Ein möglicher Wiedereinzug von Donald Trump ins Weiße Haus würde den aktuellen Status quo und die hohe Ereignisdynamik im Nahen und Mittleren Osten wohl nochmals aufrühren: Es wäre damit zu rechnen, dass ab diesem Zeitpunkt vor allem der Iran verstärkt in den Fokus der amerikanischen Außenpolitik rücken würde.

In diesem Zuge sei nur daran erinnert, wie schnell die Trump-Administration das einst durch Amtsvorgänger Barack Obama mit Teheran ausverhandelte Nuklearabkommen (JCPOA) rückgängig machte und die Sanktionen gegen den Iran wieder instand setzte.

Alle erdenklichen Register ziehen

Seitdem hat die Teheraner Regierung alle erdenklichen Register gezogen, um sich den Folgen der durch Washington erneut verhängten Sanktionen zu entziehen. So bedient sich der Iran beispielsweise einer Schattentankerflotte, die das im Land geförderte Erdöl hauptsächlich an die Volksrepublik China ausliefert.

Wie sich zeigt, scheinen auch europäische Großbanken nach Mitteln und Wegen zu suchen, auf welche Weise sich die gegenüber dem Iran verhängten US-Sanktionen umgehen lassen.

So sollen namhafte europäische Großbanken nicht nur über Jahre mit dem Iran und durch staatseigene Betriebe kontrollierten Schattenfirmen kooperiert, sondern auch den Versuch unternommen haben, iranische Großtransaktionen zu verschleiern. Angesichts der aktuellen Nachrichtenlage handelt es sich hierbei um eine interessante Entwicklung.

Lloyds und Santander im Fokus

Allen voran die britische Lloyds Bank und die britische Dependence der spanischen Bank Santander sind dabei ins Scheinwerferlicht gerückt, weshalb es auch nicht verwundert, dass die Aktienkurse beider Institute infolge der Berichte Abschläge hin zu nehmen hatten.

An den internationalen Finanzmärkten wird mittlerweile augenscheinlich damit gerechnet, dass gegen die an diesen Geschäften beteiligten Großbanken unter aller Voraussicht saftige Geldbußen verhängt werden.

So nehmen zahlreiche Medien Bezug auf einen jüngst durch die Financial Times publizierten Bericht, in dem auf interne Dokumente der beiden zuvor erwähnten Großbanken aufmerksam gemacht wurde.

Danach sollen die Lloyds Bank und die britische Dependence der spanischen Bank Santander, die sich größenmäßig jeweils unter den europäischen Top-Instituten befinden, auf heimliche Weise Gelder für einen iranischen Kunden rund um den Globus transferiert haben.

Finanziert die Petrochemical Commercial Company „terroristische“ Aktivitäten?

Hierbei soll es sich um das staatseigene iranische Petrochemie-Unternehmen Petrochemical Commercial Company mit Sitz im Iran wie auch im britischen London handeln. Seitens der Washingtoner Regierung wird das Unternehmen als Teil eines Netzwerkes bezeichnet, das jährlich hunderte Millionen von US-Dollars zugunsten von Irans Revolutionsgarden waschen und aufbringen soll.

Zweitens wird dem Unternehmen der Vorwurf gemacht, mit russischen Geheimdiensten zusammen zu arbeiten, um diverse Gelder an durch die Teheraner Regierung unterstützte Stellvertreter im Nahen und Mittleren Osten zu leiten.

Sowohl Petrochemical Commercial Company als auch deren britische Tochter sehen sich seit November 2018 mit amerikanischen Sanktionen belegt. Wie die Financial Times nach Einsicht von relevanten Dokumenten in Erfahrung gebracht hat, gehe aus Emails wie auch aus Konten- und Bilanzdokumenten hervor, dass die britische Tochter des Unternehmens seitdem weiterhin in London aktiv gewesen sei.

Inzwischen sei ein Netzwerk von Schattenfirmen in Großbritannien und anderen Nationen aufgedeckt worden, mittels derer Gelder von A nach B transferiert worden sind. Mancherorts wird davon ausgegangen, dass die Öffentlichkeit wahrscheinlich bis heute nicht von diesen als Skandal bezeichneten Entwicklungen erfahren hätte, wenn die USA und Großbritannien nicht immer tiefer in einen aktiven Kriegszustand in der Region hineinschlittern würden.

