Amerikas Öl- und Gasmärkte befinden sich unter den weltweit mit am härtesten durch den wirtschaftlichen Abschwung getroffenen Segmenten. Laut einerneuen Studievon Rystad Energy sind in den Vereinigten Staaten inzwischen mehr als einhunderttausend Arbeitsplätze in diesem wichtigen Wirtschaftszweig dauerhaft abgebaut worden.

Rystad Energy: 20 Prozent weniger Mitarbeiter in unterstützenden Wirtschaftsbereichen

Am heftigsten erwies sich der Jobabbau bislang in Branchen, welche eine Förderung von Öl und Gas mittels eigener Dienstleistungsangebote unterstützen. In diesen Bereichen sind im Vergleich mit jenen Beschäftigungsniveaus vor Ausbruch der Rezession knapp 45.000 Jobs abgebaut worden.

Auch im Pipeline-Sektor, in dem der Bau von neuen Trassen nahezu stillsteht, wurden rund 16.000 Arbeitsplätze abgebaut, während es im Bereich der Exploration sowie der Öl- und Gasbohrungen zu einem Rückgang der Beschäftigung um knapp 13.500 Stellen gekommen ist, gefolgt von einem Mitarbeiterabbau in Höhe von fast 10.000 Jobs im Bereich der Öl- und Gasförderung.

Da es unter Bezugnahme auf Rystad Energy zu einem Mitarbeiterabbau in der gesamten Öl- und Gasindustriekette gekommen sei, belaufe sich die Anzahl der bislang verloren gegangenen Arbeitsplätze in diesem Bereich auf mehr als einhunderttausend.

Unter den die heimische Rohöl- und Gasindustrie unterstützenden Wirtschaftsbereichen läge die Mitarbeiteranzahl inzwischen um 20 Prozent niedrig als vor Ausbruch der globalen Pandemie.

Nur schleppende Erholung: Geplante Projekte werden ausgesetzt oder aufgegeben

Insbesondere an den Rohölmärkten waren die Hoffnungen auf eine Entspannung der Lage samt einer schnellen Erholung angesichts einer Wiedereröffnung der Wirtschaften in weiten Teilen der Welt groß. Bei Rystad Energy heißt es, dass diese Hoffnungen verfrüht gewesen seien, da die globale Nachfrage nur sehr schleppend wieder in Gang komme.

Selbst Ölriesen wie Royal-Dutch Shell oder BP, die zuletzt Abschreibungen in Höhe von Multimilliarden US-Dollars bekannt gegeben haben, bekommen die Krise an den globalen Rohölmärkten empfindlich zu spüren. Aus diesem Blickwinkel verwundert es kaum, dass neue Projekte ausgesetzt oder sogar komplett aufgegeben worden sind.

Allein im US-Bundesstaat Louisiana ist es mittlerweile zu einer Verschiebung und/oder Stornierung unter mehr als 40 Prozent aller geplanten Flüssiggasprojektinvestitionen gekommen. Insbesondere jene um die Öl- und Gasindustrie Amerikas angesiedelten Service- und Dienstleistungsunternehmen leiden unter einer ausgeprägten finanziellen Schwäche.

Zunehmende Insolvenzen - Neue Lockdowns belasten

Viele der betroffenen Firmen werden sich laut Rystad Energy nicht dazu in der Lage sehen, im aktuell vorherrschenden Umfeld wieder mehr Personal anzuheuern. Anstelle dessen wird von einem sich fortsetzenden Mitarbeiterabbau bei zunehmenden Insolvenzen im gesamten Sektor ausgegangen, die bis ins Jahr 2021 anhalten sollen.

Doch dies wird noch nicht alles sein, da ferner mit rückläufigen Löhnen und Gehältern in einem Bereich von bis zu zehn Prozent gerechnet werden müsse. Ähnlich wie in den Jahren 2008 und 2009 könnte es durchaus sein, dass eine zunehmende Anzahl an Arbeitnehmern in gehobenem Alter den Eintritt ins Rentendasein in Erwägung ziehen wird.

Zu schaffen machen der Rohöl- und Gasindustrie daneben auch die nach wie vor gültigen Abstandsregeln und Lockdowns in verschiedenen Teilen der Welt, die Reiseaktivitäten zurzeit kaum planbar noch durchführbar erscheinen ließen.

Ähnlich sieht es hinsichtlich der aktuellen Situation in den Vereinigten Staaten aus, wo es zur Wiedereinführung von regionalen Lockdowns - oder einer Rolle rückwärts hinsichtlich einer Wiedereröffnung der Wirtschaft - in einer Reihe von Bundesstaaten gekommen ist.

Im US-Bundesstaat Texas gingen mit mehr als 45.000 Arbeitsplätzen in der Rohöl- und Gasindustrie mittlerweile die meisten Jobs in dieser Branche im ganzen Land verloren. In Louisiana wird die Mitarbeiteranzahl im Vergleich mit der Zeit vor dem Ausbruch der Rezession in der Rohöl- und Gasindustrie um bis zu 25 Prozent sinken.

Goldman: Keine Normalisierung vor 2022 – Benzin mit größter, Kerosin mit schwächster Erholung

Seitens Goldman Sachs hieß es, dass die globale Rohölnachfrage im Gesamtjahr 2020 um acht Prozent sinken wird, gefolgt von einem Anstieg in Höhe von sechs Prozent im Gesamtjahr 2021. Auf Basis der aktuellen Prognosen werde sich die Lage an den Ölmärkten nicht vor dem Jahr 2022 „normalisieren“.

Die Benzinnachfrage werde unter allen Ölderivaten die schnellste Nachfrageerholung erfahren, da touristische Reisen in privaten PKWs die Flugnachfrage weit überträfen, was insbesondere für die USA, Europa und China gelte.

Bei Goldman wird ferner nicht davon ausgegangen, dass das Vertrauen in die internationale Flugindustrie so schnell wieder zurückkehren wird. Aus diesem Grund sei die Nachfrage nach Kerosin der größte Verlierer unter den Ölderivaten. Die Kerosinnachfrage soll sich nicht vor dem Jahr 2023 „normalisieren“. Vielleicht könnte es, so Goldman, auch noch länger dauern.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Investoren in der Öl- und Gasindustrie haben es gewiss nicht leicht, da niemand den Verlauf der globalen Pandemie vorherzusagen in der Lage ist. Im Fall einer zweiten (globalen) Welle würden die internationalen Rohöl- und Gasmärkte bis ins Mark erschüttert werden. Der bis hierin zu beobachtende Arbeitsplatzabbau würde sich in diesem Fall nochmals intensivieren, die Bankrotte abermals befeuert werden. Vergessen wir nicht, dass viele der eingebüßten Jobs in der amerikanischen Öl- und Gasbranche gut bezahlt waren, was in den am härtesten durch die Krise betroffenen Bundesstaaten wie Texas und Louisiana wiederum auf der allgemeinen Nachfrage lasten wird.

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