Chinesen dringen erstmals in bisher westliches Territorium vor

Blicken wir zum Abschluss dieser ereignisreichen Woche auf den Balkan. Auf die Vorgänge im Libanon möchte ich erst zu einem späteren Zeitpunkt eingehen, wenn sich der Nebel etwas gelüftet hat, doch nicht nur im Nahen Osten, sondern auch auf dem Balkan geschehen in diesen Tagen Dinge, die es wert sind, einen eingehenderen Blick darauf zu werfen. Denn die Volksrepublik China hat Serbien nun tatsächlich mit militärischen Kampfdrohnen aus eigener Herstellung beliefert.

Diese Lieferung geht auf einen ehedem kontrovers diskutierten Vertragsabschluss zurück, der zwischen beiden Nationen vor gut einem Jahr unterzeichnet wurde. Schon zum damaligen Zeitpunkt zeigten sich weder die Europäische Union noch die Führung der NATO erfreut ob dieser Entwicklung vor der eigenen Haustüre.

Es handelt sich um militärische Kampfdrohnen des Typs Chengdu Pterodactyl-I, deren Kauf durch Serbien seitens EU und NATO ehedem heftig kritisiert wurde. Denn die Chinesen dringen erstmals in eine geographische Sphäre ein, deren Waffenbelieferungen bislang fast ausschließlich durch amerikanische und europäische Rüstungskonzerne dominiert wurde.

Weitere Infrastrukturabkommen sind geschlossen!

Noch schwerer scheint die Tatsache zu wiegen, dass der serbische Staatspräsident Aleksander Vucic ebenfalls mehrere Abkommen mit Peking in Bezug auf einen Ausbau des chinesischen Projekts der Neuen Seidenstraße (Belt and Road Initiative) im eigenen Land unterschrieben hatte. 

Angesichts dieser unterzeichneten Abkommen wird China neue Energiekraftwerke in Serbien bauen. Auch eine Verlegung von neuen Fiber-Kabeln zur Forcierung der Digitalisierung wird durch chinesische Unternehmen übernommen. Gleichzeitig sehen die Abkommen auch den Bau von neuen Eisenbahnstrecken und Häfen in Serbien vor.

Wie schnell die Chinesen beim Bau von neuen Eisenbahnverbindungen voranschreiten, hatte ich mir zu gegebenem Zeitpunkt damals selbst in Kenia vor Ort angeschaut, wo ich diverse Baustellen des Madaraka Express zwischen Mombasa und Nairobi ein ums andere Mal besucht und auch hierüber berichtet hatte (unter anderem auch in <link wirtschaftsfacts beitrag zu-besuch-in-den-edelstein-minen-der-taitas _blank>einem Bilderbericht).

Militärische Ausrüstung geht einher mit Schutz eigener kritischer Infrastruktur

Schon vor einem Jahr war den meisten Beobachtern bewusst, warum Chinas Staatsführung neben dem Bau von zivilen Projekten auch Serbiens Armee aufzurüsten gedenkt. Es handelt sich um reines Eigeninteresse Chinas zugunsten eines militärischen Schutzes von kritischen Infrastrukturprojekten, die im Zuge der Belt and Road Initiative in Serbien aus dem Boden gestampft werden.

Damals wiesen Militärbeobachter bereits darauf hin, dass die jetzt durch China an Serbien ausgelieferten Kampfdrohnen dem Land als Abschreckung aus Perspektive der militärischen Kräfte der Amerikaner und der NATO dienen werden. Vor einem Jahr teilte der serbische Verteidigungsminister Aleksander Vulin mit, dass der Kauf dieser Kampfdrohnen das Militär des eigenen Landes bedeutsam stärken werde.

Fortan werde das heimische Militär über strategische Fähigkeiten verfügen, die in der Vergangenheit nicht gegeben gewesen seien, so Vulin damals. Verschiedene Militäranalysten waren damals der Ansicht, dass die durch China gefertigten Kampfdrohnen auf Kopien von amerikanischen Systemen basierten, jedoch trotz allem sehr effizient und im internationalen Vergleich vor allem spottbillig seien.

NATO-Kurs ändert sich abrupt, EU zeigt sich besorgt

Obwohl Serbien offiziell die Polit-Leitlinie einer militärischen Neutralität gegenüber der NATO verfolgt, ist es zwischen dem Land und der NATO über die letzten Jahre zu einer sich ausweitenden Zusammenarbeit gekommen. Doch dies scheint sich nun abrupt zu ändern.

Nicht nur der Kauf und die jetzt erfolgte Auslieferung der chinesischen Kampfdrohnen, sondern auch kolportierte Pläne von Staatspräsident Aleksandar Vucic zum Kauf russischer S-400-Luftabwehrsysteme haben die Washingtoner Regierung dazu veranlasst, Serbien eine Verhängung von US-Sanktionen anzudrohen.

Wie dem auch sei, es steht fest, dass Serbien zum ersten Land in Europa avanciert ist, dass Kampfdrohnen aus chinesischer Fertigung in den eigenen Gefilden einsetzen wird. Laut dem Sender Bloomberg hat diese Entwicklung Besorgnis unter der politischen Führung der EU ausgelöst.

Dass China es schafft, den eigenen politischen Einfluss in geographische Sphären auszuweiten, die traditionell durch Russland dominiert gewesen sind, scheint in der EU auf wenig Gegenliebe zu stoßen. Die Belt and Road Initiative hat China nämlich bereits zum wichtigsten Taktgeber in Zentralasien – einschließlich des Irans und Pakistans – aufsteigen lassen.

Serbiens Staatspräsident Vucic scheint derweil stolz auf seine neue Errungenschaft zu sein, ausführend, dass die jetzt ausgelieferten Kampfdrohnen nicht nur über eine sehr große Reichweite verfügten, sondern militärische Ziele auch aus einer Distanz von neun Kilometern abschießen oder treffen könnten.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Aus dem Bericht von Bloomberg geht die strategische Tragweite der aktuellen Entwicklungen recht anschaulich hervor. Es sei keineswegs schwer, sich vorzustellen, weswegen neben der EU auch die NATO-Führung äußerst besorgt über diese Entwicklungen seien. Denn China hat sich inzwischen strategisch wichtige Vermögenswerte im Zuge der eigens verfolgten Belt and Road Initiative auf dem gesamten europäischen Kontinent angeeignet. Hierzu zählen unter anderem Häfen, Energiekraftwerke und zahlreiche Unternehmen, die weltweit führend auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz oder Robotik sind. Der EU erwächst ein Konkurrent in Fernost, der eine magische Anziehungskraft auf viele Länder der Region auszuüben scheint, und der nicht nur den ganzen lieben langen Tag lang redet und verspricht, sondern der auch liefert!

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