Die türkische Außenpolitik wird angesichts der eigenen Mitgliedschaft im westlichen Bündnis der NATO und den aus dem Fernen Osten winkenden Verlockungen, namentlich der Belt & Road Initiative der Volksrepublik China, immer ein Stückchen unergründlicher.

Die Regierung in Ankara scheint außenpolitisch zwei substanzielle Strategien zu verfolgen. Die erste dieser beiden Strategien fußt auf dem Interesse, sich mit externen Mächten, welche die eigenen Interessen Ankaras schützen oder hofieren, zu verbünden.

Die zweite der beiden Strategien basiert auf dem Interesse Ankaras, die eigene politische Macht in alle Herren Richtungen auszuweiten. Sowohl in den Zeiten des Kalten Krieges als auch in der sich an diese Epoche anschließenden und über einen Zeitraum von rund dreißig Jahren anhaltenden Ära der amerikanischen (Global-)Alleinherrschaft ist die Türkei hiermit gut gefahren.

Dem Wandel der Zeiten muss sich auch die Türkei beugen

Doch in einer Welt, der inzwischen der Stempel der Multipolarität aufgedrückt wurde, und welche sich in einem immer stärkeren Ausmaß anhand von gegensätzlichen Interessen unter der Supermacht USA und den abermals aufstrebenden Großmächten China und Russland charakterisieren lässt, macht vor allem eine Fokussierung auf die zweite außenpolitische Strategie (Doktrin) der Türkei Sinn.

Denn dem Eingehen von diversen Allianzen und Bündnissen lässt sich in der heutigen Zeit nicht mehr vorbehaltlos trauen, noch lässt sich automatisch davon ausgehen, dass solche Allianzen und Bündnisse dazu in der Lage sein werden, die ureigenen Interessen der Türkei zu schützen oder zu hofieren.

Schleichender Prozess der Re-Islamisierung klar auf ein Ziel ausgerichtet

Dies ist heutzutage stets auch abhängig von der sich jeweils entwickelnden Lage auf der Welt. Zu den echten Innovationen des türkischen Staatspräsidenten Recep Erdogan gehört gewiss, auf welche Art und Weise sich dessen Regierung über den Verlauf der vergangenen Jahre politische Macht und den damit einhergehenden Einfluss zu sichern wusste, sprich, ein Konzept erfand, um die politische Macht der Türkei im Ausland auszuweiten.

Der durch Staatspräsident Erdogans angestoßene Prozess einer schleichenden Re-Islamisierung der eigenen Nation dürfte aus außenpolitischer Sicht insbesondere mit dem Ziel verbunden gewesen sein, sich die einzige Ideologie, die jemals dazu fähig gewesen ist, die Länder des Mittleren Ostens unter der Fahne des Propheten zu vereinigen, zu eigen zu machen. Trotz allem bleibt zu erwähnen, dass es, wie es die Ironie will, keinen Hang zu einem islamistisch bedingten Fundamentalismus in der Türkei gibt.

Unter Bezugnahme auf eine Umfrage aus dem Jahr 2017 bekennt sich offiziell gerade einmal ein Anteil von siebzehn Prozent unter den Türken zu den Scharia-Gesetzen. Trotz allem hat es die Regierung von Staatspräsident Erdogan wohl ganz offensichtlich geschafft, eine geeignete Balance zwischen den politischen und den religiösen Belangen in der Bosporus-Nation herzustellen.

Ich hänge der Vorstellung an, dass es gewiss kein Frevel sein kann, wenn ich die Behauptung aufstelle, dass eine solche Vorgehensweise inzwischen auch eine gewisse Strahlkraft auf bei Weitem strengere Regime wie beispielsweise jene in Ägypten oder im Iran ausgesendet haben mag.

Wirtschaft und Außenpolitik bilden in der Türkei eine Einheit

Abermals sei an dieser Stelle erwähnt, dass die ökonomischen Strategien der Regierung von Staatspräsident Erdogan die Expansion auf dem Feld der türkischen Außenpolitik über den Verlauf der letzten beiden Jahrzehnte überhaupt erst ermöglicht haben.

In reinen Finanzpublikationen, die sich naturgemäß auf eine kritische Weise mit dem durch Ankara eingeschlagenen Kurs in der heimischen Wirtschaftspolitik auseinandersetzen, mag dieser so wichtige Aspekt sehr oft unter den Tisch fallen.

