Die an den amerikanischen Fahrzeugmärkten eingehenden Daten deuten nun schon seit einiger Zeit auf eine sich beschleunigende Verschlechterung des allgemeinen Umfelds hin. Dies gilt insbesondere aus Sicht der Kreditmärkte.

Jüngst publizierte Daten von Bankrate zeigten, dass die Zinssätze für neue Autokredite mit einer Laufzeit von fünf Jahren das höchste Niveau seit dem Platzen der Internetblase in den Jahren 1999/2000 erreicht haben.

Kein Massenmarkt: Batteriebetriebene Fahrzeuge sind schlichtweg zu teuer

Nach wie vor können sich viele Amerikaner der Arbeiter- und Mittelklasse die anhaltend hohen Preise – und den damit verbundenen Mangel an finanzieller Erschwinglichkeit – im Elektrofahrzeugbereich nicht leisten.

Es ist allerdings nicht nur der Faktor der finanziellen Unerschwinglichkeit, sondern auch ein zunehmend schwindendes Interesse unter potenziellen Käufern, die den Himmel über diesem Segment verdunkeln.

Hierauf deutet unter anderem auch ein durch fast viertausend amerikanische Autohändler an Joe Biden und das Weiße Haus übersendeter Brief hin. Von Interesse ist, dass die Händler die Regierung in ihrem Brief dazu auffordern, die als zu schnell empfundene Geschwindigkeit der Transformation von Verbrenner- hin zu Elektrofahrzeugen zu überdenken.

Nachfrage nach Elektrofahrzeugen in den USA im Keller

Hauptgrund hierfür sei, dass die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen in den Vereinigten Staaten deutlich abgenommen habe. Zwar sei das Angebot im Bereich der batterieelektrisch betriebenen Fahrzeuge inzwischen recht reichhaltig. Auch der Grad der Attraktivität der den Verbrauchern zum Kauf angebotenen Elektroautomobile habe in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht.

Und dann folgt das Aber. Die sich darstellende Realität an den Elektrofahrzeugmärkten sei allerdings, dass die Käufernachfrage nach Elektroautomobilen zurzeit nicht mit dem großen Zuwachs im Bereich der batteriebetriebenen Fahrzeuge Schritt hält. Vielmehr stapelten sich diese Automobile mittlerweile auf den Höfen und in den Ausstellungshallen der Händler, die den Brief an das Weiße Haus unterzeichnet haben.

In dem Brief heißt es weiter, dass 2022 ein Jahr der Hoffnung und des Hypes im Bereich der Elektrofahrzeuge gewesen ist. Mittlerweile sei diese Hoffnung verflogen, da die Insolvenzen im Händlerbereich seitdem deutlich zugenommen haben.

Einer der Gründe hierfür ist, dass das Angebot an unverkauften batteriebetriebenen Fahrzeugen in die Höhe geschnellt ist, welche sich nicht annähernd so schnell verkaufen lassen, wie sie bei den Händlern angeliefert werden. Hieran haben selbst Preissenkungen, Händleranreize und staatliche Anreize beziehungsweise Subventionen nichts geändert.

Zinsen schießen in die Höhe

Erschwert wird die Lage anhand der durch Bankrate publizierten Daten. Danach sind die Zinsen für neue Fahrzeugdarlehen mit einer Laufzeit von fünf Jahren in kürzester Zeit von 3,5 auf fast 7,8 Prozent geklettert. Experten sprechen aktuell von einem Zinsschock, den weder Kaufinteressenten noch Händler zu schultern wissen.

Die Zinsen für Fahrzeugdarlehen sind nämlich inzwischen auf ein Niveau gestiegen, das seit dem zweiten Halbjahr 2001 nicht mehr erreicht wurde. Aus der nachfolgenden Grafik von Bankrate geht dieser Zinsanstieg auf anschauliche Weise hervor.

Unter amerikanischen Fahrzeughändlern wächst indes der Grad der Verzweiflung. Vielerorts wächst die Erkenntnis, dass viele potenzielle Kunden noch nicht bereit für den Kauf eines Elektrofahrzeugs zu sein scheinen. Einmal mehr steht der Faktor der Unerschwinglichkeit im Zentrum dieser Wahrnehmung.

Kritisiert wird, dass fiskalisch ausgewogen haushaltende Verbraucher, die das Scheitern des Wirtschaftsprogramms der Biden-Administration (Bidenomics) wirtschaftlich zu überleben versuchen, Zahlungen von eintausend US-Dollar oder mehr pro Monat für ein Elektroauto nicht leisten möchten.

„Herr Präsident, überdenken Sie Ihre Ziele!“

Aus verschiedenen Umfragen geht hervor, dass die meisten Kunden zu Hause über keine Garagen zum Aufladen, geschweige denn über einen Zugang zu öffentlichen Ladestationen verfügen. Hinzu gesellt sich die Wahrnehmung eines temperaturbedingten Reichweiteverlustes unter batteriebetriebenen Fahrzeugen unter einer Mehrheit der Befragten.

