Kontakt mit vielen anderen Personen gekommen sein, bevor die Krankheit sichtbar ausbricht. Der Ausbruch mancher Krankheiten blickt auf eine Latenzzeit von mehreren Wochen oder gar länger, was bedeutet, dass der Index-Patient Hunderte von Menschen infizieren kann, bevor Experten im Gesundheitswesen auf die neue Krankheit aufmerksam werden.

In der weiteren Entwicklung können diese Hunderte von infizierten Personen wiederum viele Tausende oder gar Millionen von anderen Menschen mit dem Virus als Träger anstecken. In extremen Fällen wie der „Spanischen Grippe“ zwischen den Jahren 1918 und 1920, die durch ein H1N1-Influenza-Virus ausgelöst wurde, kann die Anzahl der Infizierten 500 Millionen Fälle erreichen. Die Anzahl der Todesfälle kann sich auf bis zu 100 Millionen belaufen.

Eine ähnliche Dynamik liegt einer Panik an den internationalen Finanzmärkten zugrunde. Es kann mit der Insolvenz einer Bank oder eines Brokerhauses beginnen, wodurch ein Kollaps an den Weltmärkten verursacht wird (ein „Finanzmarkt-Index-Patient“). Die finanziellen Nöte springen in rapider Geschwindigkeit auf andere Banken über, die weitreichende Geschäfte mit dem kollabierenden Institut betrieben haben.

Aktionäre und Konteninhaber dieser anderen Banken und so weiter reagieren hierauf entsprechend, wodurch eine globale Finanzpanik entsteht wie wir sie zuletzt im Jahr 2008 beobachtet haben. Der Vergleich zwischen einer Pandemie und einer Finanzpanik ist also mehr als nur eine Metapher.

Krankheitsausbreitungen und Ansteckungen an den Finanzmärkten liegen dieselben Mechanismen zugrunde. Die nichtlinearen Mathematik- und Systemdynamiken sind nahezu identisch in beiden Fällen, obwohl das „Virus“ in Bezug auf die Finanzmärkte letztendlich vielleicht andere Verkettungen aufweist als ein biologisches Virus.

Was geschieht, wenn diese beiden Dynamiken miteinander interagieren? Was geschieht, wenn sich ein biologisches Virus in ein Finanzmarktvirus verwandelt? Wir können eben jene zusammenspielenden Dynamiken gerade in China beobachten.

Es handelt sich nämlich ausgerechnet um die Zeit des chinesischen Neujahrsfests in China, einer der wichtigsten Ferienzeiten im Reich der Mitte. Traditionell handelt es sich um eine Zeit, in der es zur Abhaltung von weitläufigen Feierlichkeiten im ganzen Land kommt. Doch aus Sicht der meisten Chinesen fallen diese Feierlichkeiten in diesem Jahr komplett aus.

Eine ganze Reihe von großen Städten im Land sind unter Quarantäne gestellt und von der Außenwelt abgeriegelt worden. Keinem der Einwohner ist es seitdem erlaubt, seine jeweilige Stadt zu verlassen. Die Transportsysteme in den betroffenen Städten sind nahezu stillgelegt worden.

Die Einzelhandelsverkäufe leiden massiv unter dieser Quarantäne, da die Verbraucher zu Hause bleiben anstatt sich dem Risiko einer Ansteckung durch das Aufsuchen von Geschäften und Läden auszusetzen. Die Krankheit verursacht im Reich der Mitte zu einem Zeitpunkt eine potenzielle Finanzpanik, zu dem es sich das Land am wenigsten leisten kann.

Das BIP-Wachstum ist ohnehin bereits am Stagnieren und Investoren halten sich mit neuen Investitionen verstärkt zurück. Könnte die aktuelle Situation in China ab einem gewissen Zeitpunkt also eine globale Finanzpanik auslösen, die in einem finalen Schritt zu einem Kollaps des Bankensystems führen könnte?

Es ist durchaus möglich, jedoch auch jetziger Sicht noch viel zu früh, um Einschätzungen hierüber zu treffen. Es handelt sich allerdings um einen jener klassischen Katalysatoren, die bis zu einem Jahr benötigen, um sich aufzubauen. Finanzmarkt-Bären werden die aktuelle Entwicklung hingegen mit großer Aufmerksamkeit verfolgen.

