Das deutsche Wirtschafts- und Klimaministerium zieht in Erwägung, den Zeitraum, in dem heimische Kohlekraftwerksblöcke als Notreserve zur Energieerzeugung genutzt werden sollen, über den aktuell vorgesehenen Auslaufzeitpunkt im Frühjahr nächsten Jahres hinaus zu verlängern.

Hierüber berichtete kürzlich das Handelsblatt, dabei Bezug auf eine Ministeriumssprecherin nehmend. Um die Stromversorgung zu gewährleisten, wird angesichts der ausbleibenden Erdgaslieferungen aus der Russischen Föderation – ähnlich wie im vergangenen Winter – an einer solchen Entscheidung wahrscheinlich auch im unmittelbar bevorstehenden Winter kein Weg vorbei gehen.

Deutsche Erdgasspeicher sind vor dem bevorstehenden Winter randvoll

Seitens der deutschen Bundesregierung hieß es hierzu Anfang Oktober, mehrere zuvor abgeschaltete Kohlekraftwerksblöcke abermals ans Netz bringen zu wollen, um den landesweiten Erdgasverbrauch im bevorstehenden Winter einzuschränken.

Aus Daten von Statista geht hervor, dass die Füllstände der deutschen Erdgasspeicher zum Stichtag des 15. Oktober ein Niveau von über 98 Prozent erreichten. Unter Bezugnahme auf Statista sei aus deutscher Sicht neben den Niederlanden auch Norwegen zu einem der jetzt wichtigsten Lieferanten von Erdgas avanciert.

Seit Dezember vergangenen Jahres spielen auch Flüssiggas- oder LNG-Lieferungen aus dem überseeischen Ausland eine zunehmend wichtigere Rolle in der deutschen Gasbeschaffung.

Auf Kohle lässt sich augenscheinlich nicht verzichten

Nichtsdestotrotz heißt es auf der Seite des deutschen Wirtschafts- und Klimaministeriums, dass die beiden Energieunternehmen RWE und LEAG im Zuge einer Notmaßnahme mehrere ihrer Kohlekraftwerksblöcke bis März nächsten Jahres reaktivieren werden.

Die entsprechenden Kohlekraftwerksblöcke sind bereits im Winter letzten Jahres zur Energieerzeugung genutzt worden. Im diesjährigen Sommer wurden die entsprechenden Einheiten in einen Stand-by-Modus versetzt, bevor es vor dem nun einsetzenden Winter zu deren abermaligen Reaktivierung kommen soll.

Von Interesse ist, dass innerhalb der deutschen Bundesregierung in Erwägung gezogen zu werden scheint, die Betriebsdauer der entsprechenden Kohlekraftwerksblöcke auch über deren vorgesehenes Abschaltdatum im März nächsten Jahres hinaus zu verlängern.

Im weiter oben verlinkten Bericht des Handelsblatts wird unter anderem Bezug auf einen Sprecher des deutschen Energieunternehmens Uniper genommen, laut dem die Betreiber wichtige Vorbereitungen in Bezug auf eine ausreichende Kohleversorgung treffen müssten.

Weiter heißt es, dass es insgesamt elf in Deutschland in Betrieb befindliche Kohlekraftwerke seien, die momentan zusätzliche Stromkapazitäten in das deutsche Energienetz einspeisten.

Stromimporte aus dem Ausland auf Rekordhoch

Rückblickend in den Monat September wurde damals vielerorts darauf hingewiesen, dass die Bundesrepublik Deutschland mehr Strom als jemals zuvor aus dem Ausland importiere. Unter Bezugnahme auf Daten der deutschen Bundesnetzagentur hat Deutschland allein im August mehr als 6,5 Gigawattstunden an Strom aus dem Ausland bezogen – ein neuer Rekord.

Deutlich wird anhand dieser Daten, dass das Land den größten Teil der Stromproduktion aus seinen inzwischen abgeschalteten Atomkraftwerken mittels Stromeinfuhren aus dem Ausland ersetzt hat.

In der deutschen Energiehandelsbilanz wirkte sich diese Entwicklung erwartungsgemäß in Form eines Defizits aus, weil die Stromimporte aus dem Ausland im Monat August um 557 Millionen Euro höher lagen als die deutschen Stromausfuhren an europäische Nachbarländer.

