In der vergangenen Woche hatte ich die eskalierende Gemengelage in Libyen schon einmal <link wirtschaftsfacts beitrag libyen-stellvertreterkrieg-tritt-in-neue-phase-ein _blank>zum Thema gemacht. Inzwischen beginnt sich im nordafrikanischen Maghreb eine ähnliche Konfliktlage zu entwickeln, wie sie ehedem im sogenannten „afrikanischen Weltkrieg“ im Kongobecken zu beobachten war.

Es bleibt eine unübersichtliche Gemengelage

Aus Sicht Libyens handelt es sich zwar größtenteils um andere Spieler, doch der sich in Nordafrika entwickelnde Stellvertreterkrieg entwickelt sich ähnlich. Wie nach dem Vorbild von Syrien lässt sich kaum mehr überblicken, welche untereinander verfeindeten Fraktionen sich auf dem Schlachtfeld des libyschen Bürgerkrieges überhaupt gegenüberstehen.

Dass der arabische Nachbar Ägypten nun mit einer eigenen, militärischen Intervention in Libyen droht, dürfte die Konfliktlage in Nordafrika, dem Einfallstor für Tausende von afrikanischen Flüchtlingen nach Europa, nochmals deutlich verschärfen. Ägypten und die Türkei stehen sich in diesem Konflikt bereits seit langer Zeit auf unterschiedlichen Seiten gegenüber.

Während die Türkei der durch die Vereinten Nationen anerkannten Regierung der Nationalen Einheit in Tripolis ihre militärische Unterstützung zukommen lässt, um im Lande des ehedem gestürzten Diktators Muammar al-Gaddafi Einfluss über die dortigen Ölquellen zu erlangen, hatte sich der Nachbar Ägypten politisch und militärisch hinter die rund 60 % des Landes kontrollierenden Truppen des Generals Haftar gestellt.

Nachdem es den Verbänden des Generals Haftar zuletzt nicht gelungen war, Tripolis im Sturm zu erobern, ist es zu einem unerwarteten Rückzug gekommen, woraufhin die Situation nun jedoch am Eskalieren ist. Ägyptens Präsident al-Sisi verkündete nämlich am Wochenende von einer grenznahen Luftwaffenbasis aus, dass die ägyptische Armee bereit sei, auf Seiten General Haftars in Libyen zu intervenieren.

Türkei und Nationale Einheit empfinden al-Sisis Vorstoß als Kriegserklärung

Wie in der vergangenen Woche <link wirtschaftsfacts beitrag libyen-stellvertreterkrieg-tritt-in-neue-phase-ein _blank>berichtet, haben es sich die Regierung der Nationalen Einheit und die türkische Regierung zum Ziel gesetzt, die im Halbkreis um die Hafenstadt Sirte lokalisierten Erdölanlagen Libyens unter ihre Kontrolle zu bringen. Laut Ägyptens Präsident al-Sisi verlaufe hier jedoch eine rote Linie, deren Überschreiten er nicht akzeptieren werde.

Sowohl seitens der Vertreter der Regierung der Nationalen Einheit als auch der türkischen Regierung wurden die Aussagen al-Sisis als „Kriegserklärung“ bezeichnet. Auf Staatsmedien der Türkei bezugnehmend, hieß es zur aktuellen Lageentwicklung seitens der Regierung der Nationalen Einheit wie folgt:

„Es handelt sich um einen feindlichen Akt und eine direkte Einmischung in die inneren Angelegenheiten Libyens, weshalb diese Erklärung einer Kriegserklärung gleichkommt. Jedwede Art der Einmischung in die inneren Angelegenheiten Libyens, egal ob mittels eines Angriffs auf die staatliche Souveränität Libyens, einer militärischen Unterstützung von Putschisten, Milizen und Söldnern oder mittels verbaler Deklarationen durch Ägyptens Staatspräsidenten sind inakzeptabel.“

Kriegerische Auseinandersetzung zwischen der Türkei und Ägypten könnte das Land spalten

Unterdessen scheint die ägyptische Regierung ihre militärischen Truppen auf einen möglichen Einmarsch ins Nachbarland vorzubereiten. Regionale Quellen sprechen bereits über den möglichen Ausbruch eines direkten Krieges zwischen Ägypten und der Türkei – und dies alles in einer Gemengelage, die immer unübersichtlicher zu werden droht.

Nicht nur die Küstenstadt Sirte und deren Ölanlagen befinden sich im Zentrum des inner-libyschen Konflikts, geschürt und unterstützt durch eine Reihe von ausländischen Kräften. Wie zuletzt <link wirtschaftsfacts beitrag libyen-stellvertreterkrieg-tritt-in-neue-phase-ein _blank>berichtet, scheint die Russische Föderation das Ziel zu verfolgen, die Militärbasis al-Jufra zu einem permanenten Luftwaffenstützpunkt in Zentrallibyen umfunktionieren zu wollen.