USA und UK drohen zu aktiven Kriegsparteien im Nahen und Mittleren Osten zu werden

Neben den jementischen Huthis, die ihre Angriffe auf Transportschiffe im Roten Meer und rund um den Golf von Aden fortsetzen, sind es auch jene durch den Iran unterstützten Milizen in Syrien und im Irak, die zuletzt militärische Einrichtungen der USA und andere Ziele in der Region unter Raketenbeschuss genommen haben.

Angesichts der momentanen Entwicklungen haben die Biden-Administration und das Weiße Haus bislang nicht ausgeschlossen, den Iran selbst anzugreifen. Gleichzeitig intensiviert sich der Krieg in Gaza mit einer hohen Dynamik.

Dass die Vereinigten Staaten und andere westliche Länder angesichts der Situation des in der Ukraine geführten Krieges bisher versucht haben, den Ball im Nahen und Mittleren Osten eher flach zu halten, um die Preise für Erdöl und Erdgas nicht durch die Decke zu schicken, ist nachvollziehbar.

Doch umso länger diese beiden Kriege anhalten, desto mehr wächst die Wahrscheinlichkeit einer Ausweitung beziehungsweise eines Überspringens auf andere Länder in den jeweiligen Regionen.

Nicht nur für den Iran selbst, sondern auch für dessen in westlichen Finanzinstituten sitzenden Kooperationspartner wird die Luft indes wohl immer dünner. Wie die Dinge und Erkenntnisse momentan liegen, habe die Petrochemical Commercial Company seit einer Verhängung mit Sanktionen verschiedene in Großbritannien operierende Firmen genutzt, die wiederum von in China operierenden Schattenunternehmen Gelder empfangen haben.

Ein ausgeklügeltes Netzwerk

Bei einer dieser Firmen handelt es sich namentlich um Pisco UK, welche in Surrey ansässig ist, und ein Geschäftskonto bei der britischen Dependence von Banco Santander unterhält. Wie es seitens der britischen Firmenregistrierungsbehörde heißt, befinde sich die Firma Pisco UK im alleinigen Eigentum eines britischen Staatsbürgers namens Abdollah-Siauash Fahimi.

Iranische Oppositionelle, die die ursprünglichen Dokumente ins Internet gestellt hatten, haben augenscheinlich einen großen Beitrag zur Aufdeckung dieser Informationen geleistet. So geht aus Dokumenten, die zuerst auf der iranischen Oppositionswebseite WikiIran online gestellte wurden, hervor, dass Pisco UK durch die staatseigene Petrochemical Commercial Company kontrolliert wird.

Danach habe der britische Staatsbürger Abdollah-Siauash Fahimi eine Vereinbarung mit Petrochemical Commercial Company unterzeichnet, um in Form von einem Treuhänder nach außen hin als alleiniger Eigentümer von Pisco UK zu agieren.

Anscheinend sehen sich auch Unternehmen in der Volksrepublik China in dieses Netzwerk involviert, während alle beteiligten Intermediäre darauf pochen, keine durch die Vereinigten Staaten verhängten Sanktionen unterlaufen zu haben.

Bei einer der diesem Netzwerk angehörigen Unternehmen handele es sich um eine in China ansässige Firma namens Black Tulip (Schwarze Tulpe). Auch hierbei soll es sich um eine Firma handeln, die im Namen von Petrochemical Commercial Company durch einen vor Ort aktiven Treuhänder geleitet wird.

Aus den ins Internet gestellten Dokumenten geht hervor, dass durch die Firma Black Tulip im Jahr 2021 Gelder auf das Konto der Firma Pisco UK bei der britischen Dependence von Banco Santander transferiert wurden.

Bereits im letzten Jahr warf die Washingtoner Regierung der Petrochemical Commercial Company vor, sich einer Vielzahl von Schattenfirmen im Ausland zu bedienen, um die US-Sanktionen durch eine Umleitung der eigenen Verkäufe nach Asien zu umgehen.

Sowohl Lloyds als auch Santander streiten ab

Weder bei der britischen Lloyds Bank noch bei Banco Santander scheint man sich bislang irgendeines Vergehens bewusst zu sein. Zu spezifischen Kundenbeziehungen wolle man sich aufgrund der Verschwiegenheitspflicht nicht äußern, während beide Institute klar machten, stets auf eine Einhaltung von US-Sanktionen fokussiert zu sein.

