Die Berichterstattung hinsichtlich der Entwicklung um Whistleblower Julian Assange ist ein wenig in den Hintergrund gerückt. Wie aus Sicht der US-Regierung mit Menschen umgegangen wird, die Regierungsgeheimnisse und politische Machenschaften aufdecken und einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, zeigt das aktuelle Auslieferungsverfahren um Assange.

Ausländische Journalisten vom Schutz des ersten Verfassungszusatzes ausgeschlossen!?

WikiLeaks Chefredakteurin Kristinn Hrafnsson teilte zuletzt mit, dass die Trump-Regierung nach der jüngsten gerichtlichen Auslieferungsanhörung in London Julian Assange das durch die amerikanische Landesverfassung bestimmte Recht auf eine Behandlung laut des ersten Verfassungszusatzes aberkannt werden soll.

Warum? Laut des Weißen Hauses fielen ausländische Staatsbürger wie Julian Assange nicht unter den verbrieften Presseschutz in den USA. Man sollte sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen. Kristinn Hrafnsson kommentierte diese Entwicklung mit einer ganzen Portion Sarkasmus und Ungläubigkeit.

Denn zur selben Zeit, zu der die US-Regierung Journalisten rund um den Globus verfolge, sei in Washington die Entscheidung getroffen worden, ausländische Journalisten – von denen sich eine ganze Menge im Auditorium befänden – vom persönlichen Schutz des ersten US-Verfassungszusatzes auszuschließen.

Grundlegend falsches Verständnis des Verfassungszusatzes

Allein hieran sei ersichtlich, dass es sich nicht nur um ein Auslieferungsverfahren gegen Julian Assange, sondern um das Ableben der Pressefreiheit per se, handele. Die seitens der US-Regierung an den Tag gelegte Gangart deckt sich voll und ganz mit Aussagen, die im Jahr 2017 durch den heutigen US-Außenminister – und damaligen CIA-Direktor – Mike Pompeo getroffen wurden.

Pompeo teilte bereits zum damaligen Zeitpunkt mit, dass Julian Assange sich in den USA nicht auf einen Schutz werde berufen können, der aus dem ersten Verfassungszusatz her resultiere, da Julian Assange kein US-Staatsbürger sei.

Pompeo scheint sich in seiner hochrangigen Regierungsposition niemals darüber bewusst gewesen zu sein, dass der erste Verfassungszusatz kein privilegiertes Recht zur freien Rede darstellt, das exklusiv durch die US-Regierung an einige Ausgewählte vergeben werden darf.

Vielmehr handelt es sich um eine gesetzliche Einschränkung, die der US-Regierung auferlegt worden ist, um deren Behörden daran zu hindern, die Freiheitsrechte aller zu restringieren, die individuell hiervon betroffen sind.

Wie Jefferson einst einmal aufgeführt hatte, seien nicht nur amerikanische Bürger mit diesen gottgegebenen Naturrechten ausgestattet, sondern alle Menschen auf Erden. Bürger anderer Staaten fallen also ebenfalls hierunter. Denn eine Staatsbürgerschaft hat nicht mit jenen durch Gott verliehenen Naturrechten zu tun.

Glenn Greenwald: Fehlinterpretation ist gefährlich

Ähnlich wie im Fall von Julian Assange scheint dies auch nicht auf Glenn Greenwald, der sich ebenfalls aufgrund von diversen Enthüllungen im Kreuzfeuer der US-Regierung sieht und strafverfolgt wird, zuzutreffen.

Greenwald hatte im Jahr 2017 erklärt, dass die Ansicht, wonach Wikileaks über keine Rechte der freien Presse verfüge und Assange diese Rechte aufgrund der Tatsache aberkannt würden, dass er kein amerikanischer Staatsbürger sei, nicht nur falsch, sondern auch gefährlich sei.

Denn, so Greenwald, als er einst beim britischen Guardian aktiv gewesen sei, wäre es nun einmal so gewesen, dass keiner der Chefredakteure oder Herausgeber über die amerikanische Staatsbürgerschaft verfügt hätten. Der US-Regierung wäre es aus diesem Grund allerdings nicht möglich gewesen, die Zeitung über Nacht zu schließen und deren Mitarbeiter zu verhaften.

Bill of Rights kennt keine Unterscheidung nach Staatsbürgerschaften

Im Jahr 2010 argumentierte Greenwald, dass die Sichtweise, laut der außeramerikanischen Staatsbürgern kein Schutz durch die US-Landesverfassung zukomme, allein schon aus dem Blickwinkel der Bill of Rights grundfalsch sei. Mit keinem Wort würden Menschen hier in verschiedene Staatsbürgerschaften getrennt.