Da die ökonomischen Strategien die außenpolitischen Strategien bedingen oder überhaupt erst möglich gemacht haben, besteht zwischen diesen beiden Aspekten eine untrennbare Verbindung.

Denn eine wirtschaftlich den Bach hinuntergehende Türkei würde sich zukünftig nicht mehr dazu in der Lage sehen, aus geopolitischen Gesichtspunkten weiter aufs Gaspedal zu treten, geschweige denn jenen heute erreichten Einfluss auf andere Nationen der islamischen Umma auszuüben.

Opferung der Lira auf dem Altar der eigenen Sicherheitsinteressen?

Ob Staatspräsident Erdogan letztendlich auch dazu bereit sein wird, die türkische Lira auf dem Altar der außenpolitisch durch seine Regierung definierten Sicherheitsinteressen zu opfern, bleibt indes abzuwarten.

Was sich allerdings abzuzeichnen beginnt, ist die Tatsache, dass die Regierung in Ankara sich außenpolitisch nicht mehr länger die Rosinen wird herauspicken können. Die geostrategisch herausragende Lage der Türkei auf dem geopolitischen Schachbrett, heißt also, das Bewusstsein als unverzichtbares Bindeglied zwischen West und Ost zu fungieren, wird hieran nichts ändern.

Denn ein sich fortsetzenden Lavieren zwischen den zwei vollkommen verschiedenen geoökonomischen Agenden des Westens und des Ostens, sprich zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Volksrepublik China, droht wahrscheinlich schon sehr bald obsolet zu werden.

Das Lavieren zwischen West und Ost blickt seinem Ende entgegen

Die Türkei wird sich also irgendwann festlegen und für eine der beiden Seiten entscheiden müssen. Aktuell erweckt es selbst nach dem desaströsen Abzug der Amerikaner aus Afghanistan den Eindruck, als ob die Außenpolitik der USA noch immer auf jener vor rund vierzig Jahren formulierten Geostrategie des Zbigniew Brzezinski zu fußen scheint.

Diese geostrategische Strategie verfolgt das Ziel, Bevölkerungen im überseeischen Ausland zu spalten, um in deren Nationen endlose Kriege zur Erreichung von eigenen Interessen zu führen.

Und wo würde so etwas noch besser auf der Welt klappen als in den Nationen des Nahen und Mittleren Ostens, deren Bevölkerungen sich in den meisten Fällen in die beiden religiösen Fraktionen der Schiiten und Sunniten unterteilt sehen, und die ein augenscheinlich seit vielen Jahrhunderten unüberbrückbares Schisma voneinander trennt und die sich nicht selten feindlich gesinnt gegenüberstehen.

Amerikas Prinzip des „Teile und Herrsche“ im Orient

Das durch eine militärische Supermacht wie die USA verfolgte Ziel des „Teile und Herrsche“ lässt sich kaum woanders auf der Welt auf eine derart leichte Weise erreichen wie in dieser Region.

Der geostrategischen Strategie Amerikas ist über den Verlauf der vergangenen dreißig Jahre allerdings ein ernst zu nehmender Rivale und eine große Herausforderung im Fernen Osten, namentlich die Volksrepublik China, erwachsen.

Peking verfolgt ähnliche Ziele – jedoch mit anderen Mitteln

Anders als im Falle Amerikas, von dem beispielsweise in vielen Ländern Afrikas behauptet wird, eigene (Rohstoff-)Interessen in der Region durch Aufstachelung der jeweils lokalen Bevölkerungen und eine Unterstützung von bestimmten Fraktionen in darüber ausbrechenden Bürgerkriegen erreichen zu wollen, verfolgt Peking zwar dieselben Ziele, dies jedoch mit völlig anderen Mitteln.

Viel, häufig und berechtigterweise wurde in letzter Zeit über die Belt & Road Initiative oder das Projekt der Neuen Seidenstraße der Volksrepublik China geschrieben und berichtet. Es scheint sich hierbei wohl auch um den Versuch zu handeln, die geostrategischen Ziele der Pekinger Regierung mit anderen Mitteln, sprich einer Einbindung von Partnernationen in eine angestrebte wirtschaftliche Entwicklung, zu erreichen.