Obwohl die deutsche Bundesregierung darum bemüht ist, in der Zukunft mehr Strom mittels „erneuerbaren“ Energieträgern wie Sonne, Wind und Wasser zu erzeugen, soll ein Anteil von mehr als zwanzig Prozent der im August aus dem Ausland eingeführten Strommengen durch Atomkraftwerke erzeugt worden sein.

Es war unter anderem die Bildzeitung, die zum damaligen Zeitpunkt hierüber berichtete. Ein Anteil von weiteren 28 Prozent der eingeführten Strommengen entstammte darüber hinaus aus einer Verbrennung der beiden fossilen Energieträger Erdgas und Kohle.

Energietransformationspläne scheinen bislang nicht aufzugehen

Konstatieren lässt sich, dass der aktuelle Trend auf eine signifikante Steigerung der deutschen Stromimporte aus dem Ausland seit Schließung der letzten verbliebenen Atommeiler im Land hindeutet.

Deutlich wurde anhand dieser Daten auch, dass die Kosten im Bereich der heimischen Stromerzeugung bis zum Spätsommer dieses Jahres weiter gestiegen sind. Anstelle der erhofften Kapazitätssteigerungen mittels einer Ausweitung der Produktion im Bereich der alternativen Energien, entstamme die in Deutschland zur Verfügung stehende Elektrizität nach wie vor hauptsächlich aus einer Nutzung von Gas- und Kohlekraftwerken.

Vielerorts wird inzwischen beklagt, dass Deutschland seit dem 15. April eigenen Atomstrom auch selbst zu günstigeren Preisen hätte produzieren können, anstatt Nuklearstromeinfuhren aus dem Ausland teurer zu bezahlen.

BMW-Chef warnt

Auch führende Unternehmen in der deutschen Autoindustrie scheinen die Energiewende- und Automarkttransformationspläne der deutschen Bundesregierung und der Europäischen Union nicht mehr auf die leichte Schulter zu nehmen.

So warnte Oliver Zipse, der Vorstandsvorsitzende des deutschen Autobauers BMW AG, in einem Interview gegenüber der Financial Times im September davor, dass ein potenzielles Verkaufsverbot von neuen Benzin- und Dieselfahrzeugen ab dem Jahr 2035 in der EU zu weitreichenden Problemen unter den europäischen Fahrzeugproduzenten führen werde.

Eines der größten Risiken leite sich anhand des Ausblicks auf einen einsetzenden Preiskampf der europäischen Fahrzeugbauer mit deren Konkurrenten in der Volksrepublik China ab.

Der BMW-Chef ließ in seinen damals getätigten Ausführungen keinen Zweifel daran aufkommen, dass Fahrzeugproduzenten in der Europäischen Union einen solchen Preiskampf unter aller Voraussicht nicht werden gewinnen können.

Vielmehr erklärte Oliver Zipse damals, dass es ihm vordergründig darum gehe, eine Botschaft auszusenden. Diese Botschaft sei mit der ausdrücklichen Warnung vor einem sich unmittelbar abzeichnenden Risiko verbunden.

China mischt den europäischen Fahrzeugmarkt auf

Als Premium-Fahrzeughersteller sah Oliver Zipse seinen Konzern in einer besseren Position als eine Reihe von anderen Autoproduzenten in Europa. Denn in der Volksrepublik China operierende Produzenten von Elektrofahrzeugen hätten es auf dem europäischen Kontinent insbesondere auf Käufer von in der Anschaffung günstigeren Kleinfahrzeugen abgesehen.

Doch gerade in diesem Segment tummelt sich eine Vielzahl von Anbietern in Europa. Über welche Zukunftsperspektiven diese Anbieter und deren zahlreiche Zulieferbetriebe verfügen, ließ Oliver Zipse in Ansätzen erkennen.

Es sei keineswegs auszuschließen, dass die europäischen Fahrzeughersteller zukünftig durch ihre chinesischen Konkurrenten komplett aus dem Unter- und Mittelklassesegment verdrängt werden.

