Interessante Dinge werden in diesen Tagen nachträglich bekannt, welche die Türkei und China betreffen. Nicht wenige Beobachter werden sich im Angesicht der im Verlauf der letzten Wochen im Außenwert zulegenden Lira die Augen gerieben haben.
Insider: Hinter Lira-Rally steckt eine Finanzierungszusage Pekings in Höhe von einer Mrd. US-Dollar
Was mag der Anlass hierfür gewesen sein? Trotz einer Vielzahl an schlechten Nachrichten, die aus der Türkei an die Finanzmärkte drangen, ging die Lira in einen Rallymodus über, um sich von ihren noch kürzlich ausgebildeten Rekordtiefs nach oben abzusetzen.
Wie Investoren an den Währungsmärkten zum Narren gehalten wurden, zeigen die neuesten Erkenntnisse zu der Art und Weise, auf die sich diese Errungenschaft erzielen ließ. Der Finanzdienstleister Bloomberg nimmt in diesem Zusammenhang Bezug auf zwei mit der Angelegenheit vertraute Insider.
Danach habe die türkische Regierung seitens Chinas im Monat Juni eine Finanzierungszusage in Höhe von einer Milliarde US-Dollar erhalten. Um die Transaktion zu realisieren, wurde eine Swap-Vereinbarung, die zwischen beiden Ländern bereits im Jahr 2012 getroffen worden sei, gezogen.
Im Wahlmonat: Besonders der Zeitpunkt der Finanzhilfe ist pikant!
Die aus Chinas Finanzierungszusage generierten Mittel trugen dazu bei, die ausländischen Devisenreserven der Türkei aufzupolstern. Delikat ist die Tatsache, dass diese Transaktion in einem türkischen Wahlmonat stattfand, in dem sich die Augen aller Welt auf das Land am Bosporus richteten.
Das der Türkei seitens der Finanzmärkte damals entgegengebrachte Misstrauen resultierte aus der Tatsache, dass viele Währungshändler und Analysten die Validität der offiziell durch die türkische Regierung verlautbarten Währungsreserven anzweifelten.
Financial Times deckte auf: Türkische Währungsreserven waren manipuliert
Ich berichtete Ihnen zum damaligen Zeitpunkt, dass diese Währungsreserven mittels Swap-Kontrakten hochgradig manipuliert worden sind. Faktisch gesehen ließ sich zu Beginn des Sommers davon ausgehen, dass die ausländischen Währungsreserven der Türkei nahe Null gelegen haben.
Warum ist das so? Ganz einfach deshalb, weil die türkische Zentralbank die nominale Anzahl an existierenden Swap-Kontrakten in ihre offiziell ausgewiesenen Nettowährungsreserven mit einbezog. Es war eine Analyse der Financial Times, die diese Erkenntnisse zum damaligen Zeitpunkt an die Oberfläche brachten.
Whistleblower bestätigte falsche Berechnungen
Interessant wurde es, als ein ehedem hochrangiger Vertreter der türkischen Zentralbank, der namentlich nicht genannt werden wollte, bestätigte, dass zusätzlich als Währungsreserven ausgewiesene US-Dollars geliehen – und nicht verdient – worden waren.
Der Whistleblower wollte deshalb ungenannt bleiben, weil ihm im Zusammenhang mit der Aufdeckung dieser Aktivitäten laut türkischen Gesetzen eine sofort durch Präsident Erdogan zu verhängende Gefängnisstrafe gedroht hätte.
Geopolitischer Umbruch: Geste Chinas um Türkei in Seidenstraßenprojekt einzubinden?
Noch delikater ist, dass China im türkischen Wahlmonat auf den Plan trat, um Erdogan und seiner Regierung einen Bailout zu liefern. Im Fall des im Juni beobachtbaren Kapitalzuflusses handelte es sich erstmals um einen substanziellen Betrag, welcher der Türkei auf Basis der seit 2012 bestehenden Lira-Yuan-Swap-Vereinbarung zugute kam.
Offen bleibt zum jetzigen Zeitpunkt die Frage, was Erdogan dazu bewogen haben mag, sich an China um Hilfe zu wenden. Während die Türkei aufgrund des Erwerbs von russischen Raketenabwehrsystemen innerhalb der NATO mehr und mehr ins Abseits gerät, könnte es sich hinsichtlich der finanziellen Unterstützungszusage seitens Chinas vielleicht um eine freundliche Geste gehandelt haben, um die Türkei verstärkt in die Neue Seidenstraßeninitiative einzubinden?
Es empfiehlt sich, die weiteren Entwicklungen in Kleinasien auch weiterhin aufmerksam zu beobachten. Nichts, was aktuell in der Welt geschieht, scheint sich noch unter Ausschluss des gravierenden Umbruchs in der geopolitischen Landschaft betrachten zu lassen.
Kommentare
"..sofort durch Präsident Erdogan zu verhängende Gefängnisstrafe..." :-) Herr Baudzus ich kann Sie nicht mehr ernst nehmen. Ihre mit Vorurteilen verfärbte Brille tut Ihrer Karriere als "Independent" Journalist nicht gut ...
"..Geste Chinas um Türkei in Seidenstraßenprojekt einzubinden?..." :-) Ist doch schon längst der Fall. Was meinen Sie warum alle die Railways und Brücken in der Türkei gebaut wurden... ?
"..Offen bleibt zum jetzigen Zeitpunkt die Frage, was Erdogan dazu bewogen haben mag, sich an China um Hilfe zu wenden." ..Was ist daran offen? Erdogan möchte nicht dass seine Nation und sein Land als Handlanger und Auftragskiller von NATO / USA / Westen fungiert. Sein "größter Wunsch" ist : sein Land möglichst unabhängig von allen Mächten zu positionieren.
Rund die Hälfte des türkischen Volkes bekennt sich zu dem Glaubensbekenntnis Ihres Präsidenten und wird auch dann nicht zur Einsicht kommen, wenn die Wirtschaft der Türkei am Boden liegen wird. Mit Stolz, Glauben und einer osmanischen Geschichte braucht man sich vor nichts zu fürchten. Treu mach. dem Motto: der Unwissende hat Mut, der Wissende hat Furcht.
@frock : ich gehe davon aus dass die Türkei MÖGLICHST unabhängig agieren wird... (das lässt die US Hegemonie nicht immer zu und versucht mit Putschversuch, Finanzterror etc zu steuern). Mal schauen wie die Lage sich entwickeln wird. Wenn es aber nach dem Gusto der aktuellen Regierung geht, dann wird sie versuchen die Türkei möglichst unabhängig zu positionieren. Ich kann es verstehen. Am Besten wäre es, wenn Länder wie Deustchland das Gleiche tun würden.