Dass ein solcher Ansatz selbstverständlich weitaus ansprechender auf die hiervon Betroffenen wirkt als die im Ausland häufig zur Schau gestellte Cowboy-Mentalität der Amerikaner ist nahezu selbstredend. Es verwundert kaum, dass die Belt & Road Initiative der Chinesen auf eine Vielzahl an Nationen auf dem Eurasischen Kontinent wie ein Magnet wirkt.

Das spezielle Verhältnis zwischen Ankara und Moskau

Es gibt allerdings auch einige Ausnahmen. Hierzu gehört allen voran die Türkei, die sich nach wie vor zwischen den beiden Welten bewegt und wie ein hin- und her schwimmender Fisch im Wasser die eigenen strategischen Interessen an die jeweiligen Entwicklungen rund um den Globus anzupassen versucht.

Dass dieses Lavieren zwischen beiden Welten nicht ohne Folgen bleibt, zeigte die Reaktion auf das Russlands Staatspräsidenten Wladimir Putin nach einem im Jahr 2015 durch die Türkei erfolgten Abschuss eines russischen Kampfjets im syrischen Luftraum übermittelte Entschuldigungsschreiben durch die Regierung von Staatspräsident Erdogan.

Denn es waren daraufhin ausgerechnet die Geheimdienste der Russischen Föderation, die Staatspräsident Erdogan Mitte Juli des Jahres 2016 wohl gerade noch rechtzeitig vor der Durchführung eines geplanten Staatsputschs durch mutmaßliche Anhänger des im Exil lebenden Muslimführers Fethullah Gülen in der Türkei gewarnt hatten.

Die Türkei und ihr Verhältnis zum Islamischen Staat

Erinnert sei daran, dass die Regierung in Ankara dem Islamischen Staat (IS) viele Jahre lang logistische Unterstützung geliefert und die Organisation mit Waffen und Kämpfern versorgt hat. Dies gilt sowohl für deren Aktivitäten in Syrien als auch im Irak. Ob Staatspräsident Erdogan es leid gewesen sein mag, sich nach dem vereitelten Putschversuch noch stärker im Sinne des Westens in der Levante instrumentalisieren zu lassen, steht auf einem anderen Blatt.

Wenn Ankara daneben auch eigene Interessen in beiden Nachbarländern verfolgte, die einerseits auf eine Eindämmung der Kurden im Nordirak und andererseits auf eine Absetzung des syrischen Regierungschefs Baschar al-Assad abzielten, so lässt sich konstatieren, dass das außenpolitische Verhalten Ankaras nach dem vereitelten Putsch konstruktiver wurde.

Dies gilt beispielsweise für die erklärte Teilnahme der Türkei am sogenannten Astana-Prozess, in dessen Zuge Ankara in Verhandlungen mit der Russischen Föderation und dem Iran in Bezug auf den Versuch einer Demilitarisierung von weiten Teilen Syriens eintrat.

Nicht viel später gab Ankara dann plötzlich bekannt, Raketenabwehrsysteme des Typs S-400 seitens der Russischen Föderation erwerben zu wollen, was die Türkei in einen Konflikt mit der führenden NATO-Nation USA verwickelte.

Russland und Türkei kooperieren auf militärischem und wirtschaftlichem Gebiet

Diese Entwicklung und die durch die Trump-Administration verhängten und angedrohten Sanktionen gegenüber einem Schlüsselpartnerstaat innerhalb der NATO hielten die Türkei keineswegs davon ab, an Plänen zu einem gemeinsamen Bau von U-Booten, Kriegsschiffen und Flugzeugmotoren mit der Russischen Föderation festzuhalten.

Gleichzeitig wurden die Bauaktivitäten an einem durch Rosatom konstruierten Atomreaktor in der Türkei forciert. Trotz dieser sich intensivierenden Zusammenarbeit mit der Russischen Föderation in einer Reihe von Bereichen, blieb Ankara dem eigenen Motto weiterhin treu, zwischen den beiden Welten zu lavieren.

Syrien – Der Krieg setzt sich fort…

So setzte sich nicht nur die finanzielle, waffentechnische und logistische Unterstützung zugunsten der Rebellen gegen die Assad-Regierung in Syrien, die sich unter dem Namen Freie Syrische Armee sammelten, fort. Insbesondere im syrischen Idlib haben türkische Soldaten ihre Fußspuren hinterlassen. Mittlerweile betreibt die türkische Armee auch eine ganze Reihe von Basen und Beobachtungspunkten im Norden des Nachbarlandes.