Mittlerweile werden Diskussionen im Bereich der Fahrzeugtransformation in Deutschland auf eine sukzessiv hitzigere Weise geführt. Grund hierfür ist, da es unter vielen Beobachtern und Kommentatoren inzwischen zu der Erkenntnis gekommen zu sein scheint, dass die deutsche Fahrzeugindustrie ihrer über Jahrzehnte erworbenen Wettbewerbsvorteile verlustig zu gehen droht.

Deutsche Autoindustrie – wohin geht die Reise zukünftig

Politisch forcierte Transformationspläne, welche zukünftig eine Abkehr vom Bau von reinen Benzin- und Dieselmotoren hin zu Hybridmotoren oder Elektroantrieben vorsieht, scheinen insbesondere die deutsche Fahrzeugindustrie in ihrer wirtschaftlichen Existenz zu bedrohen.

Denn auf dem Gebiet der Elektroantriebe hinken Fahrzeugproduzenten in der Volksrepublik China dem Gesamtmarkt nicht mehr hinterher, sondern schicken sich vielmehr an, diesen neu entstehenden Markt in der Zukunft zu dominieren.

In der traditionellen Fahrzeugnation Deutschland kommen nach den im globalen Vergleich signifikant gestiegenen Energiepreisen unter anderem auch aus diesem Grund Befürchtungen bezüglich der Gefahr von massiven Wettbewerbs- und Arbeitsplatzverlusten auf.

Dass die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sich im März dieses Jahres auf eine neue Emissionsregulierung geeinigt haben, stößt einer zunehmenden Anzahl unter deutschen und europäischen Unternehmen augenscheinlich bitter auf.

Denn mit dieser getroffenen Entscheidung wurde auch ein EU-weites Verbot zum Verkauf von neuen Benzin- und Dieselfahrzeugen ab dem Jahr 2035 verabschiedet. Deutschland hatte sich zumindest eine Ausnahme im Bereich von sogenannten E-Fuel-Fahrzeugen, welche mit herkömmlichen Verbrennermotoren ausgestattet sind, über das Jahr 2035 hinaus ausbedungen.

Während die Elektrofahrzeugindustrie in der Volksrepublik China boomt, sind die deutschen Fahrzeugexporte in das Reich der Mitte im ersten Quartal dieses Jahres auf eine empfindliche Weise gesunken.

Das Institut der deutschen Wirtschaft hatte zum damaligen Zeitpunkt vor dem Einsetzen eines neuen Langfristtrends, welcher mit spürbaren Verwerfungen im deutsch-chinesischen Handel einhergehen dürfte, gewarnt.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite handelsblatt.com.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

Mehr und mehr scheint die globale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Industriesektors auf dem Altar von politisch getroffenen Entscheidungen geopfert zu werden.

Bislang erweckt es nicht den Anschein, als ob die zunehmende Kritik an der Energiepolitik samt den hiermit verbundenen Warnungen vor einer potenziell an Fahrt aufnehmenden Abwanderungswelle unter führenden deutschen Unternehmen in Berlin auf offene Ohren stoßen würde.

Vielmehr jagt eine Krise die nächste, ohne dass berechtigte Hoffnungen bezüglich einer absehbaren Besserung der allgemeinen Lage bestehen würden. Zum Ausdruck hatte dies zuletzt einmal mehr auch Henning Fehrmann, Chef des Hamburger Hightech-Unternehmens Fehrmann, gebracht.

In einem Interview gegenüber der „Welt“ bezeichnete Henning Fehrmann das, was sich momentan auf politischer Ebene in Deutschland beobachten lasse, als einen aus seiner persönlichen Sicht „vorsätzlich herbeigeführten Schaden am Land“.

Vor wenigen Tagen warnte zudem auch Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger davor, dass die Stimmung im deutschen Unternehmenssektor am Kippen sei. Hauptverantwortlich hierfür sei neben den hohen Energiepreisen auch das deutsche Bürokratie- und Steuerwesen.

Dass es immer mehr gut ausgebildete Deutsche dauerhaft ins Ausland zieht, erweist sich im aktuellen Getöse gerade noch als ein kaum noch zu vernehmendes Nebengeräusch.

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