In ihrem Brief an das Weiße Haus werfen die fast viertausend Fahrzeughändler vor diesem Hintergrund die Frage auf, ob an den aktuellen Anreizen und Subventionen festgehalten werden sollte, um sich anschließend direkt mittels einer Beantwortung dieser Frage an Joe Biden zu richten. Denn es heißt wie folgt:

„Herr Präsident, es ist an der Zeit, die unrealistischen Ziele Ihrer Regierung im Elektrofahrzeugbereich zu überdenken und entsprechend zu handeln. Lassen Sie der Batterietechnologie die notwendige Zeit, um weitere Fortschritte zu erzielen. Planen Sie vor allem mehr Zeit ein, um zu eruieren, auf welche Weise batteriebetriebene Fahrzeuge erschwinglicher gemacht werden können. Lassen Sie sich Zeit, um heimische Quellen zum Abbau all jener Mineralien, die in der Batterieherstellung benötigt werden, zu erschließen. Und planen Sie mehr Zeit ein, bis eine landesweite Ladeinfrastruktur nicht nur aufgebaut ist, sondern sich auch als zuverlässig erweist. Und vor allem: Geben Sie dem amerikanischen Verbraucher Zeit, sich mit der Technologie vertraut zu machen und eine individuelle Entscheidung über den Kauf eines Elektrofahrzeugs zu treffen.“

Krise im EV-Sektor intensiviert sich

Eigentlich sollte sich aufgrund dieser getroffenen Einschätzungen niemand überrascht zeigen. Denn seit Jahresbeginn hat sich die Krise im Elektrofahrzeugbereich intensiviert. Seit dem diesjährigen Sommer ist darüber hinaus deutlich geworden, dass viele Fahrzeughändler Schwierigkeiten dabei hatten, ihre Elektroautomobile an den Mann und die Frau zu bringen.

Denn seit Sommer sind die Lagerbestände massiv angestiegen. Der an Joe Biden und das Weiße Haus übersendete Brief wurde ferner zu einem Zeitpunkt abgeschickt, zu dem sich die gesamte Branche der alternativen Energien in Turbulenzen befindet.

Viele Aktien von Unternehmen im Solar-, Wind- und Wasserstoffbereich sind im laufenden Jahr dramatisch abgestürzt. Mehr und mehr zeichnet sich ab, dass Joe Bidens „grüne“ Revolution in einem Hochzinsumfeld keine Chance hat.

UAW-Streik wirkt nach

Selbstverständlich wirken auch die jüngsten Streiks und Arbeitsausstände nach, die neben Ford auch General Motors erschüttert haben. Der inzwischen neu ausgehandelte Tarifvertrag mit der Gewerkschaft der United Auto Workers (UAW), dessen Vertragslaufzeit im Jahr 2028 endet, wird bei Ford laut aktuellen Berechnungen finanzielle Auswirkungen in Höhe von 8,8 Milliarden US-Dollar haben.

Beim Konkurrenten General Motors wird eine separat getroffene Vereinbarung über deren gesamte Laufzeit voraussichtlich mit 9,25 Milliarden US-Dollar zu Buche schlagen. Zudem hat der gut sechs Wochen anhaltende UAW-Streik dem Autobauer Ford einen Gewinnverlust von 1,3 Milliarden US-Dollar beschert.

Die Unterbrechung der Produktion hat dazu geführt, dass etwa 80.000 Fahrzeuge in diesem Zeitraum nicht hergestellt werden konnten. Davon entfielen rund 100 Millionen US-Dollar auf das dritte Quartal. Laut des Ford-Managements soll sich der komplette Gewinnverlust auf 1,7 Milliarden US-Dollar belaufen.

Einem CNBC-Bericht zufolge habe Ford zudem bestätigt, dass die UAW-Vereinbarung die Kosten des Unternehmens bis zum Jahr 2028 voraussichtlich um etwa 900 US-Dollar pro produziertes Fahrzeug erhöhen wird.

Kosteneinsparungen, die zulasten von Elektroautos gehen

Infolgedessen plane Ford, geplante Investitionen in Höhe von 12 Milliarden US-Dollar im Zusammenhang mit Elektrofahrzeugen zu streichen oder in die Zukunft zu verschieben. Um es mit anderen Worten zu sagen, haben Joe Biden und das Weiße Haus die UAW-Führung in ihrem Arbeitskampf unterstützt, was nun allerdings zulasten von Zukunftsinvestitionen in der Branche geht.

Amerikas große Autobauer werden sich zu hierfür zu revanchieren wissen. General Motors hatte zuletzt Aktienrückkäufe in Höhe von gut zehn Milliarden US-Dollar bekannt gegeben, um den eigenen Aktienkurs nach den wochenlangen Streiks zu stützen. Bei General Motors werden die hiermit verbundenen Kosten auf bis zu 1,1 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Wahrscheinlich auch aus diesem Grund soll es in den nächsten Jahren zu einer Reduzierung der Kapitalintensität im Geschäft des Autobauers kommen. Hierzu gesellen sich Pläne zu einer noch effizienteren Entwicklung von Produkten wie auch eine zusätzliche Senkung der fixen und variablen Kosten.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf eine Publikation auf der Seite evvoiceofthecustomer.com.
 


Diese Ausführungen werden in einem zweiten Teil fortgesetzt. Eine abschließende Einschätzung erfolgt zum Abschluss des Berichts.

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