Blicken wir abschließend auf die wirtschaftlichen Entwicklungen. Der Türkei fällt allein aufgrund von ihrer geografischen Lage eine automatische Rolle als Handelsdrehkreuz zwischen West und Ost zu.

Da Ankara über den Verlauf der letzten Jahre durch die Europäische Union mehrfach vor den Kopf gestoßen wurde, um eine in Aussicht gestellte Aufnahme der Türkei in den Staatenbund auf dem europäischen Kontinent hinauszuzögern oder einer solchen Entwicklung eine Absage zu erteilen, ist es nur allzu verständlich, dass Ankara nach Alternativen im Osten Ausschau hält.

Korb der EU verwandelt sich in Liaison mit dem Reich der Mitte

Wie auf viele andere Nationen auf dem Eurasischen Kontinent scheint Chinas Belt & Road Initiative auch auf Ankara wie ein Magnet zu wirken. So soll sich in der Türkei ein weiterer Handelskorridor herausbilden, der in Zukunft parallel zum nördlichen Korridor, der China / Asien mit Europa verbindet, verlaufen soll.

Der türkische Mittelkorridor verläuft nun seit dem Jahr 2019 über eine Strecke von mehr als siebentausend Kilometern in Form eines transkaspischen Korridors, der West und Ost (bis in die Steppen Zentralasiens hinein) miteinander verbindet.

Ein schöner Begleitumstand leitet sich anhand der Tatsache ab, dass der Verlauf dieser Route rund zweitausend Kilometer kürzer ist als der nördliche Korridor. In der chinesischen Provinz Xinjiang auf den Weg gebrachte Güter werden in der Folge über Kasachstan, die Region des Kaspischen Meeres, Aserbaidschan, Georgien und den türkischen „Kanal“ nach Europa geleitet.

Mittlerweile ist der durch die Türkei verlaufende Mittelkorridor ein fester und integraler Bestandteil der Belt & Road Initiative der Volksrepublik China. Um Güter zukünftig noch schneller über den Bosporus zu verbringen, kommt es in und um Istanbul zurzeit zu einem Bau von mehreren Tunnels, die unterhalb der Meeresoberfläche verlaufen werden, und neuen Brücken.

Bilateraler Handel zwischen der Türkei und China wächst stark

Seit dem Beginn der 2000er Jahre hat sich der bilaterale Handel zwischen der Türkei und der Volksrepublik China von ehedem zwei Milliarden auf heutzutage 26,5 Milliarden US-Dollar mehr als verdreizehnfacht. Tausende Unternehmen aus China sind zudem in der Türkei aktiv, während inzwischen auch der drittgrößte türkische Hafen mehrheitlich durch ein chinesisches Konsortium betrieben wird.

Nicht nur in der türkischen Heimat regt sich unter Oppositionsparteien Widerstand gegen eine solche Entwicklung. Auch das Ausland, wer immer federführend dahinterstehen mag, hat der Türkei einen Finanzkrieg erklärt. Internationale Ratingagenturen, die ihren Sitz in den USA haben, stuften die Kreditbonität der Türkei in diesem Zuge in den Hochrisikobereich herab.

Gleichzeitig ist es über die vergangenen Jahre zu einer Verhängung von Sanktionen gegen den NATO-Partner Türkei sowohl durch die USA als auch durch die Europäische Union gekommen. Der Türkei wurde es auf diese Weise erschwert, den Ausbau der Infrastruktur im Land auf die ehedem geplante Weise voranzutreiben.

Eine sich fortsetzende Entfremdung vom Westen

Während sich die chinesischen Investitionen in der Türkei zuletzt deutlich erhöhten, haben sich die Direktinvestitionen aus den USA und Europa seit dem Jahr 2009 von ehedem mehr als zwölf Milliarden US-Dollar auf nunmehr gerade noch etwas über sechs Milliarden US-Dollar halbiert.

Nach dem im Jahr 2016 vereitelten Putschversuch hat sich plötzlich auch das Wording der Regierung in Ankara gegenüber der Volksrepublik China verändert. Im Jahr 2017 hatte der türkische Außenminister Mevlüt Çavusoğlu erklärt, Aktivitäten auf türkischem Boden zu verbieten, die sich gegen die Volksrepublik China (Stichwort: Xinjiang) richteten.