Die inzwischen analysierte Email-Kommunikation lässt darauf schließen, dass sich die in diese Geschäfte involvierten Parteien hingegen vollauf darüber bewusst gewesen zu sein scheinen, durch die US-Regierung verhängte Sanktionen angesichts ihrer Aktivitäten zu unterlaufen.

So wird in dem weiter oben verlinkten Bericht der Financial Times unter anderem auch auf die Offenlegung diversen Email-Verkehrs eingegangen. Daraus gehe beispielsweise hervor, dass ein offizieller Buchhalter von Petrochemical Commercial Company darum gebeten habe, angesichts einer bevorstehenden Transaktion aus China eine sichere Kontonummer für die zu leistende Zahlung zu übermitteln.

Daraufhin wurde die Zahlung auf ein Konto des Unternehmens Aria Associates bei der britischen Lloyds Bank überwiesen. Weiterhin hieß es in der betreffenden Email, bitte sicher zu stellen, dass es im Zuge der Zahlung zu keiner Indikation von Petrochemical Commercial Company oder deren britischen Tochter komme.

In dem Bericht der Financial Times wird auf weiter derartige Fälle eingegangen, während eine direkte Verbindung zu groß angelegten iranischen Geldwäscheaktionen aus vorherigen Erdölgeschäften gezogen wird.

Dazu sollen vorrangig westliche Finanzinstitute genutzt worden sein. In Teheran werden die Dinge zudem aus einem anderen Blickwinkel betrachtet. Denn dort werden die durch die Vereinigten Staaten gegenüber dem eigenen Land verhängten Sanktionen als illegal bezeichnet.

Um die Erdölpreise zumindest stabil zu halten, sah sich die Biden-Administration zuletzt dazu gezwungen, der ebenfalls sanktionierten Regierung von Nikolas Maduro in Venezuela eine Aufhebung der US-Sanktionen in Aussicht zu stellen.

Wie sich aus heutiger Sicht zeigt, scheinen diese Bemühungen in eine Sackgasse geraten zu sein. Hingewiesen sei abschließend noch auf eine offizielle Erklärung der Banco Santander von Mitte Februar.

In dieser Erklärung hieß es, dass das Institut nach Einleitung eigener Untersuchungen alle mit der Petrochemical Commercial Company in Verbindung stehenden Vorwürfe rundheraus von sich weise.

Angesichts dieser Untersuchungen habe sich herausgestellt, zuvor durch die Washingtoner Regierung verhängte Sanktionen weder auf direkte noch indirekte Weise verletzt und / oder unterlaufen zu haben. Zu rechnen bleibt damit, dass die Dinge in Washington anders gesehen werden.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf eine offizielle Erklärung der Banco Santander.

In einem Satire-Post von Zerohedge auf der Plattform X wurde in diesem Zusammenhang einmal darauf aufmerksam gemacht, in wie vielen registrierten Fällen seit dem Jahr 2017 Geldwäsche unter Nutzung des US-Dollars im Vergleich zu Bitcoin betrieben wurde. Sehe jeder selbst, um sich hierüber seine eigenen Gedanken zu machen.

„Was heißt das konkret für mich!?“ (CK*Redaktion)

Geld und Gier kennen keine (Landes)Grenzen, nicht Freund nicht Feind. Sie folgen ihren eigenen Wegen und den unnachgiebigen Gesetzen des Profits. Jedwede Sanktionen können mittels ausreichender Finanzmacht unterlaufen werden – und dies geschieht regelmäßig, auch ganz ohne die Nutzung der diesbezüglich gescholtenen Kryptowährungen. Ganz abgesehen davon, dass die Verhängung von Sanktionen insgesamt häufig fragliche Früchte trägt, selbst wenn diese greifen - der russische Staatshaushalt spricht hier Bände. Im vorliegenden Fall wird es einerseits interessant zu beobachten sein, ob tatsächlich Strafzahlungen, insbesondere gegenüber der Lloyds Bank und der Banco Santander, erhoben werden und wie hoch diese dann ausfallen - andererseits, inwieweit diese Zahlungen bereits an den Börsen eingepreist sind.  

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