Im Gegensatz dazu konzentrierten sich die meisten Paragraphen dieser Dokumente darauf, den Handlungsspielraum der US-Regierung und deren Behörden einzuschränken. Heißt: Der Schutz der Bürger hat vor den Interessen der Regierung Vorfahrt!

Unter Bezugnahme auf Greenwald habe das Oberste Gericht der Vereinigten Staaten im Jahr 2008 im Fall Boumediene v. Bush klargemacht, wie falsch es sei davon auszugehen, dass die US-Landesverfassung einzig den eigenen Staatsbürgern Schutz böte.

Guantanamo-Urteil zeigt Geltung der Verfassung auch für Nicht-Amerikaner

Denn das Urteil lautete, dass es gegen die US-Verfassung verstoße, Guantanamo-Häftlingen, von denen zum damaligen Zeitpunkt kein einziger US-Staatsbürger gewesen ist, ihre Habeas-Corpus-Rechte abzusprechen. Würde die US-Landesverfassung nur für US-Staatsbürger gelten, wäre ein solches Urteil des Obersten Gerichtshofs des Landes unmöglich gewesen.

Neben US-Außenminister Pompeo scheinen auch andere hochrangige Regierungsmitglieder im US-Justizministerium den Versuch zu unternehmen, Assange nach dessen Auslieferung an die Vereinigten Staaten zu inhaftieren, da der Whistleblower einst Material öffentlich machte, das durch die US-Regierung begangene Kriegsverbrechen enthüllte.

Pressefreiheit und Funktionsweise der US-Verfassung in Gefahr

Wenn wir den Dingen ins Auge blicken, so erkennen wir, dass es der Trump-Administration nicht nur darum zu gehen scheint, einen rechtlichen Tatbestand zu schaffen, mittels dessen die Pressefreiheit in der Zukunft rund um den Globus aus den Angeln gehoben werden könnte.

Vielmehr würde im Falle eines Gelingens auch die Art und Weise auf den Kopf gestellt, auf welche die US-Verfassung bis dato auf fundamental wichtigen Gebieten funktioniert hat. Das gerichtliche Auslieferungsverfahren teilt sich aus Sicht von Julian Assange auf zwei Termine auf.

Zur ersten Verhandlung wird es am 24. Februar kommen, worauf eine zweite Verhandlung am 18. Mai folgen wird. Wer seine Bürger- und Freiheitsrecht schätzt, sollte sich diese beiden Termine rot im Kalender anstreichen, um sowohl den Verlauf als auch den Ausgang dieser beiden Verhandlungen aufmerksam zu verfolgen.

Snowden: Moral geht Gesetzen vor

Am Freitag meldete sich auch der in Russland Asyl genießende Whistleblower Edward Snowden zu Wort. In einem im Internet weitläufig verfolgten Interview riet Snowden dem ehemaligen Staatspräsidenten Ecuadors, Rafael Correa, dazu, einen großen Unterschied zwischen Legalität und Moralität zu machen.

Hin und wieder, so Snowden, müsse anerkannt werden, dass bestehende Gesetze gebrochen werden müssten, um das moralisch Richtige zu tun. Snowden, der einst für die NSA tätig war und eine ganze Reihe von Dokumenten leakte, aus denen Massenüberwachungsaktivitäten samt den hierbei zum Einsatz kommenden Techniken durch die US-Regierung hervorgingen, erklärte, dass jeder Bürger die Pflicht zur Aufdeckung von Verbrechen habe.

Manchmal gäbe es nur eine einzige moralische Entscheidung für einen Einzelnen, die damit einherginge, bestehendes Recht zu brechen, so Snowden gegenüber Correa.

„Was heißt das für mich persönlich!?“

Es gilt, an den Schicksalen von Helden wie Julian Assange, die den Mut haben, mächtige Regierungsapparate wie jenem der US-Regierung die Stirn zu bieten und deren begangene Verbrechen zu enthüllen, Interesse zu zeigen.

Denn in unseren Tagen wird sich entscheiden, wie viel von unseren Bürger- und Freiheitsrechten noch übrig bleiben wird in der Zukunft. Menschen wie Julian Assange benötigen unsere Unterstützung und bürgerlichen Rückhalt gegen Regierungen, die sich dazu anschicken, immer mehr Bürger- und Freiheitsrechte außer Kraft zu setzen und mit Füßen zu treten.

Es bleibt nicht zu vergessen, dass der Nächste, den es treffen könnte, auch jederzeit man selbst sein kann. Nur gesellschaftliche Geschlossenheit und Überzeugung können eine solche Entwicklung, die voll im Gang ist, verhindern.

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