Wenn es um Prognosen von Goldman Sachs zu den antizipierten Marktentwicklungen geht, überwiegt bei mir nach langer Zeit der Beobachtung definitiv Skepsis. Goldmans Analysten gehören aus meiner Sicht in vielerlei Bereichen nicht zu jenen Häusern an der Wall Street, die über die letzten Jahre verlässliche oder überaus treffsichere Prognosen abgegeben haben.

Nach wie vor bleibt Goldman mit Blick auf die Rohöl- und Rohstoffmärkte bullish. Dem massiven Abverkauf im ganzen Sektor, der im November erfolgte, gingen keine Warnungen voraus. Vielmehr prognostiziert Goldman Rohstoffanlegern über die kommenden Monate Renditen von rund 17 Prozent.  

Verzerrung: Preise unter Förderkosten

Goldman spricht hinsichtlich der Rohstoffpreise allerdings auch von einer nicht nachhaltigen Situation, die sich irgendwann umkehren müsse. Was Edelmetalle angeht, bin ich der Ansicht, dass sich den Goldman-Analysten hierin wohl zustimmen ließe. Doch wer will schon wissen, über einen welch langen Zeitraum die Seitwärtsphase noch wird anhalten können.

Bei Goldman wird von einer „Verzerrung der Preise an den Rohstoffmärkten in Relation zu den gegebenen Fundamentaldaten“ gesprochen. Selbst die Rohölpreise seien, so Goldman, nun ebenfalls wieder unter die Kostenförderschwelle gesunken, was im Bereich der Metalle in den meisten Segmenten schon seit einiger Zeit der Fall sei.

Wenn dem tatsächlich so wäre, warum gibt es dann überhaupt noch Ölförderer und Minen, die trotz der aktuellen Preisentwicklung nach wie vor produzieren?! Ganz einfach, da ein Teil der Firmen noch immer profitabel wirtschaften kann – wenn auch auf einer sich zusehends schmälernden Basis.

Long auf Öl, Gold und Basismetalle – wirklich?

Aus diesem Grunde eigneten sich die Rohstoffmärkte für einen Aufbau von Longpositionen, was insbesondere für Rohöl, Gold und Basismetalle zuträfe. Ölförderkürzungen der OPEC sollten danach allein schon Grund genug sein, um den Rohölpreisen schon bald wieder Flügel zu verleihen, so Goldman weiter.

Dabei ist es im Lauf des Monats November abermals zu einem massiven Abverkauf an den Rohstoffmärkten gekommen. Wurden die Rohölpreise in den Monaten zuvor noch vielerorts auf $100 pro Fass hochgeredet, weil es nach einer Verschärfung der US-Sanktionen gegen den Iran zu Lieferausfällen kommen sollte, so sieht das in der Realität alles ganz anders aus.

Die Rohölpreise bekamen in den vergangenen Wochen richtig auf den Deckel, da nun ganz plötzlich Befürchtungen vor einem Überangebot an den globalen Rohölmärkten kursieren. Zu diesen Befürchtungen gesellt sich die Tatsache, dass sich das Wachstum in vielen Teilen der Welt abschwächt – inklusive der USA.

Wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wär…

Welche Auswirkungen der sich verschärfende Handelskrieg zwischen den USA und China auf die Metallmärkte zur Folge haben wird, kann momentan kaum jemand absehen. Kurz vor dem anstehenden G20-Gipfel hat US-Präsident Trump Öl ins Feuer der Debatten gegossen, darauf hinweisend, dass er die Sonderzölle auf die Einfuhr von chinesischen Produkten in die USA nochmals ausweiten wolle.

Dabei war die Hoffnung unter den meisten Marktakteuren enorm groß, dass es am Rande des G20-Gipfels in Argentinien zu einer Einigung zwischen Trump und Chinas Staatspräsident Xi Jinping kommen würde. Bei Goldman Sachs scheint man ebenfalls darauf zu hoffen, dass die zwischen den USA und China herrschenden Disparitäten alsbald beigelegt werden.

Würden die an den Rohstoffmärkten herrschenden Unsicherheiten, die in Argentinien mit großer Wahrscheinlichkeit adressiert werden dürften, erst einmal bereinigt, könnte unter den Rohstoffpreisen die Luzi abgehen, wie es bei Goldman inhaltlich heißt. Aha, alles folgt also dem Motto wenn, wäre, hätte, würde, könnte, dürfte – alles Konjunktive.

Auf einer solchen Basis einen Bericht zu verfassen, der Renditen von 17 Prozent an den Rohstoffmärkten über die nächsten Monate verheißt, halte ich persönlich für extrem unseriös. Auch von dem Verlauf des angedachten Treffens zwischen Russen und Saudis am Rande des G20-Gipfels macht Goldman die eigens prognostizierte Ölpreisprognose abhängig.

Gold: Pro und Contra

Was die Goldmärkte angeht, so wird bei Goldman Sachs von einer guten Chance auf eine Wiederbelebung des Goldpreises gesprochen, falls sich das Wachstum der amerikanischen Wirtschaft im nächsten Jahr abschwächen sollte. Gold wäre in diesem Fall wieder als sicherer Hafen gefragt.

Gleichzeitig könnte es zu weiter steigenden Goldkäufen unter Zentralbanken kommen. Nun ja, schön - doch ehrlich gesagt haben die diesjährigen Goldkäufe unter Zentralbanken den Goldpreis auf USD-Basis auch nicht großartig beflügeln können. Für jedes der schwammigen Argumente lässt sich – wie Sie sehen – auch ein Gegenargument ins Feld führen.

Goldman: Handelsbeziehungen werden sich normalisieren

Es soll abschließend nicht unerwähnt bleiben, dass Goldman selbst davon spricht, mit einigem Optimismus auf die aktuelle Situation zwischen den USA und China zu blicken. Danach soll es bald schon zu einer Pause im Handelskrieg zwischen beiden Nationen kommen, auf die eine absehbare Normalisierung der bilateralen Handelsbeziehungen folgen soll.

Na dann aber Hals und Beinbruch, liebe Goldmänner! Nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern vor allem auch in China scheint man die Dinge auf höchster politischer Ebene zurzeit in einem völlig anderen Licht zu betrachten.

Unübersehbar ist doch mittlerweile für jedermann, dass beide Nationen einen Machtkampf austragen, der mit harten Bandagen geführt wird. Diesem Machtkampf liegen klar verfasste wirtschaftliche und geopolitische Strategien zugrunde. Bei Goldman sieht man vielleicht den Wald vor lauter (Zahlen-)Bäumen nicht mehr…  

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