Längst schon sieht sich einer der wichtigsten Wirtschaftssektoren in den Vereinigten Staaten im Kreuzfeuer dieses neuen Ölkriegs, denn Amerikas Frackinggas- und Shale-Unternehmen stehen abermals finanziell mit dem Rücken zur Wand. Amerikas Öl- und Gasunternehmen blicken auf eine Anzahl von ausstehenden Junkbonds, die auf der Welt ihres Gleichen sucht.

Es ist aus Sicht der aktuellen Entwicklungen alles andere als unvorstellbar, dass die Welt an den absurden Punkt gelangen könnte, an dem ein Fass Rohöl nicht nur auf null US-Dollar, sondern gar in den negativen Bereich abzusinken droht. Grund hierfür ist, dass die Ölmärkte zum aktuellen Zeitpunkt auf Überkapazitäten von 15 Millionen Fass Rohöl pro Tag blicken.

Bei Mizuho wurde bereits vor einigen Wochen davor gewarnt, dass die Weltrohölpreise in negatives Terrain abdriften könnten, weil sowohl Saudi-Arabien als auch Russland ihre Ölproduktion trotz des massiven Überangebots auf der Welt noch immer weiter ausweiten.

US-Präsident Trump hatte daraufhin in der Vorwoche angekündigt, die niedrigen Ölpreise zum Auffüllen der strategischen Ölreserven in den Vereinigten Staaten nutzen zu wollen. Die Rohöllager sehen sich in den USA momentan zu einem Grad von etwas mehr als 50 % gefüllt, was bedeutet, dass sich diese strategischen Ölreservelager mit weiteren rund 135 Millionen Fass Rohöl auffüllen lassen.

Wer eine Aufstockungsrate von zwei Millionen Fass pro Tag zugrunde legt, gelangt zu dem Schluss, dass es zu jetzigen Preisen zu einer Aufstockung von etwa 14 Millionen Fass pro Woche in den USA kommen wird. In ungefähr zehn Wochen werden die Rohöllager in den Vereinigten Staaten also bis zum Bersten gefüllt sein.

In diesem Zuge ist es zu einem Wettrennen zwischen einem Auffüllen der Rohöllager und potenziell negativen Ölpreisen gekommen, solange die Ölproduktion in den USA nicht noch stärker in Relation zu den aktuell zu beobachtenden Auffüllaktivitäten sinken wird. Hiervon wird bei Mizuho allerdings nicht ausgegangen.

Übersetzt heißt das, dass es im Fall eines Ausbleibens einer sich massiv verändernden Lage an den Weltrohölmärkten in etwa drei Monaten zu einer Situation kommen könnte, in der Energielieferanten deren Kunden dafür bezahlen werden, um ihnen ein paar Millionen Fass Rohöl abzunehmen.

Die Lage scheint sich in der Zwischenzeit jedoch noch weiter verschlechtert zu haben, nachdem Goldman Sachs, Vitol und die IEA allesamt ihre Schätzungen zum täglichen Überangebot an den Weltrohölmärkten auf bislang unvorstellbare 20 Millionen Fass pro Tag nach oben angepasst haben.

Grund hierfür ist die im Angesicht eines nahenden Stillstands der Weltwirtschaft dramatisch eingebrochene Weltrohölnachfrage. In Saudi-Arabien scheint die politische Führung hierin eine Chance zu wittern, um nicht nur amerikanische Fracking-Unternehmen, sondern auch alle anderen OPEC-Mitglieder, die auf teils deutlich höhere Produktionskosten als die Saudis blicken, aus dem Geschäft zu drängen.

Im Umkehrschluss heißt das aus Sicht der aktuellen Situation, dass sowohl Saudi-Arabien als auch die Russische Föderation ihre Rohölproduktion temporär komplett einstellen müssten, um die Weltrohölpreise auszubalancieren, beziehungsweise zu stabilisieren. Hierzu wird es unter aller Voraussicht jedoch niemals kommen, da beide Länder andernfalls ihren Haushalt nicht mehr bestreiten könnten.

