Es mag Gründe geben, weshalb der Ölpreis sich trotz der im November vergangenen Jahres verkündeten Förderkürzung der OPEC-Länder nicht oberhalb der Marke von $50 pro Fass stabilisieren konnte. Dies gilt gleichermaßen für WTI als auch Brent.

Dass die Vereinigten Staaten diese Ölförderlücke nahezu füllen, hatte ich in den vergangenen Monaten rauf und runter diskutiert. Anscheinend scheren nun auch einzelne OPEC-Länder aus, um der Anfang Juni beschlossenen Verlängerung der Förderkürzung keine Taten folgen zu lassen.

Nigeria nimmt das Zepter wieder in die Hand

Wie sonst erklärt es sich, dass die kumulierte Ölförderung der OPEC-Staaten im Monat Mai überraschenderweise angestiegen ist? Neueste Daten zeigen, dass die Ölproduktion unter den OPEC-Staaten im letzten Monat um mehr als 336.000 auf insgesamt 32.1 Millionen Fass pro Tag geklettert ist.

Für diesen Ölproduktionsanstieg zeichneten insbesondere der Irak sowie Libyen und Nigeria, die beide von der durch die OPEC-Länder beschlossenen Förderkürzung ausgenommen sind, verantwortlich. Libyen produzierte im Mai knapp 180.000 Fass mehr pro Tag und steigerte seine Förderung auf 730.000 Fass pro Tag.

Einen Beitrag zu dieser Entwicklung hat die Aussöhnung zwischen einigen der größten miteinander rivalisierenden Gruppierungen im Bürgerkriegsland Libyen geliefert. Auch im afrikanischen Nigeria wuchs die Ölproduktion um knapp 175.000 Fass pro Tag auf insgesamt 1,68 Millionen Fass pro Tag.

Damit übernahm Nigeria von Angola auch gleichzeitig wieder das Zepter als größter Ölproduzent auf dem afrikanischen Kontinent. In Angola sank der Ölausstoß nämlich im gleichen Zeitraum um rund 55.000 Fass pro Tag, was gleichzeitig auch dem höchsten Produktionsrückgang unter den dreizehn OPEC-Staaten entsprach.

Zu viele Player an den Ölmärkten

Auch der Irak, nach Saudi-Arabien zweitgrößtes Förderland innerhalb der OPEC, steigerte seinen Ölausstoß im Mai um knapp 45.000 Fass pro Tag. Um die durch Bagdad zu erfüllende Quote in Höhe von 4,35 Millionen Fass pro Tag zu erreichen, wird das Zweistromland seine Förderung demnächst deutlich drosseln müssen.

Im Mai lag der Ölausstoß des Irak mit 4,42 Millionen Fass pro Tag deutlich darüber. Wie sich zeigt, hielten sich im Mai nur vier der dreizehn OPEC-Länder an deren selbst vorgegebenen Ölausstoß. Namentlich waren dies Saudi-Arabien, Kuwait, Katar und Angola. 

Ob sich die zeitlich bis ins Jahr 2018 hinein verlängerte Förderkürzung in Höhe von 1,8 Millionen Fass pro Tag aufrechterhalten lassen wird, darf aus heutiger Sicht zumindest angezweifelt werden. Denn im Monat Mai verharrten die Ölvorräte unter den OPEC-Staaten um mehr als 250 Millionen Fass oberhalb des 5-Jahres-Durchschnitts.

Inwiefern Nicht-OPEC-Staaten wie Russland, die sich an der durch die OPEC beschlossenen Förderkürzung beteiligten, auf diese Entwicklung reagieren werden, bleibt indes abzuwarten. Allzu erfreut wird man im Moskauer Kreml gewiss nicht sein. Immerhin gehen aktuelle Prognosen der OPEC zurzeit davon aus, dass nicht OPEC-Förderländer ihren Ölausstoß im laufenden Jahr um 112.000 auf 58,14 Millionen Fass pro Tag senken werden.

Gegenwind kommt vor allem aus den USA. Aktuelle Prognosen sehen ein Wachstum der amerikanischen Ölförderung in Höhe von knapp 6% respektive 800.000 Fass pro Tag vor. Im Angesicht einer schleppenden Ölnachfrage scheint es zu viele Player an den Ölmärkten zu geben, die selbst unter den OPEC-Staaten bereit zu sein scheinen, ihr Öl gegen Dollardevisen auf den Markt zu schmeißen – beschlossene Förderkürzung hin oder her. 

 

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