Sollte die ägyptische Armee tatsächlich direkt in den libyschen Bürgerkrieg eingreifen, droht das nordafrikanische Land fortan in zwei Hälften zu zerfallen. Vor den Toren Europas, denen einzig und allein ein durch das Mittelmeer gebotener Schutz zukommt, droht sich ein neuer „Failed State“ nach dem Vorbild Somalias zu entwickeln, der durch Warlords unter deren ausländische Unterstützer punktuell beherrscht würde.

Gaddafis Prophezeiungen scheinen wahr zu werden

Eben jene Entwicklung hatte der einstige Staatschef Libyens, Muammar al-Gaddafi, den europäischen Westmächten – einschließlich den Vereinigten Staaten – in einem Interview gegenüber der französischen Zeitung Le Monde vor dessen Beseitigung an die Wand gemalt. Gaddafis Menetekel scheinen sich nach der Öffnung der Büchse der Pandora erfüllt zu haben.

Die in Tripolis ansässige Regierung der Nationalen Einheit hat sich inzwischen an die UNO gewandt, um Ägyptens Staatsführung im Zuge der Diplomatie aus dem Konflikt herauszuhalten. Einmal mehr kommt mir bei mir ein Gedanke an General de Gaulle auf, der die UNO zu seinen Lebzeiten einst als „das Dings“ bezeichnet hatte.

Erdogan wittert seine Chance

In einem jüngsten Bericht der Jerusalem Postheißt es, dass die Armeen der Türkei und Ägyptens auf dem Papier in etwa gleich stark seien. Beide Nationen verfügten über Hunderte von Kampfflugzeugen und Tausende Panzer. Beide Armeen seien mit modernen westlichen Waffensystemen ausgerüstet.

Nicht ausschließen ließe sich, dass die Türkei in Syrien aktive „Rebellen“ in Scharen nach Libyen ausfliegen würde, falls es zu einem Einmarsch der ägyptischen Armee in Libyen kommen sollte. Dem türkischen Präsidenten Erdogan würde eine solche Entwicklung wohl in die Hände spielen, um die lange ersehnte Möglichkeit mehr türkische Kampfflugzeuge nach Libyen zu entsenden, zu nutzen.

Türkei kämpft an weiterer Front gegen Kurden im Nordirak – die NATO schaut zu

Dabei sieht sich die Türkei zurzeit noch an einer weiteren Front aktiv, nachdem es vor dem Wochenende zum Beginn einer Bombardierungskampagne gegen bewaffnete Einheiten der Kurden im Nordirak gekommen ist. Nach wie vor werden Mitglieder der in der Türkei verbotenen Kurdenpartei PKK seitens Ankaras dafür verantwortlich gemacht, den Norden Syriens wie auch den Norden Iraks als Rückzugsräume zu nutzen.

Die nun seitens der Türkei gestartete Militärkampagne beinhaltet auch eine Entsendung von Bodentruppen in den Nordirak. Wie kaum anders zu erwarten, verurteilte das irakische Außenministerium die neuerliche Verletzung der eigenen, staatlichen Souveränität auf das Schärfste.

Im Zuge der sogenannten Operation Tigerkralle sei es neben einer Bombardierung durch türkische Kampfjets und Hubschrauber von rund einhundertfünfzig Zielen im nordirakischen Kurdistan auch zu einem Einsatz von Drohnen und Artillerie gekommen. Insbesondere die Yeziden, die einst vor dem Islamischen Staat verstärkt in diese Region geflüchtet waren, geraten nun einmal mehr ins Kreuzfeuer, um in feindlichem Feuer aufgerieben zu werden.

Lokale Medien berichten darüber, dass Flüchtlingscamps der Yeziden ebenfalls von den Bombenabwürfen der Türken betroffen seien, während NATO-Generalsekretär Stoltenberg der Vorwurf gemacht wird, Ankara einfach gewähren zu lassen und dabei wegzuschauen. Auch die Staaten der Arabischen Liga haben inzwischen ihren Protest gegen die Aktivitäten der Türkei geäußert.

„Was heißt das für mich konkret!?“

  

Eine Grafik sagt manchmal mehr als eintausend Worte…der oben abgebildete Chart verheißt aus meiner Sicht, dass es in Istanbul so bald keinen neuen Sultan geben wird, so sehr Erdogan sich die Wiederauferstehung des Osmanischen Imperiums auch wünschen mag…

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