Was heißt das für mich konkret?

Es lässt sich in jeder Hinsicht nachvollziehen, dass das menschliche Leid in der aktuellen Berichterstattung dominiert. Allerdings werden wir nicht umhinkommen, uns auf Sicht der nächsten Tage, Wochen und Monate mit den wirtschaftlichen Auswirkungen auseinanderzusetzen, die durch das in China grassierende Corona-Virus verursacht werden.

Und an dieser Front sieht es überhaupt nicht gut aus. Nicht nur, dass immer mehr Airlines – einschließlich der Deutsche Lufthansa AG – rund um den Globus bekannt geben, ihre Flugverbindungen von und nach China bis auf Weiteres zu suspendieren, hat über die letzten Tage auch eine zunehmende Anzahl von Weltkonzernen angekündigt, die eigene Produktion in China nach dem Ende des Neujahrsfests in China bis auf Weiteres nicht wieder aufnehmen zu wollen.

Hierzu gehören neben den im Dow Jones Index gelisteten Unternehmen Johnson & Johnson unter anderem auch Konzernriesen wie Foxconn (500.000 Mitarbeiter weltweit) und Samsung. Auch deutsche Konzerne wie Bosch äußern sich mittlerweile ähnlich, während der Möbelriese Ikea die Hälfte seiner Kaufhäuser in Festlandchina aufgrund ausbleibender Kunden schließen wird.

Und damit sind wir beim Stillstand des öffentlichen Lebens, das im Fall eines Anhaltens der Viren-Epidemie kaum abzuschätzende Wirtschaftsschäden zur Folge haben wird. Blicken Sie bitte aus diesem Grund momentan nicht nur auf Sorgen herunterspielende Börsenakteure, sondern berücksichtigen Sie, dass ein die Pekinger Staatsregierung beratender Ökonom zum aktuellen Zeitpunkt davon ausgeht, dass Chinas BIP-Wachstum im laufenden Jahr aufgrund des Virenausbruchs unter die Schwelle von fünf Prozent (auf Jahresbasis) gedrückt werden dürfte.

Eine im Stillstand befindliche Produktion in China (der Werkbank der Welt) könnte bei einem Anhalten der aktuellen Situation nicht nur zu Engpässen in verschiedenen Produktkategorien auf globaler Basis führen, sondern auch eine Welle von Firmeninsolvenzen nach sich ziehen, während die globale Lieferkettenstruktur, die sich durch den sino-amerikanischen Handelskrieg ohnehin schon in einem angeschlagenen Zustand befindet, partiell zusammenbräche.

Behalten Sie diese immer größer werdenden Risiken bitte im Blick! Wie die in China zu beobachtende Situation zurzeit an den Rohstoffmärkten eingeschätzt wird, zeigt sich unter anderem an dem massiven Abschwung des Kupferpreises. Rohöl könnte schon bald dasselbe Schicksal ereilen.

Die am heutigen Nachmittag abgehaltene Konferenz der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat nicht gerade dazu beigetragen, zu ermutigen. Denn einerseits wurde das Corona-Virus als hohe Gefahr eingeschätzt. Andererseits wurde explizit darauf hingewiesen, dass die WHO in vielerlei Bereichen noch immer im Dunkeln tappe, da in die offiziell aus China vermeldeten Daten und Zahlen zu Infektionen und Todesfällen nicht viel Vertrauen gehegt werde.

Auch im Rahmen dieser Konferenz wurden potenzielle wirtschaftliche Schäden thematisiert, die sich laut WHO noch in keiner Weise absehen ließen, da momentan nicht absehbar sei, wann es zu einer Eindämmung des Virenausbruchs kommen wird – und was in diesem Zeitraum von heute bis zu jenem Tag alles noch geschehen wird.

Lassen Sie also Vorsicht walten. Nicht nur im Hinblick auf sich selbst, sondern auch im Hinblick auf Investitionen, die Sie andernfalls gerne vorgenommen hätten. Schlimmstenfalls droht uns nämlich eine Spirale, die durch ein Überspringen des Corona-Virus aus die Wirtschaftsaktivitäten und von dort auf das Bankensystem und die Kreditmärkte in Gang gesetzt werden könnte.

Gastbeitrag für CK*Wirtschaftsfacts / © 2020 James Rickards / The Daily Reckoning / Agora Publishing

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"