Gleichzeitig wurde die Presse dazu angehalten, chinafreundlicher zu berichten. Seit dem Jahr 2017 besteht nun sogar ein Auslieferungsabkommen zwischen der Volksrepublik China und der Türkei, um fortan gemeinsam gegen extremistische Gruppen und Organisationen der Uiguren vorzugehen.

Nicht nur die eigene Partizipation an der Belt & Road Initiative der Volksrepublik China ist aus dem Blickwinkel der Regierung in Ankara zu einem Eckstein des Wirtschaftsprogramms in der Heimat avanciert. Auch die aus dem Fernen Osten in die Türkei strömenden Kredite erweisen sich unter Berücksichtigung einer zunehmenden Zurückhaltung des Westens fast schon als unerlässlich.

Auch der durch die Russische Föderation angestoßenen Initiative zur Errichtung eines Nord-Süd-Korridors ist die Türkei neben einem Dutzend weiterer Nationen inzwischen beigetreten. Als interessant erweist es sich, dass sich unter den Teilnehmern Staaten befinden, die sich feindlich gesinnt gegenüberstehen, darunter Aserbaidschan und Armenien oder Syrien und die Türkei.

Die Türkei scheint hierbei auch stets den Iran im Auge zu behalten. Inzwischen zu einem der wichtigsten Drehkreuze der Belt & Road Initiative aufsteigend, ist der Iran inzwischen auch zu einem Vollmitglied der Shanghai Cooperation Organization (SCO) avanciert, womit sich aus Sicht Chinas eine alternative Aussicht auf das Betreiben eines weiteren Korridors zum bestehenden Mittelkorridor bietet.

Diese Route könnte zukünftig den Westen Chinas mit dem Iran, dem Irak und Syrien verbinden, um mittels des syrischen Hafens von Latakia direkten Zugang zum Mittelmeer zu erlangen. Es handelt sich bei den erwähnten Nationen jedoch auch um die sogenannten schiitische Achse, deren zusammenhängende Landwegverbindung – unter Miteinbezug des Libanons – nicht nur den USA, sondern vor allem auch Israel ein großer Dorn im Auge zu sein scheint.

Andernfalls würde sich wahrscheinlich nicht die Frage stellen, weshalb die israelische Luftwaffe zu diesem Zeitpunkt den Hafen von Latakia bombardiert hat. Eine Aktivierung dieses Korridors würde in der Folge wahrscheinlich auch auf Jordanien, Ägypten, den Libanon und andere arabische Nationen wie ein Magnet wirken – womit gleichzeitig auch eine direkte Verbindung zum afrikanischen Kontinent hergestellt wäre.

Bislang haben sich rund vierzig afrikanische Staaten in der Subsahara-Region der Belt & Road Initiative der Volksrepublik China angeschlossen. Es zeigt sich also, dass sich aus Sicht Pekings auch gangbare Alternativen zum Mittelkorridor durch die Türkei bieten, womit sich die Regierung in Ankara durch Chinas politische Mandarine gewiss in Schach halten lässt.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Immer prägnanter beginnt sich abzuzeichnen, dass das handelstechnische und geografische Drehkreuz namens Türkei sich wohl schon bald wird entscheiden müssen, welchem Block das Land in der Zukunft angehören möchte.

Der Westen wird – trotz NATO-Partnerschaft der Türkei – wahrscheinlich nicht mehr länger akzeptieren, dass sich Ankara inzwischen verstärkt in Richtung Osten, und somit in Richtung der Volksrepublik China und der Russischen Föderation, ausrichtet.

Aufgrund der strategisch wichtigen Lage der Türkei in Kleinasien kann es sich der Westen jedoch auch nicht leisten, die Türkei komplett zu verprellen, um Ankara in die Arme Chinas und Russlands zu treiben.

Aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten dürfte sich eine Ausrichtung der Türkei in Richtung Chinas angesichts der sich intensivierenden Zurückhaltung des Westens wohl als lukrativer erweisen. Doch Ankara muss dabei aufpassen, nicht in eine fatale Abhängigkeit vom Reich der Mitte zu geraten.

Wie lange die Türkei ihren Spagat zwischen NATO und BRI noch wird vollziehen können, bleibt abzuwarten. Abzuwarten bleibt auch, wie sich die Dinge entwickeln werden, wenn Staatspräsident Erdogan einmal nicht mehr die Türkei regieren wird.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"