Ganz im Gegenteil lässt sich beobachten, dass Saudi-Arabien aktuell zwischen zwei und drei Millionen Fass Rohöl mehr als in der Vormonatsperiode produziert. Das seitens Mizuho an die Wand gemalte Szenario in Bezug auf möglicherweise in negatives Terrain abdriftende Rohölpreise rückt also mit jedem verstreichenden Tag ein wenig näher.

Dieses Szenario droht mittlerweile so real zu werden, dass Amerikas Energieindustrie davor warnt, in nicht allzu ferner Zeit über keine Lagerkapazitäten mehr zu verfügen. Bloomberg berichtete hierzu, dass amerikanische Pipeline-Betreiber inzwischen damit begonnen hätten, heimische Ölproduzenten darum zu ersuchen, deren Rohölproduktion auf freiwilliger Basis zu senken.

Hierin spiegelt sich ein weiteres Anzeichen dafür, dass die Rohölproduktion die bestehenden Lagerkapazitäten bei Weitem hinter sich zu lassen droht. Bei Bloomberg wurde Bezug auf einen Brief der Firma Plains All American Pipeline, einem der größten Pipeline-Betreiber in den USA genommen, in dem heimische Ölproduzenten darum gebeten wurden, deren Ausstoß zu drosseln.

Die texanische Ölregulierungsbehörde teilte indes mit, dass Ölproduzenten in den USA solche Ersuchen auch durch andere Pipeline-Betreiber übermittelt bekommen haben. Aus Sicht einer Industrie, die auf eine beständige Produktion fokussiert ist, käme dies einem Ersuchen an den Nil gleich, fortan doch bitte seine Fließrichtung zu ändern.

Ölproduzenten in den USA werden inzwischen durch heimische Pipeline-Betreiber darum ersucht, Nachweise und Verträge zu Endabnehmern vorzulegen oder detaillierte Angaben darüber zu machen, wo das mittels der Pipelines transportierte Öl gelagert werden soll. Grund hierfür ist, dass die Pipeline-Betreiber eine potenzielle Lagerung von überschüssigem Rohöl in deren Pipelines mit allen Mitteln zu verhindern versuchen.

Ist der Punkt erst einmal erreicht, an dem Rohölproduzenten nicht mehr wissen, wo sie ihr Produktionsgut lagern sollen, wird eine neue Ära anbrechen, in der diese Ölproduzenten ihre Kunden dafür bezahlen werden, um ihnen ihr „schwarzes Gold“ abzunehmen.

Bei Bloomberg ist man zu dem Fazit gelangt, dass die Vereinigten Staaten jetzt mit hoher Geschwindigkeit an jenen Punkt gelangen werden, vor dessen Erreichen Ölhändler bereits seit einiger Zeit gewarnt haben. Wenn Öllagerkapazitäten und Pipelines mit der Rohölproduktion nicht mehr mithalten können, wird Rohöl letztendlich verschenkt werden müssen.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts basiert auf einem Berichtauf der Seite des Finanzblogs Zerohedge.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Konkret heißt das, dass die Entwicklungen im Angesicht einer sich in alle Wirtschaftsbereiche hineinfressenden Deflation immer verrückter werden. Doch wer unter uns würde etwas gegen einen Spritpreis von 75, 50 oder 25 Cent einzuwenden haben?!

Um sich gegen diesen deflationären Abschwung zu stemmen, erzeugen Notenbanken rund um den Globus Berge von elektronisch erzeugtem Geld. Im Angesicht einer darniederliegenden Weltnachfrage wird sich dieser Trend für den Moment trotz allem nicht umkehren lassen.

Höchste Vorsicht ist geboten, wenn diese frisch erzeugten Geldberge nach einer potenziellen Aufhebung der Lockdowns auf ein in vielen anderen Wirtschaftsbereichen minimiertes Angebot treffen. Der Trend könnte dann voraussichtlich in Richtung einer galoppierenden Inflation kippen.

Abzuwarten bleibt aus Sicht dieser Erwartung auch erst einmal, wie die Wirtschaft diesen massiven Schock wird wegstecken können und zu wie vielen Unternehmenspleiten, sich reduzierenden Kapazitäten und dauerhaft abgebauten Arbeitsplätzen es tatsächlich im Zuge dieser Krise